Entscheidungsdatum
03.06.2024Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W142 2260351-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Irene HOLZSCHUSTER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. SOMALIA, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.08.2022, Zl. 1288256010/211639115, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Irene HOLZSCHUSTER über die Beschwerde des römisch XXXX , geb. römisch XXXX , StA. SOMALIA, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.08.2022, Zl. 1288256010/211639115, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.A) Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch XXXX gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG wird festgestellt, dass römisch XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger aus Somalia, reiste illegal und schlepperunterstützt in Österreich ein und stellte am 01.11.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Am folgenden Tag fand vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Erstbefragung des BF im Beisein einer Dolmetscherin, welche in die Sprache Somalisch übersetzte, statt. Zu seinen persönlichen Verhältnissen befragt, gab der BF an, er sei in XXXX , Somalia geboren. Sein Hauptwohnsitz sei ebenso in XXXX . Der BF sei ledig. Er spreche muttersprachlich Somalisch und beherrsche die Sprache in Wort und Schrift. Er bekenne sich zum Islam. Sein Vater, seine Mutter sowie sechs Brüder und sechs Schwestern seien in Somalia aufhältig. Den Entschluss zur Ausreise habe er im Juli 2021 gefasst und habe anlässlich seines Verlassens des Herkunftsstaates Europa als Reiseziel gehabt. Die Ausreise sei illegal erfolgt. Er habe bei der Ausreise keinen Reisepass oder sonstigen Identitätsnachweis gehabt. Zur Reiseroute führte er aus, er habe sich zwei Monate in der Türkei, in Griechenland nur zur Durchreise, in Nordmazedonien für ca. zehn Tage, für ca. 17 Tage in Serbien und in Ungarn wieder nur zur Durchreise aufgehalten. Er habe keinen Behördenkontakt gehabt. Die Reise habe seine Familie unter Zuhilfenahme von Schleppern organisiert. Die Kosten hätten ungefähr 3000,- US Dollar betragen.2. Am folgenden Tag fand vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Erstbefragung des BF im Beisein einer Dolmetscherin, welche in die Sprache Somalisch übersetzte, statt. Zu seinen persönlichen Verhältnissen befragt, gab der BF an, er sei in römisch XXXX , Somalia geboren. Sein Hauptwohnsitz sei ebenso in römisch XXXX . Der BF sei ledig. Er spreche muttersprachlich Somalisch und beherrsche die Sprache in Wort und Schrift. Er bekenne sich zum Islam. Sein Vater, seine Mutter sowie sechs Brüder und sechs Schwestern seien in Somalia aufhältig. Den Entschluss zur Ausreise habe er im Juli 2021 gefasst und habe anlässlich seines Verlassens des Herkunftsstaates Europa als Reiseziel gehabt. Die Ausreise sei illegal erfolgt. Er habe bei der Ausreise keinen Reisepass oder sonstigen Identitätsnachweis gehabt. Zur Reiseroute führte er aus, er habe sich zwei Monate in der Türkei, in Griechenland nur zur Durchreise, in Nordmazedonien für ca. zehn Tage, für ca. 17 Tage in Serbien und in Ungarn wieder nur zur Durchreise aufgehalten. Er habe keinen Behördenkontakt gehabt. Die Reise habe seine Familie unter Zuhilfenahme von Schleppern organisiert. Die Kosten hätten ungefähr 3000,- US Dollar betragen.
Zu seinem Fluchtgrund brachte er vor (aus Niederschrift übernommen): „Al Shabaab wollten mich rekrutieren, meine Eltern ließen das nicht zu und deshalb bin ich geflüchtet.“
Bei einer Rückkehr habe er Angst um sein Leben.
Befragt, ob es konkrete Hinweise gebe, dass ihm bei einer Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohe, oder er im Falle einer Rückkehr in seinen Heimatstaat mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen hätte, sagte der BF: „Keine.“
3. Am 17.03.2022 wurde der BF durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) in der Sprache Somali niederschriftlich einvernommen.
Der BF gab zu seinem Gesundheitszustand befragt an, gesund zu sein.
Weiters führte er zum Besitz von persönlichen Dokumenten befragt aus, er habe keine Dokumente.
Zu seinen persönlichen Verhältnisse führte er aus, er sei in XXXX ), Bai, Somalia geboren. XXXX liege ca. 200 Kilometer von Mogadischu entfernt und habe 300.000 Einwohner. Es gebe viel Viehzucht dort. Der BF gehöre dem Clan Barawani, Sub Clan Hatim, Sub Sub Clan Reer Mhd Sheikh Abookey an und bekenne sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Er habe zwölf Geschwister. Diese sowie seine Eltern und ein Onkel würden in Somalia leben. Dort hätten sie ein paar Grundstücke, ein Haus und eine Landwirtschaft. Er habe gestern Kontakt mit seiner Familie gehabt. Er habe zwölf Jahre lang die Schule besucht und spreche Suaheli, Arabisch und Englisch. Gearbeitet habe er nicht.Zu seinen persönlichen Verhältnisse führte er aus, er sei in römisch XXXX ), Bai, Somalia geboren. römisch XXXX liege ca. 200 Kilometer von Mogadischu entfernt und habe 300.000 Einwohner. Es gebe viel Viehzucht dort. Der BF gehöre dem Clan Barawani, Sub Clan Hatim, Sub Sub Clan Reer Mhd Sheikh Abookey an und bekenne sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Er habe zwölf Geschwister. Diese sowie seine Eltern und ein Onkel würden in Somalia leben. Dort hätten sie ein paar Grundstücke, ein Haus und eine Landwirtschaft. Er habe gestern Kontakt mit seiner Familie gehabt. Er habe zwölf Jahre lang die Schule besucht und spreche Suaheli, Arabisch und Englisch. Gearbeitet habe er nicht.
Zur Route bzw. den Kosten der Reise machte der BF im Wesentlichen dieselben Angaben wie in der Erstbefragung.
In der Folge gab der BF wie folgt an (LA: Leiter der Amtshandlung, VP: BF):
„[…]
Wenn ich nun aufgefordert werde meine Flucht- und Asylgründe zu schildern, gebe ich an:
Die Al Shabaab wollten mich rekrutieren, sie haben mich festgenommen. Ich war dort 4 Tage. Mein Vater hat Schwarzgeld an einen Al Shabaab bezahlt. Der hat mich rausgelassen. Ich habe mich dann versteckt im Auto eines Schleppers und bin dann nach Mogadischu. Dort war ich 1 Tag und bin dann ausgereist.
LA: Was passierte in diesen 4 Tagen?
VP: Hirnwäsche.
LA: Waren Sie persönlich jemals an Kriegshandlungen beteiligt?
VP: Nein.
LA: Wann war diese Inhaftierung?
VP: Ende Juli 2021.
LA: Was konkret befürchten Sie im Falle einer Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat?
VP: Ich habe Angst vor den Al Shabaab.
LA: Wie geht es Ihren Verwandten in Somalia?
VP: Sie haben meinen Vater bedroht, weil ich weg bin. Mein Vater sagte, dass er Angst hat um die jüngeren Brüder. Sie haben meine Schwester mitgenommen und sie zwangsverheiratet.
LA: Sind Sie legal oder illegal ausgereist?
VP: Illegal mit gefälschtem Reisepass.
LA: Haben Sie alle Gründe genannt?
VP: Ja, ich habe alles gesagt.
LA: Können Sie mir den Vorgang der Inhaftierung durch die Al Shabaab näher beschreiben?
VP: Sie sind nach Hause gekommen. Zwei Personen. Sie haben meine Augen verbunden und mich irgendwohin gebracht. Ich weiß nicht wohin.
LA: Als Sie rausgelassen wurden, wussten Sie auch nicht wo Sie sind?
VP: Nein.
LA: Ist gegen Sie ein Gerichtsverfahren hier oder im Herkunftsland anhängig?
VP: Nein.
LA: Erzählen Sie mir mehr von Ihrem Clan?
VP: Es sind Unternehmer, es ist eine Minderheit. Sehr ruhige Leute.
LA: Würde Ihnen im Falle der Rückkehr in Ihrem Herkunftsland Verfolgung, unmenschliche Behandlung oder die Todesstrafe drohen?
VP: Nein.
Mit mir werden nun die Feststellungen zur Situation in meinem Herkunftsland erörtert.
Ich gebe dazu an:
VP: Ich weiß alles. Ich verzichte darauf.
LA: Wollen Sie Gründe geltend machen, die gegen eine Rückkehrentscheidung sprechen?
Haben Sie besondere Bindungen zu Österreich? Haben Sie hier Verwandte? Sind Sie erwerbstätig oder besuchen Sie eine Schule? Sind Sie in anderer Form integriert, z.B. Vereinsmitgliedschaften, etc.?
VP: Nein.
LA: Sprechen Sie schon ein wenig Deutsch?
VP: Wie geht`s, wie heißt du, Zwanzig, Dreißig.
LA: Sind Sie arbeitsfähig? Was möchten Sie einmal arbeiten?
VP: Ja, ich möchte Dolmetscher werden.
LA: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint oder wollen Sie noch etwas hinzufügen?
VP: Ich habe alles gesagt.
LA: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Einvernahme einwandfrei verstanden?
VP: Ja.
Mir wird nun die Niederschrift rückübersetzt und ich habe danach die Möglichkeit noch etwas richtig zu stellen oder hinzuzufügen.
VP: Es wurde alles richtig niedergeschrieben und rückübersetzt.
[…]“
4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 29.08.2022 wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 01.11.2022 ab und erkannte ihm weder gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) noch gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Somalia zu (Spruchpunkt II.). Das BFA erteilte dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz (in der Folge BFA-VG) wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (in der Folge FPG) erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Somalia gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 29.08.2022 wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 01.11.2022 ab und erkannte ihm weder gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG den Status eines Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) noch gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Somalia zu (Spruchpunkt römisch II.). Das BFA erteilte dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG (Spruchpunkt römisch III.). Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-Verfahrensgesetz (in der Folge BFA-VG) wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, Fremdenpolizeigesetz 2005 (in der Folge FPG) erlassen (Spruchpunkt römisch IV.). Es wurde gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Somalia gemäß Paragraph 46, FPG zulässig sei (Spruchpunkt römisch fünf.). Gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt römisch VI.).
Im Wesentlichen wurde ausgeführt, der BF sei somalischer Staatsbürger, sunnitischer Moslem und gehöre dem Clan der Barawani an. Er habe in Somalia zwölf Jahre die Schule besucht und nicht gearbeitet. Seine Eltern sowie zwölf Geschwister würden nach wie vor in Somalia leben. Der BF sei jung, gesund, ledig und arbeitsfähig und verfüge in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte.
Es habe nicht festgestellt werden können, dass der BF sein Herkunftsland Somalia aufgrund einer Verfolgung oder einer Furcht vor einer Verfolgung verlassen habe. Die Ausführungen zu seinem Fluchtvorbringen – eine Bedrohung durch Al Shabaab – hätten nicht festgestellt werden können. In Zusammenschau seien die vorgebrachten Gründe nicht glaubhaft, nachvollziehbar und überzeugend gewesen. Es bestünden keine stichhaltigen Gründe gegen seine Abschiebung nach Somalia. Im Falle der Rückkehr drohe ihm keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würde.
Der BF erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des BF nach Afghanistan. Die Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der BF bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.Der BF erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 57, AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des BF nach Afghanistan. Die Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ergebe sich aus Paragraph 55, FPG, da besondere Umstände, die der BF bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.
Beweiswürdigend wurde zum Fluchtvorbringen im Wesentlichen ausgeführt, der BF habe es bei der freien Schilderung seines Vorbringens unterlassen Details zu schildern. Der BF habe zudem bei der Erstbefragung angegeben, dass Al Shabaab ihn rekrutieren hätte wollen und er deshalb Somalia verlassen habe. In der Einvernahme brachte er vor, Al Shabaab hätte ihn vier Tage lang festgenommen. Sein Vater hätte daraufhin Geld gezahlt und der BF sei freigekommen. Das sei im Juli 2021 gewesen. Widersprüchlich hierzu habe der BF jedoch auch angegeben bereits im Juni 2021 mit dem Flugzeug in die Türkei gereist zu sein. Zudem sei die Festnahme durch Al Shabaab nicht glaubhaft, da de BF dies nicht schon in der Erstbefragung erwähnte habe. Zudem sei auch nicht nachvollziehbar, dass der BF nicht gewusst habe wo er sei. Auch nicht als er freigekommen sei. Sein Vater hätte jedoch dem Al Shabaab -Mitglied Geld bezahlen können, um die Freilassung zu erwirken. Man könne zumindest davon ausgehen, dass der Vater wusste, wo der BF inhaftiert gewesen sei. Hätte es sich in der wie vom BF angegebenen Weise zugetragen, hätte der BF zumindest nach seiner Ausreise seinen Vater fragen können und in der Einvernahme genauere Angaben machen können. Zumal er nach wie vor Kontakt zu seinen Verwandten in Somalia habe. Auch die Aussage, ein Mann von Al Shabaab habe den BF freigelassen und er sich dann im Auto eines Schleppers versteckt hätte, der ihn dann nach Mogadischu gebracht hätte, ist nicht glaubhaft und entspricht nicht der allgemeinen Lebenserfahrung. Zumindest hätte dann auch der Schlepper gewusst, wo der BF inhaftiert gewesen sei.
Die Glaubwürdigkeit des BF sei ferner dadurch beeinträchtigt, dass er erst bis nach Österreich reiste um einen Asylantrag zu stellen. Der BF sei auf seiner Reise durch mehrere sichere Länder gereist. Hätte er sich tatsächlich in Gefahr befunden, hätte er in diesen um Schutz angesucht.
Aufgrund der vagen und nicht plausiblen sowie widersprüchlichen Angaben und weil das Vorbringen durch keinerlei Beweismittel gestützt werde gelange das BFA zu dem Schluss, dass der behauptete Sachverhalt bezüglich einer aktuellen Bedrohungssituation in Somalia nicht glaubhaft sei. Dabei werde nicht außer Acht gelassen, dass es in Teilen von Somalia zu militärischen Auseinandersetzungen, terroristischen Anschlägen und verbrecherischen Straftaten komme und deshalb fallweise ein Leben in Angst gegeben sei. Ebenso werde nicht verkannt, dass es in Somalia möglicherweise wirtschaftliche Probleme, eine schlechte Versorgungslage und eingeschränkte Ausbildungsmöglichkeiten gebe, die jedoch von Gebiet zu Gebiet unterschiedlich bzw. besser oder schlechter sei. Dies seien jedoch Umstände, die für alle Bewohner des Landes gegeben seien und nicht nur für den BF persönlich zutreffen.
Beweiswürdigend wurde zur Situation im Falle einer Rückkehr im Wesentlichen ausgeführt, der BF könne aufgrund seiner Staatsangehörigkeit, seiner Arbeitsfähigkeit, seines Gesundheitszustandes und seiner Sprachkenntnisse nach Somalia zurückkehren. Eine besondere Gefährdung aufgrund der Clanzugehörigkeit sei vom BF nicht behauptet worden und auch aus Sicht des BFA nicht wahrscheinlich. Die Sicherheitslage habe sich in Mogadischu verbessert und es sei nicht davon auszugehen, dass der BF Gefahr laufe in ein IDP-Camp gehen zu müssen.
5. Gegen sämtliche Spruchpunkte dieses Bescheides brachte der BF fristgerecht mit Schreiben seiner Vertretung vom 23.09.2022 das Rechtsmittel der Beschwerde, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften, ein.
Es wurde im Wesentlichen ausgeführt, der BF habe nicht ausreichend Zeit und Gelegenheit gehabt auf die Feststellungen zu seinem Heimatland zu antworten bzw. zu reagieren. Zudem sei das Ermittlungsverfahrend des BFA mangelhaft gewesen. Das BFA habe es verabsäumt dem BF konkret und ausführlich zu seinem Vorbringen zu befragen. Zudem seien die Ermittlungen zur Sicherheits- und Versorgungslage in Somalia unzureichend und das BFA habe die „de-facto“ Zweiteilung Somalias nicht ausreichend berücksichtigt. Das BFA Sei damit seiner Pflicht zur Wahrheitsausforschung nicht nachgekommen.
Dass das BFA den Antrag des BF abgewiesen habe, weil es ihn als unglaubwürdig erachtet, basiere auf einer unschlüssigen Beweiswürdigung sowie einer mangelhaften Sachverhaltsermittlung und verstoße gegen § 60 AVG. Es sei unklar, worin die vom BFA behauptete Diskrepanz zwischen Erstbefragung und Einvernahme bestehe. Der BF habe die Fluchtgründe in der Einvernahme nur detaillierter geschildert. Die Erstbefragung sei nicht einmal dazu gedacht, die Fluchtgründe erschöpfend darzustellen, das ergebe sich ebenfalls aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (in der Folge: BVwG). Der BF habe entgegen der Ansicht des BFA sein Vorbringen sehr lebensnah vorgebracht, über die drohende Verfolgung und die Erlebnisse freigesprochen. Die unterschiedlich protokollierten Zeitpunkte (Juli 2021 bzw. Juni 2021) könne sich der BF nicht erklären. Es handle sich dabei womöglich um einen Übersetzungsfehler der dem BF bei der Rückübersetzung nicht aufgefallen sei. Korrekt sei jedenfalls die Ausreise im Juli 2021. Bezüglich der Anhaltung des BF in der Al Shabaab Gefangenschaft und der Zahlung des Lösegeldes durch den Vater sei der BF nicht näher befragt worden. Der Vater des BF sei nie direkt in Kontakt mit Al Shabaab gestanden, sondern es habe einen Vermittler gegeben. Weder der BF noch sein Vater oder der Vermittler hätten es gewagt den Aufenthaltsort näher zu erfragen oder sonstige sinnlosen Fragen zu stellen. Es wäre mitunter gefährlich gewesen, wenn der Vermittler Informationen an entführte Personen weitergeben würde. Es habe zudem nichts mit der Glaubwürdigkeit des BF zu tun, dass er den Asylantrag erst in Österreich gestellt habe. Der BF habe seinen Antrag in einem Land stellen wolle, in dem dieser nach europäischen Standards bearbeitet und beurteilt werde.Dass das BFA den Antrag des BF abgewiesen habe, weil es ihn als unglaubwürdig erachtet, basiere auf einer unschlüssigen Beweiswürdigung sowie einer mangelhaften Sachverhaltsermittlung und verstoße gegen Paragraph 60, AVG. Es sei unklar, worin die vom BFA behauptete Diskrepanz zwischen Erstbefragung und Einvernahme bestehe. Der BF habe die Fluchtgründe in der Einvernahme nur detaillierter geschildert. Die Erstbefragung sei nicht einmal dazu gedacht, die Fluchtgründe erschöpfend darzustellen, das ergebe sich ebenfalls aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (in der Folge: BVwG). Der BF habe entgegen der Ansicht des BFA sein Vorbringen sehr lebensnah vorgebracht, über die drohende Verfolgung und die Erlebnisse freigesprochen. Die unterschiedlich protokollierten Zeitpunkte (Juli 2021 bzw. Juni 2021) könne sich der BF nicht erklären. Es handle sich dabei womöglich um einen Übersetzungsfehler der dem BF bei der Rückübersetzung nicht aufgefallen sei. Korrekt sei jedenfalls die Ausreise im Juli 2021. Bezüglich der Anhaltung des BF in der Al Shabaab Gefangenschaft und der Zahlung des Lösegeldes durch den Vater sei der BF nicht näher befragt worden. Der Vater des BF sei nie direkt in Kontakt mit Al Shabaab gestanden, sondern es habe einen Vermittler gegeben. Weder der BF noch sein Vater oder der Vermittler hätten es gewagt den Aufenthaltsort näher zu erfragen oder sonstige sinnlosen Fragen zu stellen. Es wäre mitunter gefährlich gewesen, wenn der Vermittler Informationen an entführte Personen weitergeben würde. Es habe zudem nichts mit der Glaubwürdigkeit des BF zu tun, dass er den Asylantrag erst in Österreich gestellt habe. Der BF habe seinen Antrag in einem Land stellen wolle, in dem dieser nach europäischen Standards bearbeitet und beurteilt werde.
Sofern das BFA von einer innerstaatlichen Fluchtalternative des BF ausgehe, habe sie zunächst seinen Herkunftsort festzustellen. Mit den lediglich pauschalen Verweisen auf die Länderberichte genüge die vom BFA durchgeführte Beurteilung der Lage in Somalia nicht den notwendigen Anforderungen. Die Berichte würden ein eindeutiges Bild zur Sicherheits- und Versorgungslage in Somalia zeichnen. Die Lage sei derzeit so schlecht, dass dem BF bei einer Rückkehr nach Somalia jedenfalls eine Gefährdung seiner in Art. 2 und 3 EMRK garantierten Rechten drohe. Es stehe somit keine innerstaatliche Fluchtalternative offen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte das BFA dem BF aufgrund der Bedrohung durch Al Shabaab Asyl oder zumindest des Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen müssen. Beantragt wurde u.a. eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen.Sofern das BFA von einer innerstaatlichen Fluchtalternative des BF ausgehe, habe sie zunächst seinen Herkunftsort festzustellen. Mit den lediglich pauschalen Verweisen auf die Länderberichte genüge die vom BFA durchgeführte Beurteilung der Lage in Somalia nicht den notwendigen Anforderungen. Die Berichte würden ein eindeutiges Bild zur Sicherheits- und Versorgungslage in Somalia zeichnen. Die Lage sei derzeit so schlecht, dass dem BF bei einer Rückkehr nach Somalia jedenfalls eine Gefährdung seiner in Artikel 2 und 3 EMRK garantierten Rechten drohe. Es stehe somit keine innerstaatliche Fluchtalternative offen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte das BFA dem BF aufgrund der Bedrohung durch Al Shabaab Asyl oder zumindest des Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen müssen. Beantragt wurde u.a. eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen.
6. Am 30.09.2022 langten die Beschwerde und der Verwaltungsakt beim erkennenden Gericht ein. Mit Beschwerdevorlage ersuchte das BFA darum, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
7. Mit Schreiben vom 11.05.2023 seiner Rechtsvertreterin lange eine Stellungnahme zur Verfolgungsgefahr des BF sowie zur Sicherheits- und Versorgungslage in Somalia beim BVwG ein.
Darin wurde ausgeführt, dass dem BF mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung durch Al Shabaab. Diese habe ihn rekrutieren wollen und ihn festgehalten. Nur durch eine Lösegeldzahlung sei er kurzfristig freigekommen und habe Somalia anschließend verlassen. Bei einer Rückkehr würde er von Al Shabaab verhaftet, bestraft, getötet oder erneut rekrutiert werden. Diese decke sich auch mit den aktuellen Länderberichten. Zudem sei der BF als Angehöriger der Barawani in Somalia Teil einer ethnischen Minderheit und als solcher besonders gefährdet. Aufgrund der militärischen Offensive der Regierung Somalias gegen Al Shabaab bestehe Bedarf seitens Al Shabaab neue Personen zu rekrutieren. Es sei naheliegend, dass dem BF Al Shabaab feindliche politische Gesinnung unterstellt werde, weshalb diesem deshalb eine Verfolgung drohe. Aus den Länderinformationen gehe zudem hervor, dass Al Shabaab in Mogadischu weiterhin sehr aktiv sei und Anschläge verübe. Zudem stehe dem BF keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung und ihm sei daher der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen.
Die Sicherheits- und Versorgungslage in Somalia, insbesondere der Herkunftsregion des BF um die Stadt XXXX , habe sich massiv verschlechtert. Zudem sei auch Al Shabaab dort weiterhin aktiv. Es sei zu mehreren Angriffen durch Al Shabaab gekommen, auch auf Zivilisten. Neben der Sicherheitslage sei auch die Versorgungslage katastrophal. Dürrebedingt und aufgrund des Ukrainekrieges sei Somalia von einer massiven Nahrungsversorgungsunsicherheit betroffen. Der BF habe aktuell keinen Kontakt mehr nach Somalia und gehöre einer ethnischen Minderheit an, sodass er im Falle einer Rückkehr keine Unterstützung und keinen Zugang zu UNHCR Ressourcen zu erwarten habe. Mogadischu sei Berichten zufolge unsicher und instabil und es komme immer wieder zu Angriffen durch Al Shabaab. Hinzu komme, die bereits erwähnte, prekäre Versorgungskrise in Somalia, welche der BF nicht durch ein unterstützungsfähiges, soziales Netzwerk abfedern könne. Daher seien die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erfüllt. Die Sicherheits- und Versorgungslage in Somalia, insbesondere der Herkunftsregion des BF um die Stadt römisch XXXX , habe sich massiv verschlechtert. Zudem sei auch Al Shabaab dort weiterhin aktiv. Es sei zu mehreren Angriffen durch Al Shabaab gekommen, auch auf Zivilisten. Neben der Sicherheitslage sei auch die Versorgungslage katastrophal. Dürrebedingt und aufgrund des Ukrainekrieges sei Somalia von einer massiven Nahrungsversorgungsunsicherheit betroffen. Der BF habe aktuell keinen Kontakt mehr nach Somalia und gehöre einer ethnischen Minderheit an, sodass er im Falle einer Rückkehr keine Unterstützung und keinen Zugang zu UNHCR Ressourcen zu erwarten habe. Mogadischu sei Berichten zufolge unsicher und instabil und es komme immer wieder zu Angriffen durch Al Shabaab. Hinzu komme, die bereits erwähnte, prekäre Versorgungskrise in Somalia, welche der BF nicht durch ein unterstützungsfähiges, soziales Netzwerk abfedern könne. Daher seien die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erfüllt.
8. Die für 16.05.2023 anberaumte mündliche Beschwerdeverhandlung wurde auf 04.10.2023 verlegt.
9. Am 04.10.2023 fand vor dem BVwG die mündliche Beschwerdeverhandlung zur gegenständlichen Rechtssache statt. An der Verhandlung nahmen der BF, seine Rechtsvertretung sowie eine Dolmetscherin für die Sprache Somalisch teil. Das BFA nahm entschuldigt nicht teil.
In der Verhandlung brachte der BF wie folgt vor:
„[…]
R: Sind Sie gesund? Geht es Ihnen gut?
BF: Mir geht es gut.
R: Besuchen Sie einen Deutschkurs?
BF: Ja.
Der RV legt eine Bestätigung betreffend die Anmeldung eines Deutschkurses A1.1 vor. Diese wird als Beilage ./A zum Akt genommen.
Des Weiteren legt der RV ein Schreiben der Regionalbetreuung Caritas Steiermark vor. In dieser wird festgehalten, dass der BF als freiwilliger Dolmetscher für die Sprache Arabisch/Englisch-Arabisch tätig ist. Diese wird als Beilage ./B zum Akt genommen.
R: Was machen Sie?
BF: Ich helfe meinen Mitbewohnern im Flüchtlingsheim.
R: Machen Sie sonst noch etwas in Ihrer Freizeit?
BF: Manchmal spiele ich Fußball, aber nicht sehr oft.
Sie in Ihrer Freizeit?
R: Können Sie mir auf Deutsch erzählen, wie bei Ihnen ein typischer Tag aussieht?
BF (auf Deutsch): Mein Name ist XXXX . Ich bin 25 alt. Ich wohne in XXXX jetzt und früher ich gehe Schule in XXXX .Sie in Ihrer Freizeit?
R: Können Sie mir auf Deutsch erzählen, wie bei Ihnen ein typischer Tag aussieht?
BF (auf Deutsch): Mein Name ist römisch XXXX . Ich bin 25 alt. Ich wohne in römisch XXXX jetzt und früher ich gehe Schule in römisch XXXX .
R: Welche Schule besuchen Sie?
BF (auf Deutsch): Am XXXX .R: Welche Schule besuchen Sie?
BF (auf Deutsch): Am römisch XXXX .
R: Und um welche Art von Schule handelt es sich?
BF (auf Deutsch): Am Montag ist 12:00 Uhr - 15:00 Uhr und am Dienstag 15:00 Uhr.
R: Was lernen Sie in dieser Schule?
BF (auf Deutsch): A1.
R: Sie meinen den Deutschkurs?
BF (Auf Deutsch): Ja.
R: Haben Sie schon Vorstellungen, was Sie in Österreich arbeiten können?
BF (Auf Deutsch): Jetzt nicht, kein Platz.
R: Welche Vorstellungen haben Sie, was Sie arbeiten möchten?
BF (Auf Deutsch): Dolmetscher.
R: Wie viele Jahre haben Sie die Schule in Somalia besucht?
BF (Auf Deutsch): 12 Jahre.
Weiter mit Übersetzung:
R: Welche Schule haben Sie in Somalia besucht?
BF: Ich habe die Volksschule, Mittelschule und Gymnasium besucht.
R: Wo haben Sie die Schulen besucht?
BF: In XXXX (Beilage ./C).R: Wo haben Sie die Schulen besucht?
BF: In römisch XXXX (Beilage ./C).
R: Wo liegt XXXX ?
BF: Es liegt in der Region Bay.R: Wo liegt römisch XXXX ?
BF: Es liegt in der Region Bay.
R: Ist XXXX eine große Stadt?
BF: Es ist eine Gemeinde.R: Ist römisch XXXX eine große Stadt?
BF: Es ist eine Gemeinde.
R: Und wie heißt dann das Dorf oder die Stadt, in der Sie gelebt haben?
BF: XXXX .R: Und wie heißt dann das Dorf oder die Stadt, in der Sie gelebt haben?
BF: römisch XXXX .
R: Ist es eine Gemeinde und eine Stadt?
BF: Es ist eine Gemeinde.
R: Und wann haben Sie das Gymnasium besucht?
BF: 2008.
R: Wann haben Sie mit dem Gymnasium aufgehört oder wann haben Sie das Gymnasium beendet?
BF: Im Jahr 2020.
R: Das heißt, Sie haben 12 Jahre lang das Gymnasium besucht.
BF: Nein, das ist mein gesamtes Schuljahr von der Volksschule bis zum Gymnasium.
R: Das heißt, Sie haben mit der Volksschule im Jahr 2008 begonnen.
BF: Ja.
R: Haben Sie Verwandte hier in Österreich?
BF: Nein.
R: Haben Sie Verwandte, die noch in Somalia leben?
BF: Meine Eltern sind noch in Somalia.
R: Wo leben Ihre Eltern in Somalia?
BF: Zuletzt waren sie in XXXX .R: Wo leben Ihre Eltern in Somalia?
BF: Zuletzt waren sie in römisch XXXX .
R: Wann hatten Sie das letzte Mal Kontakt zu Ihren Eltern?
BF: Das war im vierten Monat des vergangenen Jahres.
R: Und warum haben Sie seitdem keinen Kontakt zu Ihren Eltern?
BF: Damals haben meine Eltern mir erzählt, dass in meinem Heimatort ein Krieg herrscht und dass alle Menschen weggeflohen sind. Seitdem weiß ich nicht, wo meine Eltern aufhältig sind.
R: Wie heißt die nächstgrößere Stadt von XXXX ?
BF: Bardhere (siehe Beilage ./C).R: Wie heißt die nächstgrößere Stadt von römisch XXXX ?
BF: Bardhere (siehe Beilage ./C).
R: Hat Ihre Mutter Geschwister?
BF: Ja, sie hat noch einen Bruder.
R: Wo lebt Ihr Onkel?
BF: Zuletzt war er auch in XXXX .R: Wo lebt Ihr Onkel?
BF: Zuletzt war er auch in römisch XXXX .
R: Wann hatten Sie das letzte Mal Kontakt zu Ihrem Onkel?
BF: Den letzten Kontakt hatte ich nicht mit meinem Onkel. Ich habe immer nur meine Eltern gefragt, wie es ihnen geht.
R: Hat Ihr Vater Geschwister?
BF: Nein.
R: Hat Ihr Onkel Kinder?
BF: Ja.
R: Wie viele?
BF: Zwei Söhne.
R: Sind die schon erwachsen?
BF: Nein, sie waren noch klein.
R: Wie alt sind Ihre Cousins derzeit?
BF: Zweieinhalb Jahre bis drei Jahre alt.
R: Das sind sie jetzt, zweieinhalb bis drei Jahre alt?
BF: Ja, sie werden jetzt so alt.
R: Wie viele Geschwister haben Sie?
BF: Ich habe sechs Brüder und sechs Schwestern.
R: Wo leben Ihre Geschwister?
BF: Zuletzt waren alle in XXXX , außer einem Mädchen.R: Wo leben Ihre Geschwister?
BF: Zuletzt waren alle in römisch XXXX , außer einem Mädchen.
R: Wo lebt Ihre Schwester?
BF: Die Leute, die mir Probleme gemacht haben, haben meine Schwester mitgenommen. Ich weiß nicht, ob sie sie geheiratet haben oder ihr etwas angetan haben.
R: Wann wurde Ihre Schwester mitgenommen?
BF: Das war, als ich mein Heimatland verlassen habe.
R: Wann war das?
BF: Das war Anfang vom achten Monat.
R: Von welchem Jahr reden wir?
BF: Das war im Jahr 2021.
R: Haben Sie keinen Kontakt zu Ihren Geschwistern?
BF: Nein.
R: Können Sie mir die Namen Ihrer Schwestern und Brüder aufschreiben und ihr derzeitiges Alter?
BF (siehe Beilage ./C). XXXX R: Können Sie mir die Namen Ihrer Schwestern und Brüder aufschreiben und ihr derzeitiges Alter?
BF (siehe Beilage ./C). römisch XXXX
R: Wer sind jetzt Zwillinge?
BF: XXXX .R: Wer sind jetzt Zwillinge?
BF: römisch XXXX .
R: Auf dem Zettel (Beilage ./C) steht jedoch nicht XXXX .
BF: XXXX sind vier Jahre alt. Habe ich mich verschrieben? Ich habe vergessen XXXX auf dem Zettel aufzuschreiben.R: Auf dem Zettel (Beilage ./C) steht jedoch nicht römisch XXXX .
BF: römisch XXXX sind vier Jahre alt. Habe ich mich verschrieben? Ich habe vergessen römisch XXXX auf dem Zettel aufzuschreiben.
R: Wann haben Sie Mogadischu verlassen?
BF: Ende des siebenten Monats.
R: Welches Jahr?
BF: Im Jahr 2021.
R: Können Sie das konkrete Datum nennen, wann Sie Mogadischu mit dem Flugzeug verlassen haben?
BF: Das war am 31.07.2021.
R: Wie lange haben Sie sich in der Türkei aufgehalten?
BF: Ich war zwei Monate dort.
R: Waren Sie direkt in Istanbul aufhältig?
BF: Ja.
R: Was hat Ihr Vater für den Lebensunterhalt gemacht?
BF: Wir hatten ein kleines Feld. Wenn es regnet, haben wir dort etwas angebaut und geerntet. Nebenbei war er ein Mullah in einer Moschee, ein Imam. Diese Moschee gehörte unserem Nachbarn. Die Nachbarn haben meinem Vater auch finanziell dabei geholfen.
R: Haben Sie in einem Haus oder in einer Wohnung gelebt? Wie können wir uns das vorstellen?
BF: Es war eine Hütte. Das obere Dach war ein Wellblech und der untere Bereich war Kuhscheiße mit Lehm und Holz.
R: Wieso haben Sie bei der Erstbefragung nicht gesagt, dass Sie ein Gymnasium besucht haben. Da haben Sie lediglich angegeben, die Grundschule besucht zu haben.
BF: Ich habe gesagt, dass ich zwölf Jahre lang die Schule besucht habe.
R: Haben Sie gearbeitet, nachdem Sie das Gymnasium besucht haben?
BF: Nein.
R: Was haben Sie nach dieser Zeit gemacht, als Sie das Gymnasium beendet haben?
BF: Ich habe meinem Vater geholfen und auch in der Moschee gearbeitet.
R: Was haben Sie in der Moschee gearbeitet?
BF: Ich habe nicht gearbeitet, sondern nur geholfen.
R: Was haben Sie geholfen?
BF: Ich habe geputzt.
R: Wann haben Sie Ihre Heimatgemeinde verlassen, nämlich XXXX ?
BF: Ich habe Ende des 7. Monats XXXX verlassen.R: Wann haben Sie Ihre Heimatgemeinde verlassen, nämlich römisch XXXX ?
BF: Ich habe Ende des 7. Monats römisch XXXX verlassen.
R: War das im Jahr 2021?
BF: Ja.
R: Wieso haben Sie XXXX verlassen? Was war der Grund?
BF: Wegen Problemen, die ich dort bekommen habe, musste ich meine Heimatgemeinde verlassen.R: Wieso haben Sie römisch XXXX verlassen? Was war der Grund?
BF: Wegen Problemen, die ich dort bekommen habe, musste ich meine Heimatgemeinde verlassen.
R: Und welche Probleme bekamen Sie?
BF: Eines Tages war ich in meiner Heimatgemeinde in XXXX . Ich bekam einen Anruf. Man hat mir am Telefon gesagt, „ XXXX , wir brauchen dich“.R: Und welche Probleme bekamen Sie?
BF: Eines Tages war ich in meiner Heimatgemeinde in römisch XXXX . Ich bekam einen Anruf. Man hat mir am Telefon gesagt, „ römisch XXXX , wir brauchen dich“.
R: Wer hat das gesagt?
BF: Die Leute, die behauptet haben, dass sie Al Shabaab Mitglieder sind.
R: Wie oft wurden Sie angerufen?
BF: Zwei Mal.
R: Wann wurden Sie das erste Mal angerufen? Können Sie sich erinnern?
BF: Nein.
R: Können Sie sich erinnern, wann Sie das zweite Mal angerufen wurden?
BF: Das genaue Datum kann ich nicht angeben, ich erinnere mich nur an den Monat und das Jahr.
R: Können Sie mir den Monat nennen?
BF: Das war der siebente Monat 2021.
R: Was ist jetzt genau beim ersten Anruf geschehen? Können Sie mir das schildern?
BF: Ich bekam einen Anruf und sie fragten ob ich ein XXXX bin. Sie sagten, dass sie wissen, dass ich in der Gemeinde XXXX im Bezirk Waberri wohne. Sie sagten, dass sie wissen, dass ich keine Beschäftigung momentan habe. Sie sagten, dass ich mit meinem Wissen und meiner Kraft für meine Religion etwas mache.R: Was ist jetzt genau beim ersten Anruf geschehen? Können Sie mir das schildern?
BF: Ich bekam einen Anruf und sie fragten ob ich ein römisch XXXX bin. Sie sagten, dass sie wissen, dass ich in der Gemeinde römisch XXXX im Bezirk Waberri wohne. Sie sagten, dass sie wissen, dass ich keine Beschäftigung momentan habe. Sie sagten, dass ich mit meinem Wissen und meiner Kraft für meine Religion etwas mache.
R: Woher hatte die Al Shabaab Ihre Telefonnummer?
BF: Die Al Shabaab hat Spione. Niemand weiß, wer diese Spione sein können.
R: Was wollte die Al Shabaab beim ersten Anruf von Ihnen?
BF: Sie wollten, dass ich für die Al Shabaab arbeite.
R: Was haben Sie daraufhin gesagt? Was haben Sie zur Al Shabaab gesagt?
BF: Ich habe nichts geantwortet. Ich habe nur das Gespräch beendet.
R: Wie viel Zeit ist dann vergangen, bis die Al Shabaab das zweite Mal angerufen hat?
BF: Wie viele Tage vergangen sind, weiß ich nicht genau, aber ich glaube, drei bis vier Tage.
R: Was hat die Al Shabaab beim zweiten Telefongespräch gesagt?
BF: Als ich den zweiten Anruf erhalten habe, sagten sie, dass ich keine Antwort beim ersten Telefonat gegeben habe. Sie sagten, dass sie das gleiche wieder fragen. Sie haben das gleiche wiederholt und gesagt, dass sie mein Wissen und meine Kraft für unsere Religion brauchen.
R: Was haben Sie geantwortet?
BF: Ich habe gesagt, dass sie mit diesen Spielchen aufhören sollen.
R: Woher haben Sie gewusst, dass die Al Shabaab Sie angerufen hat? Es könnte ja irgendjemand gewesen sein.
BF: Als ich am Telefon geantwortet habe, dass sie mit diesen Spielchen aufhören sollen, weil ich gedacht habe, dass es jemand anderer sei.
R: Das heißt, Sie wissen nicht, ob Sie tatsächlich von Al Shabaab angerufen wurden?
BF: In diesem Moment wusste ich es nicht.
R: Was ist dann weiter passiert?
BF: Nach einer Weile kamen sie in der Nacht zu uns nach Hause. Unsere Hütte hatte einen Zaun und dieser Zaun hatte eine kleine Tür aus Wellblech. Sie haben an der Tür geklopft. Mein Vater hat gefragt, wer an die Tür klopft. Sie nannten seinen Namen und sagten „ XXXX , mach die Tür auf“.R: Was ist dann weiter passiert?
BF: Nach einer Weile kamen sie in der Nacht zu uns nach Hause. Unsere Hütte hatte einen Zaun und dieser Zaun hatte eine kleine Tür aus Wellblech. Sie haben an der Tür geklopft. Mein Vater hat gefragt, wer an die Tür klopft. Sie nannten seinen Namen und sagten „ römisch XXXX , mach die Tür auf“.
R: Hat Ihr Vater die Tür aufgemacht?
BF: Ja, er hat aufgemacht.
R: Haben Sie gesehen, dass Ihr Vater die Tür aufgemacht hat?
BF: Ja, ich habe gesehen, wie mein Vater die Tür aufgemacht hat.
R: Wer stand vor der Tür?
BF: Zwei Männer.
R: Was wollten diese beiden Männer?
BF: Sie sind reingekommen.
R: Was haben sie gesagt?
BF: Sie sagten, wo XXXX sei.R: Was haben sie gesagt?
BF: Sie sagten, wo römisch XXXX sei.
R: Was hat Ihr Vater geantwortet?
BF: Er fragte: „Wer sind Sie?“. Sie sagten zu meinem Vater, dass er nicht Fragen stellen darf, er soll nur sagen, wo XXXX sei.R: Was hat Ihr Vater geantwortet?
BF: Er fragte: „Wer sind Sie?“. Sie sagten zu meinem Vater, dass er nicht Fragen stellen darf, er soll nur sagen, wo römisch XXXX sei.
R: Hat Ihr Vater gesagt, wo Sie sind?
BF: Bevor mein Vater etwas gesagt hat, ist einer von denen in die Hütte hineingekommen und ich war bei meinen Geschwistern. Er sagte, ich soll aufstehen und mitkommen.
R: Woher hat er gewusst, dass Sie XXXX sind? Woher sollten sie das wissen?
BF: Das weiß ich nicht. Diese Leute waren vermummt.R: Woher hat er gewusst, dass Sie römisch XXXX sind? Woher sollten sie das wissen?
BF: Das weiß ich nicht. Diese Leute waren vermummt.
R: Sind Sie dann freiwillig mitgegangen?
BF: Ich bin nicht freiwillig mitgegangen. Sie haben meine Hände am Rücken verbunden und auch meine Augen verbunden.
R: Wohin wurden Sie gebracht?
BF: Das weiß ich nicht. Wir sind nur losgefahren.
R: Sind Sie dann inhaftiert gewesen?
BF: Ja.
R: Wissen Sie, wo Sie inhaftiert waren?
BF: Ich weiß es nicht genau, aber es war bergig.
R: Wie konnten Sie wieder freikommen? Wie war das möglich?
BF: Ich konnte nicht fliehen. Ich war dort vier Tage.
R: Wurden Sie alleine festgehalten?
BF: Wo ich eingesperrt war, war ich alleine.
R: Wie konnten Sie nun freikommen?
BF: Nach vier Tagen sind sie in der Nacht zu mir gekommen und haben meine Augen verbunden. Sie brachten mich mit einem Motorrad in die Nähe von meiner Heimatgemeinde, in ein Stadium. Sie sagten, ich soll jetzt nach Hause gehen.
R: Wo war dieses Stadium?
BF: Das war nicht weit weg von unserer Hütte.
R: Das heißt, Sie sind dann zu Fuß nach Hause gegangen?
BF: Ja.
R: Sind Sie alleine nach Hause gegangen?
BF: Ja.
R: Wie kam das, dass Sie einfach so freigelassen wurden? Was war der Grund?
BF: Während dieser vier Tage haben sie mit mir gesprochen. Wir haben uns unterhalten.
R: Über was haben Sie sich unterhalten?
BF: Während dieser vier Tagen haben sie mich manchmal bedroht und manchmal haben sie mir gepredigt, um mich zu überzeugen, was sie von mir wollen.
R: Was war der Grund? Wie konnten Sie freigelassen werden?
BF: Während ich inhaftiert war, hat mein Vater mit anderen älteren Männern in meiner Heimatgemeinde gesprochen und er hat Schutzgeld bezahlt. Das habe ich erst erfahren, als ich nach Hause kam.
R: Ihr Vater hat Schutzgeld bezahlt, deswegen sind Sie freigekommen.
BF: Ja, aber er hat nicht direkt mit der Al Shabaab gesprochen, sondern durch die älteren Männer.
R: Was meinen Sie mit durch die älteren Männer? Was haben die älteren Männer gemacht?
BF: Sie waren Vermittler zwischen uns und den Al Shabaab.
R: Dann sind Sie freigelassen worden und nach Hause gegangen. Wie lange haben Sie sich dann noch zuhause aufgehalten?
BF: Ich bin zwei Nächte zuhause geblieben und in der dritten Nacht bin ich weggegangen.
R: Wohin sind Sie gegangen?
BF: Ich bin mit einem Auto gefahren und nach Mogadishu gegangen.
R: Wie lange haben Sie gebraucht, bis Sie nach Mogadischu gekommen sind?
BF: 24 Stunden hat es gedauert.
R: Wie lange haben Sie sich in Mogadischu aufgehalten?
BF: Nur einen Tag.
R: Wo haben Sie sich aufgehalten, in Mogadischu?
BF: Das weiß ich nicht.
R: Das heißt, Sie haben Ihre Ausreise aus Mogadischu selbst organisiert.
BF: Nein. Das hat ein Schlepper für uns organsiert.
R: Wie konnten Sie so schnell einen Schlepper organisieren? Wie war das möglich?
BF: Der Schlepper hat einen illegalen Reisepass für mich hergestellt und er hat alles schnell gemacht.
R: Was glauben Sie, was würde Ihnen passieren, wenn Sie in Ihr Heimatland zurückkehren müssten?
BF: Die Probleme, weswegen ich mein Heimatland verlassen musste, sind immer noch vorhanden. Ich habe Angst, dass ich getötet werde.
R: Wieso konnten Sie nicht in Mogadischu zu bleiben? Es wäre doch naheliegend gewesen nicht auszureisen, sondern sich irgendwo in Ihrem Heimatland niederzulassen.
BF: In Mogadischu habe ich niemanden. Ich habe kein Familienmitglied in Mogadischu und es war schwierig, dort zu leben.
R: Können Sie sich genau erinnern, wann Sie inhaftiert waren?
BF: Ich weiß nur, dass es im siebenten Monat war. Ein näheres Datum kann ich nicht angeben.
R: Wann haben Sie jetzt das letzte Mal mit Ihrem Vater und Ihrer Mutter gesprochen?
BF: Das war im April 2022.
R: Wo haben Sie sich da befunden?
BF: Ich war in Österreich.
R: Haben Sie versucht, Ihre Eltern seit diesem Zeitpunkt zu erreichen?
BF: Ich habe es versucht. Ich habe ihre Telefonnummer angerufen, aber es funktionierte nicht.
R: Wer hat den Schlepper organisiert?
BF: Meine Familie hat alles organisiert.
R: Welche Familienmitglieder?
BF: Mein Vater.
R: Wie viel hat Ihr Vater bezahlt? Wissen Sie das?
BF: 3.000,--
R: 3.000,-- was?
BF: Dollar.
R: Sie haben gesagt, Sie haben in einer Hütte gelebt und Ihre Familie hatte ein kleines Grundstück. Stimmt das?
BF: Ja.
R: Wieso haben Sie dann vor dem BFA mitgeteilt, dass Ihre Familie ein paar Grundstücke hätte, ein Haus und eine Landwirtschaft?
BF: Vielleicht war es ein Missverständnis. Wenn wir sagen, dass wir ein paar Grundstück