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L17 EnergieversorgungNorm
B-VG Art12 Abs1 Z2Leitsatz
Verstoß einer Bestimmung des Sbg LandeselektrizitätsG 1999 gegen die grundsatzgesetzlichen Vorgaben des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsG 2010; Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Kündigungsmöglichkeit des Stromversorgers betreffend Kunden mit dem Tarif der Grundversorgung, sofern ein Stromliefervertragsabschluss außerhalb des Grundversorgungstarifs mit einem anderen Stromversorger möglich ist; Kündigungsmöglichkeit steht im Widerspruch zur Verpflichtung zur Grundversorgung mit einem Tarif, der nicht höher sein darf als jener, zu dem die größte Anzahl der Haushaltkunden beliefert wirdRechtssatz
Aufhebung des §35 Abs3 Satz 2 des Sbg LandeselektrizitätsG 1999 - (Sbg LEG) idF LGBl 73/2014. Abweisung des Antrags des Handelsgerichts Wien auf Aufhebung des §35 Abs1 Satz 2 und Abs2 Satz 1 leg cit. Im Übrigen: Einstellung des Verfahrens.Aufhebung des §35 Abs3 Satz 2 des Sbg LandeselektrizitätsG 1999 - (Sbg LEG) in der Fassung Landesgesetzblatt 73 aus 2014,. Abweisung des Antrags des Handelsgerichts Wien auf Aufhebung des §35 Abs1 Satz 2 und Abs2 Satz 1 leg cit. Im Übrigen: Einstellung des Verfahrens.
§77 Abs1 Satz 2 ElWOG 2010 verpflichtet Stromversorgungsunternehmen, zu deren Tätigkeitsbereich (auch) die Versorgung von Haushaltskunden zählt, Verbraucher, die sich ihnen gegenüber auf die Grundversorgung berufen, mit elektrischer Energie zu dem von ihnen festgelegten und veröffentlichten Tarif für die Grundversorgung von Haushaltskunden zu beliefern. §77 Abs2 Satz 1 ElWOG 2010 ergänzt diese Pflicht zur Grundversorgung um die Anordnung, dass dieser allgemeine Tarif der Grundversorgung für Verbraucher nicht höher sein darf als jener Tarif, zu dem das jeweilige Energieversorgungsunternehmen die größte Anzahl von Haushaltskunden versorgt. Diese Regelung stellt die Versorgung aller Haushaltskunden mit Elektrizität insbesondere zu wettbewerbsfähigen und diskriminierungsfreien Preisen sicher. Die Grundversorgung iSd §77 Abs1 Satz 2 und Abs2 Satz 1 ElWOG 2010 ist damit allen Haushaltskunden zu einem diskriminierungsfreien Preis gewährleistet, worauf insbesondere die Tarifobergrenze des §77 Abs2 Satz 1 ElWOG 2010 abzielt.
§35 Abs3 Satz 1 Sbg LEG sieht eine Kündigungsmöglichkeit der Grundversorgung aus wichtigem Grund vor. Satz 2 leg cit nennt (demonstrativ) als einen solchen wichtigen Grund die Möglichkeit des Abschlusses eines Stromliefervertrages mit einem anderen Stromversorgungsunternehmen außerhalb der Grundversorgung.
Eine Kündigungsmöglichkeit für das zur Grundversorgung verpflichtete Stromversorgungsunternehmen (einzig) aus dem Grund, dass ein dritter Stromhändler oder sonstiger Lieferant bereit ist, außerhalb der Grundversorgung einen Liefervertrag mit dem die Grundversorgung begehrenden Verbraucherkunden abzuschließen, ohne dass für diesen Liefervertrag die Tarifobergrenze der Grundversorgung, wie sie in §77 Abs2 Satz 1 ElWOG 2010 grundsatzgesetzlich vorgegeben ist, bindend wäre, verstößt gegen die grundsatzgesetzlich in §77 Abs1 Satz 2 und Abs2 Satz 1 ElWOG 2010 geregelte Pflicht zur Grundversorgung für alle Haushaltskunden zu wettbewerbsfähigen und diskriminierungsfreien Preisen (VfGH 12.03.2024, G122/2023 ua).
§35 Abs1 Satz 2 und Abs2 Satz 1 Sbg LEG geben zunächst die grundsatzgesetzlichen Vorgaben des §77 Abs1 Satz 2 und Abs2 Satz 1 ElWOG 2010 wieder. Der VfGH hat mit E vom 12.03.2024, G1102/2023 ua, festgestellt, dass §77 Abs1 Satz 2 und Abs2 Satz 1 ElWOG 2010 nicht verfassungswidrig sind. Das Gleiche gilt auch für die diesbezüglichen Regelungen in §35 Abs1 Satz 2 und Abs2 Satz 1 Sbg LEG.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Energierecht, Grundsatz- und Ausführungsgesetzgebung, Kündigung, Konsumentenschutz, Preisbindung, Preisregelung, Preistransparenz, VfGH / Gerichtsantrag, EinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2024:G41.2024Zuletzt aktualisiert am
25.06.2024