TE Vwgh Erkenntnis 1995/6/29 94/07/0181

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Veröffentlicht am 29.06.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §56;
AWG 1990 §2 Abs1;
VStG §22 Abs1;
VStG §22;
VStG §31 Abs2;
VStG §51f Abs2;
VwRallg;
WRG 1959 §137 Abs3 litf;
WRG 1959 §31b Abs1;
WRG 1959 §31b;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde des J in K, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 17. Oktober 1994, Zl. Senat-PL-93-125, betreffend Übertretung des Wasserrechtsgesetzes (weitere Partei des Verfahrens: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens durch Richtigstellung eines offenbaren Schreibversehens von der belangten Behörde berichtigten Bescheid wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug der Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs. 3 lit. f WRG 1959 in Verbindung mit § 31b Abs. 1 WRG 1959 schuldig erkannt, weil er als Bürgermeister der Marktgemeinde K.

verwaltungsstrafrechtlich dafür verantwortlich sei, daß diese Gemeinde von März 1991 bis 8. November 1991 Bauschutt (Altziegel, Holzteile und Betonbruch) im näher bezeichneten Umfang an einem näher bezeichneten Ort ablagern ließ, obwohl hiefür keine wasserrechtliche Bewilligung des Landeshauptmannes von Niederösterreich vorgelegen sei, weshalb der Beschwerdeführer dafür verantwortlich sei, daß die Marktgemeinde K. ohne wasserrechtliche Bewilligung eine gemäß § 31b WRG 1959 bewilligungspflichtige Anlage betrieben habe.

In der gegen diesen Bescheid aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerde begehrt der Beschwerdeführer die Bescheidaufhebung mit der Erklärung, durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht darauf verletzt zu sein, entgegen den Bestimmungen des § 137 Abs. 3 lit. f WRG 1959 i.V.m. § 31b WRG 1959 nicht bestraft zu werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht Strafbarkeitsverjährung mit dem Vorbringen geltend, daß die im Verwaltungsstrafakt dokumentierte Besichtigung der Ablagerungen am 8. November 1991 nicht den ersten Zeitpunkt einer Kenntnis der Behörde vom Sachverhalt dargestellt haben könne; der relevante Zeitpunkt sei vielmehr dort anzusiedeln, wo die Behörde von dem am 8. November 1991 überprüften Zustand erstmals Kenntnis erhalten habe. Eine Dokumentierung dieses Zeitpunktes sei unterblieben; da der angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer gegenüber erst mit Zustellung am 8. November 1994 ergangen sei, lägen zwischen dem Bekanntwerden des vorgeworfenen Deliktes und dem Straferkenntnis mehr als drei Jahre.

Nach dem zweiten Satz der Bestimmung des § 31 Abs. 2 VStG ist die Verjährungsfrist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat. Gemäß § 31 Abs. 3 VStG darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden, wenn seit diesem Zeitpunkt drei Jahre vergangen sind.

Beim bewilligungslosen Betrieb einer Deponie handelt es sich um ein Dauerdelikt. Der Beschwerdeführer behauptet selbst nicht, daß der ihm vorgeworfene Deponiebetrieb zu einem früheren als dem im angefochtenen Bescheid mit dem 8. November 1991 genannten Endtermin beendet gewesen wäre. Demnach konnte die Frist für die Strafbarkeitsverjährung auch nicht vor Ablauf des im angefochtenen Bescheid genannten Endpunktes des vorgeworfenen Dauerdeliktes zu laufen beginnen. Strafbarkeitsverjährung im Sinne des § 31 Abs. 3 erster Satz VStG konnte damit auch erst mit Ablauf des 8. November 1994 eingetreten sein. Abgesehen davon, daß damit auch die nach dem Beschwerdevorbringen an diesem Tag bewirkte Zustellung des angefochtenen Bescheides noch vor dem erst mit Ablauf dieses Tages erfolgten Eintritt der Strafbarkeitsverjährung erfolgt ist, wurde der angefochtene Bescheid - worauf die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift im Einklang mit der Aktenlage hinweist - am 17. Oktober 1994 verkündet und dem Beschwerdeführer gegenüber, der zur Verhandlung vor der belangten Behörde trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne ausreichende Entschuldigung nicht erschienen ist, im Grunde des § 51f Abs. 2 VStG damit auch zu diesem Zeitpunkt wirksam (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 1993, 93/02/0158). Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Eintritt der Strafbarkeitsverjährung liegt demnach nicht vor.

Der Beschwerdeführer bekämpft auch die Verwirklichung des ihm vorgeworfenen Deliktes, indem er die von der belangten Behörde angenommene Bewilligungspflicht der getätigten Ablagerungen nach § 31b Abs. 1 WRG 1959 in Zweifel zieht. § 31b Abs. 1 WRG 1959 knüpfe eine Bewilligungspflicht nur an die Ablagerung von Abfällen, bei denen eine Gewässerverunreinigung befürchtet werden könne. Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausführe, daß es keiner besonderen Erläuterungen bedürfe, daß die Ablagerung von Bauschutt einer Bewilligung bedürfe, dann handle es sich hiebei um eine Scheinbegründung, welche die tatsächliche Überprüfung der Gefährdungseignung des abgelagerten Bauschutts durch entsprechende Gutachten nicht ersetzen könne. Hinzu komme noch der Umstand, daß unter dem angeschütteten Material sich eine bewilligte Abfall- und Bauschuttdeponie befinde, woraus einerseits zu erschließen sei, daß an dieser Stelle das Ablagern von Bauschutt nicht ohne weiters gefährlich sein könne, wolle man der ursprünglichen Bewilligung nicht eine krasse Rechtswidrigkeit unterstellen, und daß andererseits nicht einsichtig sei, weshalb eine vergleichsweise geringe Aufschüttung auf eine in jedem Fall bestehenden Bauschutt- und sogar Abfalldeponie eine vom Tatbestand des § 31b Abs. 1 WRG 1959 geforderte zusätzliche Beeinträchtigung des Wassers erbringen solle.

Diesem Beschwerdevorbringen ist folgendes zu erwidern:

Gemäß § 31b Abs. 1 WRG 1959 bedarf die Ablagerung von Abfällen - ausgenommen solcher, bei deren ungeschützter Lagerung eine Verunreinigung der Gewässer einschließlich des Grundwassers nicht zu besorgen ist - sowie die Errichtung und der Betrieb der hiezu dienenden Anlagen einer wasserrechtlichen Bewilligung durch den Landeshauptmann; § 32 Abs. 2 lit. c findet keine Anwendung.

Daß Bauschutt nach der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 AWG unter den Abfallbegriff fällt, kann nicht zweifelhaft sein (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1994, 94/07/0116). Entgegen der vom Beschwerdeführer vorgenommenen Interpretation der Bestimmung des § 31b Abs. 1 WRG 1959 knüpft diese Norm die Bewilligungspflicht an die Ablagerung von Abfällen nicht an die Bedingung, daß aus dieser Ablagerung eine Gewässerbeeinträchtigung zu besorgen ist, sondern statuiert die Bewilligungspflicht für die Ablagerung von Abfällen - von der hier nicht vorliegenden Ausnahme des zweiten Satzes dieser Bestimmung abgesehen - grundsätzlich bedingungslos und schafft durch die im ersten Halbsatz der Regelung eingefügte Parenthese lediglich einen Ausnahmetatbestand von der Bewilligungspflicht derart, daß die Ablagerung (lediglich) solcher Abfälle von der Bewilligungspflicht ausgeschlossen wird, bei deren ungeschützter Lagerung eine Verunreinigung der Gewässer einschließlich des Grundwassers nicht zu besorgen ist. Diese vom Gesetzgeber gewählte sprachliche Gestaltung des ersten Satzes der Bestimmung des § 31b Abs. 1 WRG 1959 gebietet ein anderes als das vom Beschwerdeführer gewonnene Verständnis vom normativen Gehalt der Regelung. Nicht die Gefährdungseignung ist prüfungsbedürftiges Tatbestandsmerkmal der Bewilligungspflicht, sondern ihr Fehlen. Da der Gesetzeswortlaut des § 31b Abs. 1 WRG 1959 im ersten Satz dieser Bestimmung die Bewilligungspflicht für Abfallablagerungen statuiert, die ausnahmsweise Bewilligungsfreiheit solcher Ablagerungen hingegen nur als bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen bestehende Möglichkeit einräumt, obliegt es diesfalls dem Deponiebetreiber, der Behörde gegenüber das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes durch entsprechende Sachbehauptungen geltend zu machen, in welchem Falle es erst Sache der Behörde ist, die von einem Deponiebetreiber geltend gemachten Umstände im Rahmen der amtswegigen Ermittlungspflicht daraufhin zu prüfen, ob der behauptete Ausnahmetatbestand tatsächlich vorliegt.

Solche Behauptungen aufzustellen, hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren gänzlich unterlassen. Wie den Verwaltungsakten entnommen werden kann, wurde im übrigen im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens das Gutachten eines Amtssachverständigen eingeholt, demzufolge die abgelagerten Materialien eine Gewässerbeeinträchtigung besorgen ließen. Diesem ihm bekanntgegebenen Gutachten ist der Beschwerdeführer auf Verwaltungsebene nicht entgegengetreten. An ihm wäre es gelegen gewesen, schon im Verwaltungsverfahren konkret darzulegen, aus welchen besonderen Gründen der unter seiner Verantwortung gelagerte Bauschutt etwa seiner besonderen Zusammensetzung wegen in seiner ungeschützten Lagerung eine Verunreinigung des Grundwassers nicht besorgen lasse. Das dazu in der Beschwerde erstattete Vorbringen kommt zu spät. Es wäre auch nicht als ausreichend anzusehen gewesen, das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes von der Bewilligungspflicht im Sinne des § 31b Abs. 1 WRG 1959 erfolgreich darzutun. Daß die Zusammensetzung des unter seiner Verantwortung abgelagerten Bauschutts ihrer besonderen Beschaffenheit wegen etwa eine Gewässerbeeinträchtigung nicht besorgen ließ, behauptet der Beschwerdeführer auch in der Beschwerde nicht. Daß der Bauschutt aber über einer bewilligten Deponie gelagert wurde, ist deswegen kein das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes nach § 31b Abs. 1 erster Satz WRG 1959 ausreichend indizierender Umstand, weil der Beschwerdeführer einerseits die aktenkundige Tatsache des Erloschenseins der für die vormalige Deponie bestandenen wasserrechtlichen Bewilligung seit dem Jahre 1984 nicht bestreitet und andererseits nicht einsichtig ist, weshalb sich an der nicht dargetanen Gefährdungsuntauglichkeit von Ablagerungen dadurch etwas ändern sollte, daß sie über anderen, von einer wasserrechtlichen Bewilligung nicht mehr getragenen Ablagerungen getätigt wurden.

Da der Beschwerdeführer den Bestand der wasserrechtlichen Bewilligungspflicht für die ihm vorgeworfenen Ablagerungen nach § 31b Abs. 1 WRG 1959 im Verwaltungsverfahren nicht entgegengetreten war, war die belangte Behörde auch nicht verhalten, sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides mit dieser Frage eingehender als geschehen auseinanderzusetzen, weshalb auch der vom Beschwerdeführer gerügte Begründungsmangel nicht vorliegt. Ausgehend von der Lage der dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Akten ist im übrigen auch nicht zu erkennen, inwiefern die belangte Behörde bei Vermeidung des vom Beschwerdeführer gesehenen Begründungsmangels zu einem anderen Bescheid gelangen hätte können.

Die Beschwerde erwies sich somit als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der RechtswirkungenSachverhalt Sachverhaltsfeststellung BeweislastSachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtBegründungspflicht Manuduktionspflicht Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994070181.X00

Im RIS seit

12.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

16.10.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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