TE Bvwg Erkenntnis 2024/6/7 W136 2288240-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.06.2024
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Entscheidungsdatum

07.06.2024

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W136 2288240-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA. Syrien, vertreten durch MARSCHALL & HEINZ Rechtsanwalts-Kommanditpartnerschaft, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.01.2024, Zl. 1327189303-223115411, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER als Einzelrichterin über die Beschwerde des römisch XXXX , geb. am römisch XXXX , StA. Syrien, vertreten durch MARSCHALL & HEINZ Rechtsanwalts-Kommanditpartnerschaft, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.01.2024, Zl. 1327189303-223115411, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.A) Der Beschwerde wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG stattgegeben und römisch XXXX gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetz die Flüchtlingseigenschaft zukommt.Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass römisch XXXX damit kraft Gesetz die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte am 03.10.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Am nächsten Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des BF statt.

Zu seinen Fluchtgründen gab er an, dass in seinem Land Krieg herrsche und es keine Sicherheit gebe. Er müsse außerdem zum Militär einrücken, aber wolle keine Waffe tragen.

2. Am 19.03.2023 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA oder belangte Behörde) im Beisein eines Dolmetschers für die arabische Sprache niederschriftlich einvernommen.

Zu seiner Person gab er an, dass er der arabischen Volksgruppe angehöre, sunnitischer Moslem sei und in XXXX in der Provinz Idlib geboren sei. Er habe 14 Jahre die Schule besucht und zuletzt Anglistik studiert. Er habe am 15.04.2021 in Adana traditionell geheiratet, seine Ehefrau würde bei ihren Eltern aktuell in der Türkei leben. Befragt zu seinen Fluchtgründen gab er an, dass er und seine Familie Oppositionelle des Regimes seien und öfters gegen das Regime demonstriert hätten. Er habe Syrien 2020 verlassen. Er habe zuletzt eine Schule unter der Kontrolle des FSA besucht. Außerdem müsse er zum Militär, was er nicht wolle, keiner seiner Brüder habe Wehdienst geleistet, jedoch habe das Regime auch keinen Zugriff auf ihn in seinem Heimatort gehabt.Zu seiner Person gab er an, dass er der arabischen Volksgruppe angehöre, sunnitischer Moslem sei und in römisch XXXX in der Provinz Idlib geboren sei. Er habe 14 Jahre die Schule besucht und zuletzt Anglistik studiert. Er habe am 15.04.2021 in Adana traditionell geheiratet, seine Ehefrau würde bei ihren Eltern aktuell in der Türkei leben. Befragt zu seinen Fluchtgründen gab er an, dass er und seine Familie Oppositionelle des Regimes seien und öfters gegen das Regime demonstriert hätten. Er habe Syrien 2020 verlassen. Er habe zuletzt eine Schule unter der Kontrolle des FSA besucht. Außerdem müsse er zum Militär, was er nicht wolle, keiner seiner Brüder habe Wehdienst geleistet, jedoch habe das Regime auch keinen Zugriff auf ihn in seinem Heimatort gehabt.

3. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA vom 18.01.2024, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigen zuerkannt (Spruchpunkt II.) und diesem gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für 1 Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).3. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA vom 18.01.2024, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigen zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und diesem gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für 1 Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).

Das BFA begründete im angefochtenen Bescheid die abweisende Entscheidung in Spruchpunkt I. im Wesentlichen damit, dass sich der Heimatort des BF aktuell nicht unter kurdischer Kontrolle befände und nicht habe festgestellt werden können, dass der BF seine Heimat aufgrund individuelle und aktuelle Bedrohung aus einem asylrechtlich relevanten Grund verlassen habe.Das BFA begründete im angefochtenen Bescheid die abweisende Entscheidung in Spruchpunkt römisch eins. im Wesentlichen damit, dass sich der Heimatort des BF aktuell nicht unter kurdischer Kontrolle befände und nicht habe festgestellt werden können, dass der BF seine Heimat aufgrund individuelle und aktuelle Bedrohung aus einem asylrechtlich relevanten Grund verlassen habe.

4. Gegen Spruchpunkt I. des oben genannten Bescheides wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. In dieser wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF im Jahr 2020 seinen Heimatort verlassen habe, als das syrische Regime dort die Kontrolle übernommen habe. Sodann habe er in einer Schule im Norden unter der Kontrolle der Al Nusra Front unterrichtet. Dort habe er auch Probleme bekommen, weil er sich gegen die von Al Nusra geforderte Trennung von Buben und Mädchen im Unterricht gestellt habe. Aus diesem Grund habe er Syrien verlassen. Bei einer Rückkehr in seine Heimatregion drohe dem BF Einberufung zum Militär und aufgrund seiner und der oppositionellen Gesinnung seiner Familie asylrechtlich relevante Verfolgung durch das syrische Regime zu befürchten hätte. 4. Gegen Spruchpunkt römisch eins. des oben genannten Bescheides wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. In dieser wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF im Jahr 2020 seinen Heimatort verlassen habe, als das syrische Regime dort die Kontrolle übernommen habe. Sodann habe er in einer Schule im Norden unter der Kontrolle der Al Nusra Front unterrichtet. Dort habe er auch Probleme bekommen, weil er sich gegen die von Al Nusra geforderte Trennung von Buben und Mädchen im Unterricht gestellt habe. Aus diesem Grund habe er Syrien verlassen. Bei einer Rückkehr in seine Heimatregion drohe dem BF Einberufung zum Militär und aufgrund seiner und der oppositionellen Gesinnung seiner Familie asylrechtlich relevante Verfolgung durch das syrische Regime zu befürchten hätte.

5. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom BFA vorgelegt und sind am 07.06.2023 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

6. Am 23.04.2024 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die arabische Sprache mit dem BF und dessen Rechtsvertreter eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, bei der der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen persönlichen und familiären Umständen und Fluchtgründen befragt wurde. Die belangte Behörde nahm nicht an der Verhandlung teil, hatte aber bereits bei Vorlage des Aktes die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des BF und seinem Herkunftsort:

Der BF ist Staatsangehöriger Syriens und gehört der arabischen Volksgruppe an. Er ist sunnitisch-muslimischen Glaubens. Die Identität des BF steht fest.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Seine Muttersprache ist Arabisch.

Der BF ist XXXX in der Provinz Idlib geboren und ging dort bis zur elften Schulstufe in die Schule. Nach der Matura hat der BF ein Anglizistikstudium in der Stadt XXXX absolviert. Danach hat der BF in seiner Heimatstadt etwa ein halbes Jahr als Lehrer unterrichtet und ist, nachdem das syrische Regime dort die wieder die Macht erlangt hat, in den Norden der Provinz Idlib gezogen, welcher nicht unter der Kontrolle des syrischen Regimes steht, und hat dort ebenfalls an einer Schule unterrichtet. Nachdem der BF dort mit Vertretern der herrschenden Al Nusra Front/HTS Probleme bekam, weil er sich gegen eine angeordnete Trennung von Buben und Mädchen im Unterricht aussprach, verließ er Ende 2020 Syrien und hielt sich bis August 2022 in der Türkei auf. Im April 2021 hat der BF in der Türkei traditionell eine entfernte Verwandte geheiratet. Die Herkunftsregion de BF um XXXX befindet sich unter der Kontrolle der syrischen Regierung. Der BF ist römisch XXXX in der Provinz Idlib geboren und ging dort bis zur elften Schulstufe in die Schule. Nach der Matura hat der BF ein Anglizistikstudium in der Stadt römisch XXXX absolviert. Danach hat der BF in seiner Heimatstadt etwa ein halbes Jahr als Lehrer unterrichtet und ist, nachdem das syrische Regime dort die wieder die Macht erlangt hat, in den Norden der Provinz Idlib gezogen, welcher nicht unter der Kontrolle des syrischen Regimes steht, und hat dort ebenfalls an einer Schule unterrichtet. Nachdem der BF dort mit Vertretern der herrschenden Al Nusra Front/HTS Probleme bekam, weil er sich gegen eine angeordnete Trennung von Buben und Mädchen im Unterricht aussprach, verließ er Ende 2020 Syrien und hielt sich bis August 2022 in der Türkei auf. Im April 2021 hat der BF in der Türkei traditionell eine entfernte Verwandte geheiratet. Die Herkunftsregion de BF um römisch XXXX befindet sich unter der Kontrolle der syrischen Regierung.

Der Vater und drei Schwestern des BF leben im Norden der Provinz Idlib in Syrien, jeweils ein Bruder lebt in der Türkei und in Deutschland, vier Brüder des BF leben asylberechtigt in Österreich. Die Frau des BF lebt mit ihrer Familie in der Türkei.

Der BF ist im Oktober 2022 nach Österreich gekommen und stellte am 03.10.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Der BF lebt in Österreich als subsidiär Schutzberechtigter.

Der BF ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtgründen des BF:

Der Heimatort des BF stand nach Ausbruch des Bürgerkrieges überwiegend unter der Kontrolle der FSA, war jedoch immer wieder umkämpft. Als die syrische Regierung über XXXX 2019 die Kontrolle erlangte, flüchtete der BF in den Norden der Provinz Idlib, dieses Gebiet verließ er Ende 2020 weil er Probleme mit den dortigen Machthabern bekam. Der Heimatort des BF stand nach Ausbruch des Bürgerkrieges überwiegend unter der Kontrolle der FSA, war jedoch immer wieder umkämpft. Als die syrische Regierung über römisch XXXX 2019 die Kontrolle erlangte, flüchtete der BF in den Norden der Provinz Idlib, dieses Gebiet verließ er Ende 2020 weil er Probleme mit den dortigen Machthabern bekam.

Der BF und seine gesamte Familie haben eine oppositionelle Haltung gegenüber dem Regime, haben gegen das syrische Regime, vor allem zu Beginn des Bürgerkrieges 2011/2012 demonstriert und haben schließlich alle ihre Herkunftsregion verlassen, als das syrische Regime dort wieder die Macht erlangte.

Der Heimatort des Beschwerdeführers steht aktuell unter der Kontrolle der syrischen Regierung.

Bei einer Rückkehr des BF in seine ursprüngliche Heimatregion XXXX besteht das reale Risiko, dass der BF verhaftet und den bisher nicht geleisteten verpflichtenden Militärdienst in den syrischen Streitkräften leisten muss. Der Dienst in der syrischen Armee ist mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit dem Zwang zur Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen und völkerrechtswidrigen Kampfhandlungen verbunden. Der BF konnte glaubhaft darlegen, dass er die Leistung eines Militärdienstes in der syrischen Armee ablehnt, was zumindest mit einer mit Folter verbunden Gefängnisstrafe bestraft wird. Bei einer Rückkehr des BF in seine ursprüngliche Heimatregion römisch XXXX besteht das reale Risiko, dass der BF verhaftet und den bisher nicht geleisteten verpflichtenden Militärdienst in den syrischen Streitkräften leisten muss. Der Dienst in der syrischen Armee ist mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit dem Zwang zur Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen und völkerrechtswidrigen Kampfhandlungen verbunden. Der BF konnte glaubhaft darlegen, dass er die Leistung eines Militärdienstes in der syrischen Armee ablehnt, was zumindest mit einer mit Folter verbunden Gefängnisstrafe bestraft wird.

Der BF hat keine Asylausschluss- oder –endigungsgründe verwirklicht.

1.3. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:

1.3.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Syrien, Version 11, März 2024:

Die syrischen Streitkräfte - Wehr- und Reservedienst

Letzte Änderung: 2024-03-11

Rechtliche Bestimmungen

Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes verpflichtend (ÖB Damaskus 12.2022). Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Art. 4 lit b gilt dies vom 1. Januar des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren (PAR 12.5.2007). Die Dauer des Wehrdienstes beträgt 18 Monate bzw. 21 Monate für jene, die die fünfte Klasse der Grundschule nicht abgeschlossen haben (PAR 1.6.2011). Polizeidienst wird im Rahmen des Militärdienstes organisiert. Eingezogene Männer werden entweder dem Militär oder der Polizei zugeteilt (AA 2.2.2024). In der Vergangenheit wurde es auch akzeptiert, sich, statt den Militärdienst in der syrischen Armee zu leisten, einer der bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppierung anzuschließen. Diese werden inzwischen teilweise in die Armee eingegliedert, jedoch ohne weitere organisatorische Integrationsmaßnahmen zu setzen oder die Kämpfer auszubilden (ÖB Damaskus 12.2022). Wehrpflichtige und Reservisten können im Zuge ihres Wehrdienstes bei der Syrischen Arabischen Armee (SAA) auch den Spezialeinheiten (Special Forces), der Republikanischen Garde oder der Vierten Division zugeteilt werden, wobei die Rekruten den Dienst in diesen Einheiten bei Zuteilung nicht verweigern können (DIS 4.2023). Um dem verpflichtenden Wehrdienst zu entgehen, melden sich manche Wehrpflichtige allerdings aufgrund der höheren Bezahlung auch freiwillig zur Vierten Division, die durch die von ihr kontrollierten Checkpoints Einnahmen generiert (EB 17.1.2023). Die 25. (Special Tasks) Division (bis 2019: Tiger Forces) rekrutiert sich dagegen ausschließlich aus Freiwilligen (DIS 4.2023).Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes verpflichtend (ÖB Damaskus 12.2022). Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Artikel 4, Litera b, gilt dies vom 1. Januar des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren (PAR 12.5.2007). Die Dauer des Wehrdienstes beträgt 18 Monate bzw. 21 Monate für jene, die die fünfte Klasse der Grundschule nicht abgeschlossen haben (PAR 1.6.2011). Polizeidienst wird im Rahmen des Militärdienstes organisiert. Eingezogene Männer werden entweder dem Militär oder der Polizei zugeteilt (AA 2.2.2024). In der Vergangenheit wurde es auch akzeptiert, sich, statt den Militärdienst in der syrischen Armee zu leisten, einer der bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppierung anzuschließen. Diese werden inzwischen teilweise in die Armee eingegliedert, jedoch ohne weitere organisatorische Integrationsmaßnahmen zu setzen oder die Kämpfer auszubilden (ÖB Damaskus 12.2022). Wehrpflichtige und Reservisten können im Zuge ihres Wehrdienstes bei der Syrischen Arabischen Armee (SAA) auch den Spezialeinheiten (Special Forces), der Republikanischen Garde oder der Vierten Division zugeteilt werden, wobei die Rekruten den Dienst in diesen Einheiten bei Zuteilung nicht verweigern können (DIS 4.2023). Um dem verpflichtenden Wehrdienst zu entgehen, melden sich manche Wehrpflichtige allerdings aufgrund der höheren Bezahlung auch freiwillig zur Vierten Division, die durch die von ihr kontrollierten Checkpoints Einnahmen generiert (EB 17.1.2023). Die 25. (Special Tasks) Division (bis 2019: Tiger Forces) rekrutiert sich dagegen ausschließlich aus Freiwilligen (DIS 4.2023).

Ausnahmen von der Wehrpflicht bestehen für Studenten, Staatsangestellte, aus medizinischen Gründen und für Männer, die die einzigen Söhne einer Familie sind. Insbesondere die Ausnahmen für Studenten können immer schwieriger in Anspruch genommen werden. Fallweise wurden auch Studenten eingezogen. In letzter Zeit mehren sich auch Berichte über die Einziehung von Männern, die die einzigen Söhne einer Familie sind (ÖB Damaskus 12.2022). Einer vertraulichen Quelle des niederländischen Außenministeriums zufolge sollen Männer auch unabhängig ihres Gesundheitszustandes eingezogen und in der Verwaltung eingesetzt worden sein (NMFA 8.2023). Die im März 2020, Mai 2021 und Jänner 2022 vom Präsidenten erlassenen Generalamnestien umfassten auch einen Straferlass für Vergehen gegen das Militärstrafgesetz, darunter Fahnenflucht. Die Verpflichtung zum Wehrdienst bleibt davon unberührt (ÖB Damaskus 12.2022). Binnenvertriebene sind wie andere Syrer zur Ableistung des Wehrdienstes verpflichtet und werden rekrutiert (FIS 14.12.2018). Auch geflüchtete Syrer, die nach Syrien zurückkehren, müssen mit Zwangsrekrutierung rechnen (AA 2.2.2024). Laut Berichten und Studien verschiedener Menschenrechtsorganisationen ist für zahlreiche Geflüchtete die Gefahr der Zwangsrekrutierung neben anderen Faktoren eines der wesentlichen Rückkehrhindernisse (AA 2.2.2024; vgl. ICWA 24.5.2022). […]Ausnahmen von der Wehrpflicht bestehen für Studenten, Staatsangestellte, aus medizinischen Gründen und für Männer, die die einzigen Söhne einer Familie sind. Insbesondere die Ausnahmen für Studenten können immer schwieriger in Anspruch genommen werden. Fallweise wurden auch Studenten eingezogen. In letzter Zeit mehren sich auch Berichte über die Einziehung von Männern, die die einzigen Söhne einer Familie sind (ÖB Damaskus 12.2022). Einer vertraulichen Quelle des niederländischen Außenministeriums zufolge sollen Männer auch unabhängig ihres Gesundheitszustandes eingezogen und in der Verwaltung eingesetzt worden sein (NMFA 8.2023). Die im März 2020, Mai 2021 und Jänner 2022 vom Präsidenten erlassenen Generalamnestien umfassten auch einen Straferlass für Vergehen gegen das Militärstrafgesetz, darunter Fahnenflucht. Die Verpflichtung zum Wehrdienst bleibt davon unberührt (ÖB Damaskus 12.2022). Binnenvertriebene sind wie andere Syrer zur Ableistung des Wehrdienstes verpflichtet und werden rekrutiert (FIS 14.12.2018). Auch geflüchtete Syrer, die nach Syrien zurückkehren, müssen mit Zwangsrekrutierung rechnen (AA 2.2.2024). Laut Berichten und Studien verschiedener Menschenrechtsorganisationen ist für zahlreiche Geflüchtete die Gefahr der Zwangsrekrutierung neben anderen Faktoren eines der wesentlichen Rückkehrhindernisse (AA 2.2.2024; vergleiche ICWA 24.5.2022). […]

Die Umsetzung

Bei der Einberufung neuer Rekruten sendet die Regierung Wehrdienstbescheide mit der Aufforderung, sich zum Militärdienst anzumelden, an Männer, die das wehrfähige Alter erreicht haben. Die Namen der einberufenen Männer werden in einer zentralen Datenbank erfasst. Männer, die sich beispielsweise im Libanon aufhalten, können mittels Bezahlung von Bestechungsgeldern vor ihrer Rückkehr nach Syrien überprüfen, ob sich ihr Name in der Datenbank befindet (DIS 5.2020). Laut Gesetz sind in Syrien junge Männer im Alter von 17 Jahren dazu aufgerufen, sich ihr Wehrbuch abzuholen und sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Im Alter von 18 Jahren wird man einberufen, um den Wehrdienst abzuleisten. Wenn bei der medizinischen Untersuchung ein gesundheitliches Problem festgestellt wird, wird man entweder vom Wehrdienst befreit oder muss diesen durch Tätigkeiten, die nicht mit einer Teilnahme an einer Kampfausbildung bzw. -einsätzen verbunden sind, ableisten (STDOK 8.2017; vgl. DIS 7.2023). Wenn eine Person physisch tauglich ist, wird sie entsprechend ihrer schulischen bzw. beruflichen Ausbildung eingesetzt. Die Rekruten müssen eine 45-tägige militärische Grundausbildung absolvieren. Männer mit niedrigem Bildungsstand werden häufig in der Infanterie eingesetzt, während Männer mit einer höheren Bildung oft in prestigeträchtigeren Positionen eingesetzt werden. Gebildetere Personen kommen damit auch mit höherer Wahrscheinlichkeit in Positionen, in denen sie über andere Personen Bericht erstatten oder diese bestrafen müssen (STDOK 8.2017).Bei der Einberufung neuer Rekruten sendet die Regierung Wehrdienstbescheide mit der Aufforderung, sich zum Militärdienst anzumelden, an Männer, die das wehrfähige Alter erreicht haben. Die Namen der einberufenen Männer werden in einer zentralen Datenbank erfasst. Männer, die sich beispielsweise im Libanon aufhalten, können mittels Bezahlung von Bestechungsgeldern vor ihrer Rückkehr nach Syrien überprüfen, ob sich ihr Name in der Datenbank befindet (DIS 5.2020). Laut Gesetz sind in Syrien junge Männer im Alter von 17 Jahren dazu aufgerufen, sich ihr Wehrbuch abzuholen und sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Im Alter von 18 Jahren wird man einberufen, um den Wehrdienst abzuleisten. Wenn bei der medizinischen Untersuchung ein gesundheitliches Problem festgestellt wird, wird man entweder vom Wehrdienst befreit oder muss diesen durch Tätigkeiten, die nicht mit einer Teilnahme an einer Kampfausbildung bzw. -einsätzen verbunden sind, ableisten (STDOK 8.2017; vergleiche DIS 7.2023). Wenn eine Person physisch tauglich ist, wird sie entsprechend ihrer schulischen bzw. beruflichen Ausbildung eingesetzt. Die Rekruten müssen eine 45-tägige militärische Grundausbildung absolvieren. Männer mit niedrigem Bildungsstand werden häufig in der Infanterie eingesetzt, während Männer mit einer höheren Bildung oft in prestigeträchtigeren Positionen eingesetzt werden. Gebildetere Personen kommen damit auch mit höherer Wahrscheinlichkeit in Positionen, in denen sie über andere Personen Bericht erstatten oder diese bestrafen müssen (STDOK 8.2017).

Obwohl die offizielle Wehrdienstzeit etwa zwei Jahre beträgt, werden Wehrpflichtige in der Praxis auf unbestimmte Zeit eingezogen (NMFA 5.2022; vgl. AA 29.3.2022), wobei zuletzt von einer „Verkürzung“ des Wehrdienstes auf 7,5 Jahre berichtet wurde. Die tatsächliche Dauer richtet sich laut UNHCR Syrien jedoch nach Rang und Funktion der Betreffenden (ÖB Damaskus 12.2022). Personen, die aufgrund ihrer besonderen Fachkenntnisse von großem Wert für die Armee und nur schwer zu ersetzen sind, können daher über Jahre hinweg im Militärdienst gehalten werden. Personen, deren Beruf oder Fachwissen in der Gesellschaft sehr gefragt ist, wie z.B. Ärzte, dürfen eher nach Ablauf der offiziellen Militärdienstzeit ausscheiden (NMFA 5.2022). Seit März 2020 hat es in Syrien keine größeren militärischen Offensiven an den offiziellen Frontlinien mehr gegeben. Scharmützel, Granatenbeschuss und Luftangriffe gingen weiter, aber die Frontlinien waren im Grunde genommen eingefroren. Nach dem Ausbruch von COVID-19 und der Einstellung größerer Militäroperationen in Syrien Anfang 2020 verlangsamten sich Berichten zufolge die militärischen Rekrutierungsmaßnahmen der SAA. Die SAA berief jedoch regelmäßig neue Wehrpflichtige und Reservisten ein. Im Oktober 2021 wurde ein Rundschreiben herausgegeben, in dem die Einberufung von männlichen Syrern im wehrpflichtigen Alter angekündigt wurde. Auch in den wiedereroberten Gebieten müssen Männer im wehrpflichtigen Alter den Militärdienst ableisten (EUAA 9.2022). Der Personalbedarf des syrischen Militärs bleibt aufgrund von Entlassungen langgedienter Wehrpflichtiger und zahlreicher Verluste durch Kampfhandlungen unverändert hoch (AA 2.2.2024).Obwohl die offizielle Wehrdienstzeit etwa zwei Jahre beträgt, werden Wehrpflichtige in der Praxis auf unbestimmte Zeit eingezogen (NMFA 5.2022; vergleiche AA 29.3.2022), wobei zuletzt von einer „Verkürzung“ des Wehrdienstes auf 7,5 Jahre berichtet wurde. Die tatsächliche Dauer richtet sich laut UNHCR Syrien jedoch nach Rang und Funktion der Betreffenden (ÖB Damaskus 12.2022). Personen, die aufgrund ihrer besonderen Fachkenntnisse von großem Wert für die Armee und nur schwer zu ersetzen sind, können daher über Jahre hinweg im Militärdienst gehalten werden. Personen, deren Beruf oder Fachwissen in der Gesellschaft sehr gefragt ist, wie z.B. Ärzte, dürfen eher nach Ablauf der offiziellen Militärdienstzeit ausscheiden (NMFA 5.2022). Seit März 2020 hat es in Syrien keine größeren militärischen Offensiven an den offiziellen Frontlinien mehr gegeben. Scharmützel, Granatenbeschuss und Luftangriffe gingen weiter, aber die Frontlinien waren im Grunde genommen eingefroren. Nach dem Ausbruch von COVID-19 und der Einstellung größerer Militäroperationen in Syrien Anfang 2020 verlangsamten sich Berichten zufolge die militärischen Rekrutierungsmaßnahmen der SAA. Die SAA berief jedoch regelmäßig neue Wehrpflichtige und Reservisten ein. Im Oktober 2021 wurde ein Rundschreiben herausgegeben, in dem die Einberufung von männlichen Syrern im wehrpflichtigen Alter angekündigt wurde. Auch in den wiedereroberten Gebieten müssen Männer im wehrpflichtigen Alter den Militärdienst ableisten (EUAA 9.2022). Der Personalbedarf des syrischen Militärs bleibt aufgrund von Entlassungen langgedienter Wehrpflichtiger und zahlreicher Verluste durch Kampfhandlungen unverändert hoch (AA 2.2.2024).

Rekrutierungspraxis

Es gibt, dem Auswärtigen Amt zufolge, zahlreiche glaubhafte Berichte, laut denen wehrpflichtige Männer, die auf den Einberufungsbescheid nicht reagieren, von Mitarbeitern der Geheimdienste abgeholt und zwangsrekrutiert werden (AA 2.2.2024). Junge Männer werden an Kontrollstellen (Checkpoints) sowie unmittelbar an Grenzübergängen festgenommen und zwangsrekrutiert (AA 2.2.2024; vgl. NMFA 5.2022), wobei es in den Gebieten unter Regierungskontrolle zahlreiche Checkpoints gibt (NMFA 5.2022; vgl. NLM 29.11.2022). Im September 2022 wurde beispielsweise von der Errichtung eines mobilen Checkpoints im Gouvernement Dara’a berichtet, an dem mehrere Wehrpflichtige festgenommen wurden (SO 12.9.2022). In Homs führte die Militärpolizei gemäß einem Bericht aus dem Jahr 2020 stichprobenartig unvorhersehbare Straßenkontrollen durch. Die intensiven Kontrollen erhöhen das Risiko für Militärdienstverweigerer, verhaftet zu werden (EB 6.3.2020). Im Jänner 2023 wurde berichtet, dass Kontrollpunkte in Homs eine wichtige Einnahmequelle der Vierten Division seien (EB 17.1.2023). Glaubhaften Berichten zufolge gibt es Zwangsrekrutierungen junger Männer durch syrische Streitkräfte auch unmittelbar im Kampfgebiet (AA 2.2.2024).Es gibt, dem Auswärtigen Amt zufolge, zahlreiche glaubhafte Berichte, laut denen wehrpflichtige Männer, die auf den Einberufungsbescheid nicht reagieren, von Mitarbeitern der Geheimdienste abgeholt und zwangsrekrutiert werden (AA 2.2.2024). Junge Männer werden an Kontrollstellen (Checkpoints) sowie unmittelbar an Grenzübergängen festgenommen und zwangsrekrutiert (AA 2.2.2024; vergleiche NMFA 5.2022), wobei es in den Gebieten unter Regierungskontrolle zahlreiche Checkpoints gibt (NMFA 5.2022; vergleiche NLM 29.11.2022). Im September 2022 wurde beispielsweise von der Errichtung eines mobilen Checkpoints im Gouvernement Dara’a berichtet, an dem mehrere Wehrpflichtige festgenommen wurden (SO 12.9.2022). In Homs führte die Militärpolizei gemäß einem Bericht aus dem Jahr 2020 stichprobenartig unvorhersehbare Straßenkontrollen durch. Die intensiven Kontrollen erhöhen das Risiko für Militärdienstverweigerer, verhaftet zu werden (EB 6.3.2020). Im Jänner 2023 wurde berichtet, dass Kontrollpunkte in Homs eine wichtige Einnahmequelle der Vierten Division seien (EB 17.1.2023). Glaubhaften Berichten zufolge gibt es Zwangsrekrutierungen junger Männer durch syrische Streitkräfte auch unmittelbar im Kampfgebiet (AA 2.2.2024).

Rekrutierungen finden auch in Ämtern statt, beispielsweise wenn junge Männer Dokumente erneuern wollen, sowie an Universitäten, in Spitälern und an Grenzübergängen, wo die Beamten Zugang zur zentralen Datenbank mit den Namen der für den Wehrdienst gesuchten Männer haben. Nach Angaben einer Quelle fürchten auch Männer im wehrfähigen Alter, welche vom Militärdienst laut Gesetz ausgenommen sind oder von einer zeitweisen Amnestie vom Wehrdienst Gebrauch machen wollen, an der Grenze eingezogen zu werden (DIS 5.2020). Lokale Medien berichteten, dass die Sicherheitskräfte der Regierung während der Fußballweltmeisterschaft der Herren 2022 mehrere Cafés, Restaurants und öffentliche Plätze in Damaskus stürmten, wo sich Menschen versammelt hatten, um die Spiele zu sehen, und Dutzende junger Männer zur Zwangsrekrutierung festnahmen (USDOS 20.3.2023).

Während manche Quellen davon ausgehen, dass insbesondere in vormaligen Oppositionsgebieten (z. B. dem Umland von Damaskus, Aleppo, Dara‘a und Homs) immer noch Rekrutierungen mittels Hausdurchsuchungen stattfinden (DIS 5.2020; vgl. ICG 9.5.2022, EB 6.3.2020), berichten andere Quellen, dass die Regierung nun weitgehend davon absieht, um erneute Aufstände zu vermeiden (DIS 5.2020). Hausdurchsuchungen finden dabei v.a. eher in urbanen Gebieten statt, wo die SAA stärkere Kontrolle hat, als in ruralen Gebieten (DIS 1.2024). Mehrere Quellen berichteten im Jahr 2023 wieder vermehrt, dass Wehr- und Reservedienstpflichtige aus ehemaligen Oppositionsgebieten von der syrischen Regierung zur Wehrpflicht herangezogen wurden, um mehr Kontrolle über diese Gebiete zu erlangen bzw. um potenzielle Oppositionskämpfer aus diesen Gebieten abzuziehen (NMFA 8.2023; vgl. DIS 7.2023). Eine Quelle des Danish Immigration Service geht davon aus, dass Hausdurchsuchungen oft weniger die Rekrutierung als vielmehr eine Erpressung zum Ziel haben (DIS 1.2024). Unbestätigten Berichten zufolge wird der Geheimdienst innerhalb kurzer Zeit informiert, wenn die Gründe für einen Aufschub nicht mehr gegeben sind, und diese werden auch digital überprüft. Früher mussten die Studenten den Status ihres Studiums selbst an das Militär melden, doch jetzt wird der Status der Studenten aktiv überwacht (STDOK 8.2017). Generell werden die Universitäten nun strenger überwacht und sind verpflichtet, das Militär über die An- oder Abwesenheit von Studenten zu informieren (STDOK 8.2017; vgl. FIS 14.12.2018). Berichten zufolge wurden Studenten trotz einer Ausnahmegenehmigung gelegentlich an Kontrollpunkten rekrutiert (FIS 14.12.2018).Während manche Quellen davon ausgehen, dass insbesondere in vormaligen Oppositionsgebieten (z. B. dem Umland von Damaskus, Aleppo, Dara‘a und Homs) immer noch Rekrutierungen mittels Hausdurchsuchungen stattfinden (DIS 5.2020; vergleiche ICG 9.5.2022, EB 6.3.2020), berichten andere Quellen, dass die Regierung nun weitgehend davon absieht, um erneute Aufstände zu vermeiden (DIS 5.2020). Hausdurchsuchungen finden dabei v.a. eher in urbanen Gebieten statt, wo die SAA stärkere Kontrolle hat, als in ruralen Gebieten (DIS 1.2024). Mehrere Quellen berichteten im Jahr 2023 wieder vermehrt, dass Wehr- und Reservedienstpflichtige aus ehemaligen Oppositionsgebieten von der syrischen Regierung zur Wehrpflicht herangezogen wurden, um mehr Kontrolle über diese Gebiete zu erlangen bzw. um potenzielle Oppositionskämpfer aus diesen Gebieten abzuziehen (NMFA 8.2023; vergleiche DIS 7.2023). Eine Quelle des Danish Immigration Service geht davon aus, dass Hausdurchsuchungen oft weniger die Rekrutierung als vielmehr eine Erpressung zum Ziel haben (DIS 1.2024). Unbestätigten Berichten zufolge wird der Geheimdienst innerhalb kurzer Zeit informiert, wenn die Gründe für einen Aufschub nicht mehr gegeben sind, und diese werden auch digital überprüft. Früher mussten die Studenten den Status ihres Studiums selbst an das Militär melden, doch jetzt wird der Status der Studenten aktiv überwacht (STDOK 8.2017). Generell werden die Universitäten nun strenger überwacht und sind verpflichtet, das Militär über die An- oder Abwesenheit von Studenten zu informieren (STDOK 8.2017; vergleiche FIS 14.12.2018). Berichten zufolge wurden Studenten trotz einer Ausnahmegenehmigung gelegentlich an Kontrollpunkten rekrutiert (FIS 14.12.2018).

Die Regierung hat in vormals unter der Kontrolle der Oppositionskräfte stehenden Gebieten, wie zum Beispiel Ost-Ghouta, Zweigstellen zur Rekrutierung geschaffen. Wehrdienstverweigerer und Deserteure können sich in diesen Rekrutierungszentren melden, um nicht länger von den Sicherheitskräften gesucht zu werden. In vormaligen Oppositionsgebieten werden Listen mit Namen von Personen, welche zur Rekrutierung gesucht werden, an lokale Behörden und Sicherheitskräfte an Checkpoints verteilt (DIS 5.2020). Anfang April 2023 wurde beispielsweise von verstärkten Patrouillen der Regierungsstreitkräfte im Osten Dara’as berichtet, um Personen aufzugreifen, die zum Militär- und Reservedienst verpflichtet sind (ETANA 4.4.2023). Glaubhaften Berichten zufolge gab es Zwangsrekrutierungen junger Männer durch syrische Streitkräfte auch unmittelbar im Kampfgebiet (AA 4.12.2020).

Während manche Quellen berichten, dass sich die syrische Regierung bei der Rekrutierung auf Alawiten und regierungstreue Gebiete konzentrierte (EASO 4.2021), berichten andere, dass die syrische Regierung Alawiten und Christen nun weniger stark in Anspruch nimmt (ÖB Damaskus 12.2022; vgl. EASO 4.2021). Da die Zusammensetzung der syrisch-arabischen Armee ein Spiegelbild der syrischen Bevölkerung ist, sind ihre Wehrpflichtigen mehrheitlich sunnitische Araber, die vom Regime laut einer Quelle als „Kanonenfutter“ im Krieg eingesetzt wurden. Die sunnitisch-arabischen Soldaten waren (ebenso wie die alawitischen Soldaten und andere) gezwungen, den größeren Teil der revoltierenden sunnitisch-arabischen Bevölkerung zu unterdrücken. Der Krieg forderte unter den alawitischen Soldaten bezüglich der Anzahl der Todesopfer einen hohen Tribut, wobei die Eliteeinheiten der SAA, die Nachrichtendienste und die Shabiha-Milizen stark alawitisch dominiert waren (Al-Majalla 15.3.2023).Während manche Quellen berichten, dass sich die syrische Regierung bei der Rekrutierung auf Alawiten und regierungstreue Gebiete konzentrierte (EASO 4.2021), berichten andere, dass die syrische Regierung Alawiten und Christen nun weniger stark in Anspruch nimmt (ÖB Damaskus 12.2022; vergleiche EASO 4.2021). Da die Zusammensetzung der syrisch-arabischen Armee ein Spiegelbild der syrischen Bevölkerung ist, sind ihre Wehrpflichtigen mehrheitlich sunnitische Araber, die vom Regime laut einer Quelle als „Kanonenfutter“ im Krieg eingesetzt wurden. Die sunnitisch-arabischen Soldaten waren (ebenso wie die alawitischen Soldaten und andere) gezwungen, den größeren Teil der revoltierenden sunnitisch-arabischen Bevölkerung zu unterdrücken. Der Krieg forderte unter den alawitischen Soldaten bezüglich der Anzahl der Todesopfer einen hohen Tribut, wobei die Eliteeinheiten der SAA, die Nachrichtendienste und die Shabiha-Milizen stark alawitisch dominiert waren (Al-Majalla 15.3.2023).

Im Rahmen sog. lokaler „Versöhnungsabkommen“ in den vom Regime zurückeroberten Gebieten sowie im Kontext lokaler Rückkehrinitiativen aus Libanon hat das Regime Männern im wehrpflichtigen Alter eine sechsmonatige Schonfrist zugesichert. Diese wurde jedoch in zahlreichen Fällen, auch nach der Einnahme des Südwestens, nicht eingehalten. Sowohl in Ost-Ghouta als auch in den südlichen Gouvernements Dara‘a und Quneitra soll der Militärgeheimdienst dem Violations Documentation Center zufolge zahlreiche Razzien zur Verhaftung und zum anschließenden Einzug ins Militär durchgeführt haben (AA 2.2.2024). […]

Rekrutierungsbedarf und partielle Demobilisierung

Die syrische Regierung hat das syrische Militärdienstgesetz während des Konflikts mehrfach geändert, um die Zahl der Rekruten zu erhöhen (DIS 10.2019). Mit der COVID-19-Pandemie und der Beendigung umfangreicher Militäroperationen im Nordwesten Syriens im Jahr 2020 haben sich die groß angelegten militärischen Rekrutierungskampagnen der syrischen Regierung in den von ihr kontrollierten Gebieten jedoch verlangsamt (COAR 28.1.2021), und im Jahr 2021 hat die syrische Regierung damit begonnen, Soldaten mit entsprechender Dienstzeit abrüsten zu lassen. Nichtsdestotrotz wird die syrische Armee auch weiterhin an der Wehrpflicht festhalten, nicht nur zur Aufrechterhaltung des laufenden Dienstbetriebs, sondern auch, um eingeschränkt militärisch operativ sein zu können. Ein neuerliches „Hochfahren“ dieses Systems scheint derzeit [Anm.: Stand 16.9.2022] nicht wahrscheinlich, kann aber vom Regime bei Notwendigkeit jederzeit wieder umgesetzt werden (BMLV 12.10.2022).

Als die Regierung große Teile des Gebiets von bewaffneten Oppositionellen zurückerobert hatte, wurde mit der Entlassung der ältesten Rekrutenklassen begonnen, welche seit 2011 im Dienst waren (DIS 5.2020). Mitte Oktober 2018 berichteten regierungsnahe Medien, dass etwa 800.000 Männer nicht mehr für den Reservedienst benötigt werden. Eine Reihe Syrer kehrten daraufhin nach Syrien zurück, wobei manche über Beziehungen in der Heimat ihren Wehrdienststatus überprüfen ließen und sich versicherten, dass sie tatsächlich nicht mehr gesucht werden. Zumindest manche der Rückkehrer wurden wenige Wochen später eingezogen, nachdem das Verteidigungsministerium im Dezember 2018 neue Einberufungslisten für den Reservedienst veröffentlichte und so die vorherige Entscheidung aufhob. Die Gründe für diese Verkettung von Ereignissen ist jedoch laut International CrisisGroup schwer zu ermitteln (ICG 13.2.2020). Der syrische Präsident erließ einen ab Oktober 2022 geltenden Verwaltungserlass mit Blick auf die unteren Ebenen der Militärhierarchie, der die Beibehaltung und Einberufung von bestimmten Offizieren und Reserveoffiziersanwärtern, die für den obligatorischen Militärdienst gemeldet sind, beendete. Bestimmte Offiziere und Offiziersanwärter, die in der Wehrpflicht stehen, sind zu demobilisieren, und bestimmte Unteroffiziere und Reservisten dürfen nicht mehr weiterbeschäftigt oder erneut einberufen werden (TIMEP 17.10.2022; vgl. SANA 27.8.2022). Ziel dieser Beschlüsse ist es, Hochschulabsolventen wie Ärzte und Ingenieure dazu zu bewegen, im Land zu bleiben (TIMEP 17.10.2022). Zahlreiche Männer leisten ihren Wehrdienst jedoch weiterhin über den verpflichtenden Zeitraum hinaus ab (DIS 5.2020, vgl. NMFA 5.2022). Ein weiterer Beschluss wurde im Dezember 2023 erlassen, wonach Reserveoffiziere, die mit 31.01.2024 ein Jahr oder mehr aktiv ihren Wehrdienst abgeleistet haben, ab 1.2.2024 nicht mehr einberufen werden. Dieser Beschluss beendet ebenfalls die Einberufung von Unteroffizieren und Reservisten, die mit 31.1.2024 sechs Jahre oder mehr aktiven Wehrdienst geleistet haben (SANA 4.12.2023).Als die Regierung große Teile des Gebiets von bewaffneten Oppositionellen zurückerobert hatte, wurde mit der Entlassung der ältesten Rekrutenklassen begonnen, welche seit 2011 im Dienst waren (DIS 5.2020). Mitte Oktober 2018 berichteten regierungsnahe Medien, dass etwa 800.000 Männer nicht mehr für den Reservedienst benötigt werden. Eine Reihe Syrer kehrten daraufhin nach Syrien zurück, wobei manche über Beziehungen in der Heimat ihren Wehrdienststatus überprüfen ließen und sich versicherten, dass sie tatsächlich nicht mehr gesucht werden. Zumindest manche der Rückkehrer wurden wenige Wochen später eingezogen, nachdem das Verteidigungsministerium im Dezember 2018 neue Einberufungslisten für den Reservedienst veröffentlichte und so die vorherige Entscheidung aufhob. Die Gründe für diese Verkettung von Ereignissen ist jedoch laut International CrisisGroup schwer zu ermitteln (ICG 13.2.2020). Der syrische Präsident erließ einen ab Oktober 2022 geltenden Verwaltungserlass mit Blick auf die unteren Ebenen der Militärhierarchie, der die Beibehaltung und Einberufung von bestimmten Offizieren und Reserveoffiziersanwärtern, die für den obligatorischen Militärdienst gemeldet sind, beendete. Bestimmte Offiziere und Offiziersanwärter, die in der Wehrpflicht stehen, sind zu demobilisieren, und bestimmte Unteroffiziere und Reservisten dürfen nicht mehr weiterbeschäftigt oder erneut einberufen werden (TIMEP 17.10.2022; vergleiche SANA 27.8.2022). Ziel dieser Beschlüsse ist es, Hochschulabsolventen wie Ärzte und Ingenieure dazu zu bewegen, im Land zu bleiben (TIMEP 17.10.2022). Zahlreiche Männer leisten ihren Wehrdienst jedoch weiterhin über den verpflichtenden Zeitraum hinaus ab (DIS 5.2020, vergleiche NMFA 5.2022). Ein weiterer Beschluss wurde im Dezember 2023 erlassen, wonach Reserveoffiziere, die mit 31.01.2024 ein Jahr oder mehr aktiv ihren Wehrdienst abgeleistet haben, ab 1.2.2024 nicht mehr einberufen werden. Dieser Beschluss beendet ebenfalls die Einberufung von Unteroffizieren und Reservisten, die mit 31.1.2024 sechs Jahre oder mehr aktiven Wehrdienst geleistet haben (SANA 4.12.2023).

Die Rekruten werden während des Wehrdienstes im Allgemeinen nicht gut behandelt. Der Umgang mit ihnen ist harsch. Nur wer gute Verbindungen zu höheren Offizieren oder Militärbehörden hat oder wer seine Vorgesetzten besticht, kann mit einer besseren Behandlung rechnen. Außerdem ist die Bezahlung sehr niedrig und oft ist es den Rekruten während des Wehrdienstes nicht gestattet, ihre Familien zu sehen (DIS 1.2024).

Einsatz von Rekruten im Kampf

Grundsätzlich vermeidet es die syrische Armee, neu ausgebildete Rekruten zu Kampfeinsätzen heranzuziehen, jedoch können diese aufgrund der asymmetrischen Art der Kriegsführung mit seinen Hinterhalten und Anschlägen trotzdem in Kampfhandlungen verwickelt werden (BMLV 12.10.2022), wie in der Badia-Wüste, wo es noch zu Konfrontationen mit dem IS kommt (DIS 7.2023). Alle Eingezogenen können laut EUAA (European Union Agency for Asylum) unter Berufung auf einen Herkunftsländerbericht vom April 2021 potenziell an die Front abkommandiert werden. (EUAA 2.2023; vgl. DIS 7.2023). Ihr Einsatz hängt laut EUAA vom Bedarf der Armee für Truppen sowie von den individuellen Qualifikationen der Eingezogenen und ihrem Hintergrund oder ihrer Kampferfahrung ab (EUAA 2.2023). Andere Quellen hingegen geben an, dass die militärische Qualifikation oder die Kampferfahrung keine Rolle spielt, beim Einsatz von Wehrpflichtigen an der Front (DIS 7.2023). Eingezogene Männer aus „versöhnten“ Gebieten werden disproportional oft kurz nach ihrer Einberufung mit minimaler Kampfausbildung als Bestrafung für ihre Illoyalität gegenüber dem Regime an die Front geschickt. Reservisten werden in (vergleichsweise) kleinerer Zahl an die Front geschickt (EUAA 2.2023; vgl. NMFA 8.2023). [Anm.: In welcher Relation die Zahl der Reservisten zu den Wehrpflichtigen steht, geht aus den Berichten nicht hervor.]Grundsätzlich vermeidet es die syrische Armee, neu ausgebildete Rekruten zu Kampfeinsätzen heranzuziehen, jedoch können diese aufgrund der asymmetrischen Art der Kriegsführung mit seinen Hinterhalten und Anschlägen trotzdem in Kampfhandlungen verwickelt werden (BMLV 12.10.2022), wie in der Badia-Wüste, wo es noch zu Konfrontationen mit dem IS kommt (DIS 7.2023). Alle Eingezogenen können laut EUAA (European Union Agency for Asylum) unter Berufung auf einen Herkunftsländerbericht vom April 2021 potenziell an die Front abkommandiert werden. (EUAA 2.2023; vergleiche DIS 7.2023). Ihr Einsatz hängt laut EUAA vom Bedarf der Armee für Truppen sowie von den individuellen Qualifikationen der Eingezogenen und ihrem Hintergrund oder ihrer Kampferfahrung ab (EUAA 2.2023). Andere Quellen hingegen geben an, dass die militärische Qualifikation oder die Kampferfahrung keine Rolle spielt, beim Einsatz von Wehrpflichtigen an der Front (DIS 7.2023). Eingezogene Männer aus „versöhnten“ Gebieten werden disproportional oft kurz nach ihrer Einberufung mit minimaler Kampfausbildung als Bestrafung für ihre Illoyalität gegenüber dem Regime an die Front geschickt. Reservisten werden in (vergleichsweise) kleinerer Zahl an die Front geschickt (EUAA 2.2023; vergleiche NMFA 8.2023). [Anm.: In welcher Relation die Zahl der Reservisten zu den Wehrpflichtigen steht, geht aus den Berichten nicht hervor.]

9.4 Wehrdienstverweigerung / Desertion

Letzte Änderung 2024-03-12 13:44

Als der syrische Bürgerkrieg 2011 begann, hatte die syrische Regierung Probleme, Truppen bereitzustellen, um bewaffneten Rebellengruppen entgegentreten zu können. Die Zahl der Männer, die den Wehr- oder Reservedienst verweigerten, nahm deutlich zu. Eine große Zahl von Männern im wehrfähigen Alter floh entweder aus dem Land, schloss sich der bewaffneten Opposition an, oder tauchte unter (DIS 5.2020). Zwischen der letzten Hälfte des Jahres 2011 bis zum Beginn des Jahres 2013 desertierten Zehntausende Soldaten und Offiziere, flohen oder schlossen sich bewaffneten aufständischen Einheiten an. Seit der zweiten Hälfte des Jahres 2013 sind jedoch nur wenige Fälle von Desertion bekannt und vergleichsweise wenige wurden nach diesem Zeitpunkt deswegen verhaftet (Landinfo 3.1.2018).

In Syrien besteht keine Möglichkeit der legalen Wehrdienstverweigerung. Auch die Möglichkeit eines (zivilen) Ersatzdienstes gibt es nicht. Es gibt in Syrien keine reguläre oder gefahrlose Möglichkeit, sich dem Militärdienst durch Wegzug in andere Landesteile zu entziehen. Beim Versuch, sich dem Militärdienst durch Flucht in andere Landesteile, die nicht unter Kontrolle des Regimes stehen, zu entziehen, müssten Wehrpflichtige zahlreiche militärische und paramilitärische Kontrollstellen passieren, mit dem Risiko einer zwangsweisen Einziehung, entweder durch die syrischen Streitkräfte, Geheimdienste oder regimetreue Milizen. Männern im wehrpflichtigen Alter ist die Ausreise verboten. Der Reisepass wird ihnen vorenthalten und Ausnahmen werden nur mit Genehmigung des Rekrutierungsbüros, welches bescheinigt, dass der Wehrdienst geleistet wurde, gewährt (AA 2.2.2024).

Der verpflichtende Militärdienst führt weiterhin zu einer Abwanderung junger syrischer Männer, die vielleicht nie mehr in ihr Land zurückkehren werden (ICWA 24.5.2022).

Haltung des Regimes gegenüber Wehrdienstverweigerern

In dieser Frage gehen die Meinungen zum Teil auseinander: Manche Experten gehen davon aus, dass Wehrdienstverweigerung vom Regime als Nähe zur Opposition gesehen wird. Bereits vor 2011 war es ein Verbrechen, den Wehrdienst zu verweigern. Nachdem sich im Zuge des Konflikts der Bedarf an Soldaten erhöht hat, wird Wehrdienstverweigerung im besten Fall als Feigheit betrachtet und im schlimmsten im Rahmen des Militärverratsgesetzes (qanun al-khiana al-wataniya) behandelt. In letzterem Fall kann es zur Verurteilung vor einem Feldgericht und Exekution kommen oder zur Inhaftierung in einem Militärgefängnis (Üngör 15.12.2021). Loyalität ist hier ein entscheidender Faktor: Wer sich dem Wehrdienst entzogen hat, hat sich als illoyal erwiesen (Khaddour 24.12.2021). Rechtsexperten der Free Syrian Lawyers Association (FSLA) mit Sitz in der Türkei beurteilen, dass das syrische Regime die Verweigerung des Militärdienstes als schweres Verbrechen betrachtet und die Verweigerer als Gegner des Staates und der Nation behandelt. Dies spiegelt die Sichtweise des Regimes auf die Opposition wie auch jede Person wider, die versucht, sich seiner Politik zu widersetzen oder ihr zu entkommen (STDOK 25.10.2023). Der Syrien-Experte Fabrice Balanche sieht die Haltung des Regimes Wehrdienstverweigerern gegenüber als zweischneidig, weil es einerseits mit potenziell illoyalen Soldaten, die die Armee schwächen, nichts anfangen kann, und sie daher besser außer Landes sehen will, andererseits werden sie inoffiziell als Verräter gesehen, da sie sich ins Ausland gerettet haben, statt „ihr Land zu verteidigen“. Wehrdienstverweigerung wird aber nicht unbedingt als oppositionsnahe gesehen. Das syrische Regime ist sich der Tatsache bewusst, dass viele junge Männer nach dem Studium das Land verlassen haben, einfach um nicht zu sterben. Daher wurde die Möglichkeit geschaffen, sich frei zu kaufen, damit die Regierung zumindest Geld in dieser Situation einnehmen kann. Hinzu kommen Ressentiments der in Syrien verbliebenen Bevölkerung gegenüber Wehrdienstverweigerern, die das Land verlassen haben und sich damit „gerettet“ haben, während die verbliebenen jungen Männer im Krieg ihr Leben riskiert bzw. verloren haben (Balanche 13.12.2021). Ein für eine internationale Forschungsorganisation mit Schwerpunkt auf den Nahen Osten tätiger Syrienexperte, der allerdings angibt, dazu nicht eigens Forschungen durchgeführt zu haben, geht davon aus, dass das syrische Regime möglicherweise am Anfang des Konflikts, zwischen 2012 und 2014, Wehrdienstverweigerer durchwegs als oppositionell einstufte, inzwischen allerdings nicht mehr jeden Wehrdienstverweigerer als oppositionell ansieht (STDOK 25.10.2023). Gemäß Auswärtigem Amt legen einige Berichte nahe, dass Familienangehörige von Deserteuren und Wehrdienstverweigerern ebenfalls Verhören und Repressionen der Geheimdienste ausgesetzt sein könnten (AA 2.2.2024).

Gesetzliche Lage

Wehrdienstentzug wird gemäß dem Militärstrafgesetzbuch bestraft. In Art. 98-99 ist festgehalten, dass mit einer Haftstrafe von einem bis sechs Monaten in Friedenszeiten und bis zu fünf Jahren in Kriegszeiten bestraft wird, wer sich der Einberufung entzieht (AA 2.2.2024; vgl. Rechtsexperte 14.9.2022). Desertion wird von Soldaten begangen, die bereits einer Militäreinheit beigetreten sind, während Wehrdienstverweigerung in den meisten Fällen von Zivilisten begangen wird, die der Einberufung zum Wehrdienst nicht gefolgt sind. Desertion wird meist härter bestraft als Wehrdienstverweigerung. Das Militärstrafgesetzbuch unterscheidet zwischen „interner Desertion“ (farar dakhelee) und „externer Desertion“ (farar kharejee). Interne Desertion in Friedenszeiten wird begangen, wenn sich der Soldat sechs Tage lang unerlaubt von seiner militärischen Einheit entfernt. Ein Soldat, der noch keine drei Monate im Dienst ist, gilt jedoch erst nach einem vollen Monat unerlaubter Abwesenheit als Deserteur. Interne Desertion liegt außerdem vor, wenn der reisende Soldat trotz Ablauf seines Urlaubs nicht innerhalb von 15 Tagen nach dem für seine Ankunft oder Rückkehr festgelegten Datum zu seiner militärischen Einheit zur

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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