TE Vfgh Beschluss 1993/3/23 B1061/91

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Veröffentlicht am 23.03.1993
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art133 Z4
B-VG-Nov 1992, BGBl 276 ArtIII
VfGG §87 Abs3

Leitsatz

Abweisung eines Antrags auf Abtretung der Beschwerde gegen einen Bescheid einer Landesgrundverkehrsbehörde mangels Zuständigkeit des Verwaltungsgerichthofes.

Spruch

Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Mit Erkenntnis vom 7. Oktober 1992, B1061/91, wurde die von der Einschreiterin erhobene Beschwerde gegen einen Bescheid der Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung abgewiesen. Mit diesem, im Instanzenzug ergangenen Bescheid war der Übertragung des Eigentums an einer Teilfläche eines zu einem landwirtschaftlichen Kleinbetrieb gehörenden Grundstückes die Genehmigung versagt worden.

Mit dem am selben Tag zur Post gegebenen Schriftsatz vom 23. Dezember 1992 stellte die Einschreiterin rechtzeitig den Antrag, die Beschwerde (gemäß Art144 Abs3 B-VG) an den Verwaltungsgerichtshof abzutreten. Der Antrag wurde damit begründet, daß der Verwaltungsgerichtshof gemäß ArtIII des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. 276/1992 zur Entscheidung über die Beschwerde zuständig sei, weil die Liegenschaft, von der das den Gegenstand des Kaufvertrages bildende Grundstück abgetrennt werden soll, bebaut sei.

2. Gemäß §87 Abs3 erster Satz VerfGG hat, wenn der Verfassungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde ablehnt oder die Beschwerde abweist, wenn bis dahin ein darauf abzielender Antrag des Beschwerdeführers gestellt worden ist, der Verfassungsgerichtshof, wenn dieser Antrag innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes gestellt wird, der Referent auszusprechen, daß die Beschwerde gemäß Art144 Abs3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten wird. Ein solcher Ausspruch hat nicht zu erfolgen, wenn es sich um einen Fall handelt, der nach Art133 B-VG von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen ist (§87 Abs3 zweiter Satz VerfGG).

3. Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht gegeben.

ArtIII BVG BGBl. 276/1992, auf den sich die Einschreiterin beruft, hat folgenden Wortlaut:

"In Angelegenheiten landesgesetzlicher Regelungen, die den Verkehr mit bebauten oder zur Bebauung bestimmten Grundstücken verwaltungsbehördlichen Beschränkungen unterwerfen, ist die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes zulässig." (Hervorhebung nicht im Original).

Diese Verfassungsvorschrift bezieht sich nur auf jene landesgesetzlichen Regelungen, die in Wahrnehmung der den Ländern durch die Neufassung des Art10 Abs1 Z6 B-VG (durch ArtI Z1 BVG BGBl. 276/1992) zusätzlich übertragenen Kompetenz zur Regelung des "Verkehr(s) mit bebauten oder zur Bebauung bestimmten Grundstücken" erlassen wurden.

Es zeigt dies insbesondere ein Vergleich des Wortlautes des ArtIII BVG BGBl. 276/1992 mit dem Wortlaut der Neufassung des hier einschlägigen Teiles des Art10 Abs1 Z6 B-VG:

"Zivilrechtswesen ..., jedoch mit Ausschluß von Regelungen, die den Grundstücksverkehr für Ausländer und den Verkehr mit bebauten oder zur Bebauung bestimmten Grundstücken verwaltungsbehördlichen Beschränkungen unterwerfen, einschließlich des Rechtserwerbes von Todes wegen durch Personen, die nicht zum Kreis der gesetzlichen Erben gehören;" (Hervorhebung nicht im Original).

ArtIII BVG BGBl. 276/1992 bezieht sich demnach auf Regelungen, die den Grundstücksverkehr für Ausländer verwaltungsbehördlichen Beschränkungen unterwerfen, ebensowenig wie auf die (nicht unter den Kompetenztatbestand "Zivilrechtswesen" fallenden) Regelungen, durch die der Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken im Interesse der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines lebensfähigen Bauernstandes solchen Beschränkungen unterworfen wird (Art15 Abs1 B-VG; vgl. auch ArtVIII der Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1974, BGBl. 444).

Bestätigt wird diese Auffassung durch die Vorschrift des ArtII BVG BGBl. 276/1992, die folgendermaßen lautet:

"(1) Landesgesetze betreffend verwaltungsbehördliche Beschränkungen für den Verkehr mit bebauten oder zur Bebauung bestimmten Grundstücken können erst nach Inkrafttreten einer Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern (Art15a) über die Festlegung von bundesweit einheitlichen zivilrechtlichen Bestimmungen für die landesgesetzlich zu regelnden Angelegenheiten des Grundstückverkehrs in Kraft gesetzt werden.

(2) Die geltenden Landesgesetze, die den Grundstücksverkehr für Ausländer oder den Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken im Interesse der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines lebensfähigen Bauernstandes verwaltungsbehördlichen Beschränkungen unterwerfen, sind der in Abs1 genannten Vereinbarung innerhalb von zwei Jahren nach deren Inkrafttreten anzupassen."

Auch diese Vorschrift läßt erkennen, daß der Verfassungsgesetzgeber zwischen der Normierung verwaltungsbehördlicher Beschränkungen für den "Verkehr mit bebauten oder zur Bebauung bestimmten Grundstücken" einerseits und Regelungen, die den "Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken im Interesse der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines lebensfähigen Bauernstandes" verwaltungsbehördlichen Beschränkungen unterwerfen, andererseits unterscheidet.

Jedenfalls dann, wenn es sich - wie hier - um land- und forstwirtschaftliche Grundstücke handelt - selbst um solche, die bebaut sind - (aber auch im Fall von Regelungen, die den Grundstücksverkehr für Ausländer verwaltungsbehördlichen Beschränkungen unterwerfen) ist eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zufolge der Bestimmung des Art133 Z4 B-VG nicht gegeben, wenn - wie im vorliegenden Fall - in oberster Instanz eine Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag im Sinne dieser Verfassungsnorm entscheidet und die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes nicht (durch Landesgesetz) ausdrücklich für zulässig erklärt ist.

Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof war somit abzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Abtretung, Verwaltungsgerichtshof, Zuständigkeit Verwaltungsgerichtshof

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:B1061.1991

Dokumentnummer

JFT_10069677_91B01061_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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