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83 Natur- und UmweltschutzNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallSpruch
Die beschwerdeführende Partei ist durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes und einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.
Die Bescheide werden aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.700,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu B380/05, B381/05 und B382/05 Beschwerden eines Dachziegelerzeugungsunternehmens gemäß Art144 B-VG anhängig, die sich gegen Bescheide des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wenden, mit denen der beschwerdeführenden Gesellschaft - unter Berufung ua. auf §13 Abs4 Emissionszertifikategesetz (EZG) und §4 Zuteilungsverordnung, BGBl. II 18/2005 - jeweils für eine namentlich genannte Anlage für den Zeitraum 2005 bis 2007 eine bestimmte Anzahl von Emissionszertifikaten zugeteilt wird. Es handelt sich dabei um die Anlagen Tondach Unterpremstätten, Tondach Pinkafeld und Tondach Gleinstätten.
2. Die beschwerdeführende Gesellschaft erachtet sich durch die von ihr bekämpften Zuteilungsbescheide in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen, in concreto der §§11 und 12 EZG, der Bestimmungen "des Nationalen Allokationsplans iSd §11 Abs1 EZG" und einzelner Bestimmungen der Zuteilungsverordnung, verletzt und beantragt jeweils die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerden beantragt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die vorliegenden, gemäß den §§187 und 404 ZPO iVm §35 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen, zulässigen Beschwerden erwogen:
1. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 11. Oktober 2006, G138-142/05, V97-101/05 ua., die Bestimmung des §13 Abs4 EZG, BGBl. I 46/2004, als verfassungswidrig und die Zuteilungsverordnung, BGBl. II 18/2005, (zur Gänze) als gesetzwidrig aufgehoben.
2. Gemäß Art140 Abs7 B-VG und Art139 Abs6 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes bzw. die Aufhebung einer Verordnung auf den Anlassfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als rechtswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrunde gelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.
Dem in Art140 Abs7 B-VG bzw. Art139 Abs6 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Gesetzes- bzw. Verordnungsprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Normenprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg. 10.616/1985, 11.711/1988). Im - hier allerdings nicht gegebenen - Fall einer Beschwerde gegen einen Bescheid, dem ein auf Antrag eingeleitetes Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist, muss dieser verfahrenseinleitende Antrag überdies vor Bekanntmachung des dem unter Pkt. II.1. genannten Erkenntnis zugrunde liegenden Prüfungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes eingebracht worden sein (VfGH 15.10.2005, B844/05).
3. Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahren begann am 29. September 2006. Die vorliegenden Beschwerden sind beim Verfassungsgerichtshof am 7. April 2005 eingelangt, waren also zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; die ihnen zugrunde liegenden Fälle sind somit einem Anlassfall gleichzuhalten.
Die belangte Behörde wendete bei Erlassung der angefochtenen Bescheide die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung sowie die als gesetzwidrig aufgehobene Verordnung an. Es ist nach Lage des Falles (im Hinblick auf die Novelle zum EZG BGBl. I 171/2006) nicht ausgeschlossen, dass deren Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Partei im Ergebnis nachteilig war.
Die beschwerdeführende Partei wurde also durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung und einer rechtswidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt.
Die Bescheide waren daher aufzuheben.
III. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. Der beschwerdeführenden Partei war der mit € 1.800,-- pauschaliert bemessene (einfache) Beschwerdeaufwand zuzusprechen, weil es ihr sowohl in zeitlicher als auch in sachverhaltsmäßiger und rechtlicher Hinsicht möglich gewesen wäre, eine gemeinsame Beschwerde gegen mehrere vom Sachverhalt und der rechtlichen Beurteilung her gleich gelagerte Bescheide einzubringen (vgl. VfGH 1.10.2001, B544-549/01 ua.; VfSlg. 16.525/2002). Im zugesprochenen Betrag ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,-- sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 540,-- enthalten.
Schlagworte
VfGH / Anlaßfall, VfGH / KostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2007:B380.2005Dokumentnummer
JFT_09929685_05B00380_00