TE Bvwg Erkenntnis 2024/6/3 W191 2275969-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.06.2024
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

03.06.2024

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W191 2275969-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.06.2023, Zahl 1308490200-221657811, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.03.2024 zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn römisch XXXX , geboren am römisch XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.06.2023, Zahl 1308490200-221657811, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.03.2024 zu Recht:

A)

I.       Der Beschwerde wird stattgegeben XXXX gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.römisch eins.       Der Beschwerde wird stattgegeben römisch XXXX gemäß Paragraph 3, Absatz eins, Asylgesetz 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

II.      Gemäß § 3 Abs. 5 Asylgesetz 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.römisch II.      Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, Asylgesetz 2005 wird festgestellt, dass römisch XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

1. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste irregulär und schlepperunterstützt in das Bundesgebiet ein und stellte am 22.05.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste irregulär und schlepperunterstützt in das Bundesgebiet ein und stellte am 22.05.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).

Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass der BF am 10.03.2022 in Bulgarien im Zuge der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz erkennungsdienstlich behandelt worden war.

1.2. In seiner Erstbefragung am 23.05.2022 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Paschtu, gab der BF im Wesentlichen an, aus Afghanistan zu stammen, Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und 16 Jahre alt zu sein. Seine Eltern, vier Brüder und fünf Schwestern würden in Afghanistan leben. Einer seiner Brüder lebe in Österreich.

Er sei vor ca. acht Monaten ohne Reisedokument aus Afghanistan über Pakistan ausgereist und habe sich im Iran, der Türkei, Bulgarien und Serbien aufgehalten. Nach einer Durchreise über Ungarn sei er in Österreich angekommen. In Bulgarien hätte der BF nicht um internationalen Schutz angesucht, sondern nur seine Fingerabdrücke abgegeben.

Als Fluchtgrund gab der BF an, dass er wegen der Armut und Arbeitslosigkeit aus seinem Herkunftsland geflüchtet sei.

1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) hatte offenbar Zweifel an dem vom BF angegebenen Alter. Es erfolgte ein Handwurzelröntgen (Schreiben eines Facharztes von Röntgen am Ring vom 08.06.2022). Auf Nachfrage des BFA teilte der Facharzt mit, dass beim BF kein Schlüsselbein-CT durchgeführt werden könne. Ab diesem Zeitpunkt ging das BFA offenbar von der Minderjährigkeit des BF aus.

1.4. Bei seiner Einvernahme vor dem BFA am 11.01.2023, im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Paschtu und der Vertreterin des BF (Vermerk in Niederschrift, dass eine Obsorge für den BF beantragt worden sei und der Beschluss nachgereicht werde), legte der BF als Bescheinigungsmittel für sein Fluchtvorbringen Kopien von afghanischen Schriftstücken („Drohbriefe“) vor. Weiters legte er eine Kopie seiner Tazkira (afghanisches Personaldokument), ein Konvolut von Integrationsunterlagen und eine Firmenbestätigung seines in Österreich asylberechtigten Bruders vor.

In seiner Einvernahme korrigierte der BF zunächst einige Angaben aus dem Protokoll seiner Erstbefragung. Er hätte insgesamt sechs Brüder und fünf Schwestern. Sein ältester Bruder und die älteste Schwester würden sich seit ca. vier Jahren in den USA aufhalten. Ein Bruder würde sich in Belgien aufhalten und ein weiterer in Österreich. Seine Eltern und die weiteren Geschwister würden sich weiterhin in Afghanistan aufhalten. Von zwei Brüdern wisse er nicht, wo sie sich befänden. Seine Familie sei in Afghanistan nicht arm oder in finanziellen Schwierigkeiten gewesen, weil sie ein Glasgeschäft gehabt hätten und sein Bruder für die Amerikaner gearbeitet hätte.

Zu seinen Lebensumständen gab er an, dass er sunnitischer Moslem und ledig sei. Er stamme aus dem Dorf XXXX Bezirk Kaga, Provinz Nangarhar. Nach seiner Geburt sei seine Familie nach Jalalabad übersiedelt. Er habe neun Jahre die Grundschule besucht. Kontakt zu seinen Familienangehörigen in Afghanistan habe er regelmäßig.Zu seinen Lebensumständen gab er an, dass er sunnitischer Moslem und ledig sei. Er stamme aus dem Dorf römisch XXXX Bezirk Kaga, Provinz Nangarhar. Nach seiner Geburt sei seine Familie nach Jalalabad übersiedelt. Er habe neun Jahre die Grundschule besucht. Kontakt zu seinen Familienangehörigen in Afghanistan habe er regelmäßig.

Zu seinem Fluchtgrund befragt führte der BF im Wesentlichen aus, dass die Familie von Taliban bedroht und den Familienmitgliedern vorgeworfen worden sei, „Diener der Amerikaner“ zu sein, weil seine Brüder für Amerikaner gearbeitet hätten. Ihnen sei gesagt worden, dass sie keine Schule besuchen dürften, und sie hätten Drohbriefe erhalten. Befragt zu den bei der Einvernahme vorgelegten Schriftstücken und dem Inhalt der Drohbriefe gab der BF an, er wisse darüber nichts. Sein Vater hätte ihm diese vor zwei Tagen geschickt. Die Briefe hätte die Familie vor ca. zweieinhalb Jahren erhalten. Als die Taliban die Macht übernahmen, hätten sie den Vater des BF geschlagen. Das Haus sei durchsucht („durcheinander gebracht“) und der Vater befragt worden, wo sich die Söhne befänden. Der Vater hätte auch momentan keine Ruhe. Wären der BF und seine Brüder in Afghanistan geblieben, hätten die Taliban sie umgebracht.

Der BF gab befragt zu seinen Lebensumständen in Österreich an, er besuche den Deutsch-Basisbildungskurs, mache Sport und helfe bei Bedarf im Flüchtlingsheim. Sein Wunsch sei es, Deutsch zu lernen, eine Ausbildung bzw. Lehre abzuschließen und später – wie sein Bruder – für ein großes amerikanisches Unternehmen in Österreich zu arbeiten.

1.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit Bescheid vom 28.06.2023 den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 22.05.2022 gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für „1“ [ein] Jahr erteilt (Spruchpunkt III.). 1.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit Bescheid vom 28.06.2023 den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 22.05.2022 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG ab (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für „1“ [ein] Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).

In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des BF, zur Lage in seinem Herkunftsstaat sowie betreffend seine Situation im Fall einer Rückkehr. Der BF habe eine in Afghanistan bestehende und gegen ihn persönlich gerichtete Verfolgungsgefahr nicht glaubhaft darlegen können. Zum Fluchtvorbringen führte das BFA beweiswürdigend aus, dass sein Vorbringen zu abstrakt und unkonkret gewesen sei und darüber hinaus widersprüchlich dargestellt worden sei.

Aufgrund der aktuell schlechten Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan sei jedoch davon auszugehen, dass im Falle der Rückkehr eine erhöhte Gefahr für den BF nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne, sodass ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren sei.

1.6. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides brachte der BF mit Schreiben seines Vertreters vom 28.07.2023 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) ein. 1.6. Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides brachte der BF mit Schreiben seines Vertreters vom 28.07.2023 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) ein.

In der Beschwerdebegründung wurde zusammengefasst vorgebracht, dass die belangte Behörde es unterlassen hätte, zur beruflichen Tätigkeit der Brüder des BF für amerikanische Streitkräfte zu ermitteln. Der BF befürchte, aufgrund der ehemaligen Dolmetschertätigkeiten seiner Brüder für amerikanische Streitkräfte und seiner Stellung als Familienangehöriger seiner Brüder von den Taliban verfolgt zu werden. Es drohe ihm eine Verfolgung aufgrund der „Sippenhaftung“ im Zusammenhang mit einer ihm zumindest unterstellten politischen Gesinnung und aufgrund seiner Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie. Der Beschwerde beigelegt waren aktuelle Länderinformationen betreffend die Lage von Personen, die für ausländische Firmen oder Streitkräfte in Afghanistan gearbeitet haben, und die Praxis der Sippenhaftung.

Beantragt wurde unter anderem, eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen.

1.7. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 06.10.2023 wurde die Obsorge für den minderjährigen BF auf das Land Wien als Kinder- und Jugendhilfeträger übertragen.

1.8. Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses des BVwG wurde die gegenständliche Beschwerdesache der bis dahin zuständigen Gerichtsabteilung abgenommen und mit 10.01.2024 der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung neu zugewiesen.

1.9. Mit Eingabe vom 21.02.2024 gab der BF dem erkennenden Gericht bekannt, dass er die BBU GmbH mit der Vertretung im gegenständlichen Rechtsmittelverfahren bevollmächtigt habe.

1.10. Auf Ersuchen des erkennenden Gerichtes übermittelte das BFA am 27.02.2024 Niederschriften der Einvernahmen des in Österreich lebenden asylberechtigten Bruders (Niederschriften der Erstbefragung vom 24.12.2014 und der Befragung vor dem BFA vom 24.03.2016, Aktenvermerk des BFA vom 24.03.2016, Bescheid über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vom 25.03.2016).

1.11. Das BVwG führte am 11.03.2024 eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Paschtu durch, zu der der BF mit seiner gewillkürten Vertreterin und seinem in Österreich lebenden Bruder als Vertrauensperson persönlich erschien. Das BFA nahm an der Verhandlung unentschuldigt nicht teil.

Der BF legte im Rahmen der Beschwerdeverhandlung eine Behandlungsbestätigung der Caritas, wonach er klinisch-psychologische Beratungen in Anspruch nehme, und einen weiteren Integrationsbeleg vor.

Der BF machte auf richterliche Befragung Angaben, die im Wesentlichen mit seinen bisher im Verfahren gemachten Angaben über seine Herkunft, seine Lebensverhältnisse und seine Fluchtgründe übereinstimmten. Vermerkt wurde im Verhandlungsprotokoll, dass der BF einen niedergeschlagenen und traurigen Eindruck erweckte. Der Bruder des BF gab an, dass er den BF zunächst nicht wiedererkannt habe, als er diesen nach neun Jahren in Österreich wiedergesehen habe. Der BF sei in einer psychisch schlechten Verfassung.

Der BF beantwortete Fragen zu seinen Lebensumständen. Er wohne derzeit bei seinem Bruder, der mit ihm zu Hause auch Deutsch spreche. Er habe einen geregelten Tagesablauf und besuche nachmittags den Bildungskurs. Er besuche täglich ein Fitnesscenter und spiele mit seinen Freunden Fußball und Cricket.

Geboren und aufgewachsen sei der BF in Jalalabad. Für seinen Lebensunterhalt gesorgt habe damals sein Vater mit Einkünften aus dem Glasgeschäft. Gemeinsam mit zwei Brüdern sei er nach Europa aufgebrochen. Ein Bruder sei mit dem BF nach Österreich gereist und hätte die Reise daraufhin alleine nach Belgien fortgesetzt. Den anderen Bruder hätten sie im Iran verloren. Heute würde nur noch ein jüngerer Bruder in Afghanistan leben. Sein Vater betreibe weiterhin das Glasgeschäft. Ein Bruder würde in England leben.

Zu seinen Fluchtgründen befragt schilderte der BF sein Fluchtvorbringen in den wesentlichen Punkten übereinstimmend mit seinen Aussagen bei der Einvernahme vor dem BFA. So gab er an, Afghanistan verlassen zu haben, weil er eine Verfolgung durch die Taliban aufgrund der Tätigkeiten seiner Brüder in Afghanistan befürchte.

Die Taliban würden ihn umbringen, weil seine Brüder für die Amerikaner gearbeitet hätten.

Das erkennende Gericht brachte aktuelle Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des BF in das Verfahren ein (aufgelistet unter Punkt 2.).

Dem BF wurde auf Ersuchen seiner Vertreterin eine Nachfrist von sechs Wochen zur Nachbringung ergänzender Belege für sein Vorbringen eingeräumt.

Dem BFA wurde die Verhandlungsschrift samt Beilagen übermittelt. Es hat dazu keine Stellungnahme abgegeben.

1.12. Mit Eingabe vom 19.04.2024 innerhalb der gewährten Nachfrist legte der BF Folgendes vor:

o        Darstellung der Fluchtgründe des in Österreich lebenden Bruders des BF mit seiner Unterschrift

o        Handyfoto der ersten Seite des Bescheides über die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus des in Belgien lebenden Bruders des BF

o        Handyfoto des Reisepasses des in Belgien lebenden Bruders des BF

o        Darstellung der Fluchtgründe des in den USA lebenden Bruders des BF

o        Kopie des Führerscheines des in den USA lebenden Bruders des BF

o        Empfehlungsschreiben eines Kommandanten an die Konsularabteilung der US Botschaft in Kabul betreffend den in den USA lebenden Bruder des BF

Auch diese Eingabe wurde dem BFA übermittelt.

2. Beweisaufnahme:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

?        Einsicht in den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend die Niederschrift der Erstbefragung am 23.05.2022, Schreiben eines Facharztes von Röntgen am Ring vom 08.06.2022 betreffend das Alter des BF, die Niederschrift der Einvernahme vor dem BFA am 11.01.2023, die vorgelegten Bescheinigungsmittel des BF zu seinem Fluchtgrund, den angefochtenen Bescheid sowie die gegenständliche Beschwerde samt Beilagen

?        Einsicht in Schriftstücke des BFA, welche das Asylverfahren des in Österreich lebenden Bruders des BF betreffen

?        Einsicht in Dokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat des BF im erstbehördlichen Verfahren (offenbar Auszug aus der Länderinformation der Staatendokumentation des BFA, Aktenseiten 159 bis 229)

?        Einvernahme des BF im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 15.03.2023

?        Einsicht in folgende in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 11.03.2023 zusätzlich in das Verfahren eingebrachte Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des BF:

o        Feststellungen und Berichte betreffend Afghanistan (Auszüge aus der Länderinformation der Staatendokumentation des BFA betreffend die allgemeine Lage im Herkunftsstaat sowie in Ost-Afghanistan)

o        UNHCR-Leitlinien zum internationalen Schutzbedarf von Personen, die aus Afghanistan fliehen (Update I - Stand Februar 2023 samt Anmerkungen)o        UNHCR-Leitlinien zum internationalen Schutzbedarf von Personen, die aus Afghanistan fliehen (Update römisch eins - Stand Februar 2023 samt Anmerkungen)

?        Einsicht in die vom BF im Beschwerdeverfahren ergänzend vorgelegten Belege (aufgelistet oben unter Punkt 1.12.

3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):

Das BVwG geht auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen, glaubhaft gemachten Sachverhalt aus:

3.1. Zur Person des BF:

3.1.1. Der BF führt den Namen XXXX , geboren am XXXX , ist afghanischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und sunnitischer Moslem. Die Muttersprache des BF ist Paschtu. Er spricht auch Dari und etwas Deutsch. Der BF ist ledig und kinderlos3.1.1. Der BF führt den Namen römisch XXXX , geboren am römisch XXXX , ist afghanischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und sunnitischer Moslem. Die Muttersprache des BF ist Paschtu. Er spricht auch Dari und etwas Deutsch. Der BF ist ledig und kinderlos

3.2. Zu den Lebensumständen des BF:

3.2.1. Der BF ist in der Stadt Jalalabad, Provinz Nangarhar, Afghanistan, geboren und aufgewachsen. Er besuchte neun Jahre lang die Schule. Seine Eltern und ein jüngerer Bruder leben in Afghanistan. Ein Bruder ist in Österreich aufenthaltsberechtigt. Ein weiterer Bruder ist in Belgien aufenthaltsberechtigt. Ein Bruder lebt in England. Ein weiterer Bruder lebt in den USA. Der Aufenthalt eines Bruders ist ungewiss. Der BF hat fünf Schwestern, von denen eine in den USA und vier in Afghanistan leben.

3.2.2. Der BF verließ seine Heimat aus angegebenen Gründen gemeinsam mit zwei seiner Brüder und reiste über Pakistan und weitere angeführte Länder bis nach Österreich, wo er am 22.05.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

3.2.3. Der BF zeigt sich um seine Integration in Österreich bemüht. Er besucht derzeit den Basisbildungskurs und lernt Deutsch. Er betreibt gerne Sport und hat im Verfahren Belege für seine Integration vorgebracht. Er möchte in Zukunft eine Ausbildung bzw. Lehre abschließen. Aus dem Empfehlungsschreiben des Roten Kreuzes, in dessen Betreuungseinrichtung der BF bis zum Umzug zu seinem Bruder wohnhaft war, geht hervor, dass er dem Betreuungsteam und anderen Mitbewohnern äußerst positiv aufgefallen sei. Er verhielt sich kooperativ, freundlich und half bei anfallenden Arbeiten im Haus freiwillig und ohne Aufforderung mit.

Der BF ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

3.3. Zu den Fluchtgründen des BF:

3.3.1. Der BF hat glaubhaft gemacht, dass ihm aufgrund der Tätigkeit seiner beiden Brüder für die amerikanische Armee Verfolgung durch die Taliban droht.

Aus den genannten Gründen hätte der BF bei einer Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine individuell gegen ihn gerichtete Verfolgung durch die Taliban zu erwarten. Es ist davon auszugehen, dass die vom BF vorgebrachte Bedrohung seit der Machtübernahme der Taliban in ganz Afghanistan zusätzlich an Aktualität und Intensität zugenommen hat und auch weiterhin besteht.

Aus den in das Verfahren eingebrachten Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des BF geht hervor, dass zielgerichtete und groß angelegte Vergeltungsmaßnahmen gegen ehemalige Angehörige der Regierung oder Sicherheitskräfte bislang nicht nachgewiesen werden konnten. Auch hätten die Taliban eine „Generalamnestie“ für Angehörige der ehemaligen Regierung und Sicherheitskräfte angekündigt.

Menschenrechtsorganisationen berichten allerdings über Entführungen und Ermordungen ehemaliger Angehöriger des Staatsapparats und der Sicherheitskräfte. Diese Fälle ließen sich zumindest teilweise eindeutig den Taliban-Sicherheitskräften zuordnen. Jedenfalls toleriere die Taliban-Regierung trotz gegenteiliger Aussagen Berichte über Verstöße gegen die Amnestie und verfolge diese nicht juristisch.

Zudem würden die Taliban außerhalb offizieller Kommunikation (u. a. in sozialen Medien) das Narrativ verbreiten, dass ehemalige Mitglieder bzw. Angestellte der Regierung und Personen, die mit ausländischen Regierungen gearbeitet haben, Verräter am Islam und an Afghanistan seien. Die Kampagnen der Taliban richten sich Berichten zufolge auch gegen Familienmitglieder ehemaliger Militär- und Polizeikräfte.

Eine innerstaatliche Fluchtalternative liegt somit im gegenständlichen Fall nicht vor.

3.3.2. Es liegen keine Gründe vor, nach denen der BF von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten auszuschließen wäre.

3.4. Zur Lage im Herkunftsstaat des BF:

3.4.1. Auszug aus der Länderinformation der Staatendokumentation des BFA zu Afghanistan (Stand 10.04.2024, Schreibfehler teilweise korrigiert):

„[…] 3 Politische Lage

Letzte Änderung 2024-04-05 15:33

Die politischen Rahmenbedingungen in Afghanistan haben sich mit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 grundlegend verändert (AA 26.6.2023). Die Taliban sind zu der ausgrenzenden, auf die Paschtunen ausgerichteten, autokratischen Politik der Taliban-Regierung der späten 1990er-Jahre zurückgekehrt (UNSC 01.06.2023a). Sie bezeichnen ihre Regierung als das „Islamische Emirat Afghanistan“ (USIP 17.08.2022; vgl. VOA 01.10.2021), den Titel des ersten Regimes, das sie in den 1990er-Jahren errichteten, und den sie während ihres zwei Jahrzehnte andauernden Aufstands auch für sich selbst verwendeten. Das Emirat ist um einen obersten Führer, den Emir, herum organisiert, von dem man glaubt, dass er von Gott mit der Autorität ausgestattet ist, alle Angelegenheiten des Staates und der Gesellschaft zu beaufsichtigen. Seit ihrer Machtübernahme hat die Gruppe jedoch nur vage erklärt, dass sie im Einklang mit dem „islamischen Recht und den afghanischen Werten“ regieren wird, und hat nur selten die rechtlichen oder politischen Grundsätze dargelegt, die ihre Regeln und Verhaltensweise bestimmen (USIP 17.08.2022). Die Verfassung von 2004 ist de facto ausgehebelt. Ankündigungen über die Erarbeitung einer neuen Verfassung sind bislang ohne sichtbare Folgen geblieben. Die Taliban haben begonnen, staatliche und institutionelle Strukturen an ihre religiösen und politischen Vorstellungen anzupassen. Im September 2022 betonte der Justizminister der Taliban, dass eine Verfassung für Afghanistan nicht notwendig sei (AA 26.06.2023).Die politischen Rahmenbedingungen in Afghanistan haben sich mit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 grundlegend verändert (AA 26.6.2023). Die Taliban sind zu der ausgrenzenden, auf die Paschtunen ausgerichteten, autokratischen Politik der Taliban-Regierung der späten 1990er-Jahre zurückgekehrt (UNSC 01.06.2023a). Sie bezeichnen ihre Regierung als das „Islamische Emirat Afghanistan“ (USIP 17.08.2022; vergleiche VOA 01.10.2021), den Titel des ersten Regimes, das sie in den 1990er-Jahren errichteten, und den sie während ihres zwei Jahrzehnte andauernden Aufstands auch für sich selbst verwendeten. Das Emirat ist um einen obersten Führer, den Emir, herum organisiert, von dem man glaubt, dass er von Gott mit der Autorität ausgestattet ist, alle Angelegenheiten des Staates und der Gesellschaft zu beaufsichtigen. Seit ihrer Machtübernahme hat die Gruppe jedoch nur vage erklärt, dass sie im Einklang mit dem „islamischen Recht und den afghanischen Werten“ regieren wird, und hat nur selten die rechtlichen oder politischen Grundsätze dargelegt, die ihre Regeln und Verhaltensweise bestimmen (USIP 17.08.2022). Die Verfassung von 2004 ist de facto ausgehebelt. Ankündigungen über die Erarbeitung einer neuen Verfassung sind bislang ohne sichtbare Folgen geblieben. Die Taliban haben begonnen, staatliche und institutionelle Strukturen an ihre religiösen und politischen Vorstellungen anzupassen. Im September 2022 betonte der Justizminister der Taliban, dass eine Verfassung für Afghanistan nicht notwendig sei (AA 26.06.2023).

Nach ihrer Machtübernahme in Afghanistan übernahmen die Taliban auch schnell staatliche Institutionen (USIP 17.08.2022) und erklärten Haibatullah Akhundzada zu ihrem obersten Führer (Afghan Bios 07.07.2022a; vgl. REU 07.09.2021a, VOA 19.08.2021). Er kündigte an, dass alle Regierungsangelegenheiten und das Leben in Afghanistan den Gesetzen der Scharia unterworfen werden (ORF 08.09.2021; vgl. DIP 04.01.2023). Haibatullah hat sich dem Druck von außen, seine Politik zu mäßigen, widersetzt (UNSC 01.06.2023a) und baut seinen Einfluss auf Regierungsentscheidungen auf nationaler und subnationaler Ebene auch im Jahr 2023 weiter aus (UNGA 20.06.2023). Es gibt keine Anzeichen dafür, dass andere in Kabul ansäßige Taliban-Führer die Politik wesentlich beeinflussen können. Kurz- bis mittelfristig bestehen kaum Aussichten auf eine Änderung (UNSC 01.06.2023a). Innerhalb weniger Wochen nach der Machtübernahme kündigten die Taliban „Interims“-Besetzungen für alle Ministerien bis auf ein einziges an, wobei die Organisationsstruktur der vorherigen Regierung beibehalten wurde (USIP 17.08.2022) - das Ministerium für Frauenangelegenheiten blieb unbesetzt und wurde später aufgelöst (USIP 17.08.2022; vgl. HRW 04.10.2021). Alle amtierenden Minister waren hochrangige Taliban-Führer; es wurden keine externen politischen Persönlichkeiten ernannt, die überwältigende Mehrheit war paschtunisch, und alle waren Männer. Seitdem haben die Taliban die interne Struktur verschiedener Ministerien mehrfach geändert und das Ministerium für die Verbreitung der Tugend und die Verhütung des Lasters wiederbelebt, das in den 1990er-Jahren als strenge „Sittenpolizei“ berüchtigt war, die strenge Vorschriften für das soziale Verhalten durchsetzte (USIP 17.08.2022). Bezüglich der Verwaltung haben die Taliban Mitte August 2021 nach und nach die Behörden und Ministerien übernommen. Sie riefen die bisherigen Beamten und Regierungsmitarbeiter dazu auf, wieder in den Dienst zurückzukehren, ein Aufruf, dem manche von ihnen auch folgten (ICG 24.08.2021; vgl. USDOS 12.04.2022a), wobei weibliche Angestellte aufgefordert wurden, zu Hause zu bleiben (BBC 19.09.2021; vgl. Guardian 20.09.2021). Die für die Wahlen zuständigen Institutionen, sowie die Unabhängige Menschenrechtskommission, der Nationale Sicherheitsrat und die Sekretariate der Parlamentskammern wurden abgeschafft (AA 26.06.2023).Nach ihrer Machtübernahme in Afghanistan übernahmen die Taliban auch schnell staatliche Institutionen (USIP 17.08.2022) und erklärten Haibatullah Akhundzada zu ihrem obersten Führer (Afghan Bios 07.07.2022a; vergleiche REU 07.09.2021a, VOA 19.08.2021). Er kündigte an, dass alle Regierungsangelegenheiten und das Leben in Afghanistan den Gesetzen der Scharia unterworfen werden (ORF 08.09.2021; vergleiche DIP 04.01.2023). Haibatullah hat sich dem Druck von außen, seine Politik zu mäßigen, widersetzt (UNSC 01.06.2023a) und baut seinen Einfluss auf Regierungsentscheidungen auf nationaler und subnationaler Ebene auch im Jahr 2023 weiter aus (UNGA 20.06.2023). Es gibt keine Anzeichen dafür, dass andere in Kabul ansäßige Taliban-Führer die Politik wesentlich beeinflussen können. Kurz- bis mittelfristig bestehen kaum Aussichten auf eine Änderung (UNSC 01.06.2023a). Innerhalb weniger Wochen nach der Machtübernahme kündigten die Taliban „Interims“-Besetzungen für alle Ministerien bis auf ein einziges an, wobei die Organisationsstruktur der vorherigen Regierung beibehalten wurde (USIP 17.08.2022) - das Ministerium für Frauenangelegenheiten blieb unbesetzt und wurde später aufgelöst (USIP 17.08.2022; vergleiche HRW 04.10.2021). Alle amtierenden Minister waren hochrangige Taliban-Führer; es wurden keine externen politischen Persönlichkeiten ernannt, die überwältigende Mehrheit war paschtunisch, und alle waren Männer. Seitdem haben die Taliban die interne Struktur verschiedener Ministerien mehrfach geändert und das Ministerium für die Verbreitung der Tugend und die Verhütung des Lasters wiederbelebt, das in den 1990er-Jahren als strenge „Sittenpolizei“ berüchtigt war, die strenge Vorschriften für das soziale Verhalten durchsetzte (USIP 17.08.2022). Bezüglich der Verwaltung haben die Taliban Mitte August 2021 nach und nach die Behörden und Ministerien übernommen. Sie riefen die bisherigen Beamten und Regierungsmitarbeiter dazu auf, wieder in den Dienst zurückzukehren, ein Aufruf, dem manche von ihnen auch folgten (ICG 24.08.2021; vergleiche USDOS 12.04.2022a), wobei weibliche Angestellte aufgefordert wurden, zu Hause zu bleiben (BBC 19.09.2021; vergleiche Guardian 20.09.2021). Die für die Wahlen zuständigen Institutionen, sowie die Unabhängige Menschenrechtskommission, der Nationale Sicherheitsrat und die Sekretariate der Parlamentskammern wurden abgeschafft (AA 26.06.2023).

Der Ernennung einer aus 33 Mitgliedern bestehenden geschäftsführenden Übergangsregierung im September 2021 folgten zahlreiche Neuernennungen und Umbesetzungen auf nationaler, Provinz- und Distriktebene in den folgenden Monaten, wobei Frauen weiterhin gar nicht und nicht-paschtunische Bevölkerungsgruppen nur in geringem Umfang berücksichtigt wurden (AA 26.06.2023). [...]

Die Regierung der Taliban wird von Mohammad Hassan Akhund geführt. Er ist Vorsitzender der Minister, eine Art Premierminister. Akhund ist ein wenig bekanntes Mitglied des höchsten Führungszirkels der Taliban, der sogenannten Rahbari-Schura, besser bekannt als Quetta-Schura (NZZ 08.09.2021; vgl. REU 07.09.2021b, Afghan Bios 18.07.2023). Die Regierung der Taliban wird von Mohammad Hassan Akhund geführt. Er ist Vorsitzender der Minister, eine Art Premierminister. Akhund ist ein wenig bekanntes Mitglied des höchsten Führungszirkels der Taliban, der sogenannten Rahbari-Schura, besser bekannt als Quetta-Schura (NZZ 08.09.2021; vergleiche REU 07.09.2021b, Afghan Bios 18.07.2023).

Stellvertretende vorläufige Premierminister sind Abdul Ghani Baradar (AJ 07.09.2021; vgl. REU 07.09.2021b, Afghan Bios 16.02.2022), der die Taliban bei den Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten in Doha vertrat und das Abkommen mit ihnen am 29.02.2021 unterzeichnete (AJ 07.09.2021; vgl. VOA 29.02.2020), und Abdul Salam Hanafi (REU 07.09.2021b; vgl. Afghan Bios 07.07.2022b), der unter dem ersten Taliban-Regime Bildungsminister war (Afghan Bios 07.07.2022b; vgl. UNSC o. D.a). Im Oktober 2021 wurde Maulvi Abdul Kabir zum dritten stellvertretenden Premierminister ernannt (Afghan Bios 27.11.2023; vgl. 8am 05.10.2021, UNGA 28.01.2022).Stellvertretende vorläufige Premierminister sind Abdul Ghani Baradar (AJ 07.09.2021; vergleiche REU 07.09.2021b, Afghan Bios 16.02.2022), der die Taliban bei den Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten in Doha vertrat und das Abkommen mit ihnen am 29.02.2021 unterzeichnete (AJ 07.09.2021; vergleiche VOA 29.02.2020), und Abdul Salam Hanafi (REU 07.09.2021b; vergleiche Afghan Bios 07.07.2022b), der unter dem ersten Taliban-Regime Bildungsminister war (Afghan Bios 07.07.2022b; vergleiche UNSC o. D.a). Im Oktober 2021 wurde Maulvi Abdul Kabir zum dritten stellvertretenden Premierminister ernannt (Afghan Bios 27.11.2023; vergleiche 8am 05.10.2021, UNGA 28.01.2022).

Weitere Mitglieder der vorläufigen Taliban-Regierung sind unter anderem Sirajuddin Haqqani, der Leiter des Haqqani-Netzwerkes (Afghan Bios 04.03.2023; vgl. JF 05.11.2021) als Innenminister (REU 07.09.2021b; vgl. Afghan Bios 04.03.2023) und Amir KhanMattaqi als Außenminister (REU 07.09.2021b; vgl. Afghan Bios 14.12.2023), welcher die Taliban bei den Verhandlungen mit den Vereinten Nationen vertrat und im ersten Taliban-Regime unter anderem den Posten des Kulturministers innehatte (Afghan Bios 14.12.2023; vgl. UNSC o.D.b). Der Verteidigungsminister der vorläufigen Taliban-Regierung ist MohammedYaqoob (REU 07.09.2021b; vgl. Afghan Bios 06.09.2023), dem 2020 der Posten des militärischen Leiters der Taliban verliehen wurde (Afghan Bios 06.09.2023; vgl. RFE/RL 29.08.2020).Weitere Mitglieder der vorläufigen Taliban-Regierung sind unter anderem Sirajuddin Haqqani, der Leiter des Haqqani-Netzwerkes (Afghan Bios 04.03.2023; vergleiche JF 05.11.2021) als Innenminister (REU 07.09.2021b; vergleiche Afghan Bios 04.03.2023) und Amir KhanMattaqi als Außenminister (REU 07.09.2021b; vergleiche Afghan Bios 14.12.2023), welcher die Taliban bei den Verhandlungen mit den Vereinten Nationen vertrat und im ersten Taliban-Regime unter anderem den Posten des Kulturministers innehatte (Afghan Bios 14.12.2023; vergleiche UNSC o.D.b). Der Verteidigungsminister der vorläufigen Taliban-Regierung ist MohammedYaqoob (REU 07.09.2021b; vergleiche Afghan Bios 06.09.2023), dem 2020 der Posten des militärischen Leiters der Taliban verliehen wurde (Afghan Bios 06.09.2023; vergleiche RFE/RL 29.08.2020).

Sah es in den ersten sechs Monaten ihrer Herrschaft so aus, als ob das Kabinett unter dem Vorsitz des Premierministers die Regierungspolitik bestimmen würde, wurden die Minister in großen und kleinen Fragen zunehmend vom Emir, Haibatullah Akhundzada, überstimmt (USIP 17.08.2022). Diese Dynamik wurde am 23.03.2022 öffentlich sichtbar, als der Emir in letzter Minute die lange versprochene Rückkehr der Mädchen in die Oberschule kippte (USIP 17.08.2022; vgl. RFE/RL 24.03.2022, UNGA 15.06.2022). Seitdem sind die Bildung von Mädchen und Frauen und andere umstrittene Themen ins Stocken geraten, da pragmatische Taliban-Führer dem Emir nachgeben, der sich von ultrakonservativen Taliban-Klerikern beraten lässt. Ausländische Diplomaten haben begonnen, von „duellierenden Machtzentren“ zwischen den in Kabul und Kandahar ansäßigen Taliban zu sprechen (USIP 17.08.2022), und es gibt auch Kritik innerhalb der Taliban, beispielsweise als im Mai 2022 ein hochrangiger Taliban-Beamter als erster die Taliban-Führung offen für ihre repressive Politik in Afghanistan kritisierte (RFE/RL 03.06.2022a).Sah es in den ersten sechs Monaten ihrer Herrschaft so aus, als ob das Kabinett unter dem Vorsitz des Premierministers die Regierungspolitik bestimmen würde, wurden die Minister in großen und kleinen Fragen zunehmend vom Emir, Haibatullah Akhundzada, überstimmt (USIP 17.08.2022). Diese Dynamik wurde am 23.03.2022 öffentlich sichtbar, als der Emir in letzter Minute die lange versprochene Rückkehr der Mädchen in die Oberschule kippte (USIP 17.08.2022; vergleiche RFE/RL 24.03.2022, UNGA 15.06.2022). Seitdem sind die Bildung von Mädchen und Frauen und andere umstrittene Themen ins Stocken geraten, da pragmatische Taliban-Führer dem Emir nachgeben, der sich von ultrakonservativen Taliban-Klerikern beraten lässt. Ausländische Diplomaten haben begonnen, von „duellierenden Machtzentren“ zwischen den in Kabul und Kandahar ansäßigen Taliban zu sprechen (USIP 17.08.2022), und es gibt auch Kritik innerhalb der Taliban, beispielsweise als im Mai 2022 ein hochrangiger Taliban-Beamter als erster die Taliban-Führung offen für ihre repressive Politik in Afghanistan kritisierte (RFE/RL 03.06.2022a).

Doch der Emir und sein Kreis von Beratern und Vertrauten in Kandahar kontrollieren nicht jeden Aspekt der Regierungsführung. Mehrere Ad-hoc-Ausschüsse wurden ernannt, um die Politik zu untersuchen und einen Konsens zu finden, während andere Ausschüsse Prozesse wie die Versöhnung und die Rückkehr politischer Persönlichkeiten nach Afghanistan umsetzen. Viele politische Maßnahmen unterscheiden sich immer noch stark von einer Provinz zur anderen des Landes. Die Taliban-Beamten haben sich, wie schon während ihres Aufstands, als flexibel erwiesen, je nach den Erwartungen der lokalen Gemeinschaften. Darüber hinaus werden viele Probleme nach wie vor über persönliche Beziehungen zu einflussreichen Taliban-Figuren gelöst, unabhängig davon, ob deren offizielle Position in der Regierung für das Problem verantwortlich ist (USIP 17.08.2022).

In seiner traditionellen jährlichen Botschaft zum muslimischen Feiertag Eid al-Fitr im Jahr 2023 sagte Haibatullah Akhundzada, sein Land wünsche sich positive Beziehungen zu seinen Nachbarn, den islamischen Ländern und der Welt, doch dürfe sich kein Land in deren innere Angelegenheiten einmischen. Er vermied es, direkt auf das Bildungsverbot von Mädchen und die Beschäftigungseinschränkungen von Frauen einzugehen, sagte jedoch, dass die Taliban-Regierung bedeutende Reformen in den Bereichen Kultur, Bildung, Wirtschaft, Medien und anderen Bereichen eingeleitet hat, und „die schlechten intellektuellen und moralischen Auswirkungen der 20-jährigen Besatzung“ dabei seien, zu Ende zu gehen (AnA 18.04.2023; vgl. BAMF 30.06.2023).In seiner traditionellen jährlichen Botschaft zum muslimischen Feiertag Eid al-Fitr im Jahr 2023 sagte Haibatullah Akhundzada, sein Land wünsche sich positive Beziehungen zu seinen Nachbarn, den islamischen Ländern und der Welt, doch dürfe sich kein Land in deren innere Angelegenheiten einmischen. Er vermied es, direkt auf das Bildungsverbot von Mädchen und die Beschäftigungseinschränkungen von Frauen einzugehen, sagte jedoch, dass die Taliban-Regierung bedeutende Reformen in den Bereichen Kultur, Bildung, Wirtschaft, Medien und anderen Bereichen eingeleitet hat, und „die schlechten intellektuellen und moralischen Auswirkungen der 20-jährigen Besatzung“ dabei seien, zu Ende zu gehen (AnA 18.04.2023; vergleiche BAMF 30.06.2023).

Anfang Juni 2023 wurde berichtet, dass es Anzeichen dafür gibt, dass die Taliban die Stadt Kandahar zu ihrem Stützpunkt machen würden. Dies wird als ein Zeichen für den schwindenden Einfluss der gemäßigteren Taliban-Mitglieder in der Hauptstadt Kabul gesehen, während das Regime seine repressive Politik weiter verschärft. In den letzten Monaten haben Vertreter des Regimes Delegationen aus Japan und Katar nach Kandahar eingeladen, anstatt sich mit anderen Beamten in Kabul zu treffen. Der oberste Sprecher der Taliban, Zabihullah Mujahid, und ein zweiter Informationsbeauftragter aus Nordafghanistan, Inamullah Samangani, wurden von ihren Büros in Kabul nach Kandahar verlegt (WP 05.06.2023; vgl. BAMF 30.06.2023).Anfang Juni 2023 wurde berichtet, dass es Anzeichen dafür gibt, dass die Taliban die Stadt Kandahar zu ihrem Stützpunkt machen würden. Dies wird als ein Zeichen für den schwindenden Einfluss der gemäßigteren Taliban-Mitglieder in der Hauptstadt Kabul gesehen, während das Regime seine repressive Politik weiter verschärft. In den letzten Monaten haben Vertreter des Regimes Delegationen aus Japan und Katar nach Kandahar eingeladen, anstatt sich mit anderen Beamten in Kabul zu treffen. Der oberste Sprecher der Taliban, Zabihullah Mujahid, und ein zweiter Informationsbeauftragter aus Nordafghanistan, Inamullah Samangani, wurden von ihren Büros in Kabul nach Kandahar verlegt (WP 05.06.2023; vergleiche BAMF 30.06.2023).

Im Mai 2023 traf sich der Außenminister der Taliban mit seinen Amtskollegen aus Pakistan und China in Islamabad. Im Mittelpunkt des Treffens stand die Einbeziehung Afghanistans in den chinesisch-pakistanischen Wirtschaftskorridor (CPEC) sowie die Situation von Frauen in Afghanistan (AnA 05.05.2023; vgl. VOA 06.05.2023).Im Mai 2023 traf sich der Außenminister der Taliban mit seinen Amtskollegen aus Pakistan und China in Islamabad. Im Mittelpunkt des Treffens stand die Einbeziehung Afghanistans in den chinesisch-pakistanischen Wirtschaftskorridor (CPEC) sowie die Situation von Frauen in Afghanistan (AnA 05.05.2023; vergleiche VOA 06.05.2023).

Am 22.11.2023 verkündeten die Taliban den Abschluss einer zweitägigen Kabinettssitzung in der Provinz Kandahar unter der Leitung von Hebatullah Akhundzada. Auffallend war, dass Themen wie das Recht der Frauen auf Arbeit und Zugang zu Bildung sowie ihre Teilhabe an der Gesellschaft nicht Gegenstand der Beratungen waren. Es wurden Gespräche über Themen wie die Rückführung von Migranten, die Entwicklung diplomatischer Beziehungen zur Bewältigung bestehender Probleme, Import-Export- und Transitfragen sowie die Beibehaltung der Geldpolitik der Taliban geführt (AT 22.11.2023; vgl. AMU 22.11.2023).Am 22.11.2023 verkündeten die Taliban den Abschluss einer zweitägigen Kabinettssitzung in der Provinz Kandahar unter der Leitung von Hebatullah Akhundzada. Auffallend war, dass Themen wie das Recht der Frauen auf Arbeit und Zugang zu Bildung sowie ihre Teilhabe an der Gesellschaft nicht Gegenstand der Beratungen waren. Es wurden Gespräche über Themen wie die Rückführung von Migranten, die Entwicklung diplomatischer Beziehungen zur Bewältigung bestehender Probleme, Import-Export- und Transitfragen sowie die Beibehaltung der Geldpolitik der Taliban geführt (AT 22.11.2023; vergleiche AMU 22.11.2023).

Internationale Anerkennung der Taliban

Mit Anfang 2024 hat noch kein Land die Regierung der Taliban anerkannt (TN 09.01.2024; vgl. VOA 10.12.2023), dennoch sind Vertreter aus Indien, China, Usbekistan, der Europäischen Union, Russland und den Vereinigten Arabischen Emiraten in Kabul präsent (TN 30.10.2022). Im März 2023 gab der Taliban-Sprecher Zabihullah Mujahid bekannt, dass Diplomaten in mehr als 14 Länder entsandt wurden, um die diplomatischen Vertretungen im Ausland zu übernehmen (PBS 25.03.2023; vgl. OI 25.03.2023). Im November 2023 sagte der stellvertretende Taliban-Außenminister, dass derzeit 20 Botschaften in Nachbarländern aktiv wären (TN 29.11.2023), einschließlich der afghanischen Botschaft in Teheran (TN 27.02.2023) und des strategisch wichtigen Generalkonsulats in Istanbul (Afintl 27.02.2023; vgl. KP 23.02.2023a). Berichten zufolge nahm auch die Türkei im Oktober 2023 einen neuen von den Taliban ernannten Diplomaten in der afghanischen Botschaft in Ankara auf (Afintl 14.02.2024). Eine Reihe von Ländern verfügt auch weiterhin über offizielle Botschafter in Afghanistan. Dazu gehören China und andere Nachbarländer wie Pakistan, Iran und die meisten zentralasiatischen Republiken, aber auch Russland, Saudi-Arabien, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate und Japan (AAN/Ruttig 07.12.2023). Aber auch westliche Länder (mit Ausnahme Australiens) haben weder ihre Botschaften in Kabul offiziell geschlossen noch die diplomatischen Beziehungen offiziell abgebrochen. Vielmehr unterhalten sie kein diplomatisches Personal im Land. Einige Länder haben immer noch amtierende Botschafter oder nachrangige Diplomaten, die nicht in Kabul ansäßig sind, und es gibt auch eine (schrumpfende) Anzahl von Sonderbeauftragten für Afghanistan (im Rang eines Botschafters).Mit Anfang 2024 hat noch kein Land die Regierung der Taliban anerkannt (TN 09.01.2024; vergleiche VOA 10.12.2023), dennoch sind Vertreter aus Indien, China, Usbekistan, der Europäischen Union, Russland und den Vereinigten Arabischen Emiraten in Kabul präsent (TN 30.10.2022). Im März 2023 gab der Taliban-Sprecher Zabihullah Mujahid bekannt, dass Diplomaten in mehr als 14 Länder entsandt wurden, um die diplomatischen Vertretungen im Ausland zu übernehmen (PBS 25.03.2023; vergleiche OI 25.03.2023). Im November 2023 sagte der stellvertretende Taliban-Außenminister, dass derzeit 20 Botschaften in Nachbarländern aktiv wären (TN 29.11.2023), einschließlich der afghanischen Botschaft in Teheran (TN 27.02.2023) und des strategisch wichtigen Generalkonsulats in Istanbul (Afintl 27.02.2023; vergleiche KP 23.02.2023a). Berichten zufolge nahm auch die Türkei im Oktober 2023 einen neuen von den Taliban ernannten Diplomaten in der afghanischen Botschaft in Ankara auf (Afintl 14.02.2024). Eine Reihe von Ländern verfügt auch weiterhin über offizielle Botschafter in Afghanistan. Dazu gehören China und andere Nachbarländer wie Pakistan, Iran und die meisten zentralasiatischen Republiken, aber auch Russland, Saudi-Arabien, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate und Japan (AAN/Ruttig 07.12.2023). Aber auch westliche Länder (mit Ausnahme Australiens) haben weder ihre Botschaften in Kabul offiziell geschlossen noch die diplomatischen Beziehungen offiziell abgebrochen. Vielmehr unterhalten sie kein diplomatisches Personal im Land. Einige Länder haben immer noch amtierende Botschafter oder nachrangige Diplomaten, die nicht in Kabul ansäßig sind, und es gibt auch eine (schrumpfende) Anzahl von Sonderbeauftragten für Afghanistan (im Rang eines Botschafters).

Die meisten westlichen Kontakte mit Taliban-Beamten finden in Katars Hauptstadt Doha statt, wo Diplomaten unterhalb der Botschafterebene ihre Länder bei den Treffen vertreten (AAN/Ruttig 07.12.2023).

Am 24.11.2023 entsandten die Taliban ihren ersten Botschafter in die Volksrepublik China (KP 26.11.2023; vgl. AMU 25.11.2023). Dieser Schritt folgt auf die Ernennung eines Botschafters Chinas in Afghanistan zwei Monate zuvor, womit China das erste Land ist, das einen Botschafter nach Kabul unter der Taliban-Regierung entsandt hat (AMU 25.11.2023; vgl. VOA 10.12.2023). Nach Ansicht einiger Analysten sowie ehemaliger Diplomatinnen und Diplomaten bedeutet dieser Schritt die erste offizielle Anerkennung der Taliban-Übergangsregierung durch eine große Nation (VOA 31.1.2024; vgl. REU 13.09.2023). Nach Angaben des US-Außenministeriums prüfen die USA die Möglichkeit von konsularischem Zugang in Afghanistan. Dies solle keine Anerkennung der Taliban-Regierung bedeuten, sondern dem Aufbau funktionaler Beziehungen dienen, um eigene Ziele besser verfolgen zu können (USDOS 31.10.2023). Ebenso am 24.11.2023 wurde die afghanische Botschaft in Neu-Delhi, die von loyalen Diplomaten der Vor-Taliban-Regierung geleitet wurde, endgültig geschlossen. Einige Tage später erklärten Taliban-Vertreter, dass die Botschaft bald wieder eröffnet und von ihren Diplomaten geleitet werden wird (Wilson 12.12.2023; vgl. VOA 29.11.2023).Am 24.11.2023 entsandten die Taliban ihren ersten Botschafter in die Volksrepublik China (KP 26.11.2023; vergleiche AMU 25.11.2023). Dieser Schritt folgt auf die Ernennung eines Botschafters Chinas in Afghanistan zwei Monate zuvor, womit China das erste Land ist, das einen Botschafter nach Kabul unter der Taliban-Regierung entsandt hat (AMU 25.11.2023; vergleiche VOA 10.12.2023). Nach Ansicht einiger Analysten sowie ehemaliger Diplomatinnen und Diplomaten bedeutet dieser Schritt die erste offizielle Anerkennung der Taliban-Übergangsregierung durch eine große Nation (VOA 31.1.2024; vergleiche REU 13.09.2023). Nach Angaben des US-Außenministeriums prüfen die USA die Möglichkeit von konsularischem Zugang in Afghanistan. Dies solle keine Anerkennung der Taliban-Regierung bedeuten, sondern dem Aufbau funktionaler Beziehungen dienen, um eigene Ziele besser verfolgen zu können (USDOS 31.10.2023). Ebenso am 24.11.2023 wurde die afghanische Botschaft in Neu-Delhi, die von loyalen Diplomaten der Vor-Taliban-Regierung geleitet wurde, endgültig geschlossen. Einige Tage später erklärten Taliban-Vertreter, dass die Botschaft bald wieder eröffnet und von ihren Diplomaten geleitet werden wird (Wilson 12.12.2023; vergleiche VOA 29.11.2023).

Drogenbekämpfung

Im April 2022 verfügte der oberste Taliban-Führer Haibatullah Akhundzada, dass der Anbau von Mohn, aus dem Opium, die wichtigste Zutat für die Droge Heroin, gewonnen werden kann, streng verboten ist (BBC 06.06.2023).

Die vom Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) im Jahr 2023 durchgeführte Opiumerhebung in Afghanistan ergab, dass der Schlafmohnanbau nach einem von den Taliban-Behörden im April 2022 verhängten Drogenverbot um schätzungsweise 95% zurückgegangen ist (UNODC 11.2023; vgl. UNGA 01.12.2023), wobei ein anderer Experte den Rückgang des Mohnanbaus zwischen 2022 und 2023 auf 80% schätzt (BBC 06.06.2023). Der Opiumanbau ging in allen Teilen des Landes von 233.000 Hektar auf 10.800 Hektar im Jahr 2023 zurück, was zu einem Rückgang des Opiumangebots von 6.200 Tonnen im Jahr 2022 auf 333 Tonnen im Jahr 2023 führte. Der drastische Rückgang hatte unmittelbare humanitäre Folgen für viele gefährdete Gemeinschaften, die auf das Einkommen aus dem Opiumanbau angewiesen sind. Das Einkommen der Bauern aus dem Verkauf der Opiumernte 2023 an Händler sank um mehr als 92% von geschätzten 1,36 Milliarden Dollar für die Ernte 2022 auf 110 Millionen Dollar im Jahr 2023 (UNODC 11.2023; vgl. UNGA 01.12.2023). Der weniger rentable Weizenanbau hat den Mohn auf den Feldern verdrängt - und viele Landwirte berichten, dass sie finanziell darunter leiden (BBC 06.06.2023).Die vom Büro de

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten