TE Vwgh Erkenntnis 1995/6/29 93/15/0231

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Veröffentlicht am 29.06.1995
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §23 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde des H in S, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg (Berufungssenat I) vom 29. Juli 1993, Zl. 50-GA3BK-DIn/93, betreffend Feststellung gemäß § 92 Abs. 1 lit. b BAO hisichtlich des Jahres 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das Finanzamt stellte mit Bescheid vom 5. April 1991 fest, daß zwischen der I-Ges.m.b.H. & Co KG (in der Folge: KG) und dem Beschwerdeführer keine atypisch stille Gesellschaft geschlossen wurde. Daher sei der Beschwerdeführer nicht in die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb für das Jahr 1988 bei der KG einzubeziehen; dies im wesentlichen mit folgender Begründung:

Bei der Überprüfung und Abstimmung der Einzahlung von Gesellschaftern für das Wirtschaftsjahr 1988 auf das Konto der C-AG (in der Folge: AG), die als Zahlstelle fungiere, bei der Salzburger Landeshypothekenbank sei von der Betriebsprüfung festgestellt worden, daß weder vom Beschwerdeführer selbst noch von dritter Seite Einzahlungen auf eine Gesellschaftseinlage nachzuvollziehen seien. Daß trotz dieser Gegebenheiten ein Gesellschaftsverhältnis habe vorgetäuscht werden können, hänge mit der Nichtführung von Kapitalkonten für die einzelnen Gesellschafter und mit den nicht mehr nachvollziehbaren Verrechnungen zwischen der KG und der AG zusammen. In der KG werde nämlich soviel an Kapital bilanziert, daß die vorgetäuschte Beteiligung darin Deckung finde; d.h., daß - über die AG - das tatsächlich von Gesellschaftern einbezahlte Kapital um Beträge in jenem Ausmaß erhöht worden sei, in welchem Beteiligungsverhältnisse vorgetäuscht werden sollten. Die Herkunft der dafür erforderlichen Mittel habe nicht geklärt werden können. Unter Berücksichtigung dieser Umstände könne davon ausgegangen werden, daß das Eingehen eines Gesellschaftsverhältnisses zwischen der KG und dem Beschwerdeführer mit allen sich daraus ergebenden rechtlichen Konsequenzen nicht ernsthaft gewollt gewesen sei.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer lediglich vor, die Feststellung, daß zwischen ihm und der KG keine atypisch stille Gesellschaft geschlossen worden sei, sei unrichtig. Vielmehr sei eine solche Gesellschaft gegründet und die bedungene Einlage geleistet worden.

Die belangte Behörde forderte den Beschwerdeführer sodann auf, sowohl den Gesellschaftsvertrag als auch die Einzahlungsbestätigung vorzulegen; dies mit dem Hinweis, daß dem Beschwerdeführer eine Akteneinsicht in die (vom Strafgericht) beschlagnahmten Unterlagen innerhalb einer Woche möglich sein müsse.

In der Folge legte der Beschwerdeführer eine keine Unterschrift aufweisende Beteiligungsurkunde mit Datum vom 15. Dezember 1988 vor, derzufolge er sich an der KG mit einer Vertragssumme von S 1,5 Mio (Ausgabepreis: S 1,65 Mio) für die Dauer von zehn Jahren ab 30. September 1988 beteiligte; ferner ein Schreiben der KG mit gleichem Datum wie auf der Beteiligungsurkunde, womit dem Beschwerdeführer die Einzahlung "des Ausgabepreises" bestätigt wurde. Außerdem legte der Beschwerdeführer ein Schreiben der KG vom 10. April 1990 vor, womit ihm für das Jahr 1988 ein Verlustanteil von S 1,65 Mio zugewiesen wurde. Unter einem teilte der Beschwerdeführer mit, daß er den Zahlungsbeleg für die Gesellschaftereinlage bisher nicht habe ausfindig machen können. Die Beteiligungsurkunde sei aber jedenfalls erst nach der Einzahlung der Einlage ausgestellt worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab. Begründend führte sie im wesentlichen aus, zwar bestehe für den Abschluß eines Gesellschaftsvertrages über eine stille Gesellschaft keine Formvorschrift, der Vertrag müsse jedoch zu Beweiszwecken hinreichend zum Ausdruck kommen. Im vorliegenden Fall sei die Beteiligungsurkunde von keiner der Vertragsparteien unterschrieben worden. Der Beschwerdeführer habe auch keinen Einzahlungsbeleg über die Gesellschaftereinlage beigebracht. Die in Fotokopie beigebrachte Einzahlungsbestätigung der KG mache schon deswegen keinen Beweis für die Leistung der Gesellschaftereinlage, weil in dieser Bestätigung der Einzahlungsbetrag nicht genannt sei. Die Bestätigung der KG könne auch deshalb nicht überzeugen, weil - wie allgemein bekannt - der Beschwerdeführer einer der Machthaber mit faktischer Einflußnahmemöglichkeit auf das Gesamtgeschehen im W-Imperium gewesen sei. Ein tatsächlicher Geldfluß sei aber nicht nachgewiesen worden. Sollte ein derartiger Beleg existieren, so wäre die Vorlage desselben dem Beschwerdeführer zumutbar gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens steht lediglich in Streit, ob der Beschwerdeführer im Abgabenverfahren die behauptete Beteiligung an der KG (in Form einer atypisch stillen Gesellschaft) nachgewiesen oder zumindest glaubhaft gemacht hat. Die Beschwerde bejaht dies und führt ins Treffen, es widerspreche der Lebenserfahrung, daß auf Beteiligungspapieren wie dem vorliegenden die Vertragsparteien Unterschriften leisteten. Daß kein Einzahlungsbeleg für die Einlage habe beigebracht werden können, sei nicht maßgebend, weil es allein auf die Willensübereinstimmung der Vertragspartner ankomme. Außerdem sei das Schreiben der KG vom 15. Dezember 1988 "als hinreichende Einzahlungsbestätigung für den Ausgabepreis" anzusehen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann er die Beweiswürdigung der belangten Behörde nur insoweit prüfen, als es sich um die Feststellung handelt, ob der in der Beweiswürdigung gelegene Denkvorgang zu einem den Denkgesetzen entsprechenden Ergebnis geführt hat bzw. ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt worden ist, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1994, Zl. 94/15/0084).

Die Beweiswürdigung der belangten Behörde erscheint im Beschwerdefall schlüssig. Es entspricht nämlich durchaus den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung, daß eine Urkunde, mit der eine Gesellschaftsbeteiligung im Wert von S 1,65 Mio dargetan werden soll, die Unterschriften der Vertragspartner aufweist oder daß bei einem mündlichen Abschluß eines solchen Vertrages auf sonstige Weise ein geeigneter Nachweis geschaffen wird. Kann wie hier nichteinmal der Einzahlungsbeleg über die Einlage beigebracht werden - die Einzahlungsbestätigung der KG ersetzt diesen nur unvollkommen -, so kann es nicht als unschlüssig gewertet werden, daß die belangte Behörde das vom Beschwerdeführer behauptete Gesellschaftsverhältnis als nur aus abgabenrechtlichen Gründen vorgetäuscht angesehen hat.

Auch das Ermittlungsverfahren der belangten Behörde läßt keinen wesentlichen Mangel erkennen, zumal es Sache des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht gewesen wäre, der belangten Behörde Anhaltspunkte für das Aufspüren angeblich vorhandener Urkunden zum Nachweis des Gesellschaftsverhältnisses bzw. seiner Beteiligung zu geben. Ohne ergänzende Hinweise auf nur dem Beschwerdeführer bekannte Umstände war es für die belangte Behörde nicht zumutbar, beim Strafgericht eine Suche (in rund 50.000 Akten) nach Beweisurkunden für das behauptete Gesellschaftsverhältnis zu unternehmen.

Da sohin dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden. Da im Beschwerdefall keine durch die bisherige Rechtsprechung nicht schon klargestellte Rechtsfrage zu lösen war, konnte die Entscheidung gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat getroffen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993150231.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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