RS Vfgh 2024/6/20 V27/2024

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 20.06.2024
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Index

10/07 Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit

Norm

B-VG Art139 Abs1 Z1
KFG 1967 §48a Abs2, §132 Abs30
VfGG §7 Abs1, §62 Abs2
  1. B-VG Art. 139 heute
  2. B-VG Art. 139 gültig ab 01.01.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2013
  3. B-VG Art. 139 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. B-VG Art. 139 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  5. B-VG Art. 139 gültig von 30.11.1996 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 659/1996
  6. B-VG Art. 139 gültig von 01.01.1991 bis 29.11.1996 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  7. B-VG Art. 139 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 302/1975
  8. B-VG Art. 139 gültig von 21.07.1962 bis 30.06.1976 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 205/1962
  9. B-VG Art. 139 gültig von 19.12.1945 bis 20.07.1962 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  10. B-VG Art. 139 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. KFG 1967 § 48a heute
  2. KFG 1967 § 48a gültig ab 10.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 72/2015
  3. KFG 1967 § 48a gültig von 01.10.2009 bis 09.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 94/2009
  4. KFG 1967 § 48a gültig von 01.09.2009 bis 30.09.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 94/2009
  5. KFG 1967 § 48a gültig von 01.07.2004 bis 31.08.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2004
  6. KFG 1967 § 48a gültig von 28.04.2004 bis 30.06.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2004
  7. KFG 1967 § 48a gültig von 13.08.2003 bis 27.04.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 60/2003
  8. KFG 1967 § 48a gültig von 25.05.2002 bis 12.08.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 80/2002
  9. KFG 1967 § 48a gültig von 01.01.2002 bis 24.05.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 32/2002
  10. KFG 1967 § 48a gültig von 20.08.1997 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 103/1997
  11. KFG 1967 § 48a gültig von 01.01.1989 bis 19.08.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 375/1988
  1. VfGG § 7 heute
  2. VfGG § 7 gültig ab 22.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 16/2020
  3. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 21.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2014
  4. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 92/2014
  5. VfGG § 7 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  6. VfGG § 7 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  7. VfGG § 7 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. VfGG § 7 gültig von 01.10.2002 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 123/2002
  9. VfGG § 7 gültig von 01.01.1991 bis 30.09.2002 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 329/1990
  10. VfGG § 7 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 311/1976

Leitsatz

Zurückweisung eines Gerichtsantrags auf Aufhebung eines Erlasses betreffend anstößige und lächerliche Wunschkennzeichen mangels Verordnungsqualität des Erlasses; keine Änderung oder Beschränkung des gesetzlichen Rahmens sowie keine Einengung des behördlichen Beurteilungsspielraums durch den Erlass; Erlass ist Auslegungshilfe zur Erkennung von Buchstaben- und Ziffernkombinationen rechtsextremer Codes und gewährleistet eine einheitliche Vollziehung

Rechtssatz

Der Antrag des LVwG Steiermark auf Aufhebung des Erlasses des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) vom 23.07.2015, GZ: BMVIT-179.493/0011-IV/ST4/2015, in der Fassung vom 22.12.2016, GZ: BMVIT-179.493/0009-IV/ST1/2016, wird zurückgewiesen.

Es ist nicht erkennbar, dass durch den angefochtenen (auf der Homepage des BMVIT kundgemachten) Erlass die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen (§48a Abs2 litd und §132 Abs30 KFG 1967) in einer gesetzändernden oder gesetzergänzenden Weise ausgelegt werden, indem beispielsweise der Beurteilungsspielraum der Behörde eingeengt wird.

Im angefochtenen Erlass werden zunächst unter Punkt 3. ("Jedenfalls anstößige bzw lächerliche Kombinationen") in einer ausdrücklich nicht als abschließend bezeichneten Aufzählung Buchstaben- bzw Ziffernkombinationen (auch unter Einbeziehung der Behördenbezeichnung) genannt, die "jedenfalls" als anstößig iSd §48a Abs2 litd KFG 1967 anzusehen sind. Es handelt sich dabei überwiegend um Buchstabenkombinationen und Buchstaben-Ziffernkombinationen, die nach den Ausführungen der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie in ihrer Äußerung an den VfGH in rechtsextremen und neonazistischen Kreisen als Codes verwendet werden. Darüber hinaus werden unter Punkt 3.4. des angefochtenen Erlasses "aufgrund der derzeit aktuellen Situation" weitere Buchstabenkombinationen genannt.

Der VfGH hat keinen Zweifel, dass die im angefochtenen Erlass demonstrativ aufgezählten Buchstabenkombinationen bzw Buchstaben-Ziffernkombinationen als anstößig iSd §48a Abs2 litd KFG 1967 zu qualifizieren sind. Bei sämtlichen im Erlass beispielshaft als "anstößig" angesehenen Buchstaben- bzw Ziffernkombinationen handelt es sich - wie Recherchen öffentlich zugänglicher Quellen ergeben - um Codes, die (unter anderem) in rechtsextremen oder neonazistischen Kreisen etwa als Wiederkennungszeichen oder zur Verschlüsselung strafrechtlich verbotener Inhalte verwendet werden. Im Hinblick darauf kann der VfGH nicht erkennen, dass Punkt 3. des angefochtenen Erlasses den Anwendungsbereich von §48a Abs2 litd KFG 1967 in irgendeiner Weise ändert, insbesondere auch nicht den behördlichen Beurteilungsspielraum einengt.

In Bezug auf Punkt 4. ("Übergangsregelung") und Punkt 5. ("Auswirkungen auf Standardkennzeichen") des Erlasses ist für den VfGH ebenso wenig erkennbar, dass dadurch der bestehende gesetzliche Rahmen für die Behörde beschränkt oder geändert wird. Punkt 4. gibt den normativen Gehalt des §132 Abs30 KFG 1967 wieder und Punkt 5. erläutert die praktische Vorgangsweise bei Standardkennzeichen, die lächerliche oder anstößige Buchstabenkombinationen oder Buchstaben-Ziffernkombinationen enthalten.

Hinsichtlich des Punktes 6. im angefochtenen Erlass könnte prima facie der Eindruck erweckt werden, dass diese Anordnung den Rahmen des Gesetzes beschränkt bzw verändert, etwa indem der Beurteilungsspielraum der Behörde eingeengt wird. Nach diesem Punkt dürfen die genannten Buchstaben- und Ziffernkombinationen unabhängig von der Motivation des Antragstellers nicht vergeben werden. Die Anstößigkeit insbesondere für in Punkt 3.3. des Erlasses genannte Buchstaben- und Ziffernkombinationen soll gemäß Punkt 6. unabhängig davon bestehen, ob die gegenständlichen Buchstaben- und Ziffernkombinationen tatsächlich und konkret als rechtsextreme Codes verwendet werden oder ein rechtsextremer Hintergrund oder eine solche Motivation durch den Antragsteller besteht oder Hinweise dahingehend vorhanden sind.

Bei näherer Betrachtung erweist sich, dass auch dieser Punkt des angefochtenen Erlasses die Regelung des §48a Abs2 litd KFG 1967 nicht verändert, insbesondere auch nicht den behördlichen Beurteilungsspielraum einengt. Eine teleologische Auslegung dieser Gesetzesbestimmung führt nämlich - selbst wenn es Punkt 6. des angefochtenen Erlasses nicht gäbe - zum Ergebnis, dass es bei der Zuweisung oder Reservierung von Wunschkennzeichen nicht auf irgendwelche subjektive Motive des jeweiligen Antragstellers, sondern nur auf objektive Umstände ankommen kann. Die klare Zielsetzung des Gesetzgebers liegt darin, im Straßenverkehr in einer für jeden Straßenteilnehmer sichtbaren Weise anstößige oder lächerliche Buchstaben- bzw Ziffernkombinationen zu vermeiden, zumal die Motivation des Führens einer bestimmten Buchstabenkombination bzw Buchstaben-Ziffernkombination für die übrigen Straßenteilnehmer regelmäßig nicht erkennbar sein kann.

Ob und inwieweit Punkt 6. zweiter Absatz des angefochtenen Erlasses (auch) als bloß interne Anordnung ohne Außenwirkung für Rechtsunterworfene zu qualifizieren ist, muss der VfGH nicht untersuchen. Diese Bestimmung ist nämlich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht anwendbar und daher auch im Verfahren vor dem VfGH nicht präjudiziell iSd §62 Abs2 VfGG, weshalb der Antrag insoweit schon deshalb zurückzuweisen ist.

Im Übrigen ist aus den genannten Gründen festzuhalten, dass der angefochtene Erlass - abgesehen von dem nicht weiter geprüften Punkt 6. zweiter Absatz - nicht als Verordnung iSd Art139 B-VG zu qualifizieren ist, weil damit insgesamt keine über die gesetzlichen Regelungen hinausgehenden Anordnungen und damit keine Außenwirkung für Rechtsunterworfene getroffen werden. Es handelt sich vielmehr um eine bloße Auslegungshilfe für die zur Anwendung des §48a Abs2 litd KFG 1967 zuständigen Behörden, um eine einheitliche Vollziehung zu gewährleisten.

Entscheidungstexte

  • V27/2024
    Entscheidungstext VfGH Beschluss 20.06.2024 V27/2024

Schlagworte

Erlass, Verordnungsbegriff, Kraftfahrrecht, Kundmachung, VfGH / Präjudizialität, VfGH / Prüfungsgegenstand, VfGH / Gerichtsantrag, Kennzeichen, Auslegung teleologische

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2024:V27.2024

Zuletzt aktualisiert am

01.07.2024
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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