Entscheidungsdatum
02.05.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W265 2281119-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Karin RETTENHABER-LAGLER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU GmbH), gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg, Außenstelle Salzburg vom 04.09.2023, Zl: XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.04.2024 zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Karin RETTENHABER-LAGLER über die Beschwerde von römisch XXXX , geb. römisch XXXX , StA Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU GmbH), gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg, Außenstelle Salzburg vom 04.09.2023, Zl: römisch XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.04.2024 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 30.09.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Am 01.10.2022 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab er an, er habe Syrien im Jahr 2022 illegal in Richtung der Türkei verlassen. Seine Ehefrau, seine Eltern, drei Brüder und zwei Schwestern würden in Syrien leben. Zu seinen Fluchtgründen gab er an, er habe Syrien wegen des Krieges verlassen und sei wegen des Militärdienstes geflohen. Es gebe keine Sicherheit und er befürchte im Falle einer Rückkehr nach Syrien die Inhaftierung wegen des Militärs.
3. Am 04.08.2023 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu seinem Antrag auf internationalen Schutz niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er an, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und sunnitischer Moslem zu sein. Er stamme aus dem Dorf XXXX , Manbidsch (auch: Manbidj), wobei er im Jahr 2014 in den Libanon ausgereist und dort von 2014 bis 2020 geblieben sei. 2020 sei er wegen fehlender Dokumente aus dem Libanon nach Syrien abgeschoben und den syrischen Behörden übergeben worden, wo er sich vom Militärdienst freigekauft habe. Im Jahr 2022 habe er in den Libanon einreisen wollen, die Einreise sei ihm jedoch verweigert worden. Im Anschluss sei er wieder nach XXXX , Manbidsch zurückgekehrt und dort bis zu seiner Ausreise aus Syrien Anfang April 2022 geblieben. Seine Eltern befänden sich in XXXX . Einer seiner Brüder sei von den kurdischen Einheiten zum Militär eingezogen worden und sei ihm dessen derzeitiger Aufenthalt nicht bekannt. Die weiteren Geschwister würden ebenfalls in XXXX leben. Der Beschwerdeführer habe im März 2022 in Manbidsch standesamtlich und traditionell geheiratet, seine Ehefrau lebe mit seiner Tochter in XXXX . In Syrien habe der Beschwerdeführer in seinem Heimatdorf sechs Jahre lang die Schule besucht, und habe in weiterer Folge acht Jahre lang als Fliesenleger gearbeitet. Anfang April 2022 sei er von Syrien in die Türkei ausgereist. Im Anschluss sei er nach Österreich weitergereist, wobei er für die Reise ca. 5.000 USD, finanziert durch geliehenes Geld von Verwandten, bezahlt habe. 3. Am 04.08.2023 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu seinem Antrag auf internationalen Schutz niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er an, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und sunnitischer Moslem zu sein. Er stamme aus dem Dorf römisch XXXX , Manbidsch (auch: Manbidj), wobei er im Jahr 2014 in den Libanon ausgereist und dort von 2014 bis 2020 geblieben sei. 2020 sei er wegen fehlender Dokumente aus dem Libanon nach Syrien abgeschoben und den syrischen Behörden übergeben worden, wo er sich vom Militärdienst freigekauft habe. Im Jahr 2022 habe er in den Libanon einreisen wollen, die Einreise sei ihm jedoch verweigert worden. Im Anschluss sei er wieder nach römisch XXXX , Manbidsch zurückgekehrt und dort bis zu seiner Ausreise aus Syrien Anfang April 2022 geblieben. Seine Eltern befänden sich in römisch XXXX . Einer seiner Brüder sei von den kurdischen Einheiten zum Militär eingezogen worden und sei ihm dessen derzeitiger Aufenthalt nicht bekannt. Die weiteren Geschwister würden ebenfalls in römisch XXXX leben. Der Beschwerdeführer habe im März 2022 in Manbidsch standesamtlich und traditionell geheiratet, seine Ehefrau lebe mit seiner Tochter in römisch XXXX . In Syrien habe der Beschwerdeführer in seinem Heimatdorf sechs Jahre lang die Schule besucht, und habe in weiterer Folge acht Jahre lang als Fliesenleger gearbeitet. Anfang April 2022 sei er von Syrien in die Türkei ausgereist. Im Anschluss sei er nach Österreich weitergereist, wobei er für die Reise ca. 5.000 USD, finanziert durch geliehenes Geld von Verwandten, bezahlt habe.
Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, dass sein Heimatgebiet von kurdischen Einheiten umkämpft sei. Er werde mit dem Tod bedroht, falls er den Militärdienst bei den kurdischen Einheiten nicht leiste und fürchte, von diesen zwangsrekrutiert zu werden. Kurz nach seiner Hochzeit sei der Beschwerdeführer von kurdischen Einheiten aufgefordert worden, sich anzuschließen. Er sei angehalten und gleich freigelassen worden, wobei ihm eine Frist von zwei Monaten zur Einziehung gesetzt worden sei. Die kurdischen Einheiten seien überdies am 27.03.2022 zu ihm nach Hause gekommen, wobei er durch den Hintereingang des Hauses habe flüchten können. Er habe von den kurdischen Einheiten einen Einberufungsbefehl erhalten, welcher ihm von seinem Vater per Whatsapp zugesendet worden sei.
Der Beschwerdeführer legte im Rahmen des Verfahrens vor der belangten Behörde das Original seines syrischen Personalausweises sowie die behauptete Mitteilung kurdischer Einheiten, eine Bestätigung der BBU vom 15.12.2022, eine Bescheidausfertigung des AMS vom 20.04.2023 sowie eine Lohn/Gehaltsabrechnung vom Juni 2023 in Kopie vor.
4. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 04.09.2023 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) ab. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).4. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 04.09.2023 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 (Spruchpunkt römisch eins.) ab. Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).
Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten begründete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen damit, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, eine aktuelle Bedrohungs- oder Verfolgungsgefahr in seinem Heimatgebiet glaubhaft zu machen. Die Heimatregion befinde sich in der Hand kurdischer Kräfte, die syrische Armee könne auf diesem Gebiet nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit auf Rekruten zugreifen. Die belangte Behörde erachtete die Darstellung in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers als nicht glaubhaft. Es fehle an der nötigen Wahrscheinlichkeit der Annahme einer Verfolgungsgefahr durch das syrische Regime wegen einer oppositionellen politischen Gesinnung. Die Abstammung aus einem Gebiet der Opposition reiche im vorliegenden Fall nicht für die Annahme einer hinreichend wahrscheinlichen Verfolgung aus. Der Beschwerdeführer habe überdies nicht glaubhaft gemacht, dass ihm mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Einberufung durch kurdische Kräfte drohe. Ebenso wenig würden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Beschwerdeführer aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung einer asylrechtlich relevanten Verfolgung ausgesetzt wäre. Aufgrund der aktuellen prekären Sicherheitslage in Syrien sei aber im Falle einer Rückkehr des Beschwerdeführers von einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen Konfliktes auszugehen.
5. Der Beschwerdeführer erhob durch seine bevollmächtigte Vertretung gegen Spruchpunkt I. des oben genannten Bescheides fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde, die am 02.11.2023 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte.5. Der Beschwerdeführer erhob durch seine bevollmächtigte Vertretung gegen Spruchpunkt römisch eins. des oben genannten Bescheides fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde, die am 02.11.2023 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte.
Darin brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er seinen Wehrdienst noch nicht abgeleistet habe und aus Syrien geflüchtet sei, weil er Angst habe, zum Militärdienst eingezogen zu werden. Seine Herkunftsregion befinde sich aktuell unter Kontrolle der kurdischen Milizen, des syrischen Regimes und russischer Truppen. Im Falle einer Rückkehr nach Syrien drohe ihm die Verfolgung durch das syrische Regime sowie die Gefahr einer zwangsweisen Rekrutierung durch die bewaffneten kurdischen Gruppierungen. Durch die Teilnahme am Krieg in Syrien sei der Beschwerdeführer einer erheblichen Gefahr für sein Leben ausgesetzt und sei davon auszugehen, dass er im Falle einer Einziehung zum Militär der syrischen Armee zu schweren Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit gezwungen wäre. Zudem bestünde die Gefahr, dass er bereits beim Grenzübertritt vom syrischen Regime kontrolliert würde und im Zuge dessen asylrelevanten Verfolgungshandlungen ausgesetzt wäre. Weiters drohe ihm eine asylrelevante Verfolgung aufgrund seiner Asylantragstellung in Österreich, seines Auslandsaufenthalts, seiner Herkunft aus einem oppositionellem Gebiet und seiner illegalen Ausreise.
6. Die nunmehr belangte Behörde legte das Beschwerdeverfahren mit Schreiben vom 06.11.2023 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, wo dieses samt Bezug habenden Verwaltungsakt am 13.11.2023 einlangte.
7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 11.04.2024 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer im Beisein seiner Rechtsvertretung und eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch insbesondere zu seinen persönlichen Lebensumständen in Syrien, seinen Fluchtgründen und der Situation im Fall einer Rückkehr befragt wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nahm an der Verhandlung entschuldigt nicht teil, die Verhandlungsniederschrift wurde der Erstbehörde übermittelt.
Das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation in der Fassung vom 27.03.2024, die UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, vom März 2021, die EUAA Country Guidance Syria vom Februar und Oktober 2023, das Syrien, Arabische Republik – Themendossier: Wehrdienst vom 16.01.2024, update vom 20.03.2024, Danish Immigration Service (DIS), Syrien, Militärdienst, Jänner 2024, Themenbericht der Staatendokumentation zu den Grenzübergängen in Syrien vom 25.10.2023, Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Syrien, Fragen des BVwG zu syrischen Wehrdienstgesetzen, vom 16.09.2022, Anfragebeantwortung der Staatendokumentation: Einreise türkisch-syrische Grenze, April 2023, Anfragebeantwortung zu Syrien: Voraussetzungen für Einreise syrischer Staatsangehöriger in Gebiete unter Kontrolle der SDF/YPG in Nordostsyrien; Legale Einreise aus dem Irak bzw. der Türkei; Informationen zum Grenzübergang Semalka-Faysh Khabur; Kontrolle der Grenzübergänge zwischen Nordostsyrien und der Türkei/dem Irak, Mai 2022, Anfragebeantwortung zu Syrien: Konsequenzen bei Verweigerung des Dienstes in den Selbstverteidigungskräften; Konsequenzen für Angehörige; Wahrnehmung von Personen, die den Dienst in den Selbstverteidigungskräften verweigern; Situation von Arabern; Einsatz von Rekruten im Rahmen der Selbstverteidigungspflicht an der Front, September 2023, ACCORD-Anfragebeantwortung zu Syrien vom 24.08.2023: Möglichkeit der syrischen Behörden, in den kurdisch kontrollierten Gebieten, in denen die Regierung Präsenz hat (Manbij, Ain Al-Arab, Tal Rifaat, Landstreifen entlang der türkischen Grenze) Personen für den Reservedienst einzuziehen; Personenkontrollen in diesen Gebieten, die einen Aufgriff von Regierungskritiker.innen ermöglichen [a-12197] wurden in das gegenständliche Verfahren eingebracht.
Dem Beschwerdeführer wurden das Zustandekommen und die Bedeutung dieser Berichte erklärt und ihm die Möglichkeit eingeräumt, binnen einer Woche dazu Stellung zu nehmen.
8. Der Beschwerdeführer brachte fristgerecht Stellungnahme ein, die am 15.04.2024 beim Bundesverwaltungsgericht einlangte.
Darin brachte er im Wesentlichen vor, dass es sich bei der von der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien“ de facto kontrollierten autonomen Region um keinen völkerrechtlich anerkannten Staat handle. Die „Behörden“ dieser Region seien nicht berechtigt, Rekrutierungen für einen Militärdienst durch Zwang oder Gewalt zu betreiben. Das Recht, eine Streitmacht zu unterhalten, stehe laut UNHCR-Richtlinien nur völkerrechtlich anerkannten Staaten zu. Die zwangsweise Rekrutierung für die „Selbstverteidigungskräfte“ sowie die drohende Gefängnisstrafe seien jedenfalls als Verfolgungshandlungen zu werten. Aus den aktuellen Länderinformationen ergebe sich, dass die Verpflichtung zur Ableistung des Wehrdienstes mit Zwang durchgesetzt werde, wobei Männer die sich der Wehrpflicht entziehen, an Checkpoints ausfindig gemacht würden. Die Verknüpfung zum Konventionsgrund liege in einer abweichenden politischen Gesinnung. Der Beschwerdeführer lehne den Wehrdienst aufgrund seiner persönlichen Gewissensüberzeugung ab und wolle weder kämpfen noch Menschen töten. Weiters würden Araber, die den Dienst in den Selbstverteidigungskräften verweigern, als Gegner wahrgenommen werden.
9. Mit Schreiben vom 15.04.2024 erstattete der Beschwerdeführer im Wege seiner bevollmächtigten Vertretung eine Stellungnahme zu den ins Verfahren eingeführten Länderinformationen und brachte darin zusammengefasst vor, dass es sich bei der von der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien“ kontrollierten Region um keinen völkerrechtlich anerkannten Staat handle, die in diesem Gebiet agierenden Behörden zu Rekrutierungen nicht berechtigt seien und diese daher eine Verfolgungshandlung darstellen würden. Der Beschwerdeführer vertrete eine von der SDF abweichende politische Gesinnung und drohe ihm auch, aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Araber als politischer Gegner wahrgenommen zu werden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und ist am XXXX geboren. Er ist Staatsangehöriger Syriens, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und sunnitischer Muslim. Seine Muttersprache ist Arabisch.Der Beschwerdeführer führt den Namen römisch XXXX und ist am römisch XXXX geboren. Er ist Staatsangehöriger Syriens, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und sunnitischer Muslim. Seine Muttersprache ist Arabisch.
Der Beschwerdeführer stammt aus der Ortschaft XXXX , Bezirk Manbidsch, Gouvernement Aleppo, wo er aufwuchs und lebte. Er besuchte in seinem Heimatdorf sechs Jahre lang die Schule und war in weiterer Folge als Fliesenleger tätig. Von 2014 bis 2020 lebte er im Libanon, von wo aus er im Jahr 2020 nach Syrien abgeschoben wurde. Am 01.01.2022 unternahm der Beschwerdeführer einen erneuten Einreiseversuch in den Libanon, die Einreise wurde ihm jedoch verweigert. Der Beschwerdeführer stammt aus der Ortschaft römisch XXXX , Bezirk Manbidsch, Gouvernement Aleppo, wo er aufwuchs und lebte. Er besuchte in seinem Heimatdorf sechs Jahre lang die Schule und war in weiterer Folge als Fliesenleger tätig. Von 2014 bis 2020 lebte er im Libanon, von wo aus er im Jahr 2020 nach Syrien abgeschoben wurde. Am 01.01.2022 unternahm der Beschwerdeführer einen erneuten Einreiseversuch in den Libanon, die Einreise wurde ihm jedoch verweigert.
Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers – die Ortschaft XXXX , Bezirk Manbidsch – befindet sich im Gebiet der kurdischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien (AANES) unter Kontrolle der kurdisch dominierten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF). Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers – die Ortschaft römisch XXXX , Bezirk Manbidsch – befindet sich im Gebiet der kurdischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien (AANES) unter Kontrolle der kurdisch dominierten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF).
Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat eine Tochter. Seine Ehefrau und die gemeinsame Tochter sowie seine Mutter, zwei Brüder und zwei Schwestern leben noch in XXXX , Syrien. Der Verbleib eines weiteren Bruders ist unbekannt. Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat eine Tochter. Seine Ehefrau und die gemeinsame Tochter sowie seine Mutter, zwei Brüder und zwei Schwestern leben noch in römisch XXXX , Syrien. Der Verbleib eines weiteren Bruders ist unbekannt.
Im Jahr 2021 oder 2022 reiste der Beschwerdeführer aus Syrien aus. Er hielt sich in der Folge in der Türkei auf ehe er sich auf den Weg nach Österreich machte, wo er am 30.09.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Er ist gesund und arbeitet derzeit in einem Imbiss.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
1.2.1. Der Beschwerdeführer verließ Syrien wegen der allgemein schlechten Situation und des Bürgerkrieges. Er war in Syrien in der Vergangenheit keiner individuellen Bedrohung bzw. Verfolgung ausgesetzt.
Der Beschwerdeführer befindet sich im wehrpflichtigen Alter und hat den gesetzlich verpflichtenden Grundwehrdienst in der syrischen Armee bislang noch nicht abgeleistet. Er ist bei einer Rückkehr nach Syrien in seine Herkunftsregion nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der Einziehung oder Zwangsrekrutierung durch die syrische Armee ausgesetzt. Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers steht nicht im Einfluss- oder Kontrollgebiet der syrischen Zentralregierung, sondern unter der Kontrolle der Kurden. Darüber hinaus ist die Herkunftsregion des Beschwerdeführers auch ohne Kontakt zu den syrischen Behörden erreichbar.
1.2.2 Im AANES Gebiet (Autonomous Administration of North and East Syria) besteht ein verpflichtender Militärdienst („Selbstverteidigungspflicht“) für alle im Jahr 1998 oder später geboren Männer, die ihr 18. Lebensjahr erreicht haben und gehört der zum Entscheidungszeitpunkt 24-jährige Beschwerdeführer der Gruppe der Wehrpflichtigen an. Der Beschwerdeführer wurde zu keinem Zeitpunkt von kurdischen Einheiten für die „Selbstverteidigungspflicht“ oder sonst als Kämpfer angeworben und es wurden auch keine sonstigen Rekrutierungshandlungen von kurdischen Einheiten gesetzt. Im Falle seiner Rückkehr nach Syrien in seine Herkunftsregion ist der Beschwerdeführer keiner asylrelevanten Verfolgung durch andere Gruppen bzw. Milizen, wie der kurdischen Streitkräfte, ausgesetzt.
Der Beschwerdeführer war nie politisch aktiv, ist nicht Mitglied einer politischen Partei und ist auch sonst keine politisch exponierte Person. Der Beschwerdeführer wurde in Syrien nie verhaftet und war keinen Fahndungsmaßnahmen ausgesetzt.
Auch droht dem Beschwerdeführer in Syrien nicht die reale Gefahr eine Verfolgung aufgrund seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit.
Ebenso droht dem Beschwerdeführer nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung aufgrund seiner Herkunft, seiner illegalen Ausreise oder seiner Asylantragstellung im Ausland bzw. einer ihm hierdurch allfällig unterstellten oppositionellen Haltung. Nicht jedem Rückkehrer, der ausgereist ist und der im Ausland einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wird eine oppositionelle Gesinnung unterstellt.
1.3. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:
Die Länderfeststellungen zur Lage in Syrien basieren auf nachstehenden Quellen:
? Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Syrien, Version 11, vom 27.03.2024 (LIB)
? UNHCR Erwägungen zum Schutzbedarf von syrischen Staatsangehörigen aus März 2021 (UNHCR)
? EUAA Country Guidance: Syria aus Februar 2023 und vom Oktober 2023 (EUAA)
? Syrien, Arabische Republik – Themendossier: Wehrdienst vom 16.01.2024, Update vom 20.03.2024
? ACCORD-Anfragebeantwortung zu Syrien: Voraussetzungen für Einreise syrischer Staatsangehöriger in Gebiete unter Kontrolle der SDF/YPG in Nordostsyrien; Legale Einreise aus dem Irak bzw. der Türkei; Informationen zum Grenzübergang Semalka – Faysh Kabur; Kontrolle der Grenzübergänge zwischen Nordostsyrien und der Türkei/dem Irak [a-11859-1]“ vom 06.05.2022
? BFA Staatendokumentation Themenbericht Syrien – Grenzübergänge 25.10.2023
? Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Syrien, Fragen des BVwG zu syrischen Wehrdienstgesetzen, vom 16.09.2022
? Danish Immigration Service (DIS), Syrien, Militärdienst, Jänner 2024
? Anfragebeantwortung der Staatendokumentation: Einreise türkisch-syrische Grenze, April 2023
? Anfragebeantwortung zu Syrien: Konsequenzen bei Verweigerung des Dienstes in den Selbstverteidigungskräften; Konsequenzen für Angehörige; Wahrnehmung von Personen, die den Dienst in den Selbstverteidigungskräften verweigern; Situation von Arabern; Einsatz von Rekruten im Rahmen der Selbstverteidigungspflicht an der Front, September 2023
? ACCORD-Anfragebeantwortung zu Syrien vom 24.08.2023: Möglichkeit der syrischen Behörden, in den kurdisch kontrollierten Gebieten, in denen die Regierung Präsenz hat (Manbij, Ain Al-Arab, Tal Rifaat, Landstreifen entlang der türkischen Grenze) Personen für den Reservedienst einzuziehen; Personenkontrollen in diesen Gebieten, die einen Aufgriff von Regierungskritiker.innen ermöglichen [a-12197];
„Politische Lage
Letzte Änderung: 08.03.2024
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).
Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).
Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 2.2.2024).
Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).
Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien
Letzte Änderung: 08.03.2024
2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) gekommen sein, deren Mitglieder die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) gründeten. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine 'zweite Front' in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba'ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrîn, 'Ain al-'Arab (Kobanê) und die Jazira/Cizîrê von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (Savelsberg 8.2017).
Im November 2013 - etwa zeitgleich mit der Bildung der syrischen Interimsregierung (SIG) durch die syrische Opposition - rief die PYD die sogenannte Demokratische Selbstverwaltung (DSA) in den Kantonen Afrîn, Kobanê und Cizîrê aus und fasste das so entstandene, territorial nicht zusammenhängende Gebiet unter dem kurdischen Wort für "Westen" (Rojava) zusammen. Im Dezember 2015 gründete die PYD mit ihren Verbündeten den Demokratischen Rat Syriens (SDC) als politischen Arm der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) (SWP 7.2018). Die von den USA unterstützten SDF (TWI 18.7.2022) sind eine Koalition aus syrischen Kurden, Arabern, Turkmenen und anderen Minderheitengruppen (USDOS 20.3.2023), in dem der militärische Arm der PYD, die YPG, die dominierende Kraft ist (KAS 4.12.2018). Im März 2016 riefen Vertreter der drei Kantone (Kobanê war inzwischen um Tall Abyad erweitert worden) den Konstituierenden Rat des "Demokratischen Föderalen Systems Rojava/Nord-Syrien" (Democratic Federation of Northern Syria, DFNS) ins Leben (SWP 7.2018). Im März 2018 (KAS 4.12.2018) übernahm die Türkei völkerrechtswidrig die Kontrolle über den kurdischen Selbstverwaltungskanton Afrîn mithilfe der Syrischen Nationalen Armee (SNA), einer von ihr gestützten Rebellengruppe (taz 15.10.2022). Im September 2018 beschloss der SDC die Gründung des Selbstverwaltungsgebiets Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria, AANES) auf dem Gebiet der drei Kantone (abzüglich des von der Türkei besetzten Afrîn). Darüber hinaus wurden auch Gebiete in Deir-ez Zor und Raqqa (K24 6.9.2018) sowie Manbij, Takba und Hassakah, welche die SDF vom Islamischen Staat (IS) befreit hatten, Teil der AANES (SO 27.6.2022).
Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Fluchtwelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Die erhoffte Kriegsdividende, für den Kampf gegen den IS mit einem autonomen Gebiet 'belohnt' zu werden, ist bisher ausgeblieben (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung erkennt weder die kurdische Enklave noch die Wahlen in diesem Gebiet an (USDOS 20.3.2023). Türkische Vorstöße auf syrisches Gebiet im Jahr 2019 führten dazu, dass die SDF zur Abschreckung der Türkei syrische Regierungstruppen einlud, in den AANES Stellung zu beziehen (ICG 18.11.2021). Die Gespräche zwischen der kurdischen Selbstverwaltung und der Regierung in Damaskus im Hinblick auf die Einräumung einer Autonomie und die Sicherung einer unabhängigen Stellung der SDF innerhalb der syrischen Streitkräfte sind festgefahren (ÖB Damaskus 1.10.2021). Mit Stand Mai 2023 besteht kein entsprechender Vertrag zwischen den AANES und der syrischen Regierung (Alaraby 31.5.2023). Unter anderem wird über die Verteilung von Öl und Weizen verhandelt, wobei ein großer Teil der syrischen Öl- und Weizenvorkommen auf dem Gebiet der AANES liegen (K24 22.1.2023). Normalisierungsversuche der diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und der syrischen Regierung wurden in den AANES im Juni 2023 mit Sorge betrachtet (AAA 24.6.2023). Anders als die EU und USA betrachtet die Türkei sowohl die Streitkräfte der YPG als auch die Partei PYD als identisch mit der von der EU als Terrororganisation gelisteten PKK und daher als Terroristen und Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei (AA 2.2.2024).
Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vgl. SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vergleiche SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).
Zwischen den rivalisierenden Gruppierungen unter den Kurden gibt es einerseits Annäherungsbemühungen, andererseits kommt es im Nordosten aus politischen Gründen und wegen der schlechten Versorgungslage zunehmend auch zu innerkurdischen Spannungen zwischen dem sogenannten Kurdish National Council, der Masoud Barzanis KDP [Anm.: Kurdistan Democratic Party - Irak] nahesteht und dem ein Naheverhältnis zur Türkei nachgesagt wird, und der PYD, welche die treibende Kraft hinter der kurdischen Selbstverwaltung ist, und die aus Sicht des Kurdish National Council der PKK zu nahe steht (ÖB 1.10.2021).
Seitdem der Islamische Staat (IS) 2019 die Kontrolle über sein letztes Bevölkerungszentrum verloren hat, greift er mit Guerilla- und Terrortaktiken Sicherheitskräfte und lokale zivile Führungskräfte an (FH 9.3.2023). Hauptziele sind Einrichtungen und Kader der SDF sowie der syrischen Armee (ÖB 1.10.2021).
Sicherheitslage
Letzte Änderung:08.03.2024
Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.3.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (UNHCHR 28.6.2022).
Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse
Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand (USIP 14.3.2023). Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden (CFR 24.1.2024). Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt (ÖB Damaskus 1.10.2021). In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unter