TE Vwgh Beschluss 1995/6/29 95/15/0069

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Veröffentlicht am 29.06.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §46 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über den Antrag der P OHG in G, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln der zur Zl. 95/15/0007 eingebrachten Beschwerde, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

Mit der dem Vertreter der Beschwerdeführerin zugestellten Verfügung vom 20. Jänner 1995 hatte der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerdeführerin aufgefordert, die vom Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetretene Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 bis 6 VwGG zu ergänzen, den ergänzenden Schriftsatz in dreifacher Ausfertigung vorzulegen und außer diesem eine weitere Ausfertigung der ursprünglichen Beschwerde für den Bundesminister für Finanzen beizubringen.

Innerhalb offener Frist hatte der Beschwerdeführer den von ihm geforderten Schriftsatz in dreifacher Ausfertigung vorgelegt; anstelle einer Ausfertigung der ursprünglichen Beschwerde hatte er eine Kopie derselben vorgelegt, die die Unterschrift des Beschwerdevertreters weder in Urschrift noch in Fotokopie aufwies.

Mit Beschluß vom 22. März 1995 stellte der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren über die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 2 und § 33 Abs. 1 VwGG ein.

Mit dem vorliegenden Antrag begehrt die Antragstellerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der vom Verwaltungsgerichtshof gesetzten Frist zur Mängelbehebung mit folgender Begründung:

Der Beschwerdevertreter habe die im Mängelbehebungsauftrag verlangte weitere Ausfertigung der ursprünglichen Beschwerde entsprechend dem Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes unterfertigt und diese Ausfertigung samt den anderen unterfertigten Dokumenten zur Abfertigung seiner namentlich genannten, erfahrenen und grundsätzlich verläßlichen Kanzleileiterin übergeben. Dieser sei insofern ein Versehen unterlaufen, als sie anstelle der vom Beschwerdevertreter unterfertigten Ausfertigung der ursprünglichen Beschwerde einen für den Akt des Anwaltes bestimmten, nicht unterfertigten Überdruck an den Verwaltungsgerichtshof abgefertigt habe. Es handle sich dabei um eine einmalige Fehlleistung der Kanzleiangestellten.

Zur Bescheinigung dieses Vorbringens wurde eine eidesstattige Erklärung der Kanzleileiterin des Beschwerdevertreters vorgelegt. Gleichzeitig wurde die versäumte Handlung durch Übersendung einer Ausfertigung der ursprünglichen Beschwerde nachgeholt.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z. B. den Beschluß vom 7. April 1992, Zl. 92/08/0059) ist das Verschulden des Vertreters der Partei an der Fristversäumung dem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten, während jenes eines Kanzleibediensteten eines bevollmächtigten Rechtsanwaltes dem Rechtsanwalt (und damit der Partei) nur dann als Verschulden anzurechnen ist, wenn er die ihm zumutbare und nach der Sachlage gebotene Überwachungspflicht jenem Bediensteten gegenüber unterlassen hat. Die anwaltliche Sorgfaltspflicht umfaßt im Falle eines Mängelbehebungsauftrages auch die geeignete Überwachung der Vorbereitung der Postsendung zur Abgabe und die Überprüfung der Vollständigkeit der an den Verwaltungsgerichtshof in Befolgung des Mängelbehebungsauftrages zu übermittelnden Aktenstücke; anders wäre es, wenn erst nach Unterfertigung des Ergänzungsschriftsatzes und Kontrolle der Vollständigkeit der anzuschließenden Urkunden durch den Rechtsanwalt im Zuge der Kuvertierung oder Postaufgabe durch einen verläßlichen Angestellten ein Fehler unterlaufen wäre (vgl. z.B. den Beschluß vom 23. April 1992, Zl. 92/15/0067, und die dort zitierte Vorjudikatur). Im vorliegenden Fall ist bescheinigt, daß das zur Versäumung der Mängelbehebungsfrist führende Versehen einer verläßlichen Kanzleiangestellten des Beschwerdevertreters unterlaufen ist; diesen selbst trifft an dem Versehen kein Verschulden durch mangelnde Überwachung der Kanzleiangestellten.

Dem fristgerecht gestellten und die versäumte Handlung nachholenden Wiedereinsetzungsantrag war daher stattzugeben.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995150069.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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