TE Bvwg Erkenntnis 2024/5/29 W239 2279446-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.05.2024
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Entscheidungsdatum

29.05.2024

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5 Satz1
B-VG Art133 Abs4
FPG §61
  1. BFA-VG § 21 heute
  2. BFA-VG § 21 gültig von 01.06.2018 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  3. BFA-VG § 21 gültig ab 01.06.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. BFA-VG § 21 gültig von 01.11.2017 bis 31.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  5. BFA-VG § 21 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  6. BFA-VG § 21 gültig von 20.07.2015 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  7. BFA-VG § 21 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  8. BFA-VG § 21 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. FPG § 61 heute
  2. FPG § 61 gültig ab 01.10.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 106/2022
  3. FPG § 61 gültig von 01.06.2016 bis 30.09.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 24/2016
  4. FPG § 61 gültig von 20.07.2015 bis 31.05.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  5. FPG § 61 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  6. FPG § 61 gültig von 01.07.2011 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011
  7. FPG § 61 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2011

Spruch


W239 2279446-1/7E

Im Namen der Republik!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Theresa BAUMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.09.2023, Zl. XXXX , zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Theresa BAUMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch XXXX , geb. römisch XXXX , StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.09.2023, Zl. römisch XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 21 Abs. 5 erster Satz BFA-VG wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheids rechtmäßig war.Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 5, AsylG 2005 und Paragraph 61, FPG als unbegründet abgewiesen. Gemäß Paragraph 21, Absatz 5, erster Satz BFA-VG wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheids rechtmäßig war.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste illegal nach Österreich ein und stellte hier am 12.08.2023 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Zu seiner Person liegen zu Bulgarien folgende EURODAC-Treffer vor.

-        EURODAC-Treffer der Kategorie 2 vom 13.07.2023

-        EURODAC-Treffer der Kategorie 1 (Asylantragstellung) vom 27.07.2023

2. Im Rahmen seiner Erstbefragung am 13.08.2023 gab der Beschwerdeführer vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu seinen familiären Umständen an, sein Vater sowie seine Mutter seien verstorben. Darüber hinaus habe er zwei Brüder, wobei einer verstorben sei, und zwei Schwestern. Der Beschwerdeführer sei verheiratet und habe einen Sohn sowie sechs Töchter. Alle Angehörigen würden in Syrien leben. In Österreich oder einem andern EU-Staat habe der Beschwerdeführer keine Familienangehörigen mit Status. Der Beschwerdeführer verneinte die Frage, ob er an Beschwerden oder Krankheiten leide, die ihn an der Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen würden.

Den Entschluss zur Ausreise aus seinem Herkunftsstaat habe der Beschwerdeführer vor etwa drei Monaten gefasst. Sein Ziel sei eigentlich Deutschland gewesen, weil dies ein gutes Land sei. Er sei vor drei Monaten illegal in die Türkei gereist und habe sich dort 17 Tage lang aufgehalten. Anschließend sei er 25 Tage in Bulgarien gewesen und von dort über Serbien, wo er sich 14 Tage lang aufgehalten habe, und Ungarn bis nach Österreich gelangt. In Bulgarien sei er erkennungsdienstlich behandelt worden. Um Asyl habe er dort nicht angesucht. Des Weiteren erstattete der Beschwerdeführer ein Vorbringen zu seinen Fluchtgründen.

3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) richtete am 22.08.2023 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Bulgarien.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) richtete am 22.08.2023 ein auf Artikel 18, Absatz eins, Litera b, der Verordnung Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Bulgarien.

Mit Schreiben vom 25.08.2023 stimmte Bulgarien der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO ausdrücklich zu.Mit Schreiben vom 25.08.2023 stimmte Bulgarien der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Artikel 18, Absatz eins, Litera b, Dublin-III-VO ausdrücklich zu.

4. Am 21.09.2023 wurde der Beschwerdeführer vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er zu Beginn an, er sehe sich psychisch und physisch dazu in der Lage, der Einvernahme zu folgen. Er habe im Zuge der Erstbefragung die Wahrheit gesagt.

Zur Frage, ob er in Österreich oder im Bereich der EU Verwandte habe, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung bestehe, erklärte er: „Mein Cousin und ein weiterer Cousin in Deutschland.“ Die Nachfrage, ob zu den Cousins in irgendeiner Form ein Abhängigkeitsverhältnis bestehe, verneinte der Beschwerdeführer. Der Beschwerdeführer sei zum ersten Mal in Österreich. Einen besonderen Bezug zu Österreich habe er nicht; ihm sei lediglich erzählt worden, dass die Leute hier nett und freundlich seien. Es sei am besten, hierher zu komme.

Zur geplanten Vorgehensweise, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen und ihn aufgrund der vorliegenden Zustimmung Bulgariens dorthin außer Landes zu bringen, entgegnete der Beschwerdeführer, er sei dort extrem schlecht behandelt und auch geschlagen worden. Im Protokoll wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer seinen Oberkörper entblößte und weinte. Weiter nachgefragt, erklärte er, dass er in Bulgarien 16 Tage in einem geschlossenen Camp und danach fünf Tage in einem offenen Camp gewesen sei. Er wolle hier in Österreich bleiben, da er sich hier sicher fühle.

5. Der Beschwerdeführer legte seine Klientenkarte vor, die in Kopie zum Akt genommen wurde. Auszugsweise ergibt sich daraus Folgendes: Der Beschwerdeführer wurde am 14.08.2023, am 16.08.2023 und am 06.09.2023 untersucht. In der Dokumentation zum 14.08.2023 wurde eine „Schussverletzung mit operativer Projektil-Entfernung, rechte Schulter, vor fünf Jahren, seither immer elektrisierender Schmerz entlang des Arms rechts“ sowie eine „Bombenverletzung rechte UE, mehrere kleinste Bombensplitter noch im Weichteil“ festgehalten. Dazu wurde dem Beschwerdeführer ein Schmerzmittel („Diclofenac 50mg bis 2x1 tgl.“) mitgegeben. In der Dokumentation zum 16.08.2023 wurde festgehalten: „Narbe rechts parietal mit großem Hautdefekt (verschlossen), eine Narbe rechtes Schulterblatt circa 15cm lang und eine Narbe mit circa 1cm Tiefe ebenfalls in der rechten Schulterregion, rechter Zeigefinger und Daumen gefühllos.“ Dazu wurde dem Beschwerdeführer ebenfalls ein Schmerzmittel („Seractil 400mg 3x1 bei Schmerzen“) mitgegeben und eine Überweisung Orthopädie wegen Schmerzen in der Schulterregion bzw. am Rücken veranlasst. In der Dokumentation zum 06.09.2023 heißt es auszugsweise: „Schulterblatt links ältere punktförmige Narbe von einem Projektil (2018 in Syrien entfernt); Schulterelevation rechts nicht möglich, teils schmerzbedingt, (…) aktenanamnetisch noch Bombensplitter im linken Kniebereich; (…) keine Dauermedikation, keine Medikamentenallergie bekannt“. Es wurde eine Zuweisung zu einem Schädel-CT und zum Röntgen des Thorax und der rechten Schulter veranlasst. Zudem heißt es in der Dokumentation vom selben Tag zusätzlich unter anderem: „Vor zwei Monaten Schläge auf den Kopf bekommen in Bulgarien; seither deutlich eingeschränktes Kurzzeitgedächtnis; auch seien die Wunden am Kopf sehr schlecht verheilt, noch immer Kruste temporal rechts sichtbar; keine Infektzeichen, (…) am Rücken große, ältere, bereits pigmentierte Narbe querverlaufend, beim Schulterblatt links ältere punktförmige Narbe.“

Außerdem findet sich im Akt ein klinisch-psychologischer Kurzbericht vom 06.09.2023, dem sich entnehmen lässt, dass der Beschwerdeführer zu wöchentlichen klinisch-psychologischen Settings in der Betreuungseinrichtung des Bundes kommt und das Gespräch auf Englisch-Arabisch mit Hilfe von einem Dolmetscher durchgeführt wird. In der Verhaltensbeobachtung heißt es unter anderem: „Auf Grund von den beschriebenen Gedächtnisbeschwerden wurde ein Gedächtnisspanne-Test durchgeführt, welcher ein auffälliges Ergebnis ergab, da der Klient nur drei Elemente gleichzeitig im Kopf behalten konnte (Durchschnitt ist zwischen sechs und acht Elementen für Erwachsene). Diese Auffälligkeit könnte eine Folge von entweder traumabedingten Konzentrationsschwierigkeiten oder Gehirnschäden (oder beidem) sein.“

6. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid des BFA vom 21.09.2023 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Bulgarien gemäß Art. 18 Abs. 1 Dublin-III-VO für die Prüfung seines Antrags auf internationalen Schutz zuständig sei (Spruchpunkt I.). Zudem wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Bulgarien zulässig sei (Spruchpunkt II.).6. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid des BFA vom 21.09.2023 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß Paragraph 5, Absatz eins, AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Bulgarien gemäß Artikel 18, Absatz eins, Dublin-III-VO für die Prüfung seines Antrags auf internationalen Schutz zuständig sei (Spruchpunkt römisch eins.). Zudem wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß Paragraph 61, Absatz eins, Ziffer eins, FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß Paragraph 61, Absatz 2, FPG seine Abschiebung nach Bulgarien zulässig sei (Spruchpunkt römisch II.).

Zur Lage in Bulgarien traf das BFA Feststellungen anhand der Länderinformation der Staatendokumentation zu Bulgarien aus dem COI-CMS (Stand 21.08.2023); diese liegen mittlerweile in einer aktualisierten Version vor (Stand 29.09.2023).

Begründend führte das BFA aus, dass Bulgarien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO für die inhaltliche Prüfung des gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig sei. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 sei nicht erschüttert worden. Festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer an keiner schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheit leide. Berücksichtigungswürdigen privaten oder familiären Bezug in Österreich habe er nicht. Die Überstellung des Beschwerdeführers nach Bulgarien verletze weder Art. 3 EMRK noch Art. 8 EMRK.Begründend führte das BFA aus, dass Bulgarien gemäß Artikel 18, Absatz eins, Litera b, Dublin-III-VO für die inhaltliche Prüfung des gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig sei. Die Regelvermutung des Paragraph 5, Absatz 3, AsylG 2005 sei nicht erschüttert worden. Festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer an keiner schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheit leide. Berücksichtigungswürdigen privaten oder familiären Bezug in Österreich habe er nicht. Die Überstellung des Beschwerdeführers nach Bulgarien verletze weder Artikel 3, EMRK noch Artikel 8, EMRK.

7. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine Vertretung, die BBU GmbH, am 10.10.2023 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und regte gleichzeitig an, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt.

Zusammengefasst vorgebracht wurde, dass das Ermittlungsverfahren mangelhaft gewesen sei. Auch die Beweiswürdigung sei mangelhaft und die rechtliche Beurteilung unrichtig. Der Beschwerdeführer sei von den bulgarischen Sicherheitsbehörden schwer misshandelt worden. Wunden am Kopf seien noch bei seiner Ankunft in Österreich sichtbar gewesen. In Österreich werde der Beschwerdeführer nunmehr psychologisch betreut und gebe es Hinweise auf eine gravierende Traumatisierung. In diesem Zusammenhang wurde die Einholung eines fachärztlichen Gutachtens hinsichtlich behandlungsbedürftiger psychischer Erkrankungen beantragt. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in Bulgarien eine entsprechende Behandlung erhalten werde. Die Mängel im bulgarischen Asylsystem seien struktureller Natur. Das BFA habe sich mit den (auch) vom Beschwerdeführer geschilderten Problemen nicht ausreichend auseinandergesetzt. Aufgrund aktueller Länderberichte hätte das BFA zur Einsicht gelangen müssen, dass der Beschwerdeführer in Bulgarien mit hinreichender Wahrscheinlichkeit (abermals) Opfer von Gewalt werden würde. So würde etwa die schweizerische Flüchtlingshilfe von staatlich geduldeter Gewalt seitens der Polizei berichten. Die Länderberichte würden zudem zeigen, dass schwere Gewalt bei Asylsuchenden sogar staatlich gewollt sei. Folgeantragsteller wie der Beschwerdeführer würden zudem keinerlei Versorgung erhalten. Bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens hätte das BFA zu dem Ergebnis kommen müssen, dass eine Verletzung von Art. 2 undArt. 3 EMRK bzw. Art. 8 EMRK nicht ausgeschlossen werden könne und hätte zwingend des Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Dublin-III-VO ausüben müssen.Zusammengefasst vorgebracht wurde, dass das Ermittlungsverfahren mangelhaft gewesen sei. Auch die Beweiswürdigung sei mangelhaft und die rechtliche Beurteilung unrichtig. Der Beschwerdeführer sei von den bulgarischen Sicherheitsbehörden schwer misshandelt worden. Wunden am Kopf seien noch bei seiner Ankunft in Österreich sichtbar gewesen. In Österreich werde der Beschwerdeführer nunmehr psychologisch betreut und gebe es Hinweise auf eine gravierende Traumatisierung. In diesem Zusammenhang wurde die Einholung eines fachärztlichen Gutachtens hinsichtlich behandlungsbedürftiger psychischer Erkrankungen beantragt. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in Bulgarien eine entsprechende Behandlung erhalten werde. Die Mängel im bulgarischen Asylsystem seien struktureller Natur. Das BFA habe sich mit den (auch) vom Beschwerdeführer geschilderten Problemen nicht ausreichend auseinandergesetzt. Aufgrund aktueller Länderberichte hätte das BFA zur Einsicht gelangen müssen, dass der Beschwerdeführer in Bulgarien mit hinreichender Wahrscheinlichkeit (abermals) Opfer von Gewalt werden würde. So würde etwa die schweizerische Flüchtlingshilfe von staatlich geduldeter Gewalt seitens der Polizei berichten. Die Länderberichte würden zudem zeigen, dass schwere Gewalt bei Asylsuchenden sogar staatlich gewollt sei. Folgeantragsteller wie der Beschwerdeführer würden zudem keinerlei Versorgung erhalten. Bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens hätte das BFA zu dem Ergebnis kommen müssen, dass eine Verletzung von Artikel 2, undArt. 3 EMRK bzw. Artikel 8, EMRK nicht ausgeschlossen werden könne und hätte zwingend des Selbsteintrittsrecht nach Artikel 17, Dublin-III-VO ausüben müssen.

Mit der Beschwerde wurde zusätzlich zu den bereits vorgelegten Unterlagen (Klientenkarte und klinisch-psychologischer Kurzbericht) ein ambulanter Arztbrief eines näher bezeichneten Landesklinikums vom 21.08.2023 in Vorlage gebracht; diesem ist als Diagnose zu entnehmen: „Offene Wunde der behaarten Kopfhaut“.

8. Die Beschwerdevorlage an das Bundesverwaltungsgericht erfolgte am 12.10.2023.

9. Mit Stellungnahme vom 05.12.2023 (OZ 5) brachte der Beschwerdeführer drei Lichtbilder in Vorlage, die kurz nach seiner Ankunft in Österreich aufgenommen worden seien. Diese würden Verletzungen zeigen, die dem Beschwerdeführer in Bulgarien zugefügt worden seien. Zudem wurde vorgebracht, dass die Berichte über Pushbacks in Bulgarien nicht abreißen würden. In dieser Hinsicht sei Bulgarien ein „blinder Fleck“ in der EU. Die Situation im Aufnahmezentrum Harmanli sei prekär und es gebe auch Berichte über Todesfälle entlang der Grenze geben.

10. Der Beschwerdeführer wurde am 10.01.2024 nach Bulgarien überstellt (OZ 6).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte im österreichischen Bundesgebiet am 12.08.2023 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Zuvor war er aus einem Drittstaat (Türkei) kommend illegal in Bulgarien eingereist und hatte dort am 27.07.2023 um internationalen Schutz angesucht. Der Beschwerdeführer hat das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht für mindestens drei Monate verlassen.

Das BFA richtete am 22.08.2023 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Bulgarien, welchem Bulgarien mit Schreiben vom 25.08.2023 gemäß dieser Bestimmung ausdrücklich zustimmte.Das BFA richtete am 22.08.2023 ein auf Artikel 18, Absatz eins, Litera b, Dublin-III-VO gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Bulgarien, welchem Bulgarien mit Schreiben vom 25.08.2023 gemäß dieser Bestimmung ausdrücklich zustimmte.

Am 10.01.2024 wurde der Beschwerdeführer nach Bulgarien überstellt.

Anhand der aktuellsten Version der Länderfeststellungen der Staatendokumentation zu Bulgarien (Stand: 29.09.2023) werden folgende Feststellungen getroffen (unkorrigiert):

Allgemeines zum Asylverfahren

Zuständig für das erstinstanzliche Asylverfahren (Registrierung und Bearbeitung der Anträge, Unterbringung der Asylwerber, Dublin-Verfahren und COI) ist die Staatliche Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat (State Agency for Refugees with the Council of Ministers, SAREF) (SAREF 2023).

Für fremdenpolizeiliche Belange (u. a. legale Migration, permanente Aufenthaltsgenehmigung, Staatenlose, Staatsbürgerschaftsvergabe, Aufenthalt zur Arbeitsaufnahme, Bekämpfung der illegalen Migration, Kontrolle des legalen Aufenthalts im Inland, Identifizierung, Zwangsmaßnahmen, Rückkehrverfahren) ist die Direktion Migration (MD) des Innenministeriums zuständig. Auch Rückkehrentscheidungen werden nicht durch SAREF getroffen, sondern durch MD, Direktion der nationalen Polizei oder Direktion der Grenzpolizei (BFA/Staatendokumentation 18.4.2023).

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA 3.2023).

(…)

Das reguläre Verfahren beginnt mit dem Asylantrag, entweder bei SAREF direkt (Registrierung des Antrags innerhalb von 3 Tagen) oder vor einer anderen Behörde (Registrierung des Antrags innerhalb von 6 Tagen). Nach der Registrierung wird der Antragsteller eine Befragung unterzogen. Die Entscheidung soll binnen 6 Monaten erfolgen. Die Rechtsmittelfrist beträgt 14 Tage und es gibt 2 Beschwerdeinstanzen. Im beschleunigten Verfahren werden offensichtlich unbegründete Asylanträge behandelt. Eine Entscheidung soll binnen 14 Tagen ab Registrierung erfolgen. Die Rechtsmittelfrist beträgt 7 Tage. Ein Folgeantrag wird zuerst binnen 14 Tagen auf Zulässigkeit geprüft. Die Rechtsmittelfrist beträgt auch hier 7 Tage (SAREF 2023). Die instabile politische Lage und ein Wechsel an der Spitze von SAREF im Jahr 2022 haben bei vielen Verfahren zu monatelangen Verzögerungen geführt, von denen die meisten syrischen Antragsteller betrafen (AIDA 3.2023).

Ablauf des regulären Verfahrens (Kurzdarstellung):

(…)

Ablauf des beschleunigten Verfahrens (Kurzdarstellung):

(…)

Laut bulgarischer Gesetzgebung wird das beschleunigte Verfahren nur durchgeführt, wenn die im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen (Art. 13, Abs. 1 Asyl- und Flüchtlingsgesetz) erfüllt sind (der Antrag ist kein Antrag auf internationalen Schutz; die vorgebrachten Gründe sind nicht ausreichend; es wird versucht, die Behörde betreffend Fluchtgeschichte, Identität oder Schutzbedarf zu täuschen; es wird versucht, durch den Asylantrag z.B. eine Außerlandesbringung zu verhindern; es fehlt der Bedarf für internationalen Schutz wegen der ruhigen Lage im Herkunfts- oder Drittstaat). Das Gesetz erfordert, dass im beschleunigten Verfahren im Voraus festzustellen ist, dass keine Gründe für die Zuerkennung eines Schutztitels vorliegen, bevor er als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden kann. Es ist unzulässig, die Ablehnung des Antrags im beschleunigten Verfahren nur auf einen spezifischen Grund zu stützen. Es ist verpflichtend, dass die Behörde den Antrag, im Kontext der allgemeinen Grundlagen für die Gewährung einer der beiden Formen des internationalen Schutzes, geprüft hat und ihre Notwendigkeit grundsätzlich ablehnt. Im Rahmen des beschleunigten Verfahrens gelten sämtliche Verfahrensgarantien. Dennoch ist es auf unbegleitete Minderjährige nicht anwendbar. Für die Unterbringung gelten laut Auskunft von SAREF auch im beschleunigten Verfahren die üblichen gesetzlichen Bestimmungen (VB 7.8.2023).Laut bulgarischer Gesetzgebung wird das beschleunigte Verfahren nur durchgeführt, wenn die im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen (Artikel 13,, Absatz eins, Asyl- und Flüchtlingsgesetz) erfüllt sind (der Antrag ist kein Antrag auf internationalen Schutz; die vorgebrachten Gründe sind nicht ausreichend; es wird versucht, die Behörde betreffend Fluchtgeschichte, Identität oder Schutzbedarf zu täuschen; es wird versucht, durch den Asylantrag z.B. eine Außerlandesbringung zu verhindern; es fehlt der Bedarf für internationalen Schutz wegen der ruhigen Lage im Herkunfts- oder Drittstaat). Das Gesetz erfordert, dass im beschleunigten Verfahren im Voraus festzustellen ist, dass keine Gründe für die Zuerkennung eines Schutztitels vorliegen, bevor er als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden kann. Es ist unzulässig, die Ablehnung des Antrags im beschleunigten Verfahren nur auf einen spezifischen Grund zu stützen. Es ist verpflichtend, dass die Behörde den Antrag, im Kontext der allgemeinen Grundlagen für die Gewährung einer der beiden Formen des internationalen Schutzes, geprüft hat und ihre Notwendigkeit grundsätzlich ablehnt. Im Rahmen des beschleunigten Verfahrens gelten sämtliche Verfahrensgarantien. Dennoch ist es auf unbegleitete Minderjährige nicht anwendbar. Für die Unterbringung gelten laut Auskunft von SAREF auch im beschleunigten Verfahren die üblichen gesetzlichen Bestimmungen (VB 7.8.2023).

Laut Asyl – und Flüchtlingsgesetz (Art. 23 Abs. 2) haben Personen, die in Bulgarien internationalen Schutz suchen, Anspruch auf den Erhalt von Rechtshilfe gemäß geltendem Rechtshilfegesetz, das in Art. 22 Abs. 2 vorsieht, dass Personen, die internationalen Schutz suchen oder diesen bereits erhalten haben oder aber Fremde, die temporären Schutz genießen, Anspruch auf kostenlose Rechtshilfe betreffend Beratung und Vorbereitung vor einem Verfahren, sowie betreffend Vertretung in außergerichtlichen Verfahren (Vertretung im Verwaltungsstrafverfahren, im Verfahren über die Ausstellung eines individuellen Verwaltungsaktes, im Verfahren über die Anfechtung eines individuellen Verwaltungsaktes, im Schiedsgerichtsverfahren und im Mediationsverfahren) haben. In Art. 29 Abs. 1 des Asyl – und Flüchtlingsgesetzes wird festgehalten, dass im Verfahren der Fremde das Recht auf einen Übersetzer oder Dolmetscher hat (VB 16.9.2023). Laut Asyl – und Flüchtlingsgesetz (Artikel 23, Absatz 2,) haben Personen, die in Bulgarien internationalen Schutz suchen, Anspruch auf den Erhalt von Rechtshilfe gemäß geltendem Rechtshilfegesetz, das in Artikel 22, Absatz 2, vorsieht, dass Personen, die internationalen Schutz suchen oder diesen bereits erhalten haben oder aber Fremde, die temporären Schutz genießen, Anspruch auf kostenlose Rechtshilfe betreffend Beratung und Vorbereitung vor einem Verfahren, sowie betreffend Vertretung in außergerichtlichen Verfahren (Vertretung im Verwaltungsstrafverfahren, im Verfahren über die Ausstellung eines individuellen Verwaltungsaktes, im Verfahren über die Anfechtung eines individuellen Verwaltungsaktes, im Schiedsgerichtsverfahren und im Mediationsverfahren) haben. In Artikel 29, Absatz eins, des Asyl – und Flüchtlingsgesetzes wird festgehalten, dass im Verfahren der Fremde das Recht auf einen Übersetzer oder Dolmetscher hat (VB 16.9.2023).

Gemäß den Bestimmungen des Art. 67 Abs. 1, Asyl – und Flüchtlingsgesetz, werden die administrativen Zwangsmaßnahmen Entziehung des Aufenthaltsrechts, Rückkehr, Ausweisung und Einreiseverbot bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens nicht vollstreckt. Laut Art. 2 werden die administrativen Zwangsmaßnahmen nach Abs. 1 aufgehoben, wenn dem Fremden Asyl oder internationaler Schutz gewährt wurde. Abs. 3 sieht vor, dass Absatz 1 und Absatz 2 nicht angewendet werden, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass der Schutzsuchende oder Schutzberechtigte eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellt oder schon einmal rechtskräftig wegen der Begehung eines schweren Verbrechens verurteilt wurde, welches eine Gefahr für die Gesellschaft darstellt. Laut Auskunft der bulgarischen Asylbehörde SAREF wird daher, unter Bedachtnahme auf das Obige, bei einem Asylverfahren die bereits verhängte administrative Maßnahme Rückkehr bis zur Beendigung des Verfahrens mit einem rechtskräftigen Bescheid nicht vollstreckt. Das gilt auch für das beschleunigte Verfahren (VB 16.9.2023).Gemäß den Bestimmungen des Artikel 67, Absatz eins,, Asyl – und Flüchtlingsgesetz, werden die administrativen Zwangsmaßnahmen Entziehung des Aufenthaltsrechts, Rückkehr, Ausweisung und Einreiseverbot bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens nicht vollstreckt. Laut Artikel 2, werden die administrativen Zwangsmaßnahmen nach Absatz eins, aufgehoben, wenn dem Fremden Asyl oder internationaler Schutz gewährt wurde. Absatz 3, sieht vor, dass Absatz 1 und Absatz 2 nicht angewendet werden, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass der Schutzsuchende oder Schutzberechtigte eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellt oder schon einmal rechtskräftig wegen der Begehung eines schweren Verbrechens verurteilt wurde, welches eine Gefahr für die Gesellschaft darstellt. Laut Auskunft der bulgarischen Asylbehörde SAREF wird daher, unter Bedachtnahme auf das Obige, bei einem Asylverfahren die bereits verhängte administrative Maßnahme Rückkehr bis zur Beendigung des Verfahrens mit einem rechtskräftigen Bescheid nicht vollstreckt. Das gilt auch für das beschleunigte Verfahren (VB 16.9.2023).

Bulgarien kennt folgende Schutzformen: Asyl (ist ein politisch durch den Präsidenten vergebener Schutztitel), internationaler Schutz (1. Flüchtlingsstatus und 2. subsidiärer Schutz) und temporärer Schutz (wird durch den Ministerrat bei außergewöhnlichen Ereignissen vergeben). 2022 gab es in Bulgarien 20.407 Asylanträge (16 % unbegleitete Minderjährige; Syrien: 8.598, Afghanistan: 7.164, Marokko: 1.721, Ukraine: 1.313, Irak: 656) und 4.373 positive Entscheidungen, 444 negative Entscheidungen, 14.474 beendete Verfahren (terminated) (SAREF 2023).

Der Trend, sich dem Verfahren zu entziehen, ist immer noch feststellbar. In diesem Fall ergeht eine Entscheidung in Abwesenheit. Alle anderen erhalten die Entscheidung persönlich. Viele legen ein Rechtsmittel ein. Im letzteren Fall bleiben sie im Zentrum. Erst wenn eine abschließende Entscheidung vorliegt, werden sie der Direktion Migration zur Schubhaft übergeben (BFA/Staatendokumentation 19.4.2023). 2022 haben sich 46 % der Antragsteller (14.474 von 31.592) dem Verfahren entzogen. Dies war ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu 26 % im Jahr 2021 und 39 % im Jahr 2020, aber immer noch niedriger als 83 % im Jahr 2019 (AIDA 3.2023).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (3.2023): Bulgarian Helsinki Committee (BHC, Autor) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE, Veröffentlicher): Country Report: Bulgaria; 2022

- Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/03/AIDA-BG_2022update.pdf, Zugriff 16.5.2023

- BFA/Staatendokumentation [Österreich] (18.4.2023): Protokoll Study Visit Bulgarien 13.-15.3.2023

- BMI - Bundesministerium für Inneres [Österreich] (28.4.2023): Bericht zum Study Visit Bulgarien 13.-15.3.2023, per E-Mail

- SAREF - State Agency for Refugees [Bulgarien] (2023): Präsentation: General Overview of the Bulgarian Asylum System (präsentiert im Zuge des Study Visit Bulgarien 13.-15.3.2023 von BMI und BFA), per E-Mail

- VB - Verbindungsbeamter des BMI für Bulgarien [Österreich] (7.8.2023): Auskunft Staatliche Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat (SAREF) [Asylbehörde, Bulgarien]; Arbeitsübersetzung des VB-Büros, sowie vom BFA beauftragte Übersetzung des Gerichtsdolmetschers, per E-Mail

- VB - Verbindungsbeamter des BMI für Bulgarien [Österreich] (16.9.2023): Auskunft Staatliche Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat (SAREF) [Asylbehörde, Bulgarien]; vom BFA beauftragte Übersetzung des Gerichtsdolmetschers, per E-Mail

Dublin-Rückkehrer

Wenn bei einem Dublin-Rückkehrer der Antrag beendet (terminated) oder inhaltlich abgelehnt (rejected) und in Abwesenheit zugestellt wurde, wird er bei Rückkehr nach Bulgarien als irregulärer Migrant betrachtet. Im Falle einer Beendigung kann er eine Wiedereröffnung seines Verfahrens beantragen. Wenn der Antrag des Rückkehrers inhaltlich abgelehnt wurde und eine Zustellung der Entscheidung in Abwesenheit erfolgt ist, wird der Dublin-Rückkehrer jedenfalls festgenommen. Er kann dann einen neuen Asylantrag stellen, welcher als Folgeantrag gilt und dessen Zulässigkeit SAREF entscheiden muss (BFA/Staatendokumentation 18.4.2023).

Das Asyl- und Flüchtlingsgesetz (Law on Asylum and Refugees; LAR) legt keine Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Staates fest, sondern verweist lediglich auf die Kriterien, die in der Dublin-Verordnung aufgeführt sind (AIDA 2.2022).

Dublin-Rückkehrer aus anderen Mitgliedstaaten werden prinzipiell am Zugang zum bulgarischen Hoheitsgebiet nicht gehindert (AIDA 3.2023). Vor der Ankunft der Dublin-Rückkehrer informiert SAREF die Grenzpolizei über die erwartete Ankunft und gibt an, ob der Überstellte in ein Aufnahmezentrum oder in eine Schubhafteinrichtung überstellt werden soll. Diese Entscheidung hängt davon ab, in welcher Phase sich das Asylverfahren des Dublin-Rückkehrers befindet (AIDA 3.2023; vgl. BFA/Staatendokumentation 18.4.2023). (Siehe dazu auch das Kap. Versorgung/Dublin-Rückkehrer, Anm.)Dublin-Rückkehrer aus anderen Mitgliedstaaten werden prinzipiell am Zugang zum bulgarischen Hoheitsgebiet nicht gehindert (AIDA 3.2023). Vor der Ankunft der Dublin-Rückkehrer informiert SAREF die Grenzpolizei über die erwartete Ankunft und gibt an, ob der Überstellte in ein Aufnahmezentrum oder in eine Schubhafteinrichtung überstellt werden soll. Diese Entscheidung hängt davon ab, in welcher Phase sich das Asylverfahren des Dublin-Rückkehrers befindet (AIDA 3.2023; vergleiche BFA/Staatendokumentation 18.4.2023). (Siehe dazu auch das Kap. Versorgung/Dublin-Rückkehrer, Anm.)

Die Zahl der Dublin-Anfragen an Bulgarien hat sich 2022 erhöht, der Prozentsatz der tatsächlich durchgeführten Überstellungen ist aber gering:

(…)

Die Staaten vertraten 2021 unterschiedliche Standpunkte zu Überstellungen nach Bulgarien. In einigen Staaten, wie Rumänien und den Niederlanden, sind sowohl die Behörden als auch die Richter, die über Rechtsmittel entscheiden, der Meinung, dass Überstellungen stattfinden können. Im Gegensatz dazu treffen die belgischen Behörden keine Überstellungsentscheidungen nach Bulgarien und führen sie auch nicht aus. Die französischen Behörden haben die Zahl der Überstellungsanträge nach Bulgarien stark erhöht und sogar eine Überstellung von vier afghanischen Staatsangehörigen inmitten eines Berufungsverfahrens vollzogen. Obwohl einige Verwaltungsgerichte argumentieren, dass es in Bulgarien systembedingte Mängel gibt, insbesondere für Afghanen angesichts der sehr niedrigen Asylanerkennungsquote, werden solche Entscheidungen häufig von den Verwaltungsberufungsgerichten gekippt. In Italien haben Richter sowohl in Turin als auch in Rom entschieden, dass in Bulgarien ein reales Risiko unmenschlicher und erniedrigender Behandlung besteht, und zwar aufgrund von Mängeln im nationalen Asylsystem, wie z.B. die zwangsweise Einreiseverweigerung, niedrige Asylanerkennungsquoten und gravierende Mängel bei den Aufnahme- und Unterstützungsdiensten. Die österreichische Rechtsprechung ist uneinheitlicher: Obwohl eine Überstellung für besonders schutzbedürftige Antragsteller insbesondere wegen der Lebensbedingungen in Bulgarien und der realen Gefahr extremer materieller Härten gerichtlich abgelehnt wurde, bestätigte dasselbe Gericht weniger als zwei Monate später die Überstellung eines alleinstehenden erwachsenen Mannes und vertrat die Auffassung, dass das bulgarische Asylsystem zwar verbesserungswürdig sei, aber dem EU-Recht entspreche (ECRE 9.2022).

Im Jahr 2022 haben die Gerichte in Dublin-Staaten sowie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte weiterhin die Aussetzung von Dublin-Überstellungen nach Bulgarien in Bezug auf bestimmte Kategorien von Asylwerbern, aufgrund schlechter materieller Bedingungen und des Mangels an angemessenen Garantien für die Rechte der betroffenen Personen, angeordnet. In Deutschland vertrat das Verwaltungsgericht Ansbach die Auffassung, dass die Bedingungen, die Dublin-Überstellte in Bulgarien erwarten, keine systembedingten Schwächen aufweisen. Das Gericht setzte jedoch die Überstellung aus. Das Verwaltungsgericht Köln stellte fest, dass die Gefahr einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung sowohl für Asylwerber als auch für Schutzberechtigte bestehe. In Bezug auf Asylwerber wies das Gericht auf systemische Mängel im gesamten Asylsystem hin, die ein reales Risiko für alle Personen darstellen, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt zu sein. Das Verwaltungsgericht Freiburg hat die Überstellung afghanischer Staatsangehöriger nach Bulgarien aufgrund grundlegender Mängel des Asylverfahrens speziell für afghanische Staatsangehörige (extrem niedrige Anerkennungsquoten, Diskriminierung und Nutzung der Türkei als sicheres Drittland) sowie aufgrund allgemeiner systemischer Mängel aufgehoben. In zwei Fällen aus dem Jahr 2022 stellte das slowenische Verwaltungsgericht fest, dass die Antragsteller angesichts der Aufnahme- und Haftbedingungen im Land, der niedrigen Schutzquoten für Afghanen und Iraker, usw. eine begründete Vermutung für Systemmängel vorgebracht hatten. In der Schweiz wies das Bundesverwaltungsgericht die Fälle von zwei afghanischen Staatsangehörigen, die eine Rückführung von Bulgarien nach Afghanistan befürchteten, an das Staatssekretariat für Migration (SEM) zurück. Obwohl es die Mängel im bulgarischen Asylsystem nicht als systemische Mängel ansah, stellte es fest, dass im Fall der afghanischen Staatsangehörigen nicht absehbar sei, ob die Prüfung des Asylantrags mit ausreichenden Garantien gegen Refoulement geprüft werde. Ähnliches gilt im Fall eines Asylwerbers mit PTSD. Gerichte in allen europäischen Ländern haben jedoch auch 2022 häufig Dublin-Überstellungen nach Bulgarien bestätigt (AIDA 3.2023).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (3.2023): Bulgarian Helsinki Committee (BHC, Autor) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE, Veröffentlicher): Country Report: Bulgaria; 2022 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/03/AIDA-BG_2022update.pdf, Zugriff 16.5.2023

- BFA/Staatendokumentation [Österreich] (18.4.2023): Protokoll Study Visit Bulgarien 13.-15.3.2023

- ECRE – European Council on Refugees and Exiles (9.2022): The implementation of the Dublin III Regulation in 2021, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/09/AIDA_Dublin-Update-2021.pdf, Zugriff 2.5.2023- ECRE – European Council on Refugees and Exiles (9.2022): The implementation of the Dublin römisch III Regulation in 2021, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/09/AIDA_Dublin-Update-2021.pdf, Zugriff 2.5.2023

Non-Refoulement

Die bulgarischen Gesetze definieren ein sicheres Herkunftsland als einen Staat, in dem die etablierte Rechtsstaatlichkeit und deren Einhaltung im Rahmen eines demokratischen Systems der öffentlichen Ordnung keine Verfolgung oder Verfolgungshandlungen zulassen und in dem keine Gefahr von Gewalt in einer Situation eines innerstaatlichen oder internationalen bewaffneten Konflikts besteht. Dieses Konzept ist ein Grund für die Ablehnung eines Antrags als offensichtlich unbegründet im beschleunigten Verfahren. Ein sicherer Drittstaat wird gemäß bulgarischem Gesetz definiert als ein Land, das nicht das Herkunftsland ist, in dem sich der um internationalen Schutz ersuchende Ausländer aufgehalten hat und in dem er keinen Grund hat, aus den Konventionsgründen Verfolgung zu befürchten; wo er gegen die Zurückweisung in das Hoheitsgebiet eines Landes geschützt ist, in dem die Voraussetzungen für Verfolgung und Gefährdung seiner Rechte bestehen (Refoulementschutz); wo ihm keine Verfolgung oder ernsthafter Schaden, wie Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe drohen; wo er die Möglichkeit hat, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu beantragen und in Anspruch zu nehmen; und wo hinreichende Gründe für die Annahme bestehen, dass dem Ausländer der Zugang zum Hoheitsgebiet des betreffenden Staates gestattet wird. Die nationale Gesetzgebung erlaubt die Verwendung des Konzepts des sicheren Herkunftslandes und des sicheren Drittlandes im Asylverfahren. Bislang wurden jedoch keine nationalen Listen sicherer Herkunfts- bzw. Drittstaaten angenommen und angewendet (AIDA 3.2023).

Das Konzept des sicheren Drittstaates wurde erstmals im Jahr 2020 als Unzulässigkeitsgrund eingeführt und wird im beschleunigten Verfahren als Grund für die Ablehnung des Antrags als offensichtlich unbegründet betrachtet. Das Gesetz verlangt derzeit eine detailliertere Untersuchung, damit ein Land im Einzelfall als sicherer Drittstaat eingestuft werden kann, einschließlich der Feststellung, dass es den Antragsteller aufnimmt. Auch kann das Konzept des sicheren Drittstaates nicht als alleiniger Grund dafür herangezogen werden, den Antrag als offensichtlich unbegründet zu betrachten, es sei denn, es besteht eine Verbindung zwischen dem Antragsteller und dem betreffenden Drittstaat, aufgrund derer es für diese Person zumutbar wäre, in diesen Staat zu reisen. Da das Konzept in früheren Jahren in der Praxis kaum angewandt wurde, sind nur begrenzt Erfahrungen vorhanden. Grundsätzlich beziehen sich Ablehnungen auf der Grundlage des Konzeptes des sicheren Drittstaates auf Länder, in denen der Antragsteller vor seiner Ausreise längere Zeit gelebt oder gewohnt hat. Transit oder kurze Aufenthalte in Ländern werden nicht als ausreichend für die Annahme der Drittstaatssicherheit betrachtet (AIDA 3.2023).

Es gibt Berichte, dass Anträge von Staatsangehörigen bestimmter Länder, darunter Afghanistan, Algerien, Bangladesch, Marokko und Tunesien, automatisch abgelehnt werden (AI 27.3.2023).

Betreffend die Frage, ob Asylanträge von Afghanen unter Hinweis auf eine Drittstaatssicherheit der Türkei im beschleunigten Verfahren als offensichtlich unbegründet behandelt werden, beauskunftet die bulgarische Asylbehörde SAREF, dass Bulgarien derzeit keine nationale Liste mit sicheren Herkunfts- und Drittstaaten besitzt. Jeder Antrag für internationalen Schutz wird als individueller Einzelfall im Rahmen eines eingeleiteten Verwaltungsverfahrens behandelt und bei der Entscheidung über einen Asylantrag wird geprüft, ob alle Voraussetzungen für die Drittstaatssicherheit vorliegen. Auch für Dublin-Rückkehrer besteht kein Risiko der Ausweisung und/oder Überstellung in ein Land, in dem die Gefahr eines Verstoßes gegen Art. 3 EMRK besteht (SAREF 26.4.2023). Dies wurde von SAREF gegenüber dem BMI-Verbindungsbeamten erneut bestätigt: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt verfügt die Republik Bulgarien über keine nationale Liste sicherer Herkunfts- und Drittstaaten. Jeder Antrag auf internationalen Schutz wird im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens gemäß den Bestimmungen einzeln, objektiv und unparteiisch geprüft, wobei zunächst die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus geprüft wird. Falls kein Flüchtlingsstatus zuerkannt wird, wird die Notwendigkeit der Zuerkennung des humanitären Statuts behandelt. Ein Ausländer, der in die Republik Bulgarien eingereist ist, um Schutz zu beantragen, oder welcher bereits Schutz erhalten hat, darf nicht in das Hoheitsgebiet eines Landes zurückgeschickt werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, der politischen Überzeugung oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe bedroht ist oder der Gefahr von Folter oder anderen Formen der Grausamkeit, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe ausgesetzt ist (VB 7.8.2023).Betreffend die Frage, ob Asylanträge von Afghanen unter Hinweis auf eine Drittstaatssicherheit der Türkei im beschleunigten Verfahren als offensichtlich unbegründet behandelt werden, beauskunftet die bulgarische Asylbehörde SAREF, dass Bulgarien derzeit keine nationale Liste mit sicheren Herkunfts- und Drittstaaten besitzt. Jeder Antrag für internationalen Schutz wird als individueller Einzelfall im Rahmen eines eingeleiteten Verwaltungsverfahrens behandelt und bei der Entscheidung über einen Asylantrag wird geprüft, ob alle Voraussetzungen für die Drittstaatssicherheit vorliegen. Auch für Dublin-Rückkehrer besteht kein Risiko der Ausweisung und/oder Überstellung in ein Land, in dem die Gefahr eines Verstoßes gegen Artikel 3, EMRK besteht (SAREF 26.4.2023). Dies wurde von SAREF gegenüber dem BMI-Verbindungsbeamten erneut bestätigt: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt verfügt die Republik Bulgarien über keine nationale Liste sicherer Herkunfts- und Drittstaaten. Jeder Antrag auf internationalen Schutz wird im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens gemäß den Bestimmungen einzeln, objektiv und unparteiisch geprüft, wobei zunächst die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus geprüft wird. Falls kein Flüchtlingsstatus zuerkannt wird, wird die Notwendigkeit der Zuerkennung des humanitären Statuts behandelt. Ein Ausländer, der in die Republik Bulgarien eingereist ist, um Schutz zu beantragen, oder welcher bereits Schutz erhalten hat, darf nicht in das Hoheitsgebiet eines Landes zurückgeschickt werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, der politischen Überzeugung oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe bedroht ist oder der Gefahr von Folter oder anderen Formen der Grausamkeit, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe ausgesetzt ist (VB 7.8.2023).

Der BMI-Verbindungbeamte (VB) berichtet, dass von der Türkei keine Drittstaatsangehörigen von Bulgarien übernommen werden. Wie das bulgarische Innenministerium zur Frage, ob afghanische Staatsangehörige in die Türkei rückgeführt werden, beauskunftet, wendet die Türkei die Bestimmungen der Artikel 4 und 6 des Rückübernahmeabkommens EU-Türkei über die Rückübernahme von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen nicht an. Diese Bestimmungen hätten am 1. Oktober 2017 in Kraft treten müssen oder es hätte eine bilaterale Vereinbarung über die Rückübernahme von Drittstaatsangehörigen, die direkt aus der Türkei eingereist sind, getroffen werden müssen. Dafür setzt die türkische Seite mehr Anstrengungen und Ressourcen für die Bekämpfung der illegalen Migration und die Sicherung der gemeinsamen Grenze ein. Was die Rückübernahme illegal aufhältiger türkischer Staatsangehöriger betrifft, so erhält das bulgarische Innenministerium die volle Unterstützung der türkischen Botschaft bei der Identifizierung und Ausstellung von befristeten Reisedokumenten (VB 12.7.2023).

Abgesehen von Syrern lagen die Anerkennungsquoten aller anderen Nationalitäten in Bulgarien in früheren Jahren im Durchschnitt unter 8%, wobei Anträge von Staatsangehörigen aus bestimmten Herkunftsländern wie aus Afghanistan und der Türkei als offensichtlich unbegründet behandelt wurden und extrem niedrige Anerkennungsquoten hatten. Dies änderte sich jedoch mit der Zeit; so lag die Anerkennungsquote für Afghanen 2016 bei 1,5% und 2022 bei 49 % (davon 14% Flüchtlingsstatus, 35% subsidiärer Schutz; 51% Ablehnungen). Im Jahr 2022 waren 35 % aller Antragsteller Afghanen und die Gesamtanerkennungsquote stieg auf 91% aller inhaltlichen Entscheidungen, davon lauteten 89% auf subsidiären (humanitären) Schutz und 2% auf Flüchtlingsstatus, 9% aller inhaltlichen Entscheidungen waren Ablehnungen. Somit wurden im Jahr 2022 von 69 afghanischen Fällen, 20% im beschleunigten Verfahren als offensichtlich unbegründet behandelt (2021 waren das noch 86% gewesen, 2020: 95%). Von den zum Verfahren zugelassenen Afghanen entzogen sich dennoch 95% durch Untertauchen dem Verfahren, bevor sie eine erstinstanzliche Entscheidung erhielten, sodass nur für 0,7% der Afghanen inhaltliche Entscheidungen ergingen (AIDA 3.2023).

SAREF beauskunftet betreffend die Frage nach unterschiedlicher Behandlung afghanischer Antragsteller, dass Bulgarien Vertragspartei aller völkerrechtlichen Instrumente ist, die das internationale Flüchtlingsrecht bilden. Alle in Frage kommenden Dokumente sind in die nationale Gesetzgebung implementiert, und die erstinstanzliche Asylbehörde SAREF handelt gemäß dem geltenden Asyl- und Flüchtlingsgesetz. Die Schutzsuchenden werden weder nach Staatsangehörigkeit noch nach anderen Grundsätzen eingeteilt, sondern es wird stets die gleiche Vorgehensweise angewendet und Antragstellern aller Nationalitäten, Ethnien und Religionen werden die gleichen Bedingungen geboten und die Bedürfnisse aller Schutzsuchenden berücksichtigt und jeder Asylantrag im Einzelfall geprüft (VB 7.8.2023).

IOM Bulgarien konnte keine Informationen finden, dass die bulgarischen Behörden bei Entscheidungen über den Schutzstatus afghanischer Staatsangehöriger auf die Türkei als sicheres Drittland verwiesen hätten (IOM 19.5.2023).

Die Zahl der in Bulgarien ankommenden Migranten steigt in den letzten Jahren wieder. Bei der illegalen Einreise betreten wurden 2020: 510, 2021: 1.386, 2022: 2.298 Personen. Bei der illegalen Ausreise betreten wurden 2020: 924, 2021: 1.097, 2022: 2.337 Personen. Illegal aufhältig betreten wurden 2020: 2.053, 2021: 8.316 und 2022: 12.092 Personen. Das waren insgesamt 2020: 3.487, 2021: 10.799, 2022: 16.767 Personen. Die meisten Migranten kommen über die Türkei und Griechenland. Diese Zunahme soll auch zu einem Anstieg von sogenannten Pushback-Praktiken geführt haben, mit 5.268 angeblichen Pushbacks, von denen 87.647 Personen betroffen gewesen sein sollen. Im Jänner 2023 sprach der bulgarische Innenminister von 160.000 verhinderten Grenzübertritten im Jahr 2022 (AIDA 3.2023).

NGOs berichten von mehreren Fällen, wo die Behörden Pushback-Praktiken gegen Migranten und Asylsuchende anwendeten. Auch UNHCR berichtet von vermehrten Fällen von Pushbacks, inklusive Fälle von Gewalt, Raub und erniedrigenden Praktiken gegen Migranten und Asylsuchende entlang der Grenze zur Türkei. Bis zum 12. Dezember 2022 meldete das bulgarische Innenministerium 162.340 Versuche, irregulär über die Grenze in das Land einzureisen, bei denen die Grenzbehörden 4.585 Personen festnahmen. Die NGO Bulgarian Helsinki Committee verzeichnete in der ersten Jahreshälfte 2022 1.681 Fälle von Rechtsverletzungen im Grenzgebiet mit 23.742 betroffenen Personen (USDOS 20.3.2023).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (3.2023): Bulgarian Helsinki Committee (BHC, Autor) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE, Veröffentlicher): Country Report: Bulgaria; 2022 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/03/AIDA-BG_2022update.pdf, Zugriff 16.5.2023

- AI – Amnesty International (27.3.2023): Amnesty International Report 2022/23. The State of the World’s Human Rights. Bulgaria 2022, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089428.html, Zugriff 2.5.2023

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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