Entscheidungsdatum
16.04.2024Norm
AsylG 2005 §11Spruch
W239 2252940-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Theresa Baumann als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.02.2022, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.10.2023 zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Theresa Baumann als Einzelrichterin über die Beschwerde des römisch XXXX , geb. römisch XXXX , StA. Syrien, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.02.2022, Zl. römisch XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.10.2023 zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch XXXX gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass römisch XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und stellte hier am 13.08.2021 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Am selben Tag (13.08.2021) fand unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch die Erstbefragung des Beschwerdeführers vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Dabei gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen an, dass er sein Land wegen des Krieges verlassen habe, er als Reservist einberufen worden sei und dann vom Militär geflüchtet sei. Er befürchte im Falle einer Rückkehr seine Inhaftierung und den Tod.
2. Am 24.09.2021 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Dabei führte er im Wesentlichen aus, er gehöre der Volksgruppe der Araber an und bekenne sich zur ismailitischen Glaubensrichtung des Islam. Er sei verheiratet und habe keine Kinder. Seine Ehefrau halte sich legal in den Vereinigten Arabischen Emiraten auf.
Zu seiner Ausbildung gab der Beschwerdeführer an, er habe in Syrien zwölf Jahre lang die Grundschule besucht und mit Matura abgeschlossen. Sieben Jahre habe er ein Studium der Mechatronik absolviert. Im Zeitraum von Juli 2008 bis November 2014 habe er in Jableh als Lehrer gearbeitet.
Der Beschwerdeführer habe den syrischen Grundwehrdienst von November 2008 bis Mai 2010 als Offizier am Flughafen Damaskus absolviert. Ab 2012 sei er zum Reservemilitärdienst einberufen worden, er sei aber nicht eingerückt. Im November 2014 sei er an bei einer Straßenkontrolle angehalten und zum Reservemilitärdienst zwangsrekrutiert worden. Diesen habe er von Ende November 2014 bis Februar 2016 bei der Luftabwehr als Offizier und Mechaniker bei Damaskus absolviert. Im Februar 2016 sei der Beschwerdeführer nach einem beantragten sechstägigen Urlaub nicht mehr zu seiner Einheit zurückgekehrt; er habe die Chance genutzt, um in die Türkei zu reisen. Dort habe er ein Jahr und sieben Monate verbracht. Dann habe er sich zwei Jahre illegal in Malaysia aufgehalten. Von November 2019 bis Juli 2021 habe er legal in den Vereinigten Arabischen Emiraten gelebt. Das syrische Militär habe zwei bis dreimal bei seinen Eltern nach seinem Aufenthaltsort gefragt. Letztlich sei er über Albanien, den Kosovo, Serbien und Ungarn nach Österreich gereist.
Syrien habe der Beschwerdeführer verlassen, da er befürchtete, irgendwann kämpfen zu müssen oder sich selbst verteidigen zu müssen.
Der Beschwerdeführer legte einen gültigen und einen abgelaufen syrischen Reisepass, eine Heiratsurkunde, einen Militärausweis, einen syrischen Personalausweis, eine UNHCR-Registrierung vom 24.02.2021 und eine Residence Identity Card aus den Vereinigten Arabischen Emiraten vor.
3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 14.02.2022 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten [in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien] zuerkannt (Spruchpunkt II.) und es wurde ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 14.02.2022 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten [in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien] zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und es wurde ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).
Die Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer als Lehrer arbeiten habe können, obwohl er seit 2012 zum Reservemilitärdienst einberufen worden sei. Das syrische Militär habe offenbar kein dezidiertes Interesse an seiner Person gehabt. Ihm sei ein sechstätiger Urlaub gewährt worden. Nach seiner Flucht sei seine Familie keinen Repressalien ausgesetzt gewesen und erst zwei Monate nach seiner Ausreise sei zwei bis dreimal nach ihm gefragt worden. Dem Beschwerdeführer seien von den syrischen Behörden dreimal neue Pässe ausgestellt worden, und zwar in der Türkei, in Malaysia und in Dubai; somit wussten die syrischen Behörden seit 2016 über seine Aufenthaltsorte Bescheid. Außerdem habe der Beschwerdeführer bei seiner Ausreise im Jahr 2016 fünf Tage nach seiner Desertion innerhalb Syriens durch drei Provinzen reisen können, ohne dabei Probleme bei Straßenkontrollen zu haben.
Der Beschwerdeführer sei in einem fortgeschrittenen Alter von mittlerweile 42 Jahren und habe keine Spezialkenntnisse auf beruflicher Ebene, welche für die syrische Armee von Bedeutung seien; die Furcht vor einer erneuten Rekrutierung und vor der Teilnahme an kriegerischen Handlungen sei daher nicht plausibel. Auch gäbe es keine Anzeichen, dass der Beschwerdeführer politisch aktiv gewesen sei; ebenso wenig habe er Probleme wegen seiner Volksgruppe oder Religion gehabt.
4. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Vertretung, die BBU GmBH, fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde.4. Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Vertretung, die BBU GmBH, fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde.
Im Wesentlichen wurde vorgebracht, es sei unrichtig, dass dem Beschwerdeführer aufgrund der Desertion keine asylrelevante Verfolgung drohe. Der Argumentation des BFA werde Folgendes entgegengehalten: Der syrischen Armee sei es aufgrund der mangelnden Ressourcen nicht möglich gewesen, die Familienangehörigen des Beschwerdeführers über einen langen Zeitraum hinweg aufzusuchen und man habe daher nur zweimal nach seinem Aufenthaltsort gefragt. Hinsichtlich der neu ausgestellten Reisepässe durch syrische Behörden im Ausland gäbe es einen Erlass, welcher es Syrern im Ausland ermögliche, neue Reisepässe ausstellen zu lassen, da es sich dabei für den syrischen Staat um eine lukrative Einkommensquelle handle. Der Beschwerdeführer habe seine Fluchtroute über drei Provinzen durch Syrien nehmen können, da er zu diesem Zeitpunkt noch nicht als Deserteur für die syrischen Behörden gegolten habe. Soweit das BFA anführe, der Beschwerdeführer sei bei einer Rückkehr aufgrund seines Alters weder der Gefahr einer erneuten Einziehung in den Reservemilitärdienst ausgesetzt, noch der Gefahr, an kriegerischen Handlungen teilnehmen zu müssen, werde entgegnet, dass der Beschwerdeführer im Entscheidungspunkt ein solches Alter - über 42 Jahre - noch nicht erreicht habe; eine Tätigkeit als Mechaniker werde ihn nicht vor einem Dienst mit der Waffe schützen.
Der Beschwerdeführer sei bei einer Rückkehr nach Syrien auch wegen seiner Flucht ins Ausland und der dortigen Asylantragstellung einer asylrelevanten Verfolgungsgefahr ausgesetzt. Dem Beschwerdeführer würden bei Weigerung des Wehrdiensteinsatzes mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit völlig unverhältnismäßige Bestrafungsmaßnahmen und Sanktionen seitens des syrischen Regimes drohen. Es liege asylrelevante Verfolgung aufgrund des drohenden Eingriffs von erheblicher Intensität vor, weil die Bestrafung in Zusammenhang mit einem Konventionsgrund, nämlich der politischen Gesinnung, stehe.
Der angefochtene Bescheid beruhe auf einem mangelhaften Ermittlungsverfahren, einer mangelhaften Beweiswürdigung und einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Beantragt wurden die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung und die Abänderung des angefochtenen Spruchpunktes.
5. Die Beschwerdevorlage an das Bundesverwaltungsgericht erfolgte am 16.03.2022.
6. Am 10.10.2023 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner bevollmächtigten Vertretung statt. Unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Arabisch wurde der Beschwerdeführer zur Identität und Herkunft, den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates und zu seinen persönlichen Lebensumständen befragt. Das BFA blieb der Verhandlung entschuldigt fern.
Vom Beschwerdeführer vorgelegt wurde:
- gültiger Syrischer Reisepass
- Syrischer Militärausweis
- Syrische Heiratsurkunde
- VAE Residence Identity Card
- UNHCR Registration Form
- Vollmacht des Beschwerdeführers an den Bruder
- Eheschließungsurkunde
- Klage auf Legalisierung der Eheschließung
Von der Richterin ins Verfahren eingebracht wurden folgende Berichte:
- Länderinformation der Staatendokumentation zu Syrien, Stand: 17.07.2023
- UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 6. aktualisierte Fassung, März 2021
- EUAA: Country Guidance Syria, Februar 2023
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX , er wurde am XXXX in Deir Ez-Zor geboren und ist syrischer Staatsangehöriger. Er gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zur ismailitischen Glaubensrichtung des Islam. Seine Muttersprache ist Arabisch, er spricht gut Englisch und lernt die deutsche Sprache. Er ist verheiratet und hat keine Kinder.Der Beschwerdeführer führt den Namen römisch XXXX , er wurde am römisch XXXX in Deir Ez-Zor geboren und ist syrischer Staatsangehöriger. Er gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zur ismailitischen Glaubensrichtung des Islam. Seine Muttersprache ist Arabisch, er spricht gut Englisch und lernt die deutsche Sprache. Er ist verheiratet und hat keine Kinder.
Die Ehefrau des Beschwerdeführers lebt in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Seine Mutter, zwei Brüder und eine Schwester leben nach wie vor in Syrien. Ein Bruder lebt in Deutschland, der Vater ist verstorben. Der Beschwerdeführer steht mit seiner Ehefrau und auch mit der Mutter und seinen Geschwistern in Syrien in regelmäßigen Kontakt.
Der Beschwerdeführer stammt aus der Stadt Salamiyah im Gouvernement Hama in der gleichnamigen Provinz und ist dort aufgewachsen. Er besuchte in Salamiyah 12 Jahre die Grundschule, schloss diese mit Matura ab und absolvierte anschließend in Latakia an der dortigen technischen Universität ein Studium der Mechatronik. Beruflich war der Beschwerdeführer im Zeitraum Juli 2008 bis November 2008 und nach der Ableistung seines Grundwehrdienstes von Anfang Mai 2010 bis November 2014 als Lehrer an der Marineakademie in der Küstenstadt Jableh im Gouvernement Latakia für Mechatronik und Marinetechnik beschäftigt.
Der Beschwerdeführer ist gesund.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
In Syrien besteht ein verpflichtender Wehrdienst für männliche Staatsbürger ab dem Alter von 18 Jahren. Syrische männliche Staatsangehörige können bis zum Alter von 42 Jahren zum Wehrdienst einberufen werden. Weiters werden aufgrund von Schwierigkeiten bei der Aushebung neuer Rekruten auch Reservisten (neuerlich) zum Militärdienst eingezogen und es kommt sogar zur Aufhebung von Militärdienstaufschüben. Schließlich herrscht bei der Vollziehung des Wehrgesetzes ein bestimmtes Maß an Willkür.
Der Beschwerdeführer leistete seinen Grundwehrdienst bei der syrischen Armee von November 2008 bis April 2010 ab. Nach einer sechsmonatigen Grundausbildung wurde der Beschwerdeführ als Offizier in der Nähe von Damaskus eingesetzt und war als Techniker mit der Wartung der dortigen Fahrzeuge betraut.
Im Jahr 2012 wurde der Beschwerdeführer zum Reservedienst einberufen, er ging diesem Aufruf jedoch nicht nach und wurde im November 2014 bei einer Straßenkontrolle zum Reservedienst zwangsrekrutiert. Er wurde als Mechaniker zur Wartung der Fahrzeuge bei der Luftabwehr zum Schutz des Flughafens Damaskus eingesetzt. Seinen Reservedienst leistete der Beschwerdeführer von November 2014 bis zum Februar 2016, dann entzog er sich durch Desertion dem weiteren Reservedienst. Die Regierung betrachtet die Verweigerung des Wehrdienstes bzw. Reservedienstes nicht nur als eine strafrechtlich zu verfolgende Handlung, sondern auch als Ausdruck von politischem Dissens und mangelnder Bereitschaft, das Vaterland gegen „terroristische“ Bedrohungen zu schützen.
Der Beschwerdeführer befindet sich mit seinen 42 Jahren (noch) im wehrdienstpflichtigem Alter für den Reservedienst. Dem Beschwerdeführer droht aufgrund seiner Desertation vom Reservedienst während eines sechstägigen Urlaubs im Februar 2016 und der anschließenden Flucht ins Ausland ohne Erlaubnis des syrischen Regimes, die Militäreinheit zu verlassen, eine Freiheitsstrafe von fünf bis zehn Jahren, Folter, Misshandlung oder der Tod, sowie kann der Beschwerdeführer als Deserteur auch Ziel des umfassenden Anti-Terror-Gesetzes (Dekret Nr. 19/2012) der syrischen Regierung sein.
Der Herkunftsort des Beschwerdeführers, die Stadt Salamiyah im Gouvernement Hama in der gleichnamigen Provinz, steht unter der Kontrolle des syrischen Regimes, ebenso wie auch die Städte Latakia und Jableh, an denen der Beschwerdeführer studiert bzw. später als Lehrer gearbeitet hat. Der Beschwerdeführer kann nur über die Grenzübergänge, die in der Hand des syrischen Regimes sind - wie jene zum Libanon oder über den Flughafen von Damaskus - sicher und legal nach Syrien in seinen Herkunftsort zurückkehren. Für ihn besteht nicht die Möglichkeit, gefahrlos in seinen Heimatstaat zurückzukehren, da es wahrscheinlich ist, dass er im Zuge seiner Rückkehr etwa an einem Grenzkontrollposten oder an einem Checkpoint verhaftet wird. Der Beschwerdeführer lehnt es ab, den Reservedienst zu leisten und er möchte sich nicht an völkerrechtswidrigen Kriegshandlungen beteiligen. Durch seine Desertion ist er bereits in das Blickfeld der Behörden geraten; ihm droht bereits Bestrafung wegen Desertion.
In Zusammenschau mit der illegalen Ausreise nach seiner Desertion, seiner Antragstellung auf internationalen Schutz im Ausland sowie seiner Eigenschaft als Rückkehrer aus dem Ausland würde ihm von den syrischen Behörden jedenfalls eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt werden.
1.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:
Auszug aus dem COI-CMS Syrien vom 17.07.2023 (Version 9)
SYRIEN: LIB Version 9; Datum der Veröffentlichung: 17.07.2023
Politische Lage
Letzte Änderung 2023-07-10
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 % des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023).
Interne Akteure haben das Kernmerkmal eines Staates - sein Gewaltmonopol - infrage gestellt und ausgehöhlt. Externe Akteure, die Gebiete besetzen, wie die Türkei in den kurdischen Gebieten, oder sich in innere Angelegenheiten einmischen, wie Russland und Iran, sorgen für Unzufriedenheit bei den Bürgern vor Ort (BS 23.2.2022). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus. In anderen Gebieten ist die zivile Politik im Allgemeinen den lokal dominierenden bewaffneten Gruppen untergeordnet, darunter die militante islamistische Gruppe Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS), die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) und mit dem türkischen Militär verbündete Kräfte (FH 9.3.2023). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg, der nun in sein zwölftes Jahr geht, hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum November 2022-März 2023] nicht wesentlich verändert (AA 29.3.2023). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Der Machtanspruch des syrischen Regimes wurde in den Gebieten unter seiner Kontrolle nicht grundlegend angefochten, nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden substanziellen militärischen Unterstützung Russlands bzw. Irans und Iran-naher Kräfte. Allerdings gelang es dem Regime nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol in diesen Gebieten durchzusetzen. Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht (AA 29.3.2023). Der von den Vereinten Nationen geleitete Friedensprozess, einschließlich des Verfassungsausschusses, hat 2022 keine Fortschritte gemacht (HRW 12.1.2023; vgl. AA 29.3.2023). Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert (AA 29.3.2023). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell und sorgen dafür, dass diese nicht für ihre Taten verantwortlich gemacht werden (HRW 12.1.2023).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum November 2022-März 2023] nicht wesentlich verändert (AA 29.3.2023). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Der Machtanspruch des syrischen Regimes wurde in den Gebieten unter seiner Kontrolle nicht grundlegend angefochten, nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden substanziellen militärischen Unterstützung Russlands bzw. Irans und Iran-naher Kräfte. Allerdings gelang es dem Regime nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol in diesen Gebieten durchzusetzen. Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht (AA 29.3.2023). Der von den Vereinten Nationen geleitete Friedensprozess, einschließlich des Verfassungsausschusses, hat 2022 keine Fortschritte gemacht (HRW 12.1.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert (AA 29.3.2023). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell und sorgen dafür, dass diese nicht für ihre Taten verantwortlich gemacht werden (HRW 12.1.2023).
Im Äußeren gewannen die Bemühungen des Regimes und seiner Verbündeten, insbesondere Russlands, zur Beendigung der internationalen Isolation [mit Stand März 2023] unabhängig von der im Raum stehenden Annäherung der Türkei trotz fehlender politischer und humanitärer Fortschritte weiter an Momentum. Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon - (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen, wenngleich sich die Bewahrung der EU-Einheit in dieser Sache zunehmend herausfordernd gestaltet (AA 29.3.2023).Im Äußeren gewannen die Bemühungen des Regimes und seiner Verbündeten, insbesondere Russlands, zur Beendigung der internationalen Isolation [mit Stand März 2