Entscheidungsdatum
11.04.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
I414 2282937-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX ), geb. XXXX , StA. SYRIEN, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, Außenstelle Linz (BFA-ASt-Linz) vom 29.09.2023, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.03.2024, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch XXXX (alias römisch XXXX ), geb. römisch XXXX , StA. SYRIEN, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, Außenstelle Linz (BFA-ASt-Linz) vom 29.09.2023, Zl. römisch XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.03.2024, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 20.08.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am darauffolgenden Tag wurde er einer niederschriftlichen Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei er befragt zu seinen Fluchtgründen ausführte, dass in Syrien Krieg herrsche und er Angst habe in diesem Krieg kämpfen zu müssen. Da er in seiner Heimat keine Arbeit finde, sei er auch aus wirtschaftlichen Gründen nach Österreich gekommen. Er wolle eine bessere Zukunft für sich und seine Familie. Im Falle einer Rückkehr befürchte er im Krieg kämpfen zu müssen.
Am 05.06.2023 fand unter Beiziehung eines Dolmetschers für die arabische Sprache die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge als Bundesamt bezeichnet) statt. Dabei gab er hinsichtlich seiner Fluchtgründe an, dass er Syrien verlassen habe, zumal er den Militärdienst für die Behörden oder die Kurden leisten müsse, wobei die Kurden in letzter Zeit Druck ausgeübt hätten, dass sie ihren Militärdienst ableisten sollen.
Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 29.09.2023 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 20.08.2022 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) ab, erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt III.). Die Abweisung hinsichtlich des Status des Asylberechtigten wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Herkunftsort des Beschwerdeführers unter kurdischer Kontrolle stünde, weshalb es den Streitkräften des syrischen Regimes faktisch unmöglich sei, den Beschwerdeführer zu rekrutieren. Es sei ihm möglich ohne Durchquerung von Gebieten, die unter Kontrolle des syrischen Regimes stehen, sein Herkunftsgebiet zu erreichen. Aufgrund seines Alters käme der Beschwerdeführer auch für den kurdischen Militärdienst nicht mehr in Frage und könne darüber hinaus mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass es während der Ableistung des Militärdienstes für die kurdischen Streitkräfte zu Menschenrechtsverletzungen komme. Im Falle einer Rückkehr nach Syrien wäre der Beschwerdeführer keiner Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung ausgesetzt. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 29.09.2023 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 20.08.2022 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) ab, erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt römisch III.). Die Abweisung hinsichtlich des Status des Asylberechtigten wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Herkunftsort des Beschwerdeführers unter kurdischer Kontrolle stünde, weshalb es den Streitkräften des syrischen Regimes faktisch unmöglich sei, den Beschwerdeführer zu rekrutieren. Es sei ihm möglich ohne Durchquerung von Gebieten, die unter Kontrolle des syrischen Regimes stehen, sein Herkunftsgebiet zu erreichen. Aufgrund seines Alters käme der Beschwerdeführer auch für den kurdischen Militärdienst nicht mehr in Frage und könne darüber hinaus mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass es während der Ableistung des Militärdienstes für die kurdischen Streitkräfte zu Menschenrechtsverletzungen komme. Im Falle einer Rückkehr nach Syrien wäre der Beschwerdeführer keiner Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung ausgesetzt.
Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde. Dabei wurde zusammengefasst ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer im wehrfähigen Alter befinde und den verpflichtenden Wehrdienst in Syrien noch nicht abgeleistet habe. Bei einer Rückkehr fürchte er daher zum Militärdienst der syrischen Armee eingezogen zu werden bzw. einen Einsatz an der Front und damit zusammenhängend eine erhebliche Gefahr für sein Leben sowie ferner, dass er sich an schweren Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen beteiligen müsse. Im Falle einer Wehrdienstverweigerung würden ihm massive Repressionen durch die syrischen Behörden drohen. Durch die Verweigerung des Wehrdienstes in Zusammenschau mit seiner illegalen Ausreise und seiner Asylantragstellung im Ausland würde dem Beschwerdeführer vom syrischen Regime eine oppositionelle politische Gesinnung zugeschrieben werden. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer begründete Furcht vor Verfolgung durch die Kurden zum Zwecke der Zwangsrekrutierung im Selbstverteidigungsdienst und würden ihm auch in diesem Zusammenhang für den Fall einer Verweigerung Verfolgungshandlungen drohen. Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde. Dabei wurde zusammengefasst ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer im wehrfähigen Alter befinde und den verpflichtenden Wehrdienst in Syrien noch nicht abgeleistet habe. Bei einer Rückkehr fürchte er daher zum Militärdienst der syrischen Armee eingezogen zu werden bzw. einen Einsatz an der Front und damit zusammenhängend eine erhebliche Gefahr für sein Leben sowie ferner, dass er sich an schweren Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen beteiligen müsse. Im Falle einer Wehrdienstverweigerung würden ihm massive Repressionen durch die syrischen Behörden drohen. Durch die Verweigerung des Wehrdienstes in Zusammenschau mit seiner illegalen Ausreise und seiner Asylantragstellung im Ausland würde dem Beschwerdeführer vom syrischen Regime eine oppositionelle politische Gesinnung zugeschrieben werden. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer begründete Furcht vor Verfolgung durch die Kurden zum Zwecke der Zwangsrekrutierung im Selbstverteidigungsdienst und würden ihm auch in diesem Zusammenhang für den Fall einer Verweigerung Verfolgungshandlungen drohen.
Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden in weiterer Folge vom Bundesamt vorgelegt und sind am 18.12.2023 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
Am 27.03.2024 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die arabische Sprache sowie der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, im Zuge derer der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Lebensumständen in Syrien sowie zu seinen Fluchtgründen befragt wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:Die unter Punkt römisch eins. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen und das Geburtsdatum, seine Identität steht fest. Er ist syrischer Staatsangehöriger, bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam und gehört der Volksgruppe der Araber an. Seine Muttersprache ist Arabisch und ist er ferner gesund und arbeitsfähig.
Der Beschwerdeführer wurde im Norden Syriens im Dorf XXXX ( XXXX , XXXX oder XXXX ) im Gouvernement Aleppo, Distrikt Manbij (auch Manbidsch) geboren und lebte von seiner Geburt an bis zu seiner Ausreise aus Syrien in seinem Heimatdorf, welches 15 km südlich von der Stadt Manbij liegt.Der Beschwerdeführer wurde im Norden Syriens im Dorf römisch XXXX ( römisch XXXX , römisch XXXX oder römisch XXXX ) im Gouvernement Aleppo, Distrikt Manbij (auch Manbidsch) geboren und lebte von seiner Geburt an bis zu seiner Ausreise aus Syrien in seinem Heimatdorf, welches 15 km südlich von der Stadt Manbij liegt.
Der Beschwerdeführer hat neun Jahre lang die Schule besucht und in der Folge bis zu seiner Ausreise als Hilfsarbeiter in der Landwirtschaft gearbeitet. Er ist verheiratet und hat einen Sohn und eine Tochter, wobei seine Ehefrau und seine Kinder bei seinen Eltern in seinem Heimatdorf XXXX leben. Vier Schwestern sind in Manbij aufhältig, zwei Brüder leben in Österreich, ein weiterer in der Türkei und einer im Libanon. Der Beschwerdeführer hat neun Jahre lang die Schule besucht und in der Folge bis zu seiner Ausreise als Hilfsarbeiter in der Landwirtschaft gearbeitet. Er ist verheiratet und hat einen Sohn und eine Tochter, wobei seine Ehefrau und seine Kinder bei seinen Eltern in seinem Heimatdorf römisch XXXX leben. Vier Schwestern sind in Manbij aufhältig, zwei Brüder leben in Österreich, ein weiterer in der Türkei und einer im Libanon.
Im Juli 2022 hat der Beschwerdeführer Syrien verlassen und reiste er in der Folge schlepperunterstützt über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn nach Österreich, wo er am 20.08.2022 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer stammt aus dem Dorf XXXX (auch XXXX , XXXX oder XXXX ) im Gouvernement Aleppo, Distrikt Manbij (auch Manbidsch). Sein Heimatort sowie die ihn umgebende Herkunftsregion ist Teil der AANES (Autonomous Administration of North and East Syria) und steht seit September 2016 unter Kontrolle der kurdischen SDF (Syrian Democratic Forces). Das syrische Regime unterhält keine Sicherheitsquadrate oder Enklaven im Herkunftsort des Beschwerdeführers und liegt dieser damit außerhalb des Einfluss- und Kontrollgebietes des syrischen Regimes. In den Gebieten in und um Manbij sind zwar auch Regierungstruppen präsent, diese führen jedoch hauptsächlich Patrouillen durch und sind nicht in der Lage, Personenkontrollen oder Rekrutierungen durchzuführen. Die SDF sind nach wie vor der wichtigste Kontrollakteur, der die Möglichkeit hat, die Lokalbevölkerung zu rekrutieren und zu verhaften.Der Beschwerdeführer stammt aus dem Dorf römisch XXXX (auch römisch XXXX , römisch XXXX oder römisch XXXX ) im Gouvernement Aleppo, Distrikt Manbij (auch Manbidsch). Sein Heimatort sowie die ihn umgebende Herkunftsregion ist Teil der AANES (Autonomous Administration of North and East Syria) und steht seit September 2016 unter Kontrolle der kurdischen SDF (Syrian Democratic Forces). Das syrische Regime unterhält keine Sicherheitsquadrate oder Enklaven im Herkunftsort des Beschwerdeführers und liegt dieser damit außerhalb des Einfluss- und Kontrollgebietes des syrischen Regimes. In den Gebieten in und um Manbij sind zwar auch Regierungstruppen präsent, diese führen jedoch hauptsächlich Patrouillen durch und sind nicht in der Lage, Personenkontrollen oder Rekrutierungen durchzuführen. Die SDF sind nach wie vor der wichtigste Kontrollakteur, der die Möglichkeit hat, die Lokalbevölkerung zu rekrutieren und zu verhaften.
Der Beschwerdeführer hat seinen Wehrdienst bei der syrischen Armee nicht abgeleistet und hat er auch keinen Einberufungsbefehl und kein Wehrbuch erhalten. Das syrische Regime hat keinen direkten Zugriff auf den unter Kontrolle der Kurden stehenden Herkunftsort des Beschwerdeführers und kann dort keine Rekrutierungen vornehmen. Er ist daher im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsort nicht der Gefahr ausgesetzt, zum verpflichtenden Wehrdienst in der syrischen Armee einberufen bzw. zwangsrekrutiert zu werden.
Der Beschwerdeführer war auch nicht politisch tätig, ist nicht Mitglied einer politischen Partei und auch sonst nicht in das Blickfeld der syrischen Regierung geraten.
In den unter kurdischer Kontrolle stehenden Gebieten, nämlich in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“, besteht eine Pflicht zur Selbstverteidigung bzw. „Wehrpflicht“ für Männer, die 1998 oder später geboren wurden und ihr 18. Lebensjahr erreicht haben. Es ist im Falle einer Einziehung des Beschwerdeführers zum Wehrdienst in der Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien jedoch nicht maßgeblich wahrscheinlich, dass er an Kampfhandlungen und/oder Menschenrechtsverletzungen beteiligt sein würde. Auch ist der Beschwerdeführer im Falle der Weigerung der „Selbstverteidigungspflicht“ nachzukommen, nicht der Gefahr ausgesetzt, von den kurdischen Autonomiebehörden als der Opposition zugehörig wahrgenommen oder unverhältnismäßig bestraft zu werden und kann eine asylrelevante Verfolgung aufgrund einer drohenden Rekrutierung durch die kurdischen Streitkräfte somit nicht festgestellt werden. Ferner ist nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer in Syrien von den Kurden persönlich bedroht, verfolgt, festgenommen und im Zuge seiner Flucht auf ihn und seine Begleiter geschossen wurde und ist sein dahingehendes Vorbringen als eine nicht glaubhafte Steigerung seines Fluchtvorbringens zu werten.
Ebenso wenig droht ihm die Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung aufgrund seiner illegalen Ausreise und seiner Asylantragstellung im Ausland und einer ihm aus diesen Gründen unterstellten oppositionellen Gesinnung zu erfahren bzw. die Gefahr aus diesen Gründen mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden.
Es gibt demnach insgesamt keinen stichhaltigen Hinweis, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seine Herkunftsregion einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wäre.
Eine sichere Erreichbarkeit der Herkunftsregion ist gegeben.
1.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:
Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus dem vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien (auszugsweise soweit entscheidungsrelevant) wiedergegeben:
Länderspezifische Anmerkungen
Hinweis: Zur aktuellen Anzahl der Krankheits- und Todesfälle in den einzelnen Ländern empfiehlt die Staatendokumentation bei Interesse/Bedarf folgende Websites der WHO: https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/situation-reports. Für historische Daten bis zum 10.3.2023 s. die Datenbank der Johns-Hopkins-Universität: https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6. Weitere Informationen zu COVID-19 in Syrien und seine Auswirkungen sind, wo relevant, in den einzelnen Kapiteln zu finden, besonders im Kapitel Medizinische Versorgung.
Ein- und Ausreisemöglichkeiten können kurzfristigen Beschränkungen sowohl vonseiten Syriens als auch der Nachbarländer herrühren und werden daher nicht erschöpfend behandelt.
Angesichts der großen Zahl von Minderheiten und vor dem Hintergrund der Lage in Syrien wird die Praxis beibehalten, ausführliche Informationen zu einzelnen Gruppen bei Bedarf im Rahmen von Anfragebeantwortungen zur Verfügung zu stellen.
Zum Thema Wehr- und Reservedienst liegt eine Vielzahl an Informationen im COI-CMS und darüber hinaus in Anfragebeantwortungen auf. Wo relevant, werden diese Informationen kondensiert eingearbeitet, um den Rahmen des COI-CMS Syrien nicht zu sprengen.
Bei den Oppositionsorganisationen und den Rebellengruppen kommt es immer wieder zu Änderungen in Bezug auf Bündnisse, Zusammenschlüsse, Abspaltungen, Führungspositionen etc.. Die Vielfalt an Organisationen ist groß, viele Details bleiben unbekannt, bzw. sind nicht verifizierbar. Dementsprechend unterbleibt in der Länderinformation eine ausführliche Darstellung dieser Gruppen.
Am 6. Februar 2023 ereigneten sich zwei Erdbeben in der Region, welche besonders in der südlichen Türkei und im nordwestlichen Syrien mindestens 50.000 Menschenleben kosteten und großräumig schwere Schäden verursachten - siehe dazu vor allem das Kapitel Grundversorgung und Wirtschaft.
Generell besteht ein Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen unbeantwortet. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Auch die Österreichische Botschaft (ÖB) Damaskus ist nicht über alle, in allen Teilen Syriens vorherrschenden Zustände informiert. Gründe dabei sind neben dem mangelnden Zugang zu vielen Gebieten auch die Grenzen der zur Verfügung stehenden Quellen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten. In dem Zusammenhang sowie aufgrund von unterschiedlichen Erfassungsmethoden und Berichtszeitpunkten kann es vorkommen, dass bei manchen statistischen Angaben die Zahlen je nach Quelle variieren.
Vonseiten der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wird hier oder im Folgenden keinerlei Aussage über den Status oder die Anerkennung der außerhalb der Regimekontrolle befindlichen Gebiete im Norden Syriens getroffen.
Begriffserklärung: Die meisten Quellen sprechen von der syrischen Staatsführung als "Regime" und seltener von "Regierung". Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die in der Fachliteratur genannten Personen des "Regimes" nur teilweise deckungsgleich mit den Mitgliedern der offiziellen Regierung sind. Ein Teil der den Berichten zufolge mächtigsten Personen des syrischen Staates hatte nie ein Regierungsamt inne. So wird z. B. der Ministerpräsident üblicherweise nicht in der Aufzählung des innersten Machtzirkels genannt, die Innen- und Verteidigungsminister wie bestimmte hochrangige Militärs (auch Leiter von den Geheimdiensten) hingegen scheinen eher auf. In dieser Version des COI-CMS werden beide Begriffe abwechselnd verwendet.
Ausschlussgründe
Auch im Fall Syrien kann es Ausschlussgründe geben. Bei einem tatsächlich angetretenen Wehrdienst; bei Berufsmilitär (auch vor 2011); bei Mitarbeitern von Nachrichtendiensten oder der Polizei; bei Zugehörigkeit zu einer regierungstreuen Miliz; bei einer sonstigen problematischen Funktion für das Regime (z. B. in der Justiz); bei einem persönlichen oder geschäftlichen Naheverhältnis zur Regierung oder zu einzelnen Mitglieder des offiziellen wie inoffiziellen Machtzirkels um das Regime; bei Betätigung für bewaffnete Rebellengruppen (auch z. B. in zivilen Funktionen wie etwas Scharia-Gerichte) muss eine gesonderte Aufmerksamkeit darauf gelegt werden, ob Ausschlussgründe vorliegen könnten.
Es wird darauf hingewiesen, sich bei begründeten Verdachtsfällen so früh wie möglich an die zuständigen Stellen, sowie an das OSIF-Projekt der Staatendokumentation zu wenden (bfa-staatendokumentation-osif@bmi.gv.at) – wenn möglich, bereits vor der Einvernahme.
Anmerkung zu den Übersetzungen
Vgl. Disclaimer. Zudem muss darauf hingewiesen werden, dass Transliterationen der Eigennamen je nach Quelle variieren können.
Politische Lage
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).
Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).
Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).
Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (2.2.2024): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien (Stand: Ende Oktober 2023), https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/app/nodes/29884854, Zugriff 15.2.2024
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.3.2023): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien (Stand: März 2023), https://www.ecoi.net/en/document/2089904.html, Zugriff 23.6.2023
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.11.2018): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien, https://www.ecoi.net/en/file/local/1451486/4598_1542722823_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-lage-in-der-arabischen-republik-syrien-stand-november-2018-13-11-2018.pdf, Zugriff 23.6.2023
Alaraby - New Arab, the (31.5.2023): Why Syria's Kurds and Hayat Tahrir al-Sham are offering to host refugees, https://www.newarab.com/analysis/why-syrias-kurds-and-hts-are-offering-host-refugees, Zugriff 28.6.2023
Brookings (27.1.2023): Syria’s dissolving line between state and nonstate actors, https://www.brookings.edu/blog/order-from-chaos/2023/01/27/syrias-dissolving-line-between-state-and-nonstate-actors/, Zugriff 27.6.2023
CMEC - Carnegie Middle East Center (16.5.2023): An Inauspicious Return, https://carnegie-mec.org/diwan/89762, Zugriff 23.6.2023
FH - Freedom House (9.3.2023): Freedom in the World 2022 - Syria, https://www.ecoi.net/en/document/2088564.html, Zugriff 23.6.2023
HRW - Human Rights Watch (11.1.2024): World Report 2024 - Syria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2103131.html, Zugriff 22.1.2024
IPS - Inter Press Service (20.5.2022): What the Russian Invasion Means for Syria, https://www.ipsnews.net/2022/05/russian-invasion-means-syria/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=russian-invasion-means-syria, Zugriff 27.6.2023
SOHR - The Syrian Observatory For Human Rights (7.5.2023): Assad will demand high price for return of refugees, https://www.syriahr.com/en/298175/, Zugriff 23.6.2023
Spiegel, Der (29.8.2016): Die Fakten zum Krieg in Syrien, https://www.spiegel.de/politik/ausland/krieg-in-syrien-alle-wichtigen-fakten-erklaert-endlich-verstaendlich-a-1057039.html#sponfakt=1, Zugriff 23.6.2023
USIP - United States Institute for Peace (14.3.2023): Syria’s Stalemate Has Only Benefitted Assad and His Backers, https://www.usip.org/publications/2023/03/syrias-stalemate-has-only-benefitted-assad-and-his-backers, Zugriff 27.6.2023
Wilson - Wilson Center (6.6.2023): Syria and the Arab League, https://www.wilsoncenter.org/blog-post/syria-and-arab-league, Zugriff 23.6.2023
Syrische Arabische Republik
Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 2.5.2023). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba'athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten (FH 9.3.2023) und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt (USDOS 15.5.2023). In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten. Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen (FH 9.3.2023).
Die Verfassung schreibt die Vormachtstellung der Vertreter der Ba'ath-Partei in den staatlichen Institutionen und in der Gesellschaft vor, und Assad und die Anführer der Ba'ath-Partei beherrschen als autoritäres Regime alle drei Regierungszweige (USDOS 20.3.2023). Mit dem Dekret von 2011 und den Verfassungsreformen von 2012 wurden die Regeln für die Beteiligung anderer Parteien formell gelockert. In der Praxis unterhält die Regierung einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat, um Oppositionsbewegungen zu überwachen und zu bestrafen, die Assads Herrschaft ernsthaft infrage stellen könnten (FH 9.3.2023). Der Präsident stützt seine Herrschaft insbesondere auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Nachrichtendienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen. So hat sich in Syrien ein politisches System etabliert, in dem viele Institutionen und Personen miteinander um Macht konkurrieren und dabei kaum durch die Verfassung und den bestehenden Rechtsrahmen kontrolliert werden, sondern v. a. durch den Präsidenten und seinen engsten Kreis. Trotz gelegentlicher interner Machtkämpfe stehen Assad dabei keine ernst zu nehmenden Kontrahenten gegenüber. Die Geheimdienste haben ihre traditionell starke Rolle seither verteidigt oder sogar weiter ausgebaut und profitieren durch Schmuggel und Korruption wirtschaftlich erheblich (AA 29.3.2023).
Dem ehemaligen Berater des US-Außenministeriums Hazem al-Ghabra zufolge unterstützt Syrien beinahe vollständig die Herstellung und Logistik von Drogen, weil es eine Einnahmemöglichkeit für den Staat und für Vertreter des Regimes und dessen Profiteure darstellt (Enab 23.1.2023). Baschar al-Assad mag der unumschränkte Herrscher sein, aber die Loyalität mächtiger Warlords, Geschäftsleute oder auch seiner Verwandten hat ihren Preis. Beispielhaft wird von einer vormals kleinkriminellen Bande berichtet, die Präsident Assad in der Stadt Sednaya gewähren ließ, um die dort ansässigen Christen zu kooptieren, und die inzwischen auf eigene Rechnung in den Drogenhandel involviert ist. Der Machtapparat hat nur bedingt die Kontrolle über die eigenen Drogennetzwerke. Assads Cousins, die Hisbollah und Anführer der lokalen Organisierten Kriminalität haben kleine Imperien errichtet und geraten gelegentlich aneinander, wobei Maher al-Assad, der jüngere Bruder des Präsidenten und Befehlshaber der Vierten Division, eine zentrale Rolle bei der Logistik innehat. Die Vierte Division mutierte in den vergangenen Jahren 'zu einer Art Mafia-Konglomerat mit militärischem Flügel'. Sie bewacht die Transporte und Fabriken, kontrolliert die Häfen und nimmt Geld ein. Maher al-Assads Vertreter, General Ghassan Bilal, gilt als der operative Kopf und Verbindungsmann zur Hisbollah (Spiegel 17.6.2022).
Es gibt keine Rechtssicherheit oder Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter. Die Gefahr, Opfer staatlicher Repression und Willkür zu werden, bleibt für Einzelne unvorhersehbar (AA 2.2.2024).
Institutionen und Wahlen
Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba'ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Art. 113 der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn "absolute Notwendigkeit" dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba'ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Artikel 113, der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn "absolute Notwendigkeit" dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).
Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Art. 85 vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein "ehrenrühriges" Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vgl. Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als 'weder frei noch fair' und als 'betrügerisch', und die Opposition nannte sie eine 'Farce' (Standard 28.5.2021).Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Artikel 85, vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein "ehrenrühriges" Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vergleiche Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als 'weder frei noch fair' und als 'betrügerisch', und die Opposition nannte sie eine 'Farce' (Standard 28.5.2021).
Das Parlament hat nicht viel Macht. Dekrete werden meist von Ministern und Ministerinnen vorgelegt, um ohne Änderungen vom Parlament genehmigt zu werden. Sitze im Parlament oder im Kabinett dienen nicht dazu, einzelne Machtgruppen in die Entscheidungsfindung einzubinden, sondern dazu, sie durch die Vorteile, die ihnen ihre Positionen verschaffen, zu kooptieren (BS 23.2.2022). Im Juli 2020 fanden die Wahlen für das "Volksrat" genannte syrische Parlament mit 250 Sitzen statt, allerdings nur in Gebieten, in denen das Regime präsent ist. Auch diese Wahlen wurden durch die weitverbreitete Vertreibung der Bevölkerung beeinträchtigt. Bei den Wahlen gab es keinen nennenswerten Wettbewerb, da die im Exil lebenden Oppositionsgruppen nicht teilnahmen und die Behörden keine unabhängigen politischen Aktivitäten in dem von ihnen kontrollierten Gebiet dulden. Die regierende Ba'ath-Partei und ihre Koalition der Nationalen Progressiven Front erhielten 183 Sitze. Die restlichen 67 Sitze gingen an unabhängige Kandidaten, die jedoch alle als regierungstreu galten (FH 9.3.2023). Die Wahlbeteiligung lag bei 33,7 Prozent (BS 23.2.2022). Es gab Vorwürfe des Betrugs, der Wahlfälschung und der politischen Einflussnahme. Kandidaten wurden in letzter Minute von den Wahllisten gestrichen und durch vom Regime bevorzugte Kandidaten ersetzt, darunter Kriegsprofiteure, Warlords und Schmuggler, welche das Regime im Zuge des Konflikts unterstützten (WP 22.7.2020).
Der Wahlprozess soll so strukturiert sein, dass eine Manipulation des Regimes möglich ist. Syrische Bürger können überall innerhalb der vom Regime kontrollierten Gebiete wählen, und es gibt keine Liste der registrierten Wähler in den Wahllokalen und somit keinen Mechanismus zur Überprüfung, ob Personen an verschiedenen Wahllokalen mehrfach gewählt haben. Aufgrund der Vorschriften bei Reihungen auf Wahllisten sind alternative Kandidaten standardmäßig nur ein Zusatz zu den Kandidaten d