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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §21 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde des K in D, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 18. Juni 1993, Zl. 6/4 - 4221/91-05, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer für das Jahr 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug erlassenen Bescheid wurden gegenüber dem Beschwerdeführer Einkommen- und Gewerbesteuer für das Jahr 1986 festgesetzt. Die belangte Behörde ging von folgendem Sachverhalt aus: Der Beschwerdeführer und dessen Ehegattin seien je zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft in D. gewesen. Dort habe der Beschwerdeführer bis 30. April 1986 eine Tabaktrafik betrieben. Mit Wirkung vom 1. Mai 1986 habe er das Unternehmen seiner Ehegattin "gegen Fortführung der Buchwerte" übertragen. Mit Mietvertrag vom 2. Jänner 1987 habe der Beschwerdeführer seiner Ehegattin einen Verkaufsraum sowie einen Lagerraum um einen monatlichen Mietzins von S 3.000,-- vermietet. Die belangte Behörde vertrat die Auffassung, es liege eine unentgeltliche Übertragung des Betriebes vor. Die Übernahme des betrieblich genutzten Gebäudeteiles zwecks nachfolgender Vermietung an den Betriebsübernehmer in das Privatvermögen des Beschwerdeführers stelle eine Entnahme dar. Die Begünstigung des § 24 Abs. 6 EStG 1972 komme nicht zur Anwendung, weil keine Betriebsaufgabe vorliege. Auch der begünstigte Steuersatz nach § 37 EStG 1972 komme nicht in Betracht, da mangels Veräußerung oder Aufgabe des Betriebes der Unterschiedsbetrag zwischen dem Teilwert und dem Buchwert als laufender Gewinn zu versteuern sei. Die Anschaffungskosten des Gebäudeteiles seien ausgehend vom seinerzeitigen Kaufpreis in Höhe von S 35.200,-- (abzüglich des Wertes für Grund und Boden) nach dem Verhältnis der Nutzfläche unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer behaupteten Adaptierungskosten mit S 110.951,-- ermittelt worden. Nach Abzug der AfA für die Jahre ab 1973 betrage der Buchwert des Gebäudes S 11.096,--. Bei der Ermittlung des Teilwertes sei vom arithmetischen Mittel zwischen Sach- und Ertragswert auszugehen. Der so ermittelte Teilwert betrage S 294.000,--. Der auf den entnommenen Gebäudeteil entfallende Entnahmegewinn betrage somit S 141.452,--.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde macht zunächst geltend, es liege ein "Betriebskauf" bzw. eine Betriebsaufgabe vor. Damit wendet sie sich der Sache nach gegen die Auffassung der belangten Behörde, es liege die Übernahme eines Gebäudeteils ins Privatvermögen im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Übertragung des Betriebes vor.
Gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 sind Veräußerungsgewinne Gewinne, die bei der Veräußerung des ganzen Betriebes oder eines Teilbetriebes erzielt werden. Nach § 24 Abs. 3 erster Satz EStG 1972 gilt auch die Aufgabe des Betriebes als Veräußerung.
Als Veräußerung im Sinne des § 24 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 ist die entgeltliche Übertragung des Eigentums am Betrieb zu verstehen. Sie zieht eine abschließende Besteuerung bei Beendigung der Zurechnung eines Betriebes, Teilbetriebes oder Mitunternehmeranteiles an eine bestimmte Person nach sich, von der vor allem bisher nicht aufgedeckte stille Reserven erfaßt werden (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 9. Oktober 1991, Zl. 89/13/0098). Mit denselben steuerlichen Folgen ist nach § 24 Abs. 3 erster Satz EStG 1972 die Aufgabe des Betriebes verbunden.
§ 24 Abs. 6 EStG 1972 normiert eine Begünstigung der Besteuerung des Veräußerungsgewinnes unter den dort angeführten Voraussetzungen.
Die Schenkung ist keine entgeltliche Übertragung und somit keine Veräußerung im Sinne des § 24 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972. Bei der Ermittlung des Gewinnes des bisherigen Betriebsinhabers sind im Falle der unentgeltlichen Übertragung nach § 6 Z. 9 erster Satz EStG 1972 die Buchwerte anzusetzen; beim Geschenkgeber liegt - grundsätzlich - weder eine Entnahme oder Aufgabe vor noch entsteht im Ausmaß der übertragenen Buchwerte ein Verlust (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 20. November 1990, Zlen. 89/14/0156, 0157; Schuch-Quantschnigg, ESt-HB § 24, Tz 8.1.).
Die Rückbehaltung einzelner unwesentlicher Wirtschaftsgüter anläßlich der unentgeltlichen Übertragung betrieblicher Einheiten hindert die Anwendung des § 6 Z. 9 EStG 1972 nicht. Die Rückbehaltung dieser Wirtschaftsgüter stellt eine (gewinnvermehrende; vgl. § 4 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972) Entnahme dar (vgl. Schuch-Quantschnigg, aaO § 6, Tz 245 mwH). Diese ist nicht nach § 24 Abs. 6 EStG 1972 begünstigt, weil sie nicht als (anteilige) Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe angesehen werden kann (vgl. Schuch-Quantschnigg aaO, § 24, Tz 27 mwH).
Der angefochtene Bescheid beruht auf der Auffassung, es liege eine unentgeltliche Übertragung des Betriebes (auf die Ehegattin des Beschwerdeführers), verbunden mit der Entnahme des seinerzeit zum Betriebsvermögen zählenden Gebäudeteiles vor; davon ausgehend hat die belangte Behörde den nach § 6 Z. 4 in Verbindung mit § 6 Z. 9 EStG 1972 ermittelten Entnahmewert gewinnvermehrend berücksichtigt.
Die Beschwerde vertritt zunächst die Auffassung, es liege keine unentgeltliche Übertragung vor. Nur ein nicht überschuldeter Betrieb könne unentgeltlich übernommen werden. Liege Überschuldung vor, könne es durch die Schuldübernahme zu einem "Betriebskauf" kommen. Im vorliegenden Fall bestehe eine "Buchwertüberschuldung", die sich aus der Eröffnungsbilanz zum 1. Mai 1986 ergebe.
Wird ein überschuldeter Betrieb lediglich gegen Schuldübernahme übertragen, so stellen nur die übernommenen Schulden den Veräußerungserlös dar. Es entsteht ein Veräußerungsgewinn in Höhe des "Negativkapitals" (Schuch-Quantschnigg, aaO, § 24, Tz 69 mwH). Dies gilt allerdings nur dann, wenn nicht eine Schenkung anzunehmen ist. Wird ein überschuldeter Betrieb zwischen nahen Angehörigen übertragen und ist die Überschuldung bloß buchmäßig, ist Schenkung anzunehmen (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 2. Dezember 1987, Zl. 87/13/0061). Ein solcher Sachverhalt wird hier von der Beschwerde zugestanden, die lediglich "Buchwertüberschuldung" annimmt. Eine reale Überschuldung dergestalt, daß stille Reserven und Firmenwert zur Deckung des Negativkapitals nicht ausreichen, wird nicht behauptet. Die oben wiedergegebenen Darlegungen zeigen somit keine Rechtswidrigkeit der Auffassung der belangten Behörde auf, es liege auf seiten des Beschwerdeführers eine Entnahme eines Gebäudeanteiles im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Übertragung des Betriebes vor.
Ebensowenig zielführend sind die Darlegungen der Beschwerde, es liege eine Betriebsaufgabe vor; dies folge aus dem Umstand, daß die Vermietung des Gebäudeanteiles an die Übernehmerin erst am 2. Jänner 1987 erfolgt sei. Dabei erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit dem Begriff der Betriebsaufgabe in Beziehung auf den festgestellten Sachverhalt; denn auch die Beschwerde bestreitet nicht, daß der Betrieb durch die Erwerberin zeitlich unmittelbar anschließend an die Tätigkeit des Beschwerdeführers in den bisherigen Räumlichkeiten, die nicht mitübertragen wurden, weitergeführt wurde. Davon ausgehend ist der (spätere) formelle Abschluß eines Mietvertrages im erwähnten Zusammenhang nicht entscheidend.
Die Beschwerde vertritt weiters die Auffassung, im vorliegenden Fall wäre jedenfalls die Begünstigungsvorschrift des § 24 Abs. 6 EStG 1972 anzuwenden gewesen. Bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen sei nämlich der Veräußerungsgewinn nicht zu besteuern, wenn "der Vorgang" konfiskatorische Wirkungen habe. Diese Darlegungen sind nicht geeignet, die Auffassung zu widerlegen, daß § 24 Abs. 6 EStG 1972 nicht zur Anwendung kommt, wenn - wie hier - keine Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe vorliegt (vgl. Schuch-Quantschnigg, aaO, § 24, Tz 27 mwH).
Die Beschwerde wendet sich schließlich gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde vorgenommenen Schätzung mit folgenden Argumenten: Es sei ein Buchwert von S 11.096,-- festgestellt worden. Um einen Teilwert von S 294.000,-- "abzudecken", müßten "Adaptierungskosten vorgenommen" worden sein, wobei der Betrag von S 400.000,-- "zum Teilwert angesetzt" werden müsse. Der Ansatz von S 400.000,-- ergebe sich "aus dem Teilwert (Entnahme) unter Berücksichtigung des Wertes im Gutachten des Sachverständigen". Diese Darlegungen entsprechen jenen Behauptungen, die der Beschwerdeführer im Abgabenvefahren im Zusammenhang mit der Schätzung aufgestellt hatte. Sie sind - auch soweit sie nachvollziehbar sind - nicht geeignet, aufzuzeigen, daß die belangte Behörde bei ihrer Schätzung nicht der Zielsetzung entsprochen hätte, die weitestgehende Übereinstimmung der geschätzten Besteuerungsgrundlagen mit den tatsächlichen Gegebenheiten zu erreichen, weil sie sich mit den Annahmen der belangten Behörde nicht im einzelnen auseinandersetzen und sich darauf beschränken, diesen allgemein gehaltene, nicht weiter konkretisierte Behauptungen entgegenzusetzen. Damit wird keine Rechtswidrigkeit der von der belangten Behörde vorgenommenen Schätzung, deren Grundlagen in der Begründung des angefochtenen Bescheides eingehend dargestellt werden, aufgezeigt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993150134.X00Im RIS seit
11.07.2001