Entscheidungsdatum
22.05.2024Norm
AsylG 2005 §10Spruch
I412 2217433-3/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. NIGERIA, vertreten durch: LEGAL FOCUS gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Tirol (BFA-T) vom 25.10.2023, Zl. 1158805208-230707672, zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch XXXX , geb. römisch XXXX , StA. NIGERIA, vertreten durch: LEGAL FOCUS gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Tirol (BFA-T) vom 25.10.2023, Zl. 1158805208-230707672, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Nigerias, stellte gemeinsam mit ihrem Bruder (Verfahrenszahl I412 2217437) nach unrechtmäßiger Einreise am 04.07.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Dieser wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 07.03.2019 abgewiesen und erwuchs diese Entscheidung mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.02.2020, GZ I421 2217433-1/20E, in Rechtskraft.
2. Am 01.04.2020 wurde von der Beschwerdeführerin ein Antrag für eine unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe gestellt. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 06.04.2020 wurde bestätigt, dass die Heim- bzw. Ausreisekosten der Beschwerdeführerin übernommen werden und nichts gegen eine Projektteilnahme am Projekt XXXX spreche. Die Höhe der allenfalls auszuzahlenden finanziellen Starthilfe betrage € 250,- pro Person. Die Gültigkeit der Zustimmung wurde mit 05.10.2020 festgesetzt, bzw. aufgrund der aktuellen Entwicklung der COVID-19 Pandemie bis auf Widerruf auf sechs Monate ausgeweitet. Mit Schreiben vom 25.04.2022 wurde für die Beschwerdeführerin ein Antrag auf Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 3 FPG eingebracht. Als besondere Umstände im Sinne des § 55 Abs. 3 FPG wurde der Abschluss der Erlangung der Universitätsreife (international Baccalaurate) im Juli 2022 genannt. Nach dem Abschluss der Schulausbildung, somit ab Anfang August 2022 sei die Beschwerdeführerin bereit freiwillig auszureisen und seien bereits Organisationsmaßnahmen für die freiwillige Ausreise getroffen worden. Als Termin für die freiwillige Ausreise werde der 08.08.2022 bekanntgegeben.2. Am 01.04.2020 wurde von der Beschwerdeführerin ein Antrag für eine unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe gestellt. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 06.04.2020 wurde bestätigt, dass die Heim- bzw. Ausreisekosten der Beschwerdeführerin übernommen werden und nichts gegen eine Projektteilnahme am Projekt römisch XXXX spreche. Die Höhe der allenfalls auszuzahlenden finanziellen Starthilfe betrage € 250,- pro Person. Die Gültigkeit der Zustimmung wurde mit 05.10.2020 festgesetzt, bzw. aufgrund der aktuellen Entwicklung der COVID-19 Pandemie bis auf Widerruf auf sechs Monate ausgeweitet. Mit Schreiben vom 25.04.2022 wurde für die Beschwerdeführerin ein Antrag auf Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise gemäß Paragraph 55, Absatz 3, FPG eingebracht. Als besondere Umstände im Sinne des Paragraph 55, Absatz 3, FPG wurde der Abschluss der Erlangung der Universitätsreife (international Baccalaurate) im Juli 2022 genannt. Nach dem Abschluss der Schulausbildung, somit ab Anfang August 2022 sei die Beschwerdeführerin bereit freiwillig auszureisen und seien bereits Organisationsmaßnahmen für die freiwillige Ausreise getroffen worden. Als Termin für die freiwillige Ausreise werde der 08.08.2022 bekanntgegeben.
3. Für den 19.05.2022 wurden die Beschwerdeführerin und ihr Bruder zu einem Interview bei der nigerianischen Botschaft zwecks Erlangung eines Heimreisezertifikates geladen und sind diese nicht erschienen.
4. Die Beschwerdeführerin und ihr Bruder verblieben weiter im Bundesgebiet und stellten am 18.08.2022 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 56 AsylG in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen. 4. Die Beschwerdeführerin und ihr Bruder verblieben weiter im Bundesgebiet und stellten am 18.08.2022 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß Paragraph 56, AsylG in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen.
5. Mit Bescheiden vom 13.10.2022 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin und ihres Bruders auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „aus berücksichtigungswürdigen Gründen“ zurück (Spruchpunkt I.), wies den Mängelheilungsantrag gemäß § 4 Abs. 1 Z 2 und 3 iVm § 8 AsylG-DV 2005 ab (Spruchpunkt II.), erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III.) und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt IV.). Zudem wurde eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt V.). 5. Mit Bescheiden vom 13.10.2022 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin und ihres Bruders auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „aus berücksichtigungswürdigen Gründen“ zurück (Spruchpunkt römisch eins.), wies den Mängelheilungsantrag gemäß Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 2 und 3 in Verbindung mit Paragraph 8, AsylG-DV 2005 ab (Spruchpunkt römisch II.), erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt römisch III.) und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt römisch IV.). Zudem wurde eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt römisch fünf.).
6. Die gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerden wurden vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnissen jeweils vom 09.03.2023, I412 2217433-2/6E (BF) sowie I412 2217437-2/6E (den Bruder der Beschwerdeführerin betreffend) als unbegründet abgewiesen. Eine dagegen erhobene Revision ist zum Entscheidungszeitpunkt beim VwGH anhängig.
7. Am 11.04.2023 stellten die Beschwerdeführerin und ihr Bruder erneut einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete die Beschwerdeführerin in der Erstbefragung wie folgt: „Heuer haben Wahlen in Nigeria stattgefunden und danach ist der Krieg zwischen Juruba und den Igbos ausgebrochen. Ich bin ursprünglich eine Juruba, jedoch haben wir in einem Igbo – Gebiet gelegt und wir würden dort umgehend angegriffen werden. Ich bin schon seit ca. 6 Jahren in Österreich und habe hier die Matura gemacht. Ich habe schon ein Fernstudium Anfange des Jahres begonnen. Nebenbei spiele ich in einem Fußballverein und mache gemeinsam mit meinem Bruder dasselbe Praktikum in der Volksschule I.“ Hinsichtlich ihrer Rückkehrbefürchtung gab die Beschwerdeführerin an, da sie bisexuell sei, und dies in Nigeria verboten sei, würde sie verhaftet werden und umgehend ins Gefängnis gesteckt, die Strafe betrage 16 Jahre oder länger. Auf die Frage, wann ihr die Änderung der Situation/ihrer Fluchtgründe bekannt sei, gab sie an: „Die oben beschriebenen Wahlen haben im März 2023 stattgefunden, seitdem ist uns das bekannt.“7. Am 11.04.2023 stellten die Beschwerdeführerin und ihr Bruder erneut einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete die Beschwerdeführerin in der Erstbefragung wie folgt: „Heuer haben Wahlen in Nigeria stattgefunden und danach ist der Krieg zwischen Juruba und den Igbos ausgebrochen. Ich bin ursprünglich eine Juruba, jedoch haben wir in einem Igbo – Gebiet gelegt und wir würden dort umgehend angegriffen werden. Ich bin schon seit ca. 6 Jahren in Österreich und habe hier die Matura gemacht. Ich habe schon ein Fernstudium Anfange des Jahres begonnen. Nebenbei spiele ich in einem Fußballverein und mache gemeinsam mit meinem Bruder dasselbe Praktikum in der Volksschule römisch eins.“ Hinsichtlich ihrer Rückkehrbefürchtung gab die Beschwerdeführerin an, da sie bisexuell sei, und dies in Nigeria verboten sei, würde sie verhaftet werden und umgehend ins Gefängnis gesteckt, die Strafe betrage 16 Jahre oder länger. Auf die Frage, wann ihr die Änderung der Situation/ihrer Fluchtgründe bekannt sei, gab sie an: „Die oben beschriebenen Wahlen haben im März 2023 stattgefunden, seitdem ist uns das bekannt.“
8. Am 24.04.2023 wurde die Beschwerdeführerin vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Dabei gab sie zusammengefasst zu ihren Fluchtgründen befragt an, in Nigeria sei die wirtschaftliche Situation schlecht geworden. Wegen ihrer sexuellen Orientierung werde die Beschwerdeführerin in Nigeria verfolgt und könnte gekidnappt oder missbraucht werden. Sie könnte ein Ziel in Nigeria sein. Sie unterliege einem hohen Risiko einer Verfolgung wegen ihrer bisexuellen Orientierung. Ihre Eltern würden sich bei einer Rückkehr von ihr abwenden, weil sie sehr konservative Eltern habe und sich nicht um sie kümmern, wenn sie zurückkehre. Bisexualität sei in Nigeria verboten und sie werde auch in der Familie Probleme haben.
9. Am 23.05.2023, am 11.09.2023 und am 21.09.2023 wurde die Beschwerdeführerin ergänzend zu ihrem Vorbringen befragt.
10. Mit Bescheid vom 25.10.2023 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin und ihres Bruder auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status einer Asylberechtigten sowie einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte keine Aufenthaltsberechtigung aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III.) und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt IV.). Zudem wurde der Beschwerdeführerin eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt V.). 10. Mit Bescheid vom 25.10.2023 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin und ihres Bruder auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status einer Asylberechtigten sowie einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria ab (Spruchpunkte römisch eins. und römisch II.), erteilte keine Aufenthaltsberechtigung aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG (Spruchpunkt römisch III.), erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt römisch III.) und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt römisch IV.). Zudem wurde der Beschwerdeführerin eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt römisch fünf.).
11. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schreiben vom 24.11.2023 Beschwerde erhoben. In dieser wird zusammengefasst zur Beschwerdeführerin vorgebracht, dass sich gegenüber der Rechtskraft des ersten Asylverfahrens die Situation in Nigeria in verschiedener Hinsicht signifikant verschlechtert habe. Nigeria werde seitens der österreichischen Asylbehörde nicht als sicherer Herkunftsstaat betrachtet und regelmäßig komme es zu Gewährungen von Schutz für Staatsbürger dieses Landes. Die Beschwerdeführerin und ihr Bruder hätten ebenso ihre hervorragende Integration und die starken Bindungen zu Österreich, sowie den gänzlichen Verlust von tauglichen Bindungen zur ursprünglichen Heimat vorgebracht. Die beiden BF seien deutlich über 6 Jahre, in Kürze 6 ½ Jahre in Österreich aufhältig. Sie seien unbestritten als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach Österreich gekommen. Regelmäßig werde Minderjährigen mit Herkunftsland Nigeria Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt, weil im Herkunftsland keine geeigneten Einrichtungen für die Aufnahme von Minderjährigen existieren. Die beiden BF hätten somit bei Einreise und Antragstellung objektiv und aus vernünftiger Sicht mit einer positiven Asylentscheidung und einem dauerhaften Aufenthalt in Österreich rechnen können. Nachvollziehbar hätten beide Beschwerdeführer darlegen können, dass in Nigeria kein familiäres oder soziales Netzwerk mehr bestehe und sie daher in eine unmenschliche und ausweglose Situation geraten würden. Den Angaben der Beschwerdeführerin und ihres Bruders zu der verschlechterten Sicherheitslage speziell für Yorubas im Gebiet der Igbos sei von der belangten Behörde nicht entgegengetreten worden. Eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe für die beiden Geschwister, welche als Minderjährige das Land verlassen hätten und keine Erfahrungen oder Bindungen außerhalb der angestammten Region hätten, nicht. Im gegenständlichen Fall gelinge es dem BFA nicht darzulegen, dass den BF eine geeignete Wiederansiedlung gelingen könne bei der sie mehr als das Existenzminimum erwirtschaften könnten. Dem BFA gelinge es vor dem Hintergrund der Berichtslage nicht auszuführen, dass die BF nach der Rückkehr nach Nigeria keine unbilligen Härten gewärtigen müssten. Die beiden BF hätten sehr deutlich und lebensnahe Schilderungen vorgebracht, die zeigen würden, dass sie nicht mehr in das archaische Gesellschaftssystem Nigerias passen würden. Beide seien sehr modern im Denken, im Outfit, im Umfang und in den moralischen Vorstellungen. Die wichtige Zeit der Verwandlung vom Kind zum Erwachsenen hätten die beiden BF in Österreich erlebt und könnten ausgezeichnete schulische Leistungen vorweisen, haben sich am österreichischen Arbeitsmarkt integriert und würden eine höhere universitäre Bildung anstreben, die längst erfolgreich angelaufen sei. Die Beschwerdeführerin bringe deutlich und glaubwürdig ihre Bisexualität vor. Ihre Schilderungen seien so stimmig, nachvollziehbar und überwältigend, dass das BFA nicht im Stande gewesen sei, dem etwas entgegenzusetzen. Aus dem Akt ergebe sich die offene Darlegung der Entwicklung der sexuellen Orientierung bei der BF. Die Angabe einer positiven Wahrnehmung der eigenen Orientierung mit „zwischen 2020 und 2021“ sei präzise genug, da es sich um einen Weg handle, der zur eigenen Akzeptanz der gefühlten sexuellen Ausrichtung führt. Festzuhalten sei, dass eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Kernfrage (Bisexuell oder nicht) in keinem Stadium des Verfahrens stattgefunden hat. Mit dem ersten Asylverfahren habe das aktuelle Vorbringen nichts zu tun, eben weil aus den von der BF erklärten Gründen die sexuelle Orientierung noch nicht vorgebracht worden sei. Damit sei der Befund der Unglaubwürdigkeit aufgrund des ersten Asylverfahrens nicht nachvollziehbar.
Die Tatsache, dass die sexuelle Orientierung erst im verfahrensgegenständlichen, zweiten Asylantrag vorgebracht worden sei, bedeute keine persönliche Unglaubwürdigkeit. Bei Antragstellung im Jahr 2017 sei die BF minderjährig gewesen und habe den Antrag gemeinsam mit dem noch sehr kindlichen Bruder gestellt. Natürlich habe sie da nicht über sexuelle Dinge reden können. Angesichts des sensiblen Charakters von Fragen zur persönlichen Sphäre dürfe aus einer zurückhaltenden Schilderung bzw einer zögerlichen Offenbarung der sexuellen Orientierung nicht der Schluss gezogen werden, dass die betreffende Person unglaubwürdig sei. Dies ergebe sich auf der herrschenden Rechtsprechung.
12. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 29.11.2023 vorgelegt und der erkennenden Gerichtsabteilung am 06.12.2023 aufgrund einer Unzuständigkeitseinrede neu zugeteilt.
13. Am 23.04.2024 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung abgehalten, in der die Beschwerdeführerin sowie ihr Bruder als Zeuge im Beisein ihrer Rechtsvertretung einvernommen wurden.
14. Mit Email vom 14.05.2024 wurde eine Beschäftigungsbewilligung hinsichtlich der Beschwerdeführerin vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter I. festgehaltene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen.Der unter römisch eins. festgehaltene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen.
1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:
Die ledige und kinderlose Beschwerdeführerin und ihr Bruder sind Staatsangehörige Nigerias. Die XXXX geborene Beschwerdeführerin ist ebenso wie ihr XXXX geborener Bruder mittlerweile volljährig.Die ledige und kinderlose Beschwerdeführerin und ihr Bruder sind Staatsangehörige Nigerias. Die römisch XXXX geborene Beschwerdeführerin ist ebenso wie ihr römisch XXXX geborener Bruder mittlerweile volljährig.
Die Beschwerdeführerin und ihr Bruder halten sich spätestens seit 04.07.2017 in Österreich auf. Beide sind Angehörige der Volksgruppe Yoruba und bekennen sich zum christlichen Glauben.
Die Beschwerdeführerin leidet an keinen lebensbedrohlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und ist arbeitsfähig.
Die Beschwerdeführerin gibt, ebenso wie ihr Bruder, an, in Enugu geboren worden zu sein, sie hat zumindest die letzte Zeit ihres Lebens in Nigeria allerdings in Abuja verbracht, wo sie die Schule besucht hat und auch ihre Eltern immer noch leben.
Die Beschwerdeführerin verfügt über eine fundierte Schulbildung, sie hat in Nigeria bereits eine mehrjährige Schulbildung genossen und in Österreich eine internationale Reifeprüfung abgelegt und war einige Monate beruflich in einem Supermarkt tätig. Die Beschwerdeführerin hat ein Fernstudium im Bereich Softwareentwicklung begonnen und spielt in einem Fußballverein.
Die Beschwerdeführerin spricht sehr gut Deutsch und hat in Österreich altersübliche Freundschaften insbesondere durch ihren Schulbesuch geschlossen und eine enge Beziehung zu ihrer Patin und deren Familie aufgebaut. Sie führte ein bis zwei Jahre lang eine Beziehung mit einem jungen Mann; die Beziehung ist seit Mitte 2023 beendet.
Ein Onkel der Beschwerdeführerin lebt mit seiner Familie in Österreich, zu ihm besteht ebenfalls Kontakt.
Die Beschwerdeführerin ist strafrechtlich unbescholten.
Für die Beschwerdeführerin wurde eine Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als Servicekraft für die Zeit vom 07.05.2024 bis 31.10.2024 im Ausmaß von 30h (Entgelt 1350,- Euro brutto) erteilt.
Es leben noch Angehörige der Beschwerdeführerin Nigeria, nämlich jedenfalls ihre Eltern, die in einem Haus in Abuja leben und ihr älterer Bruder. Zumindest zu den Eltern besteht noch regelmäßiger Kontakt. Es leben noch weitere Familienangehörige der Beschwerdeführerin in Nigeria. Der Vater der Beschwerdeführerin war beim Militär tätig, die Mutter ist Lehrerin und war zumindest einige Zeit Direktorin einer Schule. Die Familie der Beschwerdeführerin ist in der Lage, diese bei einer Rückkehr zu unterstützen.
Der Folgeantrag des Bruders der Beschwerdeführerin wurde mit Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.05.2024, GZ I412 2217437-3/8E ebenfalls negativ entschieden und die von der belangten Behörde getroffene Rückkehrentscheidung bestätigt.
1.2. Zu den vorgebrachten Rückkehrbefürchtungen der Beschwerdeführerin:
Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin in Nigeria aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden würde.
Die Beschwerdeführerin ist in Nigeria keiner Verfolgung aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit bzw. der politischen Tätigkeit ihres Vaters ausgesetzt.
Es ist nicht glaubhaft, dass die Beschwerdeführerin in Nigeria der Gefahr unterliegen würde, auf Grund einer von ihr vorgebrachten Bisexualität der Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt zu sein.
Die Beschwerdeführerin konnte keinen Fluchtgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft machen. Zusammenfassend wird in Bezug auf das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin und aufgrund der allgemeinen Lage im Land festgestellt, dass sie im Fall einer Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.
Im Falle ihrer Rückkehr nach Nigeria droht der Beschwerdeführerin weder die reale Gefahr der Folter, noch unmenschliche Bestrafung, unmenschliche Behandlung oder die Todesstrafe. Weder wird ihr ihre Lebensgrundlage gänzlich entzogen, noch besteht für sie in Nigeria die reale Gefahr einer ernsthaften Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.
1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Politische Lage
Letzte Änderung 2023-11-21 15:06
Nigeria ist eine Bundesrepublik mit einem präsidialen Regierungssystem (AA 4.10.2023; vgl. ÖB 10.2023). Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist der Präsident der Republik (ÖB 9.2022; vgl. AA 24.11.2022), der für vier Jahre gewählt wird; eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Der Staatspräsident führt den Vorsitz der von ihm ernannten Bundesregierung (Federal Executive Council) (ÖB 9.2022).Nigeria ist eine Bundesrepublik mit einem präsidialen Regierungssystem (AA 4.10.2023; vergleiche ÖB 10.2023). Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist der Präsident der Republik (ÖB 9.2022; vergleiche AA 24.11.2022), der für vier Jahre gewählt wird; eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Der Staatspräsident führt den Vorsitz der von ihm ernannten Bundesregierung (Federal Executive Council) (ÖB 9.2022).
Nigeria ist in 36 Bundesstaaten und das Federal Capital Territory (FCT, Abuja) (ÖB 10.2023; vgl. AA 24.11.2022) mit insgesamt 774 LGAs (Local Government Areas, dt. Bezirke) unterteilt (AA 24.11.2022). Jeder der 36 Bundesstaaten wird von einer Regierung unter der Leitung eines direkt gewählten Gouverneurs (State Governor) geführt (AA 24.11.2022; vgl. ÖB 10.2023). Polizei und Justiz werden vom Bund kontrolliert (AA 24.11.2022).
Nigeria ist in 36 Bundesstaaten und das Federal Capital Territory (FCT, Abuja) (ÖB 10.2023; vergleiche AA 24.11.2022) mit insgesamt 774 LGAs (Local Government Areas, dt. Bezirke) unterteilt (AA 24.11.2022). Jeder der 36 Bundesstaaten wird von einer Regierung unter der Leitung eines direkt gewählten Gouverneurs (State Governor) geführt (AA 24.11.2022; vergleiche ÖB 10.2023). Polizei und Justiz werden vom Bund kontrolliert (AA 24.11.2022).
Die Verfassung vom 29.5.1999 enthält alle Elemente eines demokratischen Rechtsstaates, einschließlich eines Grundrechtskataloges, und orientiert sich insgesamt am US-Präsidialsystem. Einem starken Präsidenten und einem Vizepräsidenten stehen ein aus Senat und Repräsentantenhaus bestehendes Parlament und eine unabhängige Justiz gegenüber. In der Verfassungswirklichkeit dominiert die Exekutive in Gestalt des direkt gewählten Präsidenten und der ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die Justiz ist der Einflussnahme von Exekutive und Legislative sowie einzelner politischer Führungspersonen ausgesetzt (AA 24.11.2022).
Nigeria verfügt über ein Mehrparteiensystem. Die Parteienzugehörigkeit orientiert sich meist an Führungspersonen und machtstrategischen Gesichtspunkten. Parteien werden primär als Zweckbündnisse zur Erlangung von Macht angesehen. Politische Führungskräfte wechseln die Partei, wenn sie andernorts bessere Erfolgschancen sehen. Entsprechend repräsentiert keine der Parteien eine eindeutige politische Richtung (AA 24.11.2022). Gewählte Amtsträger setzen im Allgemeinen ihre Politik um. Ihre Fähigkeit, dies zu tun, wird jedoch durch Faktoren wie Korruption, parteipolitische Konflikte und schlechte Kontrolle über Gebiete, in denen militante Gruppen aktiv sind (FH 13.4.2023).
Am 29.5.2023 trat Staatspräsident Tinubu sein Amt nach seiner Wahl im Februar 2023 an (AA 4.10.2023). Bola Tinubu von der regierenden APC (All Progressives Congress) erlangte gemäß Wahlkommission 8,8 Millionen Stimmen, Atiku Abubakar von der größten Oppositionspartei PDP (Peoples Democratic Party) erhielt laut Wahlkommission 6,9 Millionen Stimmen, Peter Obi von der LP (Labour-Partei) 6,1 Millionen. Letzterer wurde vor allem von jüngeren Nigerianern gewählt (KAS 5.4.2023; vgl. FAZ 1.3.2023).Am 29.5.2023 trat Staatspräsident Tinubu sein Amt nach seiner Wahl im Februar 2023 an (AA 4.10.2023). Bola Tinubu von der regierenden APC (All Progressives Congress) erlangte gemäß Wahlkommission 8,8 Millionen Stimmen, Atiku Abubakar von der größten Oppositionspartei PDP (Peoples Democratic Party) erhielt laut Wahlkommission 6,9 Millionen Stimmen, Peter Obi von der LP (Labour-Partei) 6,1 Millionen. Letzterer wurde vor allem von jüngeren Nigerianern gewählt (KAS 5.4.2023; vergleiche FAZ 1.3.2023).
Die Partei des Gewinners der Präsidentschaftswahl, APC, konnte auch die Wahlen zur Nationalversammlung im Februar 2023 für sich entscheiden. Damit bleibt der APC in den beiden Kammern des Parlaments mit 55 von 109 Sitzen im Senat und 159 von 360 Sitzen im Repräsentantenhaus stärkste Kraft. Die größte Oppositionspartei PDP kam auf 107 Sitze im Repräsentantenhaus und 33 Sitze im Senat. Damit stellen die beiden größten Parteien des Landes 80 Prozent des Senats und knapp 74 Prozent des Repräsentantenhauses (KAS 5.4.2023). Die größte Oppositionspartei, die PDP, hatte von 1999-2015 durchgehend den Präsidenten gestellt. Die PDP stellt eine starke Opposition für die APC dar und bleibt v. a. im Süden und Südosten des Landes die treibende politische Kraft (AA 24.11.2023).
Drei Wochen nach den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen fanden im März 2023 Gouverneurs- und Landesparlamentswahlen statt. Ergebnisse: APC 15, PDP 9, LP 1, NNPP 1 (Gouverneure) (KAS 5.4.2023; vgl. PT 21.3.2023). Damit werden die beiden Parteien voraussichtlich zumindest auf Landesebene ihre politische Dominanz auch gegenüber der auf nationaler Ebene erstarkten LP behalten (KAS 5.4.2023; vgl. PT 21.3.2023)Drei Wochen nach den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen fanden im März 2023 Gouverneurs- und Landesparlamentswahlen statt. Ergebnisse: APC 15, PDP 9, LP 1, NNPP 1 (Gouverneure) (KAS 5.4.2023; vergleiche PT 21.3.2023). Damit werden die beiden Parteien voraussichtlich zumindest auf Landesebene ihre politische Dominanz auch gegenüber der auf nationaler Ebene erstarkten LP behalten (KAS 5.4.2023; vergleiche PT 21.3.2023)
Ein neues Wahlgesetz "Electoral Act 2022" diente als rechtliche Grundlage der Wahlen 2023 (PT 27.9.2022).
Quellen:
? AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (4.10.2023): Nigeria: Politisches Porträt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/nigeria-node/innenpolitik/205844, Zugriff 14.11.2023
? AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (24.11.2022): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2083020/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Nigeria_%28Stand_Oktober_2022%29%2C_24.11.2022.pdf, Zugriff 9.1.2023
? FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (1.3.2023): Umstrittener Wahlsieg für Bola Tinubu, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/nigeria-bola-tinubu-gewinnt-praesidentenwahl-18713667.html, Zugriff 29.6.2023
? FH - Freedom House (13.4.2023): Freedom in the World 2023 - Nigeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2090190.html, Zugriff 15.5.2023
? KAS - Konrad Adenauer Stiftung (5.4.2023): Nigeria hat gewählt, https://www.kas.de/de/laenderberichte/detail/-/content/nigeria-hat-gewaehlt, Zugriff 29.6.2023
? ÖB - Österreichische Botschaft Abuja [Österreich] (10.2023): Asylländerbericht Nigeria, https://www.ecoi.net/en/file/local/2098176/NIGR_%C3%96B-Bericht_2023_10.pdf, Zugriff 31.10.2023
? PT - Premium Times Nigeria (21.3.2023): 2023 General Elections - Gubernatorial & State House of Assembly, https://www.premiumtimesng.com/2023-elections-gubernatorial, Zugriff 29.6.2023
? PT - Premium Times Nigeria (27.9.2022): Key issues that will shape Nigeria’s 2023 elections – Report, https://www.premiumtimesng.com/news/headlines/556316-key-issues-that-will-shape-nigerias-2023-elections-report.html, Zugriff 25.10.2022
Sicherheitslage
Letzte Änderung 2023-11-21 10:47
Nigeria sieht sich mit einer beispiellosen Welle unterschiedlicher, sich überschneidender Sicherheitskrisen konfrontiert. Fast jeder Teil des Landes ist aktuell von Gewalt und Kriminalität betroffen. Zu den landesweiten und regionsunspezifischen Bedrohungen gehören: (Kindes)Entführungen, Raub, Klein- und Cyberkriminalität, Verbrechen, Terrorismus/Aufstände, Auseinandersetzungen zwischen den Volksgruppen, Landstreitigkeiten, Ausbruch von Krankheiten, Proteste und Demonstrationen. In jüngster Zeit konnte eine Eskalation von einigen Konflikten beobachtet werden: So löste Nigeria mit April 2022 den Irak mit den meisten vom sog. Islamischen Staat (IS) beanspruchten Attentaten ab. Allein in den ersten 45 Tagen unter dem neugewählten Präsidenten Bola Tinubu wurden 2