Entscheidungsdatum
23.04.2024Norm
AsylG 2005 §11Spruch
I422 2283602-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die „BBU GmbH“, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.11.2023, Zl. XXXX , zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die „BBU GmbH“, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.11.2023, Zl. römisch XXXX , zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch XXXX gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass römisch XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
Ein syrischer Staatsangehöriger (im Folgenden: Beschwerdeführer) stellte am 15.10.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag fand die Erstbefragung des Beschwerdeführers durch Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Zu seinen Fluchtgründen befragt, führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass er aufgrund des Krieges und der ihm drohenden Zwangsrekrutierung seitens der kurdischen Einheiten sowie der syrischen Armee geflohen sei. Im Falle seiner Rückkehr fürchte er die Rekrutierung zum Militärdienst und dass er verfolgt werde.
Am 28.09.2023 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) einvernommen. Hierbei gab er hinsichtlich seiner Fluchtmotive im Wesentlichen an, dass er das wehrfähige Alter erreicht habe und es zwangsweise Rekrutierungen sowohl seitens der Kurden als auch vom syrischen Regime gebe. Er wolle keine Waffe tragen, niemanden töten und selbst nicht sterben. Des Weiteren sei der Beschwerdeführer nach der Teilnahme an einer Demonstration im Mai 2022 erwischt worden und mehrmals mit einer Eisenstange auf sein Bein geschlagen worden.
Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid der belangten Behörde vom 28.11.2023 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Zugleich wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.). Die Abweisung hinsichtlich des Status des Asylberechtigten wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer keine Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung glaubhaft habe machen können und der von ihm vorgebrachte Sachverhalt keine Grundlage für eine Subsumierung unter § 3 AsylG 2005 biete.Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid der belangten Behörde vom 28.11.2023 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Zugleich wurde dem Beschwerdeführer gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.). Die Abweisung hinsichtlich des Status des Asylberechtigten wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer keine Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung glaubhaft habe machen können und der von ihm vorgebrachte Sachverhalt keine Grundlage für eine Subsumierung unter Paragraph 3, AsylG 2005 biete.
Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides wurde fristgerecht mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 22.12.2023 aufgrund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens, einer mangelhaften Beweiswürdigung und infolge inhaltlicher Rechtswidrigkeit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Es wurde insbesondere unter umfassender Zitierung einschlägiger Länderberichte darauf verwiesen, dass dem Beschwerdeführer eine wohlbegründete Verfolgung durch das syrische Regime aufgrund einer (zumindest unterstellten) oppostitionellen Gesinnung, die sich in seiner Verweigerung zur Ableistung des Militärdienstes äußere, drohe und befürchte der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr zum syrischen Militär eingezogen zu werden. Darüber hinaus bestehe die Gefahr einer Rekrutierung zum „Wehrdienst“ in der Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien, zumal der Beschwerdeführer seinen Wehrdienst auch für die kurdischen Sicherheitskräfte nicht abgeleistet habe. Die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheides erwuchsen indessen unangefochten in Rechtskraft.Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides wurde fristgerecht mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 22.12.2023 aufgrund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens, einer mangelhaften Beweiswürdigung und infolge inhaltlicher Rechtswidrigkeit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Es wurde insbesondere unter umfassender Zitierung einschlägiger Länderberichte darauf verwiesen, dass dem Beschwerdeführer eine wohlbegründete Verfolgung durch das syrische Regime aufgrund einer (zumindest unterstellten) oppostitionellen Gesinnung, die sich in seiner Verweigerung zur Ableistung des Militärdienstes äußere, drohe und befürchte der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr zum syrischen Militär eingezogen zu werden. Darüber hinaus bestehe die Gefahr einer Rekrutierung zum „Wehrdienst“ in der Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien, zumal der Beschwerdeführer seinen Wehrdienst auch für die kurdischen Sicherheitskräfte nicht abgeleistet habe. Die Spruchpunkte römisch II. und römisch III. des angefochtenen Bescheides erwuchsen indessen unangefochten in Rechtskraft.
Beschwerde und Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 02.01.2024 zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:Die unter Punkt römisch eins. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Syrien, Angehöriger der Volksgruppe der Kurden und bekennt sich zum sunnitisch-moslemischen Glauben. Er ist gesund und erwerbsfähig. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Sorgepflichten. Seine Identität steht fest.
Der Beschwerdeführer stammt aus XXXX , einem Bezirk der Stadt al-Hasakah im gleichnamigen Gouvernement, wo er aufgewachsen ist und insgesamt elf Jahre die Grundschule besuchte. In Syrien lebte der Beschwerdeführer bis zu seiner Ausreise in einem gemeinsamen Haushalt mit seinen Eltern und seinen Geschwistern. Seine Familie besteht aus seinen Eltern, einer Schwester und einem Bruder, welche nach wie vor alle im Herkunftsort in Syrien leben. Der Beschwerdeführer stammt aus römisch XXXX , einem Bezirk der Stadt al-Hasakah im gleichnamigen Gouvernement, wo er aufgewachsen ist und insgesamt elf Jahre die Grundschule besuchte. In Syrien lebte der Beschwerdeführer bis zu seiner Ausreise in einem gemeinsamen Haushalt mit seinen Eltern und seinen Geschwistern. Seine Familie besteht aus seinen Eltern, einer Schwester und einem Bruder, welche nach wie vor alle im Herkunftsort in Syrien leben.
Im Sommer 2022 verließ der Beschwerdeführer sein Heimatland und reiste illegal in die Türkei ein. Dort hielt er sich für einen Zeitraum von rund 15 Tagen auf und reiste im Anschluss schlepperunterstützt über Bulgarien, Rumänien und Ungarn nach Österreich weiter, wo er am 15.10.2022 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 28.11.2023 wurde dem Beschwerdeführer in Anbetracht der instabilen Sicherheitslage und humanitären Situation in Syrien der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
In Syrien besteht ein verpflichtender Wehrdienst für männliche Staatsbürger ab dem Alter von 18 Jahren. Syrische männliche Staatsangehörige können bis zum Alter von 42 Jahren zum Wehrdienst eingezogen werden. Der Beschwerdeführer hat seinen Wehrdienst für die syrische Armee bislang nicht abgeleistet. Er befindet sich mit 21 Jahren grundsätzlich im wehrfähigen und reservepflichtigen Alter hinsichtlich der Wehrpflicht der syrischen Armee.
Der Beschwerdeführer weigert sich aus Gewissensgründen den Wehrdienst für die syrische Armee abzuleisten.
Die Stadt al-Hasakah steht derzeit zu großen Teilen unter der Kontrolle der kurdisch geführten Syrian Democratic Forces (im Folgenden: SDF). Generell hat das syrische Regime keinen Zugriff auf die von der kurdischen SDF kontrollierten Regionen; allerdings stehen Teile der Stadt al-Hasakah unter der Kontrolle des syrischen Regimes. Die syrische Regierung ist dort mit sogenannten „Sicherheitsquadraten“ präsent und kann sie in diesen „Sicherheitsquadraten“ rekrutieren, sodass der Beschwerdeführer an seinem Heimatort der Gefahr ausgesetzt ist, zum verpflichtenden Wehrdienst in der syrischen Armee einberufen zu werden.
Bei einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet in Syrien besteht für den 21-jährigen Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, gegen seinen Willen zum Militärdienst der syrischen Armee eingezogen zu werden. Aufgrund seiner Weigerung, den Wehrdienst abzuleisten, würde er mit einer Gefängnisstrafe bestraft werden, die mit der Anwendung von Folter verbunden wäre. Die Wehrdienstverweigerung würde von der syrischen Regierung als Ausdruck einer oppositionellen Gesinnung und als illoyal angesehen werden.
1.3. Zur Lage in Syrien:
Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus dem vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (auszugsweise soweit entscheidungsrelevant) wiedergegeben:
Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien
Letzte Änderung: 11.07.2023
2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) gekommen sein, deren Mitglieder die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) gründeten.
Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine ’zweite Front’ in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba’ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrîn, ’Ain al-’Arab (Kobanê) und die Jazira/Cizîrê von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (Savelsberg 8.2017).
Im November 2013 - etwa zeitgleich mit der Bildung der syrischen Interimsregierung (SIG) durch die syrische Opposition - rief die PYD die sogenannte Demokratische Selbstverwaltung (DSA) in den Kantonen Afrîn, Kobanê und Cizîrê aus und fasste das so entstandene, territorial nicht zusammenhängende Gebiet unter dem kurdischen Wort für „Westen“ (Rojava) zusammen. Im Dezember 2015 gründete die PYD mit ihren Verbündeten den Demokratischen Rat Syriens (SDC) als politischen Arm der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) (SWP 7.2018). Die von den USA unterstützten SDF (TWI 18.7.2022) sind eine Koalition aus syrischen Kurden, Arabern, Turkmenen und anderen Minderheitengruppen (USDOS 20.3.2023), in dem der militärische Arm der PYD, die YPG, die dominierende Kraft ist (KAS 4.12.2018). Im März 2016 riefen Vertreter der drei Kantone (Kobanê war inzwischen um Tall Abyad erweitert worden) den Konstituierenden Rat des „Demokratischen Föderalen Systems Rojava/Nord-Syrien“ (Democratic Federation of Northern Syria, DFNS) ins Leben (SWP 7.2018). Im März 2018 (KAS 4.12.2018) übernahm die Türkei völkerrechtswidrig die Kontrolle über den kurdischen Selbstverwaltungskanton Afrîn mithilfe der Syrischen Nationalen Armee (SNA), einer von ihr gestützten Rebellengruppe (taz 15.10.2022). Im September 2018 beschloss der SDC die Gründung des Selbstverwaltungsgebiets Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria, AANES) auf dem Gebiet der drei Kantone (abzüglich des von der Türkei besetzten Afrîn). Darüber hinaus wurden auch Gebiete in Deir-ez Zor und Raqqa (K24 6.9.2018) sowie Manbij, Takba und Hassakah, welche die SDF vom Islamischen Staat (IS) befreit hatten, Teil der AANES (SO 27.6.2022).
Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Fluchtwelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Die erhoffte Kriegsdividende, für den Kampf gegen den IS mit einem autonomen Gebiet ’belohnt’ zu werden, ist bisher ausgeblieben (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung erkennt weder die kurdische Enklave noch die Wahlen in diesem Gebiet an (USDOS 20.3.2023). Türkische Vorstöße auf syrisches Gebiet im Jahr 2019 führten dazu, dass die SDF zur Abschreckung der Türkei syrische Regierungstruppen einlud, in den AANES Stellung zu beziehen (ICG 18.11.2021). Die Gespräche zwischen der kurdischen Selbstverwaltung und der Regierung in Damaskus im Hinblick auf die Einräumung einer Autonomie und die Sicherung einer unabhängigen Stellung der SDF innerhalb der syrischen Streitkräfte sind festgefahren (ÖB Damaskus 1.10.2021). Mit Stand Mai 2023 besteht kein entsprechender Vertrag zwischen den AANES und der syrischen Regierung (Alaraby 31.5.2023). Unter anderem wird über die Verteilung von Öl und Weizen verhandelt, wobei ein großer Teil der syrischen Öl- und Weizenvorkommen auf dem Gebiet der AANES liegen (K24 22.1.2023). Normalisierungsversuche der diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und der syrischen Regierung wurden in den AANES im Juni 2023 mit Sorge betrachtet (AAA 24.6.2023). Anders als die EU und USA betrachtet die Türkei sowohl die Streitkräfte der YPG als auch die Partei PYD als identisch mit der von der EU als Terrororganisation gelisteten PKK und daher als Terroristen und Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei (AA 29.3.2023).
Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die „autonome Verwaltung“ basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vgl. SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die „autonome Verwaltung“ basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vergleiche SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).
Zwischen den rivalisierenden Gruppierungen unter den Kurden gibt es einerseits Annäherungsbemühungen, andererseits kommt es im Nordosten aus politischen Gründen und wegen der schlechten Versorgungslage zunehmend auch zu innerkurdischen Spannungen zwischen dem sogenannten Kurdish National Council, der Masoud Barzanis KDP [Anm.: Kurdistan Democratic Party - Irak] nahesteht und dem ein Naheverhältnis zur Türkei nachgesagt wird, und der PYD, welche die treibende Kraft hinter der kurdischen Selbstverwaltung ist, und die aus Sicht des Kurdish National Council der PKK zu nahe steht (ÖB 1.10.2021).
Seitdem der Islamische Staat (IS) 2019 die Kontrolle über sein letztes Bevölkerungszentrum verloren hat, greift er mit Guerilla- und Terrortaktiken Sicherheitskräfte und lokale zivile Führungskräfte an (FH 9.3.2023). Hauptziele sind Einrichtungen und Kader der SDF sowie der syrischen Armee (ÖB 1.10.2021).
Quellen:
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https://www.kurdistan24.net/en/news/c9e03dab- 6265- 4a9a- 91ee- ea8d2a93c657, Zugriff
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? _ Savelsberg, Eva: Der Aufstieg der kurdischen PYD im syrischen Bürgerkrieg (2011 bis 2017). In
? STDOK - Staatendokumentation des BFA [Österreich] (8.2017): Fact Finding Mission Report Syrien
- mit ausgewählten Beiträgen zu Jordanien, Libanon und Irak, https://www.ecoi.net/file_upload/561
8_1507116516_ffm-bericht-syrien-mit-beitraegen-zu-jordanien-libanon-irak-2017-8-31-ke.pdf,
Zugriff 28.6.2023
? _ SD - Syria Direct (22.7.2021): Authoritarian tendencies mar the AANES’ quest for recognition,