Entscheidungsdatum
22.05.2024Norm
AsylG 2005 §10Spruch
I412 2217437-3/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. NIGERIA, vertreten durch: LEGAL FOCUS gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion XXXX vom 25.10.2023, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.04.2024 zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch XXXX , geb. römisch XXXX , StA. NIGERIA, vertreten durch: LEGAL FOCUS gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion römisch XXXX vom 25.10.2023, Zl. römisch XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.04.2024 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Nigerias, stellte gemeinsam mit seiner Schwester (Verfahrenszahl I412 2217433) nach unrechtmäßiger Einreise am 04.07.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Dieser wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 07.03.2019 abgewiesen und erwuchs diese Entscheidung mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.02.2020, GZ I421 2217437-1/21E, in Rechtskraft.
2. Am 01.04.2020 wurde vom Beschwerdeführer, vertreten durch die Abteilung Kinder- und Jugendhilfe des Amtes der XXXX Landesregierung, ein Antrag für eine unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe gestellt. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 06.04.2020 wurde bestätigt, dass die Heim- bzw. Ausreisekosten des Beschwerdeführers übernommen werden und nichts gegen eine Projektteilnahme am Projekt XXXX spreche. Die Höhe der allenfalls auszuzahlenden finanziellen Starthilfe betrage € 250,- pro Person. Die Gültigkeit der Zustimmung wurde mit 05.10.2020 festgesetzt, bzw. aufgrund der aktuellen Entwicklung der COVID-19 Pandemie bis auf Widerruf auf 6 Monate ausgeweitet. Mit Schreiben vom 25.04.2022 wurde für den Beschwerdeführer ein Antrag auf Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 3 FPG eingebracht. Als besondere Umstände im Sinne des § 55 Abs. 3 FPG wurde der Abschluss der Erlangung der Universitätsreife (international Baccalaurate) im Juli 2022 genannt. Nach dem Abschluss der Schulausbildung, somit ab Anfang August 2022 sei der Beschwerdeführer bereit freiwillig auszureisen und seien bereits Organisationsmaßnahmen für die freiwillige Ausreise getroffen worden. Als Termin für die freiwillige Ausreise werde der 08.08.2022 bekanntgegeben.2. Am 01.04.2020 wurde vom Beschwerdeführer, vertreten durch die Abteilung Kinder- und Jugendhilfe des Amtes der römisch XXXX Landesregierung, ein Antrag für eine unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe gestellt. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 06.04.2020 wurde bestätigt, dass die Heim- bzw. Ausreisekosten des Beschwerdeführers übernommen werden und nichts gegen eine Projektteilnahme am Projekt römisch XXXX spreche. Die Höhe der allenfalls auszuzahlenden finanziellen Starthilfe betrage € 250,- pro Person. Die Gültigkeit der Zustimmung wurde mit 05.10.2020 festgesetzt, bzw. aufgrund der aktuellen Entwicklung der COVID-19 Pandemie bis auf Widerruf auf 6 Monate ausgeweitet. Mit Schreiben vom 25.04.2022 wurde für den Beschwerdeführer ein Antrag auf Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise gemäß Paragraph 55, Absatz 3, FPG eingebracht. Als besondere Umstände im Sinne des Paragraph 55, Absatz 3, FPG wurde der Abschluss der Erlangung der Universitätsreife (international Baccalaurate) im Juli 2022 genannt. Nach dem Abschluss der Schulausbildung, somit ab Anfang August 2022 sei der Beschwerdeführer bereit freiwillig auszureisen und seien bereits Organisationsmaßnahmen für die freiwillige Ausreise getroffen worden. Als Termin für die freiwillige Ausreise werde der 08.08.2022 bekanntgegeben.
3. Für den 19.05.2022 wurden der Beschwerdeführer und seine Schwester zu einem Interview bei der nigerianischen Botschaft zwecks Erlangung eines Heimreisezertifikates geladen und sind diese nicht erschienen.
4. Der Beschwerdeführer und seine Schwester verblieben weiter im Bundesgebiet und stellten am 18.08.2022 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung aus besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gemäß § 56 AsylG. 4. Der Beschwerdeführer und seine Schwester verblieben weiter im Bundesgebiet und stellten am 18.08.2022 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung aus besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gemäß Paragraph 56, AsylG.
5. Mit Bescheiden vom 13.10.2022 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers und seiner Schwester auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „aus berücksichtigungswürdigen Gründen“ zurück (Spruchpunkt I.), wies den Mängelheilungsantrag gemäß § 4 Abs. 1 Z 2 und 3 iVm § 8 AsylG-DV 2005 ab (Spruchpunkt II.), erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III.) und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt IV.). Zudem wurde ihnen eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt V.). 5. Mit Bescheiden vom 13.10.2022 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers und seiner Schwester auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „aus berücksichtigungswürdigen Gründen“ zurück (Spruchpunkt römisch eins.), wies den Mängelheilungsantrag gemäß Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 2 und 3 in Verbindung mit Paragraph 8, AsylG-DV 2005 ab (Spruchpunkt römisch II.), erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt römisch III.) und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt römisch IV.). Zudem wurde ihnen eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt römisch fünf.).
6. Die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden wurden vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnissen jeweils vom 09.03.2023, I412 2217433-2/6E (die Schwester des Beschwerdeführers betreffend) sowie I412 2217437-2/6E (den BF betreffend) als unbegründet abgewiesen. Eine dagegen erhobene Revision ist zum Entscheidungszeitpunkt beim VwGH anhängig.
7. Am 11.04.2023 stellten der Beschwerdeführer und seine Schwester erneut einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete der Beschwerdeführer in der Erstbefragung wie folgt: „Heuer haben Wahlen in Nigeria stattgefunden und danach ist ein Krieg zwischen Juruba und den Igbos ausgebrochen. Ich bin ursprünglich ein Juruba, jedoch haben wir in einem Igbo-Gebiet gelebt und wir würden dort umgehend angegriffen werden. Ich bin schon seit ca. 6 Jahren in Österreich und habe hier die Matura gemacht. Ich werde mich an der Universität XXXX für ein BWL-Studium einschreiben. Ich werde auch im Sommer bei der Leichtathletikmeisterschaft für XXXX mitmachen. Im Sommer mache ich ein Praktikum in der Volksschule XXXX und werde dort die Kinder betreuen.“ Hinsichtlich seiner Rückkehrbefürchtung gab der Beschwerdeführer an, er würde in Nigeria als Fremder behandelt werden, man würde Geld von ihm verlangen, da man davon ausgehen würde, dass er welches habe, da er in Europa gelernt habe. Er spreche auch keine nigerianischen Sprachen und könne sich dort nicht verständigen. Die Kriminalitätsrate in Nigeria sei sehr hoch und auch die gesamte Sicherheitslage schlecht.7. Am 11.04.2023 stellten der Beschwerdeführer und seine Schwester erneut einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete der Beschwerdeführer in der Erstbefragung wie folgt: „Heuer haben Wahlen in Nigeria stattgefunden und danach ist ein Krieg zwischen Juruba und den Igbos ausgebrochen. Ich bin ursprünglich ein Juruba, jedoch haben wir in einem Igbo-Gebiet gelebt und wir würden dort umgehend angegriffen werden. Ich bin schon seit ca. 6 Jahren in Österreich und habe hier die Matura gemacht. Ich werde mich an der Universität römisch XXXX für ein BWL-Studium einschreiben. Ich werde auch im Sommer bei der Leichtathletikmeisterschaft für römisch XXXX mitmachen. Im Sommer mache ich ein Praktikum in der Volksschule römisch XXXX und werde dort die Kinder betreuen.“ Hinsichtlich seiner Rückkehrbefürchtung gab der Beschwerdeführer an, er würde in Nigeria als Fremder behandelt werden, man würde Geld von ihm verlangen, da man davon ausgehen würde, dass er welches habe, da er in Europa gelernt habe. Er spreche auch keine nigerianischen Sprachen und könne sich dort nicht verständigen. Die Kriminalitätsrate in Nigeria sei sehr hoch und auch die gesamte Sicherheitslage schlecht.
8. Am 12.09.2023 wurde der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er zusammengefasst zu seinen Fluchtgründen befragt an, wenn die Behörden das Militär nach Niger schicken würden um Krieg zu führen, habe er Angst, kämpfen zu müssen bzw. dass es in Nigeria Krieg gäbe. In Nigeria gäbe es Mangelernährung. Er sei Juruba und im Igbo-Gebiet geboren und zwischen diesen beiden gäbe es aktuell Konflikte. Die Igbos würden ihn nicht akzeptieren, und da er ursprünglich Juruba sei ihn missbrauchen. Wenn er jedoch in ein Juruba-Gebiet kommen würde, würde er dort auch nicht akzeptiert werden und er kenne sich dort mit den Kulturen und Sprachen nicht aus. Er würde in Nigeria als Ausländer angesehen werde. Dies wäre besonders gefährlich für ihn, da die Einheimischen denken würden, dass er reich sei und er werde entführt werden. Wenn die Einheimischen dann allerdings erkennen würden, dass er arm sei, würden diese ihn töten. Sie würden von ihm Geld verlangen und ihn töten, falls er nicht zahlen könne. Die Sicherheit sei trotz Lösegeldzahlung nicht garantiert.“
9. Mit Bescheid vom 25.10.2023 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers und seiner Schwester auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten sowie eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte keine Aufenthaltsberechtigung aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III.) und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt IV.). Zudem wurde der Beschwerdeführerin eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt V.). 9. Mit Bescheid vom 25.10.2023 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers und seiner Schwester auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten sowie eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria ab (Spruchpunkte römisch eins. und römisch II.), erteilte keine Aufenthaltsberechtigung aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG (Spruchpunkt römisch III.), erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt römisch III.) und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt römisch IV.). Zudem wurde der Beschwerdeführerin eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt römisch fünf.).
11. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schreiben vom 24.11.2023 Beschwerde erhoben. In dieser wird zusammengefasst vorgebracht, dass sich gegenüber der Rechtskraft des ersten Asylverfahrens die Situation in Nigeria in verschiedener Hinsicht signifikant verschlechtert habe. Nigeria werde seitens der österreichischen Asylbehörde nicht als sicherer Herkunftsstaat betrachtet und regelmäßig komme es zu Gewährungen von Schutz für Staatsbürger dieses Landes. Die Beschwerdeführerin und ihr Bruder hätten ebenso ihre hervorragende Integration und die starken Bindungen zu Österreich, sowie den gänzlichen Verlust von tauglichen Bindungen zur ursprünglichen Heimat vorgebracht. Die beiden BF seien deutlich über 6 Jahre, in Kürze 6 ½ Jahre in Österreich aufhältig. Sie seien unbestritten als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach Österreich gekommen. Regelmäßig werde Minderjährigen mit Herkunftsland Nigeria Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt, weil im Herkunftsland keine geeigneten Einrichtungen für die Aufnahme von Minderjährigen existieren. Die beiden BF hätten somit bei Einreise und Antragstellung objektiv und aus vernünftiger Sicht mit einer positiven Asylentscheidung und einem dauerhaften Aufenthalt in Österreich rechnen können. Nachvollziehbar hätten beide Beschwerdeführer darlegen können, dass in Nigeria kein familiäres oder soziales Netzwerk mehr bestehe und sie daher in eine unmenschliche und ausweglose Situation geraten würden. Den Angaben der Beschwerdeführerin und ihres Bruders zu der verschlechterten Sicherheitslage speziell für Yorubas im Gebiet der Igbos sei von der belangten Behörde nicht entgegengetreten worden. Eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe für die beiden Geschwister, welche als Minderjährige das Land verlassen hätten und keine Erfahrungen oder Bindungen außerhalb der angestammten Region hätten, nicht. Im gegenständlichen Fall gelinge es dem BFA nicht darzulegen, dass den BF eine geeignete Wiederansiedlung gelingen könne bei der sie mehr als das Existenzminimum erwirtschaften könnten. Dem BFA gelinge es vor dem Hintergrund der Berichtslage nicht auszuführen, dass die BF nach der Rückkehr nach Nigeria keine unbilligen Härten gewärtigen müssten. Die beiden BF hätten sehr deutlich und lebensnahe Schilderungen vorgebracht, die zeigen würden, dass sie nicht mehr in das archaische Gesellschaftssystem Nigerias passen würden. Beide seien sehr modern im Denken, im Outfit, im Umfang und in den moralischen Vorstellungen. Die wichtige Zeit der Verwandlung vom Kind zum Erwachsenen hätten die beiden BF in Österreich erlebt und könnten ausgezeichnete schulische Leistungen vorweisen, haben sich am österreichischen Arbeitsmarkt integriert und würden eine höhere universitäre Bildung anstreben, die längst erfolgreich angelaufen sei.
12. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 29.11.2023 vorgelegt und der erkennenden Gerichtsabteilung am 06.12.2023 aufgrund einer Unzuständigkeitseinrede neu zugeteilt.
13. Am 23.04.2024 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung abgehalten, in der der Beschwerdeführer im Beisein ihrer Rechtsvertretung einvernommen wurde und das Ermittlungsverfahren geschlossen.
14. Mit Schreiben vom 17.06.2024 wurde eine Beschäftigungsbewilligung vom 10.05.2024 bis 31.10.2024 für eine Ganztagsbeschäftigung im Ausmaß von 38,5 Stunden pro Woche für die berufliche Tätigkeit als Sales Consultant für den Beschwerdeführer vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Der unter I. festgehaltene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen.Der unter römisch eins. festgehaltene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen.
1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:
Der ledige und kinderlose Beschwerdeführer und seine Schwester sind Staatsangehörige Nigerias. Der XXXX geborene Beschwerdeführer ist ebenso wie seine 2001 geborene Schwester mittlerweile volljährig.Der ledige und kinderlose Beschwerdeführer und seine Schwester sind Staatsangehörige Nigerias. Der römisch XXXX geborene Beschwerdeführer ist ebenso wie seine 2001 geborene Schwester mittlerweile volljährig.
Der Beschwerdeführer und seine Schwester halten sich spätestens seit 04.07.2017 in Österreich auf. Beide sind Angehörige der Volksgruppe Yoruba und bekennen sich zum christlichen Glauben. Der Beschwerdeführer gibt, ebenso wie seine Schwester in Enugu geboren worden zu sein; er hat zumindest die letzten Jahre seines Lebens in Nigeria allerdings in Abuja verbracht, wo er die Schule besucht hat und seine Eltern immer noch leben.
Der Beschwerdeführer leidet an keinen lebensbedrohlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und ist arbeitsfähig.
Der Beschwerdeführer verfügt über eine fundierte Schulbildung, er hat in Nigeria bereits eine mehrjährige Schulbildung genossen und in Österreich eine internationale Reifeprüfung abgelegt und war einige Monate beruflich in einem Supermarkt tätig.
Für den Beschwerdeführer wurde eine Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als „Sales Consultant“ für die Zeit vom 10.05.2024 bis 31.10.2024 im Ausmaß von 38,5h Wochenstunden (Entgelt 2.229,- Euro brutto) erteilt. Bislang lebte der Beschwerdeführer (überwiegend) von der staatlichen Grundversorgung.
Der Beschwerdeführer spricht sehr gut Deutsch und hat in Österreich altersübliche Freundschaften insbesondere durch seinen Schulbesuch geschlossen und eine enge Beziehung zu seiner Patin und deren Familie aufgebaut.
Die Beschwerdeführerin ist strafrechtlich unbescholten.
Es leben noch Angehörige des Beschwerdeführers in Nigeria, nämlich jedenfalls seine Eltern, die in einem Haus in Abuja leben und sein älterer Bruder. Zumindest zu den Eltern besteht noch regelmäßiger Kontakt. Dazu leben noch weitere Familienangehörige des Beschwerdeführers in Nigeria.
Der Vater des Beschwerdeführers war beim Militär tätig, die Mutter ist Lehrerin bzw. zumindest einige Zeit Direktorin einer Schule. Die Familie des Beschwerdeführers ist in der Lage, diesen bei einer Rückkehr zu unterstützen.
Ein Onkel des Beschwerdeführers lebt mit seiner Familie in Österreich, zu ihm besteht ebenfalls Kontakt.
Der Folgeantrag der Schwester des Beschwerdeführers wurde mit Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.05.2024, GZ I412 2217433-3/7E ebenfalls negativ entschieden und die von der belangten Behörde getroffene Rückkehrentscheidung bestätigt.
1.2. Zu den Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen des Beschwerdeführers:
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Nigeria aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden würden.
Der Beschwerdeführer ist in Nigeria insbesondere keiner Verfolgung aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit bzw. einer politischen Tätigkeit seines Vaters ausgesetzt.
Der Beschwerdeführerin konnte keinen Fluchtgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft machen. Zusammenfassend wird in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers und aufgrund der allgemeinen Lage im Land festgestellt, dass er im Fall einer Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.
Im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria droht dem Beschwerdeführer weder die reale Gefahr der Folter, noch unmenschliche Bestrafung, unmenschliche Behandlung oder die Todesstrafe. Weder wird ihm seine Lebensgrundlage gänzlich entzogen, noch besteht für ihn in Nigeria die reale Gefahr einer ernsthaften Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.
1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat
Politische Lage
Letzte Änderung 2023-11-21 15:06
Nigeria ist eine Bundesrepublik mit einem präsidialen Regierungssystem (AA 4.10.2023; vgl. ÖB 10.2023). Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist der Präsident der Republik (ÖB 9.2022; vgl. AA 24.11.2022), der für vier Jahre gewählt wird; eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Der Staatspräsident führt den Vorsitz der von ihm ernannten Bundesregierung (Federal Executive Council) (ÖB 9.2022).Nigeria ist eine Bundesrepublik mit einem präsidialen Regierungssystem (AA 4.10.2023; vergleiche ÖB 10.2023). Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist der Präsident der Republik (ÖB 9.2022; vergleiche AA 24.11.2022), der für vier Jahre gewählt wird; eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Der Staatspräsident führt den Vorsitz der von ihm ernannten Bundesregierung (Federal Executive Council) (ÖB 9.2022).
Nigeria ist in 36 Bundesstaaten und das Federal Capital Territory (FCT, Abuja) (ÖB 10.2023; vgl. AA 24.11.2022) mit insgesamt 774 LGAs (Local Government Areas, dt. Bezirke) unterteilt (AA 24.11.2022). Jeder der 36 Bundesstaaten wird von einer Regierung unter der Leitung eines direkt gewählten Gouverneurs (State Governor) geführt (AA 24.11.2022; vgl. ÖB 10.2023). Polizei und Justiz werden vom Bund kontrolliert (AA 24.11.2022).Nigeria ist in 36 Bundesstaaten und das Federal Capital Territory (FCT, Abuja) (ÖB 10.2023; vergleiche AA 24.11.2022) mit insgesamt 774 LGAs (Local Government Areas, dt. Bezirke) unterteilt (AA 24.11.2022). Jeder der 36 Bundesstaaten wird von einer Regierung unter der Leitung eines direkt gewählten Gouverneurs (State Governor) geführt (AA 24.11.2022; vergleiche ÖB 10.2023). Polizei und Justiz werden vom Bund kontrolliert (AA 24.11.2022).
Die Verfassung vom 29.5.1999 enthält alle Elemente eines demokratischen Rechtsstaates, einschließlich eines Grundrechtskataloges, und orientiert sich insgesamt am US-Präsidialsystem. Einem starken Präsidenten und einem Vizepräsidenten stehen ein aus Senat und Repräsentantenhaus bestehendes Parlament und eine unabhängige Justiz gegenüber. In der Verfassungswirklichkeit dominiert die Exekutive in Gestalt des direkt gewählten Präsidenten und der ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die Justiz ist der Einflussnahme von Exekutive und Legislative sowie einzelner politischer Führungspersonen ausgesetzt (AA 24.11.2022).
Nigeria verfügt über ein Mehrparteiensystem. Die Parteienzugehörigkeit orientiert sich meist an Führungspersonen und machtstrategischen Gesichtspunkten. Parteien werden primär als Zweckbündnisse zur Erlangung von Macht angesehen. Politische Führungskräfte wechseln die Partei, wenn sie andernorts bessere Erfolgschancen sehen. Entsprechend repräsentiert keine der Parteien eine eindeutige politische Richtung (AA 24.11.2022). Gewählte Amtsträger setzen im Allgemeinen ihre Politik um. Ihre Fähigkeit, dies zu tun, wird jedoch durch Faktoren wie Korruption, parteipolitische Konflikte und schlechte Kontrolle über Gebiete, in denen militante Gruppen aktiv sind (FH 13.4.2023).
Am 29.5.2023 trat Staatspräsident Tinubu sein Amt nach seiner Wahl im Februar 2023 an (AA 4.10.2023). Bola Tinubu von der regierenden APC (All Progressives Congress) erlangte gemäß Wahlkommission 8,8 Millionen Stimmen, Atiku Abubakar von der größten Oppositionspartei PDP (Peoples Democratic Party) erhielt laut Wahlkommission 6,9 Millionen Stimmen, Peter Obi von der LP (Labour-Partei) 6,1 Millionen. Letzterer wurde vor allem von jüngeren Nigerianern gewählt (KAS 5.4.2023; vgl. FAZ 1.3.2023).Am 29.5.2023 trat Staatspräsident Tinubu sein Amt nach seiner Wahl im Februar 2023 an (AA 4.10.2023). Bola Tinubu von der regierenden APC (All Progressives Congress) erlangte gemäß Wahlkommission 8,8 Millionen Stimmen, Atiku Abubakar von der größten Oppositionspartei PDP (Peoples Democratic Party) erhielt laut Wahlkommission 6,9 Millionen Stimmen, Peter Obi von der LP (Labour-Partei) 6,1 Millionen. Letzterer wurde vor allem von jüngeren Nigerianern gewählt (KAS 5.4.2023; vergleiche FAZ 1.3.2023).
Die Partei des Gewinners der Präsidentschaftswahl, APC, konnte auch die Wahlen zur Nationalversammlung im Februar 2023 für sich entscheiden. Damit bleibt der APC in den beiden Kammern des Parlaments mit 55 von 109 Sitzen im Senat und 159 von 360 Sitzen im Repräsentantenhaus stärkste Kraft. Die größte Oppositionspartei PDP kam auf 107 Sitze im Repräsentantenhaus und 33 Sitze im Senat. Damit stellen die beiden größten Parteien des Landes 80 Prozent des Senats und knapp 74 Prozent des Repräsentantenhauses (KAS 5.4.2023). Die größte Oppositionspartei, die PDP, hatte von 1999-2015 durchgehend den Präsidenten gestellt. Die PDP stellt eine starke Opposition für die APC dar und bleibt v. a. im Süden und Südosten des Landes die treibende politische Kraft (AA 24.11.2023).
Drei Wochen nach den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen fanden im März 2023 Gouverneurs- und Landesparlamentswahlen statt. Ergebnisse: APC 15, PDP 9, LP 1, NNPP 1 (Gouverneure) (KAS 5.4.2023; vgl. PT 21.3.2023). Damit werden die beiden Parteien voraussichtlich zumindest auf Landesebene ihre politische Dominanz auch gegenüber der auf nationaler Ebene erstarkten LP behalten (KAS 5.4.2023; vgl. PT 21.3.2023)Drei Wochen nach den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen fanden im März 2023 Gouverneurs- und Landesparlamentswahlen statt. Ergebnisse: APC 15, PDP 9, LP 1, NNPP 1 (Gouverneure) (KAS 5.4.2023; vergleiche PT 21.3.2023). Damit werden die beiden Parteien voraussichtlich zumindest auf Landesebene ihre politische Dominanz auch gegenüber der auf nationaler Ebene erstarkten LP behalten (KAS 5.4.2023; vergleiche PT 21.3.2023)
Ein neues Wahlgesetz "Electoral Act 2022" diente als rechtliche Grundlage der Wahlen 2023 (PT 27.9.2022).
Quellen:
? AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (4.10.2023): Nigeria: Politisches Porträt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/nigeria-node/innenpolitik/205844, Zugriff 14.11.2023
? AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (24.11.2022): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2083020/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Nigeria_%28Stand_Oktober_2022%29%2C_24.11.2022.pdf, Zugriff 9.1.2023
? FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (1.3.2023): Umstrittener Wahlsieg für Bola Tinubu, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/nigeria-bola-tinubu-gewinnt-praesidentenwahl-18713667.html, Zugriff 29.6.2023
? FH - Freedom House (13.4.2023): Freedom in the World 2023 - Nigeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2090190.html, Zugriff 15.5.2023
? KAS - Konrad Adenauer Stiftung (5.4.2023): Nigeria hat gewählt, https://www.kas.de/de/laenderberichte/detail/-/content/nigeria-hat-gewaehlt, Zugriff 29.6.2023
? ÖB - Österreichische Botschaft Abuja [Österreich] (10.2023): Asylländerbericht Nigeria, https://www.ecoi.net/en/file/local/2098176/NIGR_%C3%96B-Bericht_2023_10.pdf, Zugriff 31.10.2023
? PT - Premium Times Nigeria (21.3.2023): 2023 General Elections - Gubernatorial & State House of Assembly, https://www.premiumtimesng.com/2023-elections-gubernatorial, Zugriff 29.6.2023
? PT - Premium Times Nigeria (27.9.2022): Key issues that will shape Nigeria’s 2023 elections – Report, https://www.premiumtimesng.com/news/headlines/556316-key-issues-that-will-shape-nigerias-2023-elections-report.html, Zugriff 25.10.2022
Sicherheitslage
Letzte Änderung 2023-11-21 10:47
Nigeria sieht sich mit einer beispiellosen Welle unterschiedlicher, sich überschneidender Sicherheitskrisen konfrontiert. Fast jeder Teil des Landes ist aktuell von Gewalt und Kriminalität betroffen. Zu den landesweiten und regionsunspezifischen Bedrohungen gehören: (Kindes)Entführungen, Raub, Klein- und Cyberkriminalität, Verbrechen, Terrorismus/Aufstände, Auseinandersetzungen zwischen den Volksgruppen, Landstreitigkeiten, Ausbruch von Krankheiten, Proteste und Demonstrationen. In jüngster Zeit konnte eine Eskalation von einigen Konflikten beobachtet werden: So löste Nigeria mit April 2022 den Irak mit den meisten vom sog. Islamischen Staat (IS) beanspruchten Attentaten ab. Allein in den ersten 45 Tagen unter dem neugewählten Präsidenten Bola Tinubu wurden 230 Todesopfer verschiedener Krisenherde gezählt. Es handelt sich hierbei um eine konservative Zählung (ÖB 10.2023). Banditentum und interkommunale Gewalt kommen in allen Regionen Nigerias vor (UKFCDO 4.11.2023a).
Demonstrationen und Proteste sind insbesondere in Abuja und Lagos, aber auch in anderen großen Städten möglich und können zu gewalttätigen Auseinandersetzungen führen (AA 31.10.2023). Politische Kundgebungen, Proteste und gewalttätige Demonstrationen können im ganzen Land unangekündigt stattfinden (UKFCDO 4.11.2023a). Beim Jahrestag der #EndSARS Proteste (Demonstrationen, die nach einem Massaker am 20.10.2020, wobei zwölf Menschen zu Tode kamen, zur Auflösung der für Gewaltanwendung gegen und Tötung von Zivilisten bekannten Spezialeinheit SARS - Special Anti-Robbery Squad führten) am 22.10.2022 wurden erneute Demonstrationen nicht zum Ort des damaligen Massakers durchgelassen (RANE 27.10.2022). [Anm.: Die Einheit wurde nach dem Massaker nicht faktisch aufgelöst, sondern in SWAT (Special Weapons and Tactics Team) umbenannt (EASO 6.2021).]
Im Nordwesten des Landes ist organisierte Bandenkriminalität präsent, v. a. in den Bundesstaaten Zamfara, Katsina und Kaduna. Bei schweren Überfällen auf Dörfer werden dabei regelmäßig Zivilisten getötet, verschleppt und vertrieben (AA 24.11.2022; vgl. EASO 6.2021). Der Nordwesten Nigerias (Bundesstaaten: Kaduna, Kano, Jigawa, Kebbi, Sokoto, Zamfara) erlebt einen komplexen, multidimensionalen Konflikt, den v