Index
90/01 Straßenverkehrsordnung 1960Norm
B-VG Art137 / KlageLeitsatz
Stattgabe einer Klage gegen die Stadt Innsbruck auf Ersatz der Abschleppkosten eines aus einer Grundstückszufahrt zwangsweise entfernten Kraftfahrzeugs; kein Vorliegen einer Verkehrsbeeinträchtigung gemäß der StVO 1960 wegen Bestehens einer zweiten – nutzbaren – Einfahrt zum GrundstückRechtssatz
Zuspruch von € 254,40 samt 4 % Zinsen seit 28.03.2023 sowie der Eingabengebühr im Ausmaß von € 50,40. Im Übrigen: Zurückweisung der Klage betreffend das Mehrbegehren iHv € 940,42: Ein Anspruch auf Ersatz der Vertretungskosten des Beschuldigten eines Verwaltungsstrafverfahrens ist im Gesetz nicht vorgesehen. Der Kläger begehrt daher den Ersatz eines Schadens, der ihm durch das rechtswidrige Straferkenntnis einer Verwaltungsbehörde entstanden sei. Über Schadenersatzansprüche ist jedoch grundsätzlich - sei es nach den Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches oder nach jenen des Amtshaftungsgesetzes - im ordentlichen Rechtsweg zu erkennen. Der vom Kläger aus dem rechtswidrigen Straferkenntnis abgeleitete Anspruch ist daher aus dem Titel der Amtshaftung im ordentlichen Rechtsweg auszutragen.
In einem Kostenvorschreibungsverfahren ist - gleichsam als Vorfrage - zu beurteilen, ob eine Verkehrsbeeinträchtigung iSd §89a Abs2 StVO 1960 vorlag und demnach die zwangsweise Entfernung des Fahrzeuges berechtigt war. Erst bei Bejahung dieser Frage ist zu prüfen, ob auch die Voraussetzungen vorliegen, dem Zulassungsbesitzer die Kosten dafür aufzuerlegen. Das Vorliegen einer Verkehrsbeeinträchtigung ist aber nicht Hauptgegenstand eines Kostenverfahrens nach §89a Abs7 StVO 1960, sondern bloß die Voraussetzung für die Kostenvorschreibung. Der VfGH hat daher zunächst zu beurteilen, ob eine Verkehrsbeeinträchtigung iSd §89a Abs2 StVO 1960 überhaupt gegeben ist und im Anschluss, ob die zwangsweise Entfernung des Fahrzeuges durch die Behörde berechtigt war.
Für die Annahme einer Verkehrsbeeinträchtigung genügt, dass Verkehrsteilnehmer "gehindert sind", die konkrete Besorgnis einer solchen Behinderung und die konkrete Behinderung von Verkehrsteilnehmern ist nicht erforderlich ("Besorgnisjudikatur"). Eine Verkehrsbeeinträchtigung ist nach §89a Abs2a litc StVO 1960 unter anderem gegeben, wenn der Lenker eines sonstigen Fahrzeuges am Vorbeifahren oder Wegfahren oder am Zufahren zu einer Grundstückseinfahrt gehindert ist. Für das Vorliegen einer Grundstückseinfahrt kommt es ausschließlich auf die äußeren Merkmale und nicht darauf an, ob die Einfahrt auch tatsächlich als solche benutzt wird. Für den VfGH fest, dass der Kläger vor einer nach äußerlichen Merkmalen erkennbaren Grundstückseinfahrt geparkt hat (auf das Bestehen einer zweiten Einfahrt zum Grundstück, die ca 10 m weiter nördlich liegt, kommt es nicht an).
Angesichts des Vorliegens einer zweiten Grundstückseinfahrt käme eine Verkehrsbeeinträchtigung gemäß §89a Abs2a litc StVO 1960 jedoch nur in Betracht, wenn der Lenker eines sonstigen Fahrzeuges auch "gehindert" war, die zweite Grundstückseinfahrt zu benutzen. Weder aus den vorgelegten Unterlagen noch aus dem Vorbringen der Parteien hat sich ergeben, dass die Benutzung der zweiten, zumindest "gleichartigen" Grundstückseinfahrt während des Zeitraumes, in dem der Kläger sein Kraftfahrzeug vor der ersten Grundstückseinfahrt abgestellt hat, nicht möglich gewesen sein soll. Soweit die Beklagte auf ein E-Mail verweist, aus dem sich ergebe, dass zum Zeitpunkt der Abschleppung "alle zwei Rampen auf den Gehsteig durch zwei Fahrzeuge verparkt" gewesen seien, wird damit - wie sich ebenfalls aus dem vorgelegten E-Mail-Verkehr ergibt - lediglich eine zweite Abschrägung des Gehsteiges angesprochen, die sich "ca 15 Meter südlich vom Entfernungsort des Fahrzeuges" befindet, womit jedoch keine Aussage über die zweite, ca 10 m nördlich gelegene Einfahrt gemacht wird.
Entscheidungstexte
Schlagworte
VfGH / Klagen, Straßenpolizei, Geldstrafe, Verwaltungsstrafrecht, Vertreter, Kostentragung, Halte(Park-)verbot, VfGH / Kosten, Schadenersatz, AmtshaftungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2024:A20.2023Zuletzt aktualisiert am
28.06.2024