TE Bvwg Erkenntnis 2024/5/31 W192 2197688-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.05.2024
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Entscheidungsdatum

31.05.2024

Norm

AsylG 2005 §6 Abs1 Z4
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs3a
AsylG 2005 §9 Abs2
AsylG 2005 §9 Abs2 Z3
B-VG Art133 Abs4
  1. AsylG 2005 § 7 heute
  2. AsylG 2005 § 7 gültig ab 01.09.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018
  3. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.11.2017 bis 31.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  5. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.06.2016 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 24/2016
  6. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.01.2014 bis 31.05.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  7. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  8. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.07.2008 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  9. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2008
  1. AsylG 2005 § 7 heute
  2. AsylG 2005 § 7 gültig ab 01.09.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018
  3. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.11.2017 bis 31.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  5. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.06.2016 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 24/2016
  6. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.01.2014 bis 31.05.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  7. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  8. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.07.2008 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  9. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2008
  1. AsylG 2005 § 8 heute
  2. AsylG 2005 § 8 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  3. AsylG 2005 § 8 gültig ab 01.11.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. AsylG 2005 § 8 gültig von 01.01.2014 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  5. AsylG 2005 § 8 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  6. AsylG 2005 § 8 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  7. AsylG 2005 § 8 gültig von 01.01.2006 bis 31.12.2009
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W192 2197688-3/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Ruso über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.11.2023, Zl. 1101394905/220634660, zu Recht: Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Ruso über die Beschwerde von römisch XXXX , geboren am römisch XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.11.2023, Zl. 1101394905/220634660, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässigB) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste in das Bundesgebiet ein und stellte am 18.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 27.04.2018, Zl. 1101394905/160038768, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vollinhaltlich abgewiesen, dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan festgestellt und eine Frist für die freiwillige Ausreise festgesetzt. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht eine Beschwerde.

1.3. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.10.2021, Zl. W177 2197688-2/25E, wurde dem Beschwerdeführer - nach zwischenweiliger Behebung einer in einem wiederaufgenommenen Verfahren erfolgten kassatorischen Entscheidung des Bundesveraltungsgerichts durch den Verwaltungsgerichtshof – abgeleitet von seiner Ehegattin letztlich gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. 1.3. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.10.2021, Zl. W177 2197688-2/25E, wurde dem Beschwerdeführer - nach zwischenweiliger Behebung einer in einem wiederaufgenommenen Verfahren erfolgten kassatorischen Entscheidung des Bundesveraltungsgerichts durch den Verwaltungsgerichtshof – abgeleitet von seiner Ehegattin letztlich gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 34, Absatz 2, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

2.1. Am 22.03.2022 wurde das BFA davon verständigt, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des zuständigen Landesgerichtes vom 19.04.2021, rechtskräftig mit 07.02.2022, wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 201 Abs. 1, 15 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt wurde.2.1. Am 22.03.2022 wurde das BFA davon verständigt, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des zuständigen Landesgerichtes vom 19.04.2021, rechtskräftig mit 07.02.2022, wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach Paragraphen 201, Absatz eins,, 15 Absatz eins, StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt wurde.

Mit Aktenvermerk vom 23.03.2022 wurde seitens des BFA hinsichtlich des erteilten Status des Asylberechtigten ein Aberkennungsverfahren eingeleitet.

2.2. Mit Schreiben des BFA vom 05.05.2022 wurde der Beschwerdeführer davon in Kenntnis gesetzt, dass beabsichtigt sei, ihm gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 AsylG den Status des Asylberechtigten abzuerkennen. Gleichzeitig wurde ihm das aktuelle Länderinformationsblatt zu Afghanistan übermittelt und eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme binnen zwei Wochen eingeräumt. 2.2. Mit Schreiben des BFA vom 05.05.2022 wurde der Beschwerdeführer davon in Kenntnis gesetzt, dass beabsichtigt sei, ihm gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG den Status des Asylberechtigten abzuerkennen. Gleichzeitig wurde ihm das aktuelle Länderinformationsblatt zu Afghanistan übermittelt und eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme binnen zwei Wochen eingeräumt.

Mit Stellungnahme vom 11.07.2022 brachte der Beschwerdeführer vor, dass dieser eine sehr gute Beziehung zu seiner unmündigen minderjährigen Tochter habe. Er habe sich, auch als kein Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt mehr stattgefunden habe, an die vereinbarten Kontakte im Rahmen des Besuchsrechts gehalten. Auch bestehe zu seiner ebenfalls in Österreich lebenden Schwester, die anerkannter Flüchtling sei, ein regelmäßiger und intensiver Kontakt. Der Beschwerdeführer sei mittlerweile zum christlichen Glauben konvertiert und sei er in einer evangelischen Pfarre am 16.04.2022 getauft worden. Er besuche seit Mai 2022 regelmäßig die wöchentlichen Gottesdienste in der Justizanstalt. Der Beschwerdeführer sei aus innerer Überzeugung zum christlichen Glauben konvertiert und sei es ihm nicht möglich, diesen Glauben, der mittlerweile fester Bestandteil seines Lebens geworden sei, bei einer zwangsweisen Abschiebung nach Afghanistan weiter auszuüben. Den aktuellen Länderberichten sei zu entnehmen, dass die Sicherheitssituation vor dem Hintergrund der Machübernahme durch die Taliban nach wie vor prekär sei.

Der Beschwerdeführer legte unter einem folgende Unterlagen jeweils in Kopie vor: Taufschein, Bestätigung Besuch Taufvorbereitungskurs, Zwei Bestätigungen eines Pfarrers, Bericht „Amnesty International Afghanistan Report“ 2021/2022, Geburtsurkunde, DNA-Gutachten zur Vaterschaft bezüglich der Tochter des Beschwerdeführers, Kontaktrecht-Vereinbarung.

2.3. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA wurde dem Beschwerdeführer der ihm mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.08.2021, Zl. W177 2197688-2/25E, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 aberkannt und festgestellt, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 7 Abs. 4 AsylG die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.). Unter einem wurde ihm gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt und festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG unzulässig ist (Spruchpunkt II.). 2.3. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA wurde dem Beschwerdeführer der ihm mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.08.2021, Zl. W177 2197688-2/25E, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 aberkannt und festgestellt, dass dem Beschwerdeführer gemäß Paragraph 7, Absatz 4, AsylG die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukommt (Spruchpunkt römisch eins.). Unter einem wurde ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 3 a, in Verbindung mit Paragraph 9, Absatz 2, AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt und festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan gemäß Paragraph 8, Absatz 3 a, in Verbindung mit Paragraph 9, Absatz 2, AsylG unzulässig ist (Spruchpunkt römisch II.).

Begründend stellte das BFA zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten fest, dass der Beschwerdeführer mit Urteil vom 19.04.2021 des zuständigen Landesgerichtes wegen des Verbrechens der Vergewaltigung gemäß §§ 201 Abs. 1, 15 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt und durch diese Tat der Ausschlusstatbestand des besonders schweren Verbrechens im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 4 AsylG erfüllt worden sei. Die in seinem Asylverfahren vorgebrachten Fluchtgründe seien nicht glaubhaft und habe er den Asylstatus aufgrund der Familienzugehörigkeit zu seiner Tochter bzw. Gattin erhalten. Eine Aberkennung aufgrund einer Lageänderung sei in seinem Fall nicht indiziert. Rechtlich folge daraus, dass dem Beschwerdeführer daher der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 AsylG 2005 abzuerkennen sei, der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG nicht zuzuerkennen und sein Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 46 Abs. 1 Z. 2 FPG geduldet wäre. Begründend stellte das BFA zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten fest, dass der Beschwerdeführer mit Urteil vom 19.04.2021 des zuständigen Landesgerichtes wegen des Verbrechens der Vergewaltigung gemäß Paragraphen 201, Absatz eins,, 15 Absatz eins, StGB unter Anwendung des Paragraph 28, StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt und durch diese Tat der Ausschlusstatbestand des besonders schweren Verbrechens im Sinne des Paragraph 6, Absatz eins, Ziffer 4, AsylG erfüllt worden sei. Die in seinem Asylverfahren vorgebrachten Fluchtgründe seien nicht glaubhaft und habe er den Asylstatus aufgrund der Familienzugehörigkeit zu seiner Tochter bzw. Gattin erhalten. Eine Aberkennung aufgrund einer Lageänderung sei in seinem Fall nicht indiziert. Rechtlich folge daraus, dass dem Beschwerdeführer daher der Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 7, Absatz eins, AsylG 2005 abzuerkennen sei, der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz 3 a, in Verbindung mit Paragraph 9, Absatz 2, AsylG nicht zuzuerkennen und sein Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Paragraph 46, Absatz eins, Ziffer 2, FPG geduldet wäre.

2.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen bevollmächtigten Vertreter mit Schriftsatz vom 30.11.2023 vollumfänglich fristgerecht Beschwerde. Begründend wurde ausgeführt, dass die Behörde ihrer Pflicht zur amtswegigen Erforschung des maßgeblichen Sachverhalts nicht nachgekommen sei und etwa die private und familiäre Situation des Beschwerdeführers genauer ermitteln hätte müssen. Der Beschwerdeführer spreche moderat Deutsch, habe seit seiner erstmaligen Inhaftierung stets gearbeitet und weise dabei eine gute Führung auf. Zudem besuche er derzeit in der Haft eine Therapie, die unter anderem speziell der Auseinandersetzung mit seinem Sexualdelikt diene. Er habe zu seiner in Österreich lebenden Tochter ein enges Verhältnis, zudem habe er auch Freunde in Österreich. Auch hätte die Behörde zur ordentlichen Erstellung einer Zukunftsprognose weitere Kriterien wie unter anderem die Art der Straftat, die verursachten Schäden oder das Verhalten des Beschwerdeführers nach der Tat genau ermitteln und in ihre Entscheidung einbeziehen müssen. Bei der im Falle des Beschwerdeführers verhängten Freiheitsstrafe von drei Jahren handle es sich um eine geringe Strafe gemessen am Gesamtstrafrahmen von zwei bis zehn Jahren, was für ein starkes Vorliegen von Milderungsgründen, günstigen spezialpräventiven Umständen und gegen die Schwere der Straftat spreche. Zudem sei der Beschwerdeführer vor dieser Strafe gerichtlich unbescholten gewesen. Der Behörde sei daher vorzuwerfen, dass sie keine objektive und rechtmäßige Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers vorgenommen habe und hätte seine Zukunftsprognose jedenfalls positiv ausfallen müssen.

Die belangte Behörde habe sich überdies nie einen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer im Rahmen einer mündlichen Einvernahme verschafft und sei das Ermittlungsverfahren auch aus diesem Grund mangelhaft. Dem angefochtenen Bescheid sei weiters nicht zu entnehmen, dass beim Beschwerdeführer sämtliche Voraussetzungen für den Asylausschlussgrund des § 6 Abs. 1 Z. 4 AsylG vorliegen würden. Es fänden sich etwa im Bescheid keine nachvollziehbaren Angaben zur Gemeingefährlichkeit des Beschwerdeführers oder zu allfälligen Milderungsgründen. Auch führe die Behörde nicht aus, warum es sich im Einzelfall um ein besonders schweres Verbrechen handle. Aus den angeführten Gründen sei die Aberkennung des Status des Asylberechtigten rechtswidrig erfolgt und sei der angefochtene Bescheid daher zu beheben. Die belangte Behörde habe sich überdies nie einen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer im Rahmen einer mündlichen Einvernahme verschafft und sei das Ermittlungsverfahren auch aus diesem Grund mangelhaft. Dem angefochtenen Bescheid sei weiters nicht zu entnehmen, dass beim Beschwerdeführer sämtliche Voraussetzungen für den Asylausschlussgrund des Paragraph 6, Absatz eins, Ziffer 4, AsylG vorliegen würden. Es fänden sich etwa im Bescheid keine nachvollziehbaren Angaben zur Gemeingefährlichkeit des Beschwerdeführers oder zu allfälligen Milderungsgründen. Auch führe die Behörde nicht aus, warum es sich im Einzelfall um ein besonders schweres Verbrechen handle. Aus den angeführten Gründen sei die Aberkennung des Status des Asylberechtigten rechtswidrig erfolgt und sei der angefochtene Bescheid daher zu beheben.

Hinsichtlich der Nichtgewährung des subsidiären Schutzes sei auszuführen, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan jedenfalls eine Verletzung von Art. 2, 3 EMRK drohe und liege im gegenständlichen Fall kein Ausschlussgrund gemäß § 9 Abs. 2 Z. 3 AsylG vor. Es wäre dem Beschwerdeführer daher jedenfalls der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen. Vor dem Hintergrund des Urteils des EuGH in der Rechtssache C-369/17, Ahmed, sei bei der Anwendung des § 9 Abs. 2 Z. 3 AsylG 2005, welcher nach Intention des Gesetzgebers die Bestimmung des Art. 17 Abs. 1 lit. b der Statusrichtlinie umsetze, jedenfalls auch eine Einzelfallprüfung durchzuführen, ob eine „schwere Straftat“ im Sinne des Art. 17 Abs. 1 lit. b der Statusrichtlinie vorliege. Dabei sei die Schwere der fraglichen Straftat zu würdigen und eine vollständige Prüfung sämtlicher besonderer Umstände des jeweiligen Einzelfalls vorzunehmen. Eine Aberkennung des subsidiären Schutzes nach § 9 Abs. 2 Z. 3 AsylG 2005 könne nicht allein darauf gestützt werden, dass der Fremde wegen eines Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden sei. Bei dieser einzelfallbezogenen Würdigung seien auch die konkret verhängte Strafe und die Gründe für die Strafzumessung zu würdigen. Im Falle des Beschwerdeführers könne angenommen werden, dass dieser keine „schwere Straftat“ im Sinne des Art. 17 Abs. 1 lit. b der Statusrichtlinie begangen habe, sodass die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtswidrig erfolgt sei. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.Hinsichtlich der Nichtgewährung des subsidiären Schutzes sei auszuführen, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan jedenfalls eine Verletzung von Artikel 2,, 3 EMRK drohe und liege im gegenständlichen Fall kein Ausschlussgrund gemäß Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 3, AsylG vor. Es wäre dem Beschwerdeführer daher jedenfalls der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen. Vor dem Hintergrund des Urteils des EuGH in der Rechtssache C-369/17, Ahmed, sei bei der Anwendung des Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 3, AsylG 2005, welcher nach Intention des Gesetzgebers die Bestimmung des Artikel 17, Absatz eins, Litera b, der Statusrichtlinie umsetze, jedenfalls auch eine Einzelfallprüfung durchzuführen, ob eine „schwere Straftat“ im Sinne des Artikel 17, Absatz eins, Litera b, der Statusrichtlinie vorliege. Dabei sei die Schwere der fraglichen Straftat zu würdigen und eine vollständige Prüfung sämtlicher besonderer Umstände des jeweiligen Einzelfalls vorzunehmen. Eine Aberkennung des subsidiären Schutzes nach Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 3, AsylG 2005 könne nicht allein darauf gestützt werden, dass der Fremde wegen eines Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden sei. Bei dieser einzelfallbezogenen Würdigung seien auch die konkret verhängte Strafe und die Gründe für die Strafzumessung zu würdigen. Im Falle des Beschwerdeführers könne angenommen werden, dass dieser keine „schwere Straftat“ im Sinne des Artikel 17, Absatz eins, Litera b, der Statusrichtlinie begangen habe, sodass die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtswidrig erfolgt sei. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

Beigefügt wurden der Beschwerde folgende Unterlagen: Beschäftigungsbestätigung und Führungszeugnis der zuständigen Justizanstalt, Therapievereinbarung, Therapiebestätigung, Brief und Foto der Tochter des Beschwerdeführers.

2.5. Mit Schreiben vom 29.01.2024 legte der Beschwerdeführer ein Empfehlungsschreiben des evangelischen Gefängnisseelsorgers der Justizanstalt, in welcher er inhaftiert war, vor, mit weiterem Schreiben vom 13.05.2024 folgende Unterlagen: Meldung zur Arbeitsaufnahme, Arbeitsvertrag, Entlassungsbestätigung der Justizanstalt, Meldezettel.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und bekannte sich jedenfalls bis zum Verlassen seines Herkunftslandes zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Er stammt aus der afghanischen Provinz Maidan Wardak, in welcher er bis zum Alter von ca. 13 Jahren lebte und sodann mit seiner Familie in den Iran verzog, wo er bis zu seiner Ausreise nach Europa im Jahr 2015 lebte. Er spricht Dari. Er verfügt über eine siebenjährige Schulbildung im Herkunftsstaat und war im Iran für mehrere Jahre als Elektriker berufstätig. Die Mutter und Geschwister des Beschwerdeführers leben im Iran. Der Beschwerdeführer hat keinen Kontakt zu allfälligen im Herkunftsland lebenden Angehörigen.

Beim Beschwerdeführer liegt keine schwerwiegende Erkrankung vor. Er ist arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer ist geschieden. Er hat mit einer afghanischen Staatsbürgerin, die in Österreich asylberechtigt ist, eine gemeinsame nunmehr neunjährige Tochter. Der Beschwerdeführer hat von 19.01.2016 bis 07.08.2018 und sodann von 07.11.2018 bis 03.09.2019 im gemeinsamen Haushalt mit seiner nunmehr geschiedenen Ehegattin und dem gemeinsamen Kind gelebt.

Im österreichischen Bundesgebiet lebt eine Schwester des Beschwerdeführers, die asylberechtigt ist.

Der Beschwerdeführer war in Österreich von 01.10.2019 bis 07.02.2020 und von 25.03.2020 bis 18.03.2022 als Arbeiter beschäftigt und bezog von 03.04.2022 bis 18.04.2022 sowie von 20.04.2024 bis 05.05.2024 Arbeitslosengeld. Er ist seit 06.05.2024 als Hilfsarbeiter in einem Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen mit einer wöchentlichen Normalarbeitszeit von 38,50 Stunden beschäftigt.

Der Beschwerdeführer befand sich von 20.04.2022 bis 19.04.2024 in Haft. Der Beschwerdeführer wurde am 16.04.2022 in einer evangelischen Pfarrgemeinde getauft.

1.2. Zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten:

Der Beschwerdeführer stellte am 18.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Mit Bescheid des BFA vom 27.04.2018, Zl. 1101394905/160038768, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vollinhaltlich abgewiesen, dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan festgestellt und eine Frist für die freiwillige Ausreise festgesetzt.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.10.2021, Zl. W177 2197688-2/25E, wurde dem Beschwerdeführer letztlich abgeleitet von seiner Ehegattin gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.10.2021, Zl. W177 2197688-2/25E, wurde dem Beschwerdeführer letztlich abgeleitet von seiner Ehegattin gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 34, Absatz 2, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Dieser Status wurde dem Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 aberkannt und festgestellt, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 7 Abs. 4 AsylG die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.). Unter einem wurde ihm gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt und festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG unzulässig ist (Spruchpunkt II.). Dieser Status wurde dem Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 aberkannt und festgestellt, dass dem Beschwerdeführer gemäß Paragraph 7, Absatz 4, AsylG die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukommt (Spruchpunkt römisch eins.). Unter einem wurde ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 3 a, in Verbindung mit Paragraph 9, Absatz 2, AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt und festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan gemäß Paragraph 8, Absatz 3 a, in Verbindung mit Paragraph 9, Absatz 2, AsylG unzulässig ist (Spruchpunkt römisch II.).

1.3. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des zuständigen Landesgerichtes vom 19.04.2021 wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 201 Abs. 1, 15 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt. 1.3. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des zuständigen Landesgerichtes vom 19.04.2021 wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach Paragraphen 201, Absatz eins,, 15 Absatz eins, StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt.

Nach den Feststellungen des Strafgerichts hat der Beschwerdeführer im Zeitraum von Jänner 2018 bis August 2018 sowie ab 07.11.2018 bis zumindest April 2019 seine mittlerweile geschiedene Ehegattin in zahlreichen – zumindest zehn – Fällen mit Gewalt, nämlich vorwiegend durch Festhalten zur Überwindung ihrer Gegenwehr – bei zwei Übergriffen auch durch Drücken eines Polsters auf ihr Gesicht bzw. durch Zuhalten ihres Mundes zur Unterdrückung ihrer Schreie – und anschließendes bzw. gleichzeitiges gewaltsames Eindringen mit seinem Penis in ihre Vagina und Vollzug des Geschlechtsverkehrs zur Duldung des Beischlafs genötigt, bzw. in einem Fall zu versuchen genötigt.

Der Beschwerdeführer hat damit das Verbrechen der Vergewaltigung nach §§ 201 Abs. 1, 15 Abs. 1 StGB begangen. Der Beschwerdeführer hat damit das Verbrechen der Vergewaltigung nach Paragraphen 201, Absatz eins,, 15 Absatz eins, StGB begangen.

Bei der Strafbemessung wurden mildernd die bisherige Unbescholtenheit sowie der Umstand, dass die Tat in einem Fall beim Versuch geblieben ist und erschwerend das Zusammentreffen von zahlreichen (zumindest zehn) Tathandlungen eines Verbrechens, der lange Tatzeitraum sowie der Umstand, dass die Taten (Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmungsfreiheit) zum Nachteil einer Angehörigen, nämlich seiner Frau, begangen wurden, gewertet.

Zur subjektiven Tatseite wurde im Urteil ausgeführt, dass es dem Beschwerdeführer bei jedem dieser Übergriffe darauf ankam, seine geschiedene Ehegattin mit Gewalt, nämlich vorwiegend durch Festhalten zur Überwindung ihrer Gegenwehr, durch den dargestellten Faustschlag ins Gesicht sowie durch Drücken eines Polsters auf ihr Gesicht bzw. Zuhalten ihres Mundes zur Unterdrückung ihrer Schreie und anschließendes bzw. gleichzeitiges gewaltsames Eindringen mit seinem Penis in ihre Vagina, zur Duldung des Beischlafes zu nötigen, wobei die Tat in einem Fall infolge der heftigen Gegenwehr des Opfers beim Versuch blieb.

Die Rechtskraft der Verurteilung ist mit 07.02.2022 eingetreten.u

Der Beschwerdeführer zeigte sich im zwar Strafverfahren weder geständig noch reumütig, sondern gab er an, dass es niemals zu einem nicht einvernehmlichen Geschlechtsverkehr zwischen ihm und seiner geschiedenen Ehegattin gekommen sei. Ebenso finden sich weder in der vom Beschwerdeführer abgegebenen schriftlichen Stellungnahme noch in seinem Beschwerdeschriftsatz Ausführungen, wonach er zu seinen Taten stehen und diese bereuen würde.

1.4. Die der Verurteilung zugrundeliegenden strafbaren Handlungen stellen unter Berücksichtigung der Tatumstände, der Strafe sowie der Erschwerungs- und Milderungsgründe, ein „besonders schweres Verbrechen“ dar.

Aufgrund der strafgerichtlichen Verurteilung wegen des Verbrechens der Vergewaltigung liegt gegenständlich ein Asylausschlussgrund vor.

Es wird die mit der Beschwerde nicht in Zweifel gezogene Beurteilung des angefochtenen Bescheids, dass eine Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat Afghanistan derzeit nicht zumutbar erscheint und die Rückführung in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verletzung des Art. 2 und 3 EMRK darstellen würde, zugrunde gelegt.Es wird die mit der Beschwerde nicht in Zweifel gezogene Beurteilung des angefochtenen Bescheids, dass eine Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat Afghanistan derzeit nicht zumutbar erscheint und die Rückführung in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verletzung des Artikel 2 und 3 EMRK darstellen würde, zugrunde gelegt.

2. Zur Situation in Afghanistan:

Politische Lage

Letzte Änderung 2023-09-21 13:02

Die politischen Rahmenbedingungen in Afghanistan haben sich mit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 grundlegend verändert (AA 26.6.2023). Die Taliban sind zu der ausgrenzenden, auf die Paschtunen ausgerichteten, autokratischen Politik der Taliban-Regierung der späten 1990er-Jahre zurückgekehrt (UNSC 1.6.2023). Sie bezeichnen ihre Regierung als das "Islamische Emirat Afghanistan" (USIP 17.8.2022; vgl. VOA 1.10.2021), den Titel des ersten Regimes, das sie in den 1990er-Jahren errichteten, und den sie während ihres zwei Jahrzehnte andauernden Aufstands auch für sich selbst verwendeten. Das Emirat ist um einen obersten Führer, den Emir, herum organisiert, von dem man glaubt, dass er von Gott mit der Autorität ausgestattet ist, alle Angelegenheiten des Staates und der Gesellschaft zu beaufsichtigen. Seit ihrer Machtübernahme hat die Gruppe jedoch nur vage erklärt, dass sie im Einklang mit dem "islamischen Recht und den afghanischen Werten" regieren wird, und hat nur selten die rechtlichen oder politischen Grundsätze dargelegt, die ihre Regeln und Verhaltensweisen bestimmen (USIP 17.8.2022). Die Verfassung von 2004 ist de facto ausgehebelt. Ankündigungen über die Erarbeitung einer neuen Verfassung sind bislang ohne sichtbare Folgen geblieben. Die Taliban haben begonnen, staatliche und institutionelle Strukturen an ihre religiösen und politischen Vorstellungen anzupassen. Im September 2022 betonte der Justizminister der Taliban, dass eine Verfassung für Afghanistan nicht notwendig sei (AA 26.6.2023). Die politischen Rahmenbedingungen in Afghanistan haben sich mit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 grundlegend verändert (AA 26.6.2023). Die Taliban sind zu der ausgrenzenden, auf die Paschtunen ausgerichteten, autokratischen Politik der Taliban-Regierung der späten 1990er-Jahre zurückgekehrt (UNSC 1.6.2023). Sie bezeichnen ihre Regierung als das "Islamische Emirat Afghanistan" (USIP 17.8.2022; vergleiche VOA 1.10.2021), den Titel des ersten Regimes, das sie in den 1990er-Jahren errichteten, und den sie während ihres zwei Jahrzehnte andauernden Aufstands auch für sich selbst verwendeten. Das Emirat ist um einen obersten Führer, den Emir, herum organisiert, von dem man glaubt, dass er von Gott mit der Autorität ausgestattet ist, alle Angelegenheiten des Staates und der Gesellschaft zu beaufsichtigen. Seit ihrer Machtübernahme hat die Gruppe jedoch nur vage erklärt, dass sie im Einklang mit dem "islamischen Recht und den afghanischen Werten" regieren wird, und hat nur selten die rechtlichen oder politischen Grundsätze dargelegt, die ihre Regeln und Verhaltensweisen bestimmen (USIP 17.8.2022). Die Verfassung von 2004 ist de facto ausgehebelt. Ankündigungen über die Erarbeitung einer neuen Verfassung sind bislang ohne sichtbare Folgen geblieben. Die Taliban haben begonnen, staatliche und institutionelle Strukturen an ihre religiösen und politischen Vorstellungen anzupassen. Im September 2022 betonte der Justizminister der Taliban, dass eine Verfassung für Afghanistan nicht notwendig sei (AA 26.6.2023).

Nach ihrer Machtübernahme in Afghanistan übernahmen die Taliban auch schnell staatliche Institutionen (USIP 17.8.2022) und erklärten Haibatullah Akhundzada zu ihrem obersten Führer (Afghan Bios 7.7.2022a; vgl. REU 7.9.2021a; VOA 19.8.2021). Er kündigte an, dass alle Regierungsangelegenheiten und das Leben in Afghanistan den Gesetzen der Scharia unterworfen werden (ORF 8.9.2021; vgl. DIP 4.1.2023). Haibatullah hat sich dem Druck von außen, seine Politik zu mäßigen, widersetzt (UNSC 1.6.2023) und baut seinen Einfluss auf Regierungsentscheidungen auf nationaler und subnationaler Ebene auch im Jahr 2023 weiter aus (UNGA 20.6.2023). Es gibt keine Anzeichen dafür, dass andere in Kabul ansässige Taliban-Führer die Politik wesentlich beeinflussen können. Kurz- bis mittelfristig bestehen kaum Aussichten auf eine Änderung (UNSC 1.6.2023). Innerhalb weniger Wochen kündigten die Taliban "Interims"-Besetzungen für alle Ministerien bis auf ein einziges an, wobei die Organisationsstruktur der vorherigen Regierung beibehalten wurde (USIP 17.8.2022) - das Ministerium für Frauenangelegenheiten blieb unbesetzt und wurde später aufgelöst (USIP 17.8.2022; vgl. HRW 4.10.2021). Alle amtierenden Minister waren hochrangige Taliban-Führer; es wurden keine externen politischen Persönlichkeiten ernannt, die überwältigende Mehrheit war paschtunisch, und alle waren Männer. Seitdem haben die Taliban die interne Struktur verschiedener Ministerien mehrfach geändert und das Ministerium für die Verbreitung der Tugend und die Verhütung des Lasters wiederbelebt, das in den 1990er-Jahren als strenge "Sittenpolizei" berüchtigt war, die strenge Vorschriften für das soziale Verhalten durchsetzte (USIP 17.8.2022). Bezüglich der Verwaltung haben die Taliban Mitte August 2021 nach und nach die Behörden und Ministerien übernommen. Sie riefen die bisherigen Beamten und Regierungsmitarbeiter dazu auf, wieder in den Dienst zurückzukehren, ein Aufruf, dem manche von ihnen auch folgten (ICG 24.8.2021; vgl. USDOS 12.4.2022a), wobei weibliche Angestellte aufgefordert wurden, zu Hause zu bleiben (BBC 19.9.2021; vgl. GD 20.9.2021). Die für die Wahlen zuständigen Institutionen, sowie die Unabhängige Menschenrechtskommission, der Nationale Sicherheitsrat und die Sekretariate der Parlamentskammern wurden abgeschafft (AA 26.6.2023).Nach ihrer Machtübernahme in Afghanistan übernahmen die Taliban auch schnell staatliche Institutionen (USIP 17.8.2022) und erklärten Haibatullah Akhundzada zu ihrem obersten Führer (Afghan Bios 7.7.2022a; vergleiche REU 7.9.2021a; VOA 19.8.2021). Er kündigte an, dass alle Regierungsangelegenheiten und das Leben in Afghanistan den Gesetzen der Scharia unterworfen werden (ORF 8.9.2021; vergleiche DIP 4.1.2023). Haibatullah hat sich dem Druck von außen, seine Politik zu mäßigen, widersetzt (UNSC 1.6.2023) und baut seinen Einfluss auf Regierungsentscheidungen auf nationaler und subnationaler Ebene auch im Jahr 2023 weiter aus (UNGA 20.6.2023). Es gibt keine Anzeichen dafür, dass andere in Kabul ansässige Taliban-Führer die Politik wesentlich beeinflussen können. Kurz- bis mittelfristig bestehen kaum Aussichten auf eine Änderung (UNSC 1.6.2023). Innerhalb weniger Wochen kündigten die Taliban "Interims"-Besetzungen für alle Ministerien bis auf ein einziges an, wobei die Organisationsstruktur der vorherigen Regierung beibehalten wurde (USIP 17.8.2022) - das Ministerium für Frauenangelegenheiten blieb unbesetzt und wurde später aufgelöst (USIP 17.8.2022; vergleiche HRW 4.10.2021). Alle amtierenden Minister waren hochrangige Taliban-Führer; es wurden keine externen politischen Persönlichkeiten ernannt, die überwältigende Mehrheit war paschtunisch, und alle waren Männer. Seitdem haben die Taliban die interne Struktur verschiedener Ministerien mehrfach geändert und das Ministerium für die Verbreitung der Tugend und die Verhütung des Lasters wiederbelebt, das in den 1990er-Jahren als strenge "Sittenpolizei" berüchtigt war, die strenge Vorschriften für das soziale Verhalten durchsetzte (USIP 17.8.2022). Bezüglich der Verwaltung haben die Taliban Mitte August 2021 nach und nach die Behörden und Ministerien übernommen. Sie riefen die bisherigen Beamten und Regierungsmitarbeiter dazu auf, wieder in den Dienst zurückzukehren, ein Aufruf, dem manche von ihnen auch folgten (ICG 24.8.2021; vergleiche USDOS 12.4.2022a), wobei weibliche Angestellte aufgefordert wurden, zu Hause zu bleiben (BBC 19.9.2021; vergleiche GD 20.9.2021). Die für die Wahlen zuständigen Institutionen, sowie die Unabhängige Menschenrechtskommission, der Nationale Sicherheitsrat und die Sekretariate der Parlamentskammern wurden abgeschafft (AA 26.6.2023).

Der Ernennung einer aus 33 Mitgliedern bestehenden geschäftsführenden Übergangsregierung im September 2021 folgten zahlreiche Neuernennungen und Umbesetzungen auf nationaler, Provinz- und Distriktebene in den folgenden Monaten, wobei Frauen weiterhin gar nicht und nicht-paschtunische Bevölkerungsgruppen nur in geringem Umfang berücksichtigt wurden (AA 26.6.2023).

Die neue Regierung wird von Mohammad Hassan Akhund geführt. Er ist Vorsitzender der Minister, eine Art Premierminister. Akhund ist ein wenig bekanntes Mitglied des höchsten Führungszirkels der Taliban, der sogenannten Rahbari-Schura, besser bekannt als Quetta-Schura (NZZ 8.9.2021; vgl. REU 7.9.2021b, Afghan Bios 18.7.2023a).Die neue Regierung wird von Mohammad Hassan Akhund geführt. Er ist Vorsitzender der Minister, eine Art Premierminister. Akhund ist ein wenig bekanntes Mitglied des höchsten Führungszirkels der Taliban, der sogenannten Rahbari-Schura, besser bekannt als Quetta-Schura (NZZ 8.9.2021; vergleiche REU 7.9.2021b, Afghan Bios 18.7.2023a).

Stellvertretende vorläufige Premierminister sind Abdul Ghani Baradar (AJ 7.9.2021; vgl. REU 7.9.2021b, Afghan Bios 16.2.2022) der die Taliban bei den Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten in Doha vertrat und das Abkommen mit ihnen am 29.2.2021 unterzeichnete (AJ 7.9.2021; vgl. VOA 29.2.2020) und Abdul Salam Hanafi (REU 7.9.2021b; vgl. Afghan Bios 7.7.2022b) der unter dem ersten Taliban-Regime Bildungsminister war (Afghan Bios 7.7.2022b; vgl. UNSC o.D.a). Im Oktober 2021 wurde Maulvi Abdul Kabir zum dritten stellvertretenden Premierminister ernannt (Afghan Bios 18.7.2023b; vgl. 8am 5.10.2021, UNGA 28.1.2022).Stellvertretende vorläufige Premierminister sind Abdul Ghani Baradar (AJ 7.9.2021; vergleiche REU 7.9.2021b, Afghan Bios 16.2.2022) der die Taliban bei den Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten in Doha vertrat und das Abkommen mit ihnen am 29.2.2021 unterzeichnete (AJ 7.9.2021; vergleiche VOA 29.2.2020) und Abdul Salam Hanafi (REU 7.9.2021b; vergleiche Afghan Bios 7.7.2022b) der unter dem ersten Taliban-Regime Bildungsminister war (Afghan Bios 7.7.2022b; vergleiche UNSC o.D.a). Im Oktober 2021 wurde Maulvi Abdul Kabir zum dritten stellvertretenden Premierminister ernannt (Afghan Bios 18.7.2023b; vergleiche 8am 5.10.2021, UNGA 28.1.2022).

Weitere Mitglieder der vorläufigen Taliban-Regierung sind unter anderem Sirajuddin Haqqani, der Leiter des Haqqani-Netzwerkes (Afghan Bios 4.3.2023; vgl. JF 5.11.2021) als Innenminister (REU 7.9.2021b; vgl. Afghan Bios 4.3.2023) und Amir Khan Mattaqi als Außenminister (REU 7.9.2021b; vgl. Afghan Bios 1.3.2023) welcher die Taliban bei den Verhandlungen mit den Vereinten Nationen vertrat und im ersten Taliban-Regime unter anderem den Posten des Kulturministers innehatte (Afghan Bios 1.3.2023; vgl. UNSC o.D.b). Der Verteidigungsminister der vorläufigen Taliban-Regierung ist Mohammed Yaqoob (REU 7.9.2021b; vgl. Afghan Bios 4.5.2023) dem 2020 der Posten des militärischen Leiters der Taliban verliehen wurde (Afghan Bios 4.5.2023; vgl. RFE/RL 29.8.2020). Auch hohe Beamte auf subnationaler Ebene, darunter Provinzgouverneure, Polizeichefs, Abteilungsleiter, Bürgermeister und Distriktgouverneure, wurden in weiterer Folge ernannt (UNGA 28.1.2022; vgl. 8am 5.10.2021). Weitere Mitglieder der vorläufigen Taliban-Regierung sind unter anderem Sirajuddin Haqqani, der Leiter des Haqqani-Netzwerkes (Afghan Bios 4.3.2023; vergleiche JF 5.11.2021) als Innenminister (REU 7.9.2021b; vergleiche Afghan Bios 4.3.2023) und Amir Khan Mattaqi als Außenminister (REU 7.9.2021b; vergleiche Afghan Bios 1.3.2023) welcher die Taliban bei den Verhandlungen mit den Vereinten Nationen vertrat und im ersten Taliban-Regime unter anderem den Posten des Kulturministers innehatte (Afghan Bios 1.3.2023; vergleiche UNSC o.D.b). Der Verteidigungsminister der vorläufigen Taliban-Regierung ist Mohammed Yaqoob (REU 7.9.2021b; vergleiche Afghan Bios 4.5.2023) dem 2020 der Posten des militärischen Leiters der Taliban verliehen wurde (Afghan Bios 4.5.2023; vergleiche RFE/RL 29.8.2020). Auch hohe Beamte auf subnationaler Ebene, darunter Provinzgouverneure, Polizeichefs, Abteilungsleiter, Bürgermeister und Distriktgouverneure, wurden in weiterer Folge ernannt (UNGA 28.1.2022; vergleiche 8am 5.10.2021).

Nach ihrer Machtübernahme kündigten hochrangige Taliban-Führer eine weitreichende Generalamnestie an, die Repressalien für Handlungen vor der Machtübernahme durch die Taliban untersagte, auch gegen Beamte und andere Personen, die mit der Regierung vor dem 15.8.2021 in Verbindung standen (USDOS 12.4.2022a; vgl. UNGA 28.1.2022). Es wird jedoch berichtet, dass diese Amnestie nicht konsequent eingehalten wurde, und es kam zu willkürlichen Verhaftungen, gezielten Tötungen und Angriffen auf ehemalige afghanische Regierungsmitarbeiter (ANI 20.7.2022; vgl. USDOS 20.3.2023, UNGA 28.1.2022).Nach ihrer Machtübernahme kündigten hochrangige Taliban-Führer eine weitreichende Generalamnestie an, die Repressalien für Handlungen vor der Machtübernahme durch die Taliban untersagte, auch gegen Beamte und andere Personen, die mit der Regierung vor dem 15.8.2021 in Verbindung standen (USDOS 12.4.2022a; vergleiche UNGA 28.1.2022). Es wird jedoch berichtet, dass diese Amnestie nicht konsequent eingehalten wurde, und es kam zu willkürlichen Verhaftungen, gezielten Tötungen und Angriffen auf ehemalige afghanische Regierungsmitarbeiter (ANI 20.7.2022; vergleiche USDOS 20.3.2023, UNGA 28.1.2022).

Sah es in den ersten sechs Monaten ihrer Herrschaft so aus, als ob das Kabinett unter dem Vorsitz des Premierministers die Regierungspolitik bestimmen würde, wurden die Minister in großen und kleinen Fragen zunehmend vom Emir, Haibatullah Akhundzada, überstimmt (USIP 17.8.2022). Diese Dynamik wurde am 23.3.2022 öffentlich sichtbar, als der Emir in letzter Minute die lange versprochene Rückkehr der Mädchen in die Oberschule kippte (USIP 17.8.2022; vgl. RFE/RL 24.3.2022, UNGA 15.6.2022), was Experten als ein Zeichen für eine Spaltung der Gruppe in Bezug auf die künftige Ausrichtung der Herrschaft in Afghanistan bezeichnen (GD 6.7.2022). Seitdem sind die Mädchenbildung und andere umstrittene Themen ins Stocken geraten, da pragmatische Taliban-Führer dem Emir nachgeben, der sich von ultrakonservativen Taliban-Klerikern beraten lässt. Ausländische Diplomaten haben begonnen, von "duellierenden Machtzentren" zwischen den in Kabul und Kandahar ansässigen Taliban zu sprechen (USIP 17.8.2022) und es gibt auch Kritik innerhalb der Taliban, beispielsweise als im Mai 2022 ein hochrangiger Taliban-Beamter als erster die Taliban-Führung offen für ihre repressive Politik in Afghanistan kritisierte (RFE/RL 3.6.2022a). Doch der Emir und sein Kreis von Beratern und Vertrauten in Kandahar kontrollieren nicht jeden Aspekt der Regierungsführung. Mehrere Ad-hoc-Ausschüsse wurden ernannt, um die Politik zu untersuchen und einen Konsens zu finden, während andere Ausschüsse Prozesse wie die Versöhnung und die Rückkehr politischer Persönlichkeiten nach Afghanistan umsetzen. Viele politische Maßnahmen unterscheiden sich immer noch stark von einer Provinz zur anderen des Landes. Die Taliban-Beamten haben sich, wie schon

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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