Index
41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §18 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des A in Z, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 17. März 1994, Zl. III 103-1/94, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol, der belangten Behörde, vom 17. März 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der früheren Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien, gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 und Z. 2 in Verbindung mit § 18 Abs. 2 Z. 2 und §§ 19, 20 und 21 Fremdengesetz (FrG), BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Nach der Begründung sei der Beschwerdeführer von der Bundespolizeidirektion Innsbruck wegen drei Verwaltungsübertretungen gemäß § 14b Abs. 1 Z. 4 Fremdenpolizeigesetz bestraft worden. In der Strafverfügung vom 30. Jänner 1991 sei ausgesprochen worden, daß er sich in der Zeit vom 26. April bis 7. Oktober 1990 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe. Weiters sei er mit Straferkenntnis vom 14. Juni 1991 bestraft worden, da er sich vom 10. November bis 18. November 1990 im Bundesgebiet nicht mehr rechtmäßig aufgehalten hat, weil die Geltungsdauer des ihm zuvor erteilten Sichtvermerks endete. Schließlich sei der Beschwerdeführer neuerlich mit Straferkenntnis vom 25. Juli 1991 deshalb bestraft worden, weil er unrechtmäßig in der Zeit vom 21. April bis 25. April 1991 in das Bundesgebiet eingereist und sich dort aufgehalten habe. Die belangte Behörde ging davon aus, daß mit diesen Bestrafungen der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllt sei und damit eine "bestimmte Tatsache" im Sinne des § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG vorliege, wodurch die Annahme gerechtfertigt sei, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung, näherhin das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen, gefährde.
Aufgrund seines erst ca. vierjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet sowie des Umstandes, daß sich die Familie des Beschwerdeführers in Kroatien aufhalte, könne in dem erlassenen Aufenthaltsverbot ein relevanter Eingriff in das Privat- und Familienleben nicht erkannt werden, sodaß nicht mehr darauf eingegangen zu werden brauche, ob das Aufenthaltsverbot dringend geboten sei; ebensowenig bedürfe es aufgrund dessen einer Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG. Die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes entspreche den für seine Erlassung maßgeblichen Umständen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, dem Beschwerdeführer den Vorlageaufwand aufzuerlegen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Angesichts der unbestritten dreimaligen Bestrafung des Beschwerdeführers wegen nicht rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet ist entgegen dem Standpunkt der Beschwerde davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer auch tatsächlich drei voneinander unabhängige Übertretungen des angeführten Bundesgesetzes begangen hat, somit jedenfalls im Inland mehr als einmal wegen einer Übertretung im Sinne von § 18 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. rechtskräftig bestraft worden ist. Die Rechtskraft der Straferkenntnisse steht der Aufrollung der Frage des Verschuldens des Beschwerdeführers an der Verletzung der entsprechenden Verwaltungsvorschriften entgegen. Es kann auch von einem "fortgesetzten Delikt" in bezug auf die voneinander unabhängigen Straferkenntnisse keine Rede sein. Wenn der Beschwerdeführer letztlich meint, daß die ihm zur Last liegenden rechtskräftigen Bestrafungen wegen des nicht rechtmäßigen Aufenthaltes im Inland nicht den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllen könnten, ist er gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die gegenteilige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 4. Mai 1994, Zlen. 94/18/0206 und 94/18/0197) zu verweisen. Dabei kommt dem Umstand, daß es sich um Übertretungen nach dem Fremdenpolizeigesetz handelte, infolge der Gleichstellung dieser Verurteilungen mit denen nach dem Fremdengesetz keine Bedeutung zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1993, Zl. 93/18/0318).
Ungeachtet der Verwirklichung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG vermag aber der Gerichtshof dem von der belangten Behörde daraus gezogenen rechtlichen Schluß, es sei die Annahme gerechtfertigt, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich die öffentliche Ordnung gefährde (§ 18 Abs. 1 Z. 1 FrG), nicht beizupflichten. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich nämlich insofern wesentlich von anderen Fällen, in denen es zu Bestrafungen wegen Übertretungen des Fremdengesetzes gekommen ist, als es sich im vorliegenden Fall nicht um einen Fremden handelt, der ohne Rücksicht auf die bestehenden Vorschriften ständigen Aufenthalt in Österreich nehmen wollte. Das dem Beschwerdeführer angelastete Fehlverhalten reduziert sich auf seinen rechtswidrigen Aufenthalt vom 26. April bis 17. Oktober 1990 sowie weiters auf seinen rechtswidrigen Aufenthalt vom 10. bis 18. November 1990 und vom 21. April bis 25. April 1991. Demnach wäre von der belangten Behörde zu berücksichtigen gewesen, daß der letzte unbefugte Aufenthalt des Beschwerdeführers im Zeitpunkt ihrer Entscheidung bereits ca. drei Jahre zurücklag und den beiden letzten Bestrafungen ein jeweils nur sehr kurzfristiger unberechtigter Aufenthaltszeitraum zugrundelag. Weiters darf nicht übersehen werden, daß dem Beschwerdeführer anschließend an seinen unbefugten Aufenthalt jeweils wieder ein Sichtvermerk sowie zuletzt eine bis Ende März 1995 befristete Aufenthaltsbewilligung erteilt worden ist. Damit geht von ihm nicht jene Gefahr für die öffentliche Ordnung, insbesondere für ein geordnetes Fremdenwesen aus, wie dies bei einem typischen "illegalen Einwanderer" der Fall ist, der ohne Rücksicht auf die Sichtvermerkspflicht sich ständig im Bundesgebiet aufzuhalten beabsichtigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. April 1994, Zl. 94/18/0006). Im Hinblick auf die Umstände dieses Falles kommt also den Bestrafungen nicht jenes Gewicht zu, um darauf die Annahme im Sinne des § 18 Abs. 1 leg. cit. stützen zu können.
Dadurch, daß die belangte Behörde die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme für gerechtfertigt hielt, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung Stempelgebühren lediglich in der Höhe von S 390,-- (Eingabengebühr S 360,--, Beilagengebühr S 60,--) zu entrichten waren.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995210272.X00Im RIS seit
20.11.2000