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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des M in A, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. November 1994, Zl. 102.043/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 7. November 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes - AufG, BGBl. Nr. 466/1992, i.V.m. § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, abgewiesen.
Die belangte Behörde nahm als erwiesen an, daß die vom Beschwerdeführer am 17. September 1991 vor dem Standesamt Wien-Hietzing mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossene Ehe lediglich als zur Erlangung einer Aufenthalts- bzw. Arbeitsbewilligung eingegangene Scheinehe anzusehen sei. Diese Schlußfolgerung sei insbesondere dadurch begründet, daß der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, in dem über Antrag des Staatsanwaltes eingeleiteten Nichtigkeitsverfahren vor dem Bezirksgericht Wien-Fünfhaus selbst angegeben hatte, diese Ehe lediglich zur Erlangung eines Befreiungsscheines und einer Aufenthaltsbewilligung geschlossen zu haben. Hinzu komme, daß der Beschwerdeführer seine Ehefrau erst kurz vor der Eheschließung (nach der unbekämpften Feststellung im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten ca. ein bis zwei Wochen zuvor) kennengelernt und mit dieser nie eine eheliche Gemeinschaft aufgenommen habe. Angesichts der überdies bestandenen Sprachbarriere und des Umstandes, daß das Bezirksgericht Wien-Fünfhaus die Ehe (wenn auch noch nicht rechtskräftig) für nichtig erklärt habe, bestünde bei Gesamtbetrachtung kein Zweifel, daß der Beschwerdeführer die Ehe lediglich aus rechtsmißbräuchlichen Gründen eingegangen sei. Damit gefährde sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung, weshalb der Bewilligung des Antrages der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG entgegenstehe. Auf Grund der lediglich zu rechtsmißbräuchlichen Zwecken geschlossenen Ehe könnten die dadurch begründeten familiären Beziehungen nicht berücksichtigt werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf eine Bewilligung nach dem genannten Gesetz Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.
Gegen die im angefochtenen Bescheid ausführlich begründete Feststellung, daß die vom Beschwerdeführer am 17. September 1991 (mit einer österreichischen Staatsbürgerin) geschlossene Ehe ausschließlich zum Zwecke der Erlangung einer Beschäftigungsbewilligung sowie einer Aufenthaltsberechtigung eingegangen worden sei, findet sich in der Beschwerde kein substantiiertes Vorbringen. Der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen diese Sachverhaltsannahme von der Warte der ihm zukommenden Schlüssigkeitsprüfung aus auch keine Bedenken. Weiters bleibt die Auffassung der belangten Behörde, daß die dadurch geschaffenen familiären Bindungen des Beschwerdeführers bei Anwendung des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG nicht zu berücksichtigen seien, unbekämpft. Damit hat die Behörde im Rahmen der ihr obliegenden Prüfung zum Ausdruck gebracht, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit derart gefährde, daß die im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen einen Eingriff in sein Privat- und Familienleben rechtfertigten (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1994, Zl. 93/18/0380). In seiner im Verwaltungsverfahren erhobenen Berufung hatte der Beschwerdeführer in dieser Hinsicht nur vorgebracht, daß die rein zivilrechtliche Natur der Eheschließung und der Umstand, daß er einer ordentlichen Beschäftigung nachgehe und von seinem Arbeitgeber auch dringend benötigt werde, gegen die Annahme spreche, daß er wegen seiner nach Auffassung der nur aus fremdenrechtlich bedeutsamen Gründen geschlossenen Ehe die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährde. Insoweit der Beschwerdeführer nun diese Argumentation wiederholt und zusätzlich anmerkt, die Ehe nicht zum Zwecke der Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft eingegangen zu sein, ist auf die schon von der belangten Behörde aufgezeigte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach eine Eheschließung auch nur zur Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen einen Rechtsmißbrauch und solcherart ein Verhalten herstellt, das den Schluß rechtfertigt, daß der (weitere) Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung (nicht die öffentliche Ruhe oder die öffentliche Sicherheit) gefährden würde (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 14. April 1994, Zl. 94/18/0171, und vom 19. Mai 1994, Zl. 94/18/0220 uva.). Daß im Beschwerdefall eine solcherart rechtsmißbräuchliche Eingehung der Ehe als erwiesen und deshalb der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG in Ansehung der Gefährdung der öffentlichen Ordnung als verwirklicht anzusehen sei, wurde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend und mit hinlänglicher Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht. Ob der Beschwerdeführer die Ehe überdies noch zum Zwecke der Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft geschlossen hat, ist unerheblich. Ebensowenig ist maßgeblich, ob der Beschwerdeführer den begehrten Befreiungsschein sowie eine Aufenthaltsberechtigung auch dann bekommen hätte, wenn er nicht aus rechtsmißbräuchlichen Gründen geheiratet, sich also gesetzestreu verhalten hätte.
Der Beschwerdeführer hält weiters den in der Entscheidung der belangten Behörde zum Ausdruck gebrachten Standpunkt, daß die öffentlichen Interessen an der Versagung der Aufenthaltsbewilligung über seine gegenläufigen privaten Interessen zu stellen seien, für unrichtig. Dazu verweist er nochmals auf seine Beschäftigung im Bundesgebiet seit dem 1. Jänner 1993 bei der Firma G, wo er als Arbeitnehmer dringend gebraucht werde. Überdies habe er sich allmählich einen festen Freundes- und Arbeitskollegenkreis aufbauen können. Er verfüge auch über eine ordnungsgemäße Wohnung in Österreich. Wenngleich diese Umstände zugunsten des Beschwerdeführers zu berücksichtigen sind, haben sie gegenüber dem durch sein besagtes verwerfliches Verhalten in gravierender Weise beeinträchtigten öffentlichen Interesse zurückzutreten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1994, Zl. 94/18/0220). Ungeachtet des Umstandes, daß der Beschwerdeführer bereits über eine befristete Aufenthaltsberechtigung und Beschäftigungsbewilligung verfügte, ist darauf Bedacht zu nehmen, daß sich der Beschwerdeführer durch seine gegen ein geordnetes menschliches Zusammenleben grob verstoßende rechtsmißbräuchliche Eheschließung einen Befreiungsschein sowie eine weitere Berechtigung zum Aufenthalt verschaffen wollte. Auf die in der Beschwerdeergänzung aufgestellte Behauptung, er habe am 20. März 1995 die (nunmehr ernsthafte) Ehe mit der österreichischen Staatsbürgerin F geschlossen, ist schon deshalb nicht weiter einzugehen, weil damit ein erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides eingetretener Umstand geltend gemacht wird. Da die belangte Behörde darauf nicht Bedacht nehmen konnte, kann in der Nichtberücksichtigung dieses nunmehr erstmals behaupteten Umstandes eine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides nicht erblickt werden.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, ist sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995210191.X00Im RIS seit
11.07.2001