TE Vwgh Erkenntnis 1995/6/29 93/15/0110

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Veröffentlicht am 29.06.1995
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1972 §18 Abs1 Z2;
EStG 1972 §20 Abs1 Z1;
EStG 1972 §20 Abs1 Z2;
EStG 1972 §4 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs4;
EStG 1988 §18 Abs1 Z2;
EStG 1988 §20 Abs1 Z1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2;
EStG 1988 §4 Abs1;
EStG 1988 §4 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde des Dr. A in F, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom 28. April 1993, Zl. B 83-3/92, betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 1987 und Einkommensteuer für die Jahre 1987 bis 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Facharzt für innere Medizin. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist einerseits das Ausmaß der betrieblichen Nutzung seiner Zweitordination und andererseits die Abzugsfähigkeit seiner Prämien für freiwillige Lebensversicherungen als Betriebsausgaben strittig. Dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid ist zu diesen Punkten im wesentlichen folgendes zu entnehmen:

1) Zum Ausmaß der betrieblichen bzw. privaten Gebäudenutzung:

Der Beschwerdeführer habe bei einem Nebengebäude seines Wohnhauses im Jahr 1987 Umbaumaßnahmen zur Errichtung einer Zweitordination betreffend Ultraschalluntersuchungen durchgeführt. Das Nebengebäude bestehe aus einem Vorraum (6,52 m2), einem Untersuchungszimmer (23,42 m2), einem Material- und Apparateraum (9,84 m2), einem Aktendepot (5,43 m2) und einer Doppelgarage (private Abstellfläche 18,31 m2, betriebliche Abstellfläche 22 m2). Das Wohnhaus (Gesamtnutzfläche 352,61 m2), in dem laut Bauplan ein Arbeitsraum (17,64 m2), eine Diele (9,68 m2) und ein WC (2,32 m2) betrieblich genutzt werde, sei mit dem Ordinationsgebäude durch einen einheitlichen, vom Nebengebäude vorgezogenen Dachstuhl (einheitliche Eindeckung) und eine zum Innenhof verglaste Trennwand (mit Glastor) verbunden. Das Finanzamt habe unter Bezugnahme auf die bei einer abgabenbehördlichen Prüfung getroffenen Feststellungen den betrieblichen Charakter der Umbaumaßnahmen mit der Folge der Kürzung der Abschreibungsbemessungsgrundlage und der Nichtberücksichtigung der Steuerbegünstigung nach den §§ 8 und 122 EStG (1987: S 314.279,--) und der geltend gemachten Vorsteuerbeträge (Vorsteuerkürzung 1987 beim Nebengebäude:

S 49.469,--, beim Hauptgebäude infolge Nutzflächenänderung:

S 6.158,--) verneint, weil die Nebenräume in den Streitjahren nicht überwiegend Betriebszwecken, sondern zur Aufbewahrung teils privater, teils nicht dem Betrieb des Beschwerdeführers zuordenbarer Gegenstände (Küchenkasten mit alten Betriebsunterlagen, Mobilar und Instrumente aus der mütterlichen Zahnarztpraxis, Autoreifen und Fahrräder) gedient hätten. Desgleichen sei der überdachte Bereich zwischen Haupt- und Nebengebäude (sogenannter Praxisparkplatz) vom Finanzamt der privaten Sphäre zugerechnet worden, weil dort vorwiegend das Privatauto der Ehegattin des Beschwerdeführers abgestellt worden sei und diese Fläche primär Zugangsfunktion zu den Wohnräumlichkeiten und in den Privatgarten habe. Auf Grund der privaten Nutzung und einer beim Hauptgebäude abändernd ermittelten betrieblichen Nutzflächenaufteilung (Zuordnung Hausflur und Arbeitszimmer) seien die Kosten des Gebäudeumbaues anhand der Gesamtnutzfläche als zu 15,25 % betrieblich und zu 84,75 % privat veranlaßt angesehen worden.

Dagegen habe der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren vorgebracht, die beanstandete Verwendung der Nebenräume sei auf eine Änderung der Erstplanung (Ausbau der Zweitordination für Endoskopie) und auf seine Arbeitsüberlastung zurückzuführen, weshalb einer Überstellung von Akten aus der Erstordination in das Aktendepot in der Zweitordination "für relativ kurze Zeit" unterblieben sei. Da sich das Nebengebäude für die beabsichtigte Lagerung von Akten und Betriebsgegenständen objektiv eigne und in absehbarer Zeit ausschließlich für diese Zwecke genutzt werde, sei die erfolgte Nutzflächenausscheidung unrichtig. Die im Prüfungszeitpunkt vorgefundenen Gegenstände stammten zum Teil noch vom Vorbesitzer und seien später entsorgt worden. Zur Nutzung des Praxisparkplatzes durch seine Ehegattin sei festzustellen, daß diese in einem anerkannten Dienstverhältnis zu ihm stehe, wodurch der betriebliche Zusammenhang gegeben sei. Da statt seines bisherigen Arbeitszimmers im Wohnhaus (17,64 m2) ein Zimmer im Ausmaß von 12,67 m2 benutzt werde, sei für die Berechnung des betrieblichen Anteils nur die Quadratmeterdifferenz von 4,97 m2als außerbetrieblich auszuscheiden.

Die belangte Behörde stellte nach am 30. März 1993 ergänzend durchgeführter Erhebung die betriebliche Nutzung der Zweitordination (einschließlich Nebenräume) unbeschadet dessen nicht in Abrede, daß das Betreiben dieser Ordination der Ärztekammer bis zu diesem Zeitpunkt nicht gemeldet worden war. Die Zuordnung der zum Teil betrieblich und zum Teil privat genutzten Gebäudeteile sei nach der für den Prüfungszeitraum festgestellten tatsächlichen Nutzung zu untersuchen. Danach hätten die zur Unterbringung des schon näher angeführten Altinventars verwendeten Ordinationsnebenräume unbestreitbar gemischten Zwecken gedient. Ohne daß es auf den Grund für diese gemischte Nutzung ankomme, seien die Nebenräume in Anwendung des in § 20 Abs. 1 Z. 2 EStG verankerten Aufteilungsverbotes zur Gänze der Privatsphäre des Beschwerdeführers zuzuordnen; dasselbe gelte für den gebäudeintegrierenden (überdachten) Abstellbereich, der als Zugang zu den Wohnräumen und in den Privatgarten wie auch als Parkplatz für den Privat-Pkw der Ehegattin des Beschwerdeführers untrennbar der privaten Lebensführung des Beschwerdeführers und seiner Familie diene.

2) Zu den Versicherungsprämien:

Das Finanzamt habe Prämien für Ablebensversicherungen des Beschwerdeführers zur Besicherung von Betriebskrediten deswegen nicht als Betriebsausgaben anerkannt, weil die Deckungssummen im Gegensatz zu "bedenkenlosen Kreditrestschuldversicherungen" während der gesamten Laufzeit der Kredite gleich hoch seien und im Versicherungsfall die Ehegattin des Beschwerdeführers bzw. sein Erbe (Überbringer) als Bezugsberechtigter aufscheine, wodurch der private Versorgungscharakter vor den Betriebszweck trete (gewinnerhöhend ausgeschiedene Jahresprämien 1987:

S 20.071,--, 1988: S 36.909,--, 1989: S 58.207,-- und 1990:

S 106.528,--).

Der Beschwerdeführer habe dagegen im Berufungsverfahren vorgebracht, der Abschluß der Versicherungen sei ausschließlich betrieblich veranlaßt gewesen, weil die Fremdfinanzierung dem Investitionsbedarf der Ordination diene. Auch sei er nach den Kreditverträgen zum Abschluß von Risikoversicherungen verhalten worden, wobei in allen Fällen eine Vinkulierung zugunsten der Kredite einräumenden Banken vorliege. Da es sich nicht um Erlebensversicherungen handle, habe der Beschwerdeführer nach Auslaufen der Kredite ohne weiteres die Möglichkeit, die Risikoversicherungen aufzukündigen bzw. die Versicherungssummen zu vermindern. Nach den vorgelegten Versicherungspolizzen bestünden auch keine höheren Versicherungssummen als von den Banken Kredite gewährt worden seien. Der Beschwerdeführer denke schon im eigenen Interesse daran, die Deckungssummen und damit die Versicherungsprämien zu reduzieren, wenn die Restkredite unter die Deckungssummen sinken sollten.

Die belangte Behörde räumte zwar ein, daß die zur Besicherung von Betriebskrediten abgeschlossenen Versicherungen vinkulierte Ablebensversicherungen (Risikoversicherungen) sind, deren Laufzeiten (zwischen 10 und 15 Jahren) mit jenen der eingeräumten Kredite übereinstimmen, es handle sich aber dennoch nicht um typische Kreditrestschuldversicherungen mit entsprechend den Kreditrückzahlungen fallenden Deckungssummen. Der Bezugsberechtigte erhalte unbeschadet der Vinkulierung zugunsten des Kreditgebers im Versicherungsfall jenen Betrag ausbezahlt, der den noch nicht zurückbezahlten Kreditrest übersteige. Bei Bezugsberechtigung des Kreditinstitutes falle dieser Überhang nach den Regeln des zivilrechtlichen Bereicherungsverbotes dem Nachlaß des Versicherten (Erben) zu. Der daraus zutage tretende Versorgungscharakter schließe die Verfolgung privater Zwecke durch den Abschluß der Risikoversicherungen in mehr als unbedeutendem Maße ein. Hinzu komme, daß mit zwei näher bezeichneten Ablebensversicherungen (Jahresprämien: S 55.373,-- und S 16.120,--) ein erhöhtes Gefahrenelement mitversichert worden sei, welches ausschließlich in der persönlichen Lebensführung des Beschwerdeführers als Privatpilot ("Herren- oder Sportflieger") liege. Soweit die Kreditaufnahme mit dem Finanzierungsaufwand für den Gebäudeumbau begründet worden sei, liege für den Streitzeitraum gleichfalls eine private Mitveranlassung vor. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse könne daher eine private Mitveranlassung beim Abschluß der Versicherungen nicht ausgeschlossen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1) Zum Ausmaß der betrieblichen bzw. privaten Gebäudenutzung:

Dient ein Grundstück (Gebäude) zum Teil dem Betrieb, zum Teil außerbetrieblichen Zwecken, so stellt der betrieblich genutzte Teil notwendiges Betriebsvermögen dar. Es kommt in einem solchen Fall also, wenn nicht das Ausmaß einer Nutzungsart von untergeordneter Bedeutung ist, zu einer räumlichen Aufteilung des Gebäudes (siehe das hg. Erkenntnis vom 9. Mai 1995, Zl. 94/14/0151, mit Literaturhinweis).

Die Beschwerde bringt vor, "die verspätete Innutzungnahme von Teilen der Nebenräumlichkeiten" - erwähnt wird, daß bei einer "neuerlichen Betriebseinschau am 30.3.1993" bereits eine betriebliche Nutzung gegeben gewesen sei -, rechtfertige es zwar, daß für die Nebenräumlichkeiten keine verbrauchsbedingte AfA zugestanden werde, wohl aber gebühre dem Beschwerdeführer die vorzeitige Abschreibung und ein Vorsteuerabzug.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtwidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt; dies schon deswegen nicht, weil bei der Beurteilung des Ausmaßes der betrieblichen bzw. außerbetrieblichen Nutzung des Grundstückes (Gebäudes) auf die TATSÄCHLICHEN VERHÄLTNISSE IN DEN STREITJAHREN und nicht auf erst danach geschaffene Verhältnisse abzustellen ist. Da ausgehend davon die betriebliche Nutzung des Gesamtgebäudes mit 15,25 % nur geringfügig war, gehörte es zum notwendigen Privatvermögen, wofür eine vorzeitige Abschreibung (gemäß §§ 8 und 122 EStG) nicht in Betracht kam. Vorsteuern aus zurechenbaren Baukosten hat die belangte Behörde nach der Aktenlage ohnedies anerkannt, lediglich anteilsmäßig ausgeschiedene Adaptierungskosten fanden (zu Recht) keinen Niederschlag.

2) Zu den Versicherungsprämien:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt eine Lebensversicherung, die ein selbständig Erwerbstätiger auf seine Person nimmt, in der Regel einen außerbetrieblichen Vorgang dar; dies gilt ausnahmsweise nicht, wenn aus den Umständen klar erkennbar ist, daß der Abschluß der Lebensversicherung im betrieblichen Interesse erfolgte und die Verfolgung privater Zwecke ausgeschlossen oder unbedeutend ist (siehe die hg. Erkenntnisse vom 22. Oktober 1991, Zl. 91/14/0043, und vom 6. November 1991, Zl. 91/13/0103, m.w.N.).

Soweit die Beschwerde davon spricht, "in den meisten Fällen" handle es sich um Versicherungen mit einer fallenden Deckungssumme, hat die belangte Behörde die Prämienzahlungen des Beschwerdeführers nach der Aktenlage ohnedies als Betriebsausgaben anerkannt. Soweit aber die Deckungssummen gleich bleiben, spricht die Beschwerde zwar davon, die Kredite seien höher als die Versicherungssummen, unterläßt es aber hinzuzufügen, daß sich diese Situation mit laufenden Kreditrückzahlungen zwangsläufig ändert. Da die bloße Möglichkeit einer künftigen vorzeitigen Kündigung der Versicherungen zur Anpassung an die jeweils aushaftenden Kreditbeträge bei der Erhebung der Steuern für die Streitjahre nicht berücksichtigt werden kann, führt die gewählte Konstruktion dazu, daß im Versicherungsfall die Versicherungszahlungen in dem die aushaftenden Kredite übersteigende Ausmaß außerbetrieblichen Zwecken zufließen. Hinzu kommt im Beschwerdefall, daß beim Abschluß der Versicherungsverträge insofern unbestrittenermaßen auch ein persönliches Gefahrenmoment (prämienwirksam) berücksichtigt worden ist, als der Beschwerdeführer (damals) als Privatpilot tätig war. Daß er danach die Sportfliegerei seit einiger Zeit nicht mehr ausgeübt hat, ändert am versicherten Risiko und an den Prämien nichts.

Da somit insgesamt nicht davon die Rede sein kann, die Verfolgung privater Zwecke bei der Lebensversicherung des Beschwerdeführers sei ausgeschlossen oder unbedeutend, haftet dem angefochtenen Bescheid auch in diesem Punkt die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes nicht an.

Auf Grund des Gesagten mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden. Da die maßgebenden Rechtsfragen bereits durch die bisherige Rechtsprechung klargestellt sind, konnte die Entscheidung gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat getroffen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993150110.X00

Im RIS seit

30.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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