Entscheidungsdatum
14.03.2024Norm
AsylG 2005 §2 Abs1 Z15Spruch
W239 2251545-1/11E
W239 2251547-1/9E
W239 2251546-1/7E
W239 2269599-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Theresa Baumann als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX 2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) mj. XXXX , geb. XXXX und 4.) mj. XXXX , geb. XXXX , alle StA. Syrien, gegen Spruchpunkt I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.01.2022 bzw. vom 26.01.2023 zu den Zahlen 1.) XXXX , 2.) XXXX , 3.) XXXX XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.11.2023 zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Theresa Baumann als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) römisch XXXX , geb. römisch XXXX 2.) römisch XXXX , geb. römisch XXXX , 3.) mj. römisch XXXX , geb. römisch XXXX und 4.) mj. römisch XXXX , geb. römisch XXXX , alle StA. Syrien, gegen Spruchpunkt römisch eins. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.01.2022 bzw. vom 26.01.2023 zu den Zahlen 1.) römisch XXXX , 2.) römisch XXXX , 3.) römisch XXXX römisch XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.11.2023 zu Recht:
A)
Den Beschwerden wird stattgegeben und 1.) XXXX 2.) XXXX 3.) mj. XXXX und 4.) mj. XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass 1.) XXXX 2.) XXXX 3.) mj. XXXX und 4.) mj. XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.Den Beschwerden wird stattgegeben und 1.) römisch XXXX 2.) römisch XXXX 3.) mj. römisch XXXX und 4.) mj. römisch XXXX gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass 1.) römisch XXXX 2.) römisch XXXX 3.) mj. römisch XXXX und 4.) mj. römisch XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
1. Verfahrensgang:
1. Der Erstbeschwerdeführer ( XXXX ) und die Zweitbeschwerdeführerin ( XXXX ) sind miteinander verheiratet und die Eltern von zwei in Österreich geborenen Töchtern, nämlich der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin ( XXXX ) und der minderjährigen Viertbeschwerdeführerin ( XXXX ). Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Syrien. Es liegt ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG 2005 vor.1. Der Erstbeschwerdeführer ( römisch XXXX ) und die Zweitbeschwerdeführerin ( römisch XXXX ) sind miteinander verheiratet und die Eltern von zwei in Österreich geborenen Töchtern, nämlich der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin ( römisch XXXX ) und der minderjährigen Viertbeschwerdeführerin ( römisch XXXX ). Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Syrien. Es liegt ein Familienverfahren gemäß Paragraph 34, AsylG 2005 vor.
2. Die Zweitbeschwerdeführerin reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und stellte hier am 16.05.2021 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Am selben Tag fand unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch ihre Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Dabei gab sie zu ihren Fluchtgründen an, dass sie ihr Land wegen des Krieges verlassen habe und sie ihrem Ehemann, welcher in Deutschland lebe, habe nachreisen wollen. Im Falle einer Rückkehr nach Syrien habe sie Angst vor dem Krieg.
3. Der Erstbeschwerdeführer reiste ebenfalls unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und stellte hier am 22.05.2021 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Am folgenden Tag (23.05.2021) fand unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch seine Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Dabei gab er zu seinen Fluchtgründen an, dass er Syrien wegen des Krieges verlassen habe, und, weil er zum Militär müsse. Im Falle einer Rückkehr habe er Angst um sein Leben und das Leben seiner Familie.
4. Am 09.06.2021 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Erstbeschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Dabei führte er im Wesentlichen aus, dass seine Ehefrau, die Zweitbeschwerdeführerin, in Niederösterreich lebe und schwanger sei. Er sei 2017 alleine aus Syrien ausgereist. In Italien sei er erkennungsdienstlich behandelt worden. In Deutschland habe er einen Asylantrag gestellt und dort zehn Monate gelebt. Von Deutschland sei er nach Italien abgeschoben worden. Anschließend sei er nach Österreich gereist. Von Österreich sei er nach Italien abgeschoben worden. Von dort sei er schlepperunterstützt nach Griechenland gelangt. Dort habe er seine Ehefrau wieder getroffen, welche er 2015 in Syrien geheiratet habe. Er sei dann gemeinsam mit seiner Ehefrau nach Serbien gereist. In Serbien seien sie getrennt worden. Seine Ehefrau sei nach Österreich gekommen und er nach Deutschland. Er sei dann nach Österreich gereist, da er bei seiner Frau und seinem zukünftigen Kind in Österreich leben wolle. Vorgelegt wurde eine Heiratsurkunde in Kopie.
5. Am XXXX 2021 wurde die Drittbeschwerdeführerin geboren und es wurde für sie durch die gesetzliche Vertretung am 22.07.2021 der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz gestellt; am XXXX 2021 wurde letztlich auch das Verfahren des Erstbeschwerdeführers in Österreich zugelassen.5. Am römisch XXXX 2021 wurde die Drittbeschwerdeführerin geboren und es wurde für sie durch die gesetzliche Vertretung am 22.07.2021 der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz gestellt; am römisch XXXX 2021 wurde letztlich auch das Verfahren des Erstbeschwerdeführers in Österreich zugelassen.
6. Am 06.10.2021 erfolgte eine weitere niederschriftliche Einvernahme des Erstbeschwerdeführers vor dem BFA. Dabei führte er im Wesentlichen aus, dass er der Volksgruppe der Araber angehöre und sunnitischer Muslim sei. Er sei verheiratet und habe mit seiner Ehefrau eine Tochter, nämlich die Drittbeschwerdeführerin. In Syrien habe er eine weitere Ehefrau und einen Sohn. Bis zur Ausreise habe er im Dorf XXXX in der östlichen Gegend Aleppos im Bezirk Maskanah gelebt und sei dort auch geboren und aufgewachsen. Gearbeitet habe er in der Landwirtschaft. Die Ausreise aus Syrien sei 2017 erfolgt. Syrien habe der Erstbeschwerdeführer wegen des Krieges verlassen, und deshalb, weil er aufgefordert worden sei, den Militärdienst zu leisten. Sein Wehrdienstbuch habe er 2009 bekommen. Seiner Militärdienstpflicht hätte er bereits 2007 nachkommen sollen. Die Verweigerung des Militärdienstes sei im Wehrdienstbuch eingetragen worden. Seit 2009 habe er sich in seinem Dorf versteckt, dort habe er auch geheiratet. Er sei mehrmals schriftlich aufgefordert worden, seinen Wehrdienst zu absolvieren. Sein Reisepass sei ihm 2003 ausgestellt worden. Befragt zu den Kontrollverhältnissen im Heimatdorf gab der Erstbeschwerdeführer an, dass das Regime die Kontrolle gehabt habe, dann die FSA, dann der IS und nun habe wieder das Regime die Kontrolle. Wegen der Wehrdienstverweigerung gebe es gegen ihn einen offiziellen Haftbefehl. Vorgelegt wurde das Wehrdienstbuch in Kopie sowie der syrische Personalausweis in Kopie (unleserlich).6. Am 06.10.2021 erfolgte eine weitere niederschriftliche Einvernahme des Erstbeschwerdeführers vor dem BFA. Dabei führte er im Wesentlichen aus, dass er der Volksgruppe der Araber angehöre und sunnitischer Muslim sei. Er sei verheiratet und habe mit seiner Ehefrau eine Tochter, nämlich die Drittbeschwerdeführerin. In Syrien habe er eine weitere Ehefrau und einen Sohn. Bis zur Ausreise habe er im Dorf römisch XXXX in der östlichen Gegend Aleppos im Bezirk Maskanah gelebt und sei dort auch geboren und aufgewachsen. Gearbeitet habe er in der Landwirtschaft. Die Ausreise aus Syrien sei 2017 erfolgt. Syrien habe der Erstbeschwerdeführer wegen des Krieges verlassen, und deshalb, weil er aufgefordert worden sei, den Militärdienst zu leisten. Sein Wehrdienstbuch habe er 2009 bekommen. Seiner Militärdienstpflicht hätte er bereits 2007 nachkommen sollen. Die Verweigerung des Militärdienstes sei im Wehrdienstbuch eingetragen worden. Seit 2009 habe er sich in seinem Dorf versteckt, dort habe er auch geheiratet. Er sei mehrmals schriftlich aufgefordert worden, seinen Wehrdienst zu absolvieren. Sein Reisepass sei ihm 2003 ausgestellt worden. Befragt zu den Kontrollverhältnissen im Heimatdorf gab der Erstbeschwerdeführer an, dass das Regime die Kontrolle gehabt habe, dann die FSA, dann der IS und nun habe wieder das Regime die Kontrolle. Wegen der Wehrdienstverweigerung gebe es gegen ihn einen offiziellen Haftbefehl. Vorgelegt wurde das Wehrdienstbuch in Kopie sowie der syrische Personalausweis in Kopie (unleserlich).
Am selben Tag (06.10.2021) erfolgte auch eine niederschriftliche Einvernahme der Zweitbeschwerdeführerin vor dem BFA. Dabei führte sie im Wesentlichen aus, dass sie seit 2015 mit dem Erstbeschwerdeführer verheiratet sei und mit ihm eine gemeinsame Tochter habe, nämlich die Drittbeschwerdeführerin. Den syrischen Personalausweis habe die Zweitbeschwerdeführerin verloren. Gelebt habe sie ursprünglich in Aleppo Umgebung, im Dorf XXXX . Nach der Eheschließung sei sie ins Dorf ihres Mannes gezogen, welches 15 Minuten von ihrem Dorf XXXX entfernt liege. Sie habe keine Berufserfahrung. Im Jahr 2020 habe sie Syrien wegen des Krieges verlassen, da ihr Mann nicht mehr da gewesen sei und sie nicht alleine habe leben können. Auf Nachfrage gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass sie keine Probleme mit syrischen Behörden gehabt habe. Jedoch habe ihr Mann den Militärdienst ableisten sollen. Weiters sei ihr Onkel vom Regime inhaftiert worden und seither verschwunden. Sie wolle nicht, dass ihr Mann dasselbe Schicksal erleide. Die in Österreich geborene Tochter sei von denselben Gründen betroffen und habe keine weiteren eigenen Fluchtgründe. Die Zweitbeschwerdeführerin wolle eine sichere Zukunft für ihre Tochter. Im Falle einer Rückkehr nach Syrien habe sie Angst, dass das Regime sie wegen ihres Mannes inhaftiere.Am selben Tag (06.10.2021) erfolgte auch eine niederschriftliche Einvernahme der Zweitbeschwerdeführerin vor dem BFA. Dabei führte sie im Wesentlichen aus, dass sie seit 2015 mit dem Erstbeschwerdeführer verheiratet sei und mit ihm eine gemeinsame Tochter habe, nämlich die Drittbeschwerdeführerin. Den syrischen Personalausweis habe die Zweitbeschwerdeführerin verloren. Gelebt habe sie ursprünglich in Aleppo Umgebung, im Dorf römisch XXXX . Nach der Eheschließung sei sie ins Dorf ihres Mannes gezogen, welches 15 Minuten von ihrem Dorf römisch XXXX entfernt liege. Sie habe keine Berufserfahrung. Im Jahr 2020 habe sie Syrien wegen des Krieges verlassen, da ihr Mann nicht mehr da gewesen sei und sie nicht alleine habe leben können. Auf Nachfrage gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass sie keine Probleme mit syrischen Behörden gehabt habe. Jedoch habe ihr Mann den Militärdienst ableisten sollen. Weiters sei ihr Onkel vom Regime inhaftiert worden und seither verschwunden. Sie wolle nicht, dass ihr Mann dasselbe Schicksal erleide. Die in Österreich geborene Tochter sei von denselben Gründen betroffen und habe keine weiteren eigenen Fluchtgründe. Die Zweitbeschwerdeführerin wolle eine sichere Zukunft für ihre Tochter. Im Falle einer Rückkehr nach Syrien habe sie Angst, dass das Regime sie wegen ihres Mannes inhaftiere.
7. Am 29.10.2021 wurden folgende Originaldokumente des Erstbeschwerdeführers von den deutschen Behörden an das BFA übermittelt:
- syrischer Reisepass
- syrischer Personalausweis (unleserlich)
- syrischer Führerschein
- italienische Originaldokumente
- Personenregisterauszug der Zweitbeschwerdeführerin samt Heiratsurkunde in Kopie
8. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 14.12.2021, XXXX , wurde der Erstbeschwerdeführer wegen §§ 107 Abs. 1, 107 Abs. 2 StGB, § 125 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.8. Mit Urteil des Landesgerichtes römisch XXXX vom 14.12.2021, römisch XXXX , wurde der Erstbeschwerdeführer wegen Paragraphen 107, Absatz eins,, 107 Absatz 2, StGB, Paragraph 125, StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.
9. Am 21.12.2021 wurden folgende Unterlagen der Zweitbeschwerdeführerin in Kopie vorgelegt:
- Personenregisterauszug
- Identitätsausweis zur Ausstellung eines Personalausweises
- Familienbuch der Eltern
10. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden des BFA vom 10.01.2022 wurden die Anträge auf internationalen Schutz des Erstbeschwerdeführers, der Zweitbeschwerdeführerin und der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin jeweils hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines/einer Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde ihnen jeweils der Status eines/ei