Entscheidungsdatum
17.04.2024Norm
AsylG 2005 §11Spruch
W250 2277791-1/11E
Schriftliche Ausfertigung des am 11.03.2024 mündlich verkündeten Erkenntnisses
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.08.2023, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht: Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter über die Beschwerde des römisch XXXX , geboren am römisch XXXX , Staatsangehörigkeit Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.08.2023, Zl. römisch XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und es wird XXXX gemäß § 3 Abs. 1 und 4 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.römisch eins. Der Beschwerde wird stattgegeben und es wird römisch XXXX gemäß Paragraph 3, Absatz eins und 4 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
II. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.römisch II. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass römisch XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Syriens, stellte am 29.05.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Am 29.05.2022 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab er zu seinen Fluchtgründen befragt an, in Syrien herrsche Krieg und es gebe keine Sicherheit und keine Zukunft. Bei einer Rückkehr habe er Angst vor dem Militär (AS 6).
3. Am 02.01.2023 fand eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA statt. Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er habe seinen Militärdienst in Aleppo von 2002 bis 2005 als Schütze und Artillerie-Soldat geleistet. Im Jahr 2018 habe er erneut einen Einberufungsbefehl erhalten und sei daraufhin in den benachbarten Ort, der unter der Kontrolle der Freien Syrischen Armee gelegen sei, gereist und habe dort bis zu seiner Ausreise aus Syrien im Jahr 2021 gelebt. Die Kontrolle über den Herkunftsort habe das syrische Regime, welches mehrmals in das Haus des Beschwerdeführers eingedrungen sei. Er befürchte aufgrund des verweigerten Reservedienstes und weil er über das syrische Regime geschimpft habe getötet zu werden (AS 109ff.).
Der Beschwerdeführer legte ein Konvolut an Unterlagen vor (AS 39 – AS 108):
? Syrischer Reisepass im Original, ausgestellt auf den Beschwerdeführer am XXXX , gültig bis XXXX ? Syrischer Reisepass im Original, ausgestellt auf den Beschwerdeführer am römisch XXXX , gültig bis römisch XXXX
? syrischer Personalausweis im Original, ausgestellt auf den Beschwerdeführer am XXXX ? syrischer Personalausweis im Original, ausgestellt auf den Beschwerdeführer am römisch XXXX
? Familienregisterauszug in Kopie samt Übersetzung, ausgestellt am XXXX ? Familienregisterauszug in Kopie samt Übersetzung, ausgestellt am römisch XXXX
? Einberufungsbefehl in Kopie, ausgestellt auf den Beschwerdeführer (AS 53f.)
? Heiratsurkunde in Kopie samt Übersetzung, ausgestellt am XXXX in Daraa ? Heiratsurkunde in Kopie samt Übersetzung, ausgestellt am römisch XXXX in Daraa
? Reisepässe, Geburtsurkunden, Personenregisterauskünfte in Kopie zur Ehefrau und den Kindern des Beschwerdeführers (AS 57 bis AS 105)
? Eine Bestätigung der BBU über die freiwillige Reinigungstätigkeit des Beschwerdeführers im Juli 2022 (AS 107)
4. Am 02.01.2023 veranlasste das BFA eine Dokumentenüberprüfung des vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten Reisepasses und Personalausweises. Entsprechend dem Untersuchungsbericht der zuständigen Landespolizeidirektion vom 05.01.2023 konnten bei beiden Dokumenten keine Anhaltspunkte einer Fälschung bzw. Verfälschung festgestellt werden (AS 129 bis AS 139).
5. Mit Schreiben vom 06.04.2023 bat der Beschwerdeführer um die baldige Erlassung eines Bescheides, um einer Arbeitstätigkeit nachgehen zu können (AS 141).
6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16.08.2023, abgefertigt am 18.08.2023, zugestellt am 21.08.2023, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 29.05.2022 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.). Ihm wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.). 6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16.08.2023, abgefertigt am 18.08.2023, zugestellt am 21.08.2023, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 29.05.2022 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt römisch eins.). Ihm wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).
Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung die Länderinformation der Staatendokumentation zu Syrien, Stand 17.07.2023, Version 9, zugrunde und führte begründend im Wesentlichen aus, es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Syrien einer begründeten Furcht vor asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt gewesen sei, bzw. dort gegenwärtig ausgesetzt wäre. Eine Einziehung zum syrischen Militär als Reservist bzw. die zwangsweise Einziehung nach einer Rückkehr oder Inhaftierung habe nicht glaubwürdig dargelegt werden können. Aufgrund der allgemeinen Lage in Syrien sei ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren (vgl. Seite 14 f. sowie 158 f. des angefochtenen Bescheides vom 16.08.2023, AS 155ff.). Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung die Länderinformation der Staatendokumentation zu Syrien, Stand 17.07.2023, Version 9, zugrunde und führte begründend im Wesentlichen aus, es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Syrien einer begründeten Furcht vor asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt gewesen sei, bzw. dort gegenwärtig ausgesetzt wäre. Eine Einziehung zum syrischen Militär als Reservist bzw. die zwangsweise Einziehung nach einer Rückkehr oder Inhaftierung habe nicht glaubwürdig dargelegt werden können. Aufgrund der allgemeinen Lage in Syrien sei ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren vergleiche Seite 14 f. sowie 158 f. des angefochtenen Bescheides vom 16.08.2023, AS 155ff.).
7. Mit Schreiben vom 05.09.2023, eingelangt am selben Tag, erhob der Beschwerdeführer durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter, fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des obengenannten Bescheides vom 16.08.2023. Darin beantragte er eine mündliche Verhandlung durchzuführen, Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zu beheben und dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, in eventu den angefochtenen Bescheid hinsichtlich des ersten Spruchpunktes zu beheben und an das Bundesamt zurückzuverweisen.7. Mit Schreiben vom 05.09.2023, eingelangt am selben Tag, erhob der Beschwerdeführer durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter, fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des obengenannten Bescheides vom 16.08.2023. Darin beantragte er eine mündliche Verhandlung durchzuführen, Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides zu beheben und dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, in eventu den angefochtenen Bescheid hinsichtlich des ersten Spruchpunktes zu beheben und an das Bundesamt zurückzuverweisen.
In der Beschwerde brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, er sei mit seinem Alter von 40 Jahren bei einer Rückkehr einer Einberufung zum Reservedienst ausgesetzt, zumal er bereits einen Einberufungsbefehl erhalten habe. Zudem habe er im Zuge seines Grundwehrdienstes eine Spezialausbildung als Artillerieschütze erhalten. Er habe zwar den Grundwehrdienst abgeleistet, sich aber dem Reservedienst entzogen. Bei einer Rückkehr drohe dem Beschwerdeführer Verfolgung durch das syrische Regime, da ihm aufgrund seiner Flucht wegen befürchteter Einberufung zum Reservedienst eine oppositionelle politische Gesinnung zugeschrieben werde. Er habe sich negativ gegenüber dem Regime geäußert und die Mutter des Beschwerdeführers habe seit seiner Abwesenheit bereits mehrfach Besuch von Sicherheitskräften erhalten (AS 330 f.; Seite 2 f. der Beschwerde vom 05.09.2023).
8. Am 08.09.2023 langte die Beschwerdevorlage beim Bundesverwaltungsgericht ein (OZ/1).
9. Mit Beweismittelvorlage vom 08.02.2024 legte der Beschwerdeführer sein Militärbuch in Kopie vor und merkte an, dass sich das Original bei ihm befinde und er es bei der Verhandlung am 11.03.2024 vorlegen werde (OZ/5).
10. Mit Dokumentenvorlage vom 07.03.2024 legte der Beschwerdeführer das Ergebnis einer Abfrage auf der Website des syrischen Verteidigungsministeriums vor, woraus ersichtlich sei, dass er zum Reservedienst gesucht werde. Er sei bereit, diese Abfrage in der mündlichen Verhandlung zu wiederholen. Zudem teilte der Beschwerdeführer mit, dass in der gegenständlichen Beschwerde irrtümlich falsche Jahreszahlen zum abgeleisteten Wehrdienst angegeben worden seien und dass die in der Einvernahme angegebenen Jahreszahlen (die mit dem Militärbuch übereinstimmen würden) von 2002 bis 2005 richtig seien. Zudem sei der Herkunftsort im Verfahren nicht richtig erfasst worden und es werde um eine Korrektur gebeten (OZ/6).
11. Am 11.03.2024 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch und der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers statt, bei welcher der Beschwerdeführer einvernommen wurde. Ein Vertreter der belangten Behörde ist entschuldigt nicht erschienen. Im Rahmen der Verhandlung wurde der Beschwerdeführer insbesondere ausführlich zu seiner Identität, seiner Herkunft, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seinen Familienverhältnissen und seinem Leben in Syrien, seinen Fluchtgründen sowie seinem Leben in Österreich befragt. Das erkennende Gericht brachte neben dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Version 9 vom 17.07.2023, weitere Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers in das Verfahren ein: die UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen 6. aktualisierte Fassung vom März 2021, die EUAA Country Guidance (ehemals EASO Leitlinien) zu Syrien vom Februar 2023, der Themenbericht der Staatendokumentation Syrien – Grenzübergänge, Version 1 vom 25.10.2023, sowie die ACCORD Anfragebeantwortung zu Syrien: Detailfragen zum Vorgehen der syrischen Grenzbehörden bei der Einreise eines registrierten Reservisten nach mehrjährigem Auslandsaufenthalt vom 14.06.2023. Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit gegeben, in diese herkunftsstaatsbezogenen Berichte Einsicht zu nehmen sowie zu den dargelegten Feststellungen eine Stellungnahme abzugeben.
In Ergänzung der bereits vorgelegten Unterlagen wurde vom Beschwerdeführer sein syrisches Wehrdienstbuch im Original vorgelegt (Seite 4 in OZ/7).
12. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 11.03.2024 erfolgte eine mündliche Verkündung gemäß § 29 Abs. 2 VwGVG. Im Anschluss übermittelte das Bundesverwaltungsgericht die Niederschrift der Verhandlung samt der mündlichen Verkündung und den wesentlichen Gründen der Entscheidung sowie der Belehrung gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG an die belangte Behörde (vgl. Schreiben vom 11.03.2024 in OZ/8).12. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 11.03.2024 erfolgte eine mündliche Verkündung gemäß Paragraph 29, Absatz 2, VwGVG. Im Anschluss übermittelte das Bundesverwaltungsgericht die Niederschrift der Verhandlung samt der mündlichen Verkündung und den wesentlichen Gründen der Entscheidung sowie der Belehrung gemäß Paragraph 29, Absatz 2 a, VwGVG an die belangte Behörde vergleiche Schreiben vom 11.03.2024 in OZ/8).
13. Am 12.03.2024 stellte das BFA einen Antrag auf schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses (OZ/9).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Zur Person des BF:
Die Identität des BF steht fest, er heißt XXXX und wurde am XXXX geboren. Er ist syrischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Araber, seine Muttersprache ist Arabisch. Er bekennt sich zum sunnitisch muslimischen Glauben (vgl. AS 1, AS 33, Seite 5 in OZ/7 = Verhandlungsprotokoll vom 11.03.2024).Die Identität des BF steht fest, er heißt römisch XXXX und wurde am römisch XXXX geboren. Er ist syrischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Araber, seine Muttersprache ist Arabisch. Er bekennt sich zum sunnitisch muslimischen Glauben vergleiche AS 1, AS 33, Seite 5 in OZ/7 = Verhandlungsprotokoll vom 11.03.2024).
Der BF wurde im Dorf XXXX im Gouvernement Dara´a geboren. Er hat keine Schule besucht und in der Landwirtschaft gearbeitet (AS 2 bis AS 3, AS 33 bis AS 37, Seite 5 in OZ/7).Der BF wurde im Dorf römisch XXXX im Gouvernement Dara´a geboren. Er hat keine Schule besucht und in der Landwirtschaft gearbeitet (AS 2 bis AS 3, AS 33 bis AS 37, Seite 5 in OZ/7).
Der BF ist verheiratet und hat sechs Kinder, seine Ehefrau und seine Kinder halten sich in Syrien in XXXX auf (AS 1, AS 35, Seite 6 in OZ/7). Der BF ist verheiratet und hat sechs Kinder, seine Ehefrau und seine Kinder halten sich in Syrien in römisch XXXX auf (AS 1, AS 35, Seite 6 in OZ/7).
Der BF ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
Der Beschwerdeführer ist gesund (Seite 6 in OZ/7).
1.2. Zur befürchteten Verfolgung in Syrien - Zur Wehrpflicht des Beschwerdeführers in Syrien:
Der Beschwerdeführer ist 41 Jahre alt.
Er leistete bereits für 2 Jahre und 6 Monate den Grundwehrdienst in Syrien von XXXX bis XXXX in Aleppo ab. Der BF erhielt eine Ausbildung zum Artillerieschützen in der Luftabwehr.Er leistete bereits für 2 Jahre und 6 Monate den Grundwehrdienst in Syrien von römisch XXXX bis römisch XXXX in Aleppo ab. Der BF erhielt eine Ausbildung zum Artillerieschützen in der Luftabwehr.
Aus den Länderfeststellungen geht hervor, dass für männliche syrische Staatsbürger im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes von 18 oder 21 Monaten gesetzlich verpflichtend ist. Nach Beendigung des Pflichtwehrdienstes bleibt ein syrischer Mann, wenn er sich gegen einen Eintritt in den Militärdienst als Berufssoldat entscheidet, Reservist und kann bis zum Erreichen des 42. Lebensjahres in den aktiven Dienst einberufen werden. Ob jemand einberufen wird, hängt entscheidend von dem Beruf, der Ausbildung, dem Rang und der Position während seines abgeleisteten Militärdienstes und der Einheit, welcher er diente, ab.
Der Beschwerdeführer hat seinen Wehrdienst in Syrien bereits abgeleistet und befindet sich nach wie vor im wehrfähigen Alter.
Ihm wurde im Jahr 2018 ein Einberufungsbefehl zum Reservedienst zugestellt. Der Beschwerdeführer hat diesem Einberufungsbefehl keine Folge geleistet.
Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers wird vom syrischen Regime kontrolliert.
Ihm droht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, als Reservist zum Militärdienst bei der syrischen Armee einberufen zu werden.
Aus dem aktuellen Länderinformationsblattes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl geht hervor, dass Wehrdienstverweigerung in Kriegszeiten mit Gefängnisstrafen von bis zu 5 Jahren bestraft wird. Bezüglich der Konsequenzen einer Wehrdienstverweigerung gehen die Meinungen der Quellen auseinander. Während manche die Ergreifung eines Wehrdienstverweigerers mit Foltergarantie und Todesurteil gleichsetzen, sagen andere, dass Betroffene sofort eingezogen würden. Die Konsequenzen hängen offenbar vom Einzelfall ab. Zudem betrachtet die syrische Regierung Wehrdienstverweigerung nicht nur als eine strafrechtliche zu verfolgende Handlung, sondern auch als Ausdruck politischen Dissens und mangelnder Bereitschaft, das Vaterland gegen „terroristische“ Bedrohungen zu schützen. Wehrdienstverweigerung kann Konsequenzen bis hin zu Folter oder Tod haben, auch eine sofortige Einziehung ist möglich. Die Regierung wird zudem beschuldigt, völkerrechtswidrige Militäraktionen, wie etwa willkürliche und absichtliche Angriffe auf Zivilisten, durchzuführen. Wenn syrische Armeeangehörige Befehle nicht befolgen, werden sie erschossen, gefoltert, geschlagen und inhaftiert.
Die Tatsache, dass die syrische Regierung Wehrdienstverweigerung als Ausdruck politischen Dissens betrachtet (auch in Kombination mit den, den Betroffenen drohenden, völlig unverhältnismäßigen Sanktionen), kann nicht anders als dahingehend beurteilt werden, als dass sie dem Betroffenen wegen seiner Wehrdienstverweigerung eine oppositionelle Gesinnung (zumindest) unterstellt.
Es ist somit glaubhaft, dass dem Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat aufgrund seiner (zumindest unterstellten) politischen Gesinnung Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.Es ist somit glaubhaft, dass dem Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat aufgrund seiner (zumindest unterstellten) politischen Gesinnung Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK droht.
Der Beschwerdeführer hat sich durch seine Ausreise seinem Reservedienst entzogen und würde daher bei einer Rückkehr als Regimegegner angesehen werden. Der Beschwerdeführer lehnt einen neuerlichen Militärdienst bei der syrischen Armee ab.
Der Beschwerdeführer verließ Syrien im Jahr 2021 und stellte am 29.05.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, unter anderem weil er nicht im Militär des syrischen Regimes kämpfen will.
Im Falle einer Rückkehr besteht für den Beschwerdeführer daher die Gefahr, am Grenzkontrollposten verhaftet und wegen der Ausreise und damit einhergehenden Wehrdienstverweigerung verhaftet zu werden und zumindest mit einer Gefängnisstrafe bestraft zu werden, die mit der Anwendung von Folter verbunden wäre.
Die syrische Regierung betrachtet Wehrdienstverweigerung nicht nur als eine strafrechtlich zu verfolgende Handlung, sondern auch als Ausdruck von politischem Dissens und mangelnder Bereitschaft, das Vaterland gegen „terroristische“ Bedrohungen zu schützen. Auch die Ausreise des Beschwerdeführers und die dadurch bewirkte Entziehung von der Ableistung des Wehrdienstes als Reservist wird vom syrischen Regime als Ausdruck einer oppositionellen Gesinnung gesehen.
Der Beschwerdeführer hat sich bereits in Syrien negativ über das Regime geäußert, was zumindest den örtlichen Militärkräften bekannt wurde, und nimmt in Österreich an Demonstrationen gegen das syrische Regime teil.
Es besteht zudem die Gefahr, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr, trotz Ableistens des zweijährigen Wehrdienstes, erneut zum Militärdienst bei der syrischen Armee eingezogen wird, was er ablehnt.
Den Länderinformationen zufolge wurden die Altersgrenzen fallweise angehoben und auch Männer bis zu einem Alter von 55 oder sogar 62 Jahren, abhängig vom Rang, eingezogen, bzw. konnten Männer nach Erreichen des 42. Lebensjahres die Armee nicht verlassen. Die Altersgrenze hängt laut Experten eher von lokalen Entwicklungen und den Mobilisierungsbemühungen der Regierung ab als von allgemeinen Einberufungsregelungen. Generell hat sich das Maß der Willkür in Syrien im Zuge des Konfliktes erhöht. Der Personalbedarf des syrischen Militärs bleibt entsprechend der aktuellen Länderberichte aufgrund von Entlassungen langgedienter Wehrpflichtiger und zahlreicher Verluste durch Kampfhandlungen unverändert hoch.
Eine Einziehung zum Reservedienst ist angesichts des willkürlichen Verhaltens der syrischen Behörden und des Bedarfs an kampfähigen Soldaten sehr wahrscheinlich.
Der Beschwerdeführer kann nur über die Grenzübergänge, die in der Hand des syrischen Regimes sind (insbesondere über den Flughafen von Damaskus) sicher und legal in seine Herkunftsregion Dara´a zurückkehren.
Die Bedrohung geht vom syrischen Regime, somit vom Staat selbst, aus.
Bei einer Rückkehr nach Syrien läuft der Beschwerdeführer Gefahr, Gewalthandlungen, erheblichen Eingriffen in seine Unversehrtheit und/oder gravierenden Bedrohungen durch das syrische Regime ausgesetzt zu sein.
Die Bedrohung des Beschwerdeführers ist aktuell.
Dem Beschwerdeführer steht eine zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative nicht zur Verfügung.
Gründe, nach denen ein Ausschluss des Beschwerdeführers hinsichtlich der Asylgewährung zu erfolgen hat, liegen im Verfahren nicht vor.
1.3. Ein Bruder des Beschwerdeführers hat Syrien verlassen, ohne den Militärdienst abgeleistet zu haben.
1.4. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:
Im Verfahren wurden folgende Quellen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers herangezogen:
? Das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, aus dem Country of Origin - Content Management System (COI-CMS) - Syrien, Version 9 vom 17.07.2023
? Die UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen 6. aktualisierte Fassung, März 2021
? EUAA Country Guidance (ehemals EASO Leitlinien) zu Syrien vom Februar 2023
? Themenbericht der Staatendokumentation Syrien – Grenzübergänge, Version 1 vom 25.10.2023
? ACCORD Anfragebeantwortung zu Syrien: Detailfragen zum Vorgehen der syrischen Grenzbehörden bei der Einreise eines registrierten Reservisten nach mehrjährigem Auslandsaufenthalt vom 14.06.2023
? ACCORD Anfragebeantwortung zu Syrien: Reisepässe der syrischen Regierung für Männer im wehrdienstfähigen Alter; mögliches Sicherheitsrisiko für diese Personengruppe, im Ausland (insbesondere in der Türkei) einen Reisepass zu beantragen vom 27.01.2023
Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus dem vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Syrien, Version 9 vom 17.07.2023, wiedergegeben:
1.4.1. Politische Lage
„Letzte Änderung: 10.07.2023
(…) Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum November 2022-März 2023] nicht wesentlich verändert (AA 29.3.2023). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Der Machtanspruch des syrischen Regimes wurde in den Gebieten unter seiner Kontrolle nicht grundlegend angefochten, nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden substanziellen militärischen Unterstützung Russlands bzw. Irans und Iran-naher Kräfte. Allerdings gelang es dem Regime nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol in diesen Gebieten durchzusetzen. Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht (AA 29.3.2023). Der von den Vereinten Nationen geleitete Friedensprozess, einschließlich des Verfassungsausschusses, hat 2022 keine Fortschritte gemacht (HRW 12.1.2023; vgl. AA 29.3.2023). (…)“(…) Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum November 2022-März 2023] nicht wesentlich verändert (AA 29.3.2023). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Der Machtanspruch des syrischen Regimes wurde in den Gebieten unter seiner Kontrolle nicht grundlegend angefochten, nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden substanziellen militärischen Unterstützung Russlands bzw. Irans und Iran-naher Kräfte. Allerdings gelang es dem Regime nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol in diesen Gebieten durchzusetzen. Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht (AA 29.3.2023). Der von den Vereinten Nationen geleitete Friedensprozess, einschließlich des Verfassungsausschusses, hat 2022 keine Fortschritte gemacht (HRW 12.1.2023; vergleiche AA 29.3.2023). (…)“
1.4.2. Sicherheitslage
„Letzte Änderung: 11.07.2023
Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.3.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (UNHCHR 28.6.2022).
Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse
Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand (USIP 14.3.2023). Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am best