TE Bvwg Beschluss 2024/5/7 W156 2290635-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.05.2024
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Entscheidungsdatum

07.05.2024

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AVG §38
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §17
  1. AsylG 2005 § 34 heute
  2. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  3. AsylG 2005 § 34 gültig ab 01.11.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.01.2014 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  5. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009
  6. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  7. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.04.2009 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2009
  8. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.07.2008 bis 31.03.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  9. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2008
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W156 2290635-1/3Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag.a Alexandra Krebitz als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Verein Tralalobe in 1080 Wien, gegen Spruchpunkt I. des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.03.2024, Zl. XXXX :Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag.a Alexandra Krebitz als Einzelrichterin über die Beschwerde des römisch XXXX , geb. römisch XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Verein Tralalobe in 1080 Wien, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.03.2024, Zl. römisch XXXX :

A) Das Verfahren wird gemäß § 38 AVG iVm § 17 VwGVG bis zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union in den Rechtssachen C-608/22 und C-609/22 über die mit Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.09.2022, Ra 2021/20/0425 und Ra 2022/20/0028, vorgelegten Fragen ausgesetzt.A) Das Verfahren wird gemäß Paragraph 38, AVG in Verbindung mit Paragraph 17, VwGVG bis zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union in den Rechtssachen C-608/22 und C-609/22 über die mit Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.09.2022, Ra 2021/20/0425 und Ra 2022/20/0028, vorgelegten Fragen ausgesetzt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

1. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer stellte am 31.01.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Der Beschwerdeführer ist der Ehemann der XXXX alle StA. Afghanistan.1.2. Der Beschwerdeführer ist der Ehemann der römisch XXXX alle StA. Afghanistan.

1.3. Das BFA wies den Antrag des Beschwerdeführers mit im Spruch genannten Bescheid bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigten für die Dauer eines Jahres erteilt (Spruchpunkt III.).1.3. Das BFA wies den Antrag des Beschwerdeführers mit im Spruch genannten Bescheid bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins.). Dem Beschwerdeführer wurde gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 34, Absatz 3, AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigten für die Dauer eines Jahres erteilt (Spruchpunkt römisch III.).

1.4. Gegen Spruchpunkt I. des unter Punkt 1.4. genannten Bescheides richtet sich die vom Beschwerdeführer fristgerecht erhobene Beschwerde.1.4. Gegen Spruchpunkt römisch eins. des unter Punkt 1.4. genannten Bescheides richtet sich die vom Beschwerdeführer fristgerecht erhobene Beschwerde.

1.5. Am 22.04.2024 wurde der Beschwerdeakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

1.6. Die Verfahren W156 2255365-1, W156 225 5368-1, W156 225 5366-1, W156 2255369-1, und W156 2255363-1 wurden mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.11.2022, das Verfahren W156 2274840-1 mit Beschluss vom 04.08.2023 bis zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union in den Rechtssachen C-608/22 und C-609/22 über die mit Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.09.2022, Ra 2021/20/0425 und Ra 2022/20/0028, vorgelegten Fragen ausgesetzt.

2.. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

2.1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen und wurde am XXXX in Wien geboren. Er ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan und Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken.Der Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen und wurde am römisch XXXX in Wien geboren. Er ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan und Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken.

Die Ehefrau des Beschwerdeführers und seine fünf minderjährigen Kinder leben in Österreich.

Die Anträge auf internationalen Schutz der Ehefrau und Kinder des Beschwerdeführers wurden bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen, ihnen aber im Familienverfahren der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihnen eine Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte erteilt.Die Anträge auf internationalen Schutz der Ehefrau und Kinder des Beschwerdeführers wurden bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 abgewiesen, ihnen aber im Familienverfahren der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihnen eine Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte erteilt.

Die Verfahren W156 2255365-1, W156 225 5368-1, W156 225 5366-1, W156 2255369-1, und W156 2255363-1 wurden mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.11.2022, das Verfahren W156 2274840-1 mit Beschluss vom 04.08.2023 bis zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union in den Rechtssachen C-608/22 und C-609/22 über die mit Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.09.2022, Ra 2021/20/0425 und Ra 2022/20/0028, vorgelegten Fragen ausgesetzt.

2.2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich insbesondere aus der Einsichtnahme in die Akten der belangten Behörde sowie die Akten des Bundesverwaltungsgerichts zu W156 2255365-1, W156 225 5368-1, W156 225 5366-1, W156 2255369-1, W156 2255363-1 und W156 2274840-bezüglich der Ehefrau und der Kinder des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben im Verwaltungsverfahren.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Aussetzung des Beschwerdeverfahrens

3.1. Gemäß § 38 AVG ist die Behörde – sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen – berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.3.1. Gemäß Paragraph 38, AVG ist die Behörde – sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen – berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

Gemäß § 17 VwGVG ist § 38 AVG auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anwendbar. Gemäß Paragraph 17, VwGVG ist Paragraph 38, AVG auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anwendbar.

§ 38 AVG erfasst nur Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären (VwGH 14.04.2021, Ra 2020/19/0379).Paragraph 38, AVG erfasst nur Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären (VwGH 14.04.2021, Ra 2020/19/0379).

Auf der Grundlage des § 38 AVG können Verfahren bis zur (in einem anderen Verfahren beantragten) Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union ausgesetzt werden; eine dem EuGH zur Klärung vorgelegte Frage des Unionsrecht kann nämlich eine Vorfrage iSd § 38 AVG darstellen, die zufolge des im Bereich des Unionsrechts bestehenden Auslegungsmonopols des EuGH von diesem zu entscheiden ist (vgl. VwGH 14.04.2021, Ra 2020/19/0379, VwGH 11.11.2020, Ro 2020/17/0010 und VwGH 19.12.2000, 99/12/0286). Auf der Grundlage des Paragraph 38, AVG können Verfahren bis zur (in einem anderen Verfahren beantragten) Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union ausgesetzt werden; eine dem EuGH zur Klärung vorgelegte Frage des Unionsrecht kann nämlich eine Vorfrage iSd Paragraph 38, AVG darstellen, die zufolge des im Bereich des Unionsrechts bestehenden Auslegungsmonopols des EuGH von diesem zu entscheiden ist vergleiche VwGH 14.04.2021, Ra 2020/19/0379, VwGH 11.11.2020, Ro 2020/17/0010 und VwGH 19.12.2000, 99/12/0286).

3.2. Mit Beschlüssen vom 14.09.2022, Ra 2021/20/0425 und Ra 2022/20/0028, legte der Verwaltungsgerichtshof dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:
„1. Ist die Kumulierung von Maßnahmen, die in einem Staat von einem faktisch die Regierungsgewalt innehabenden Akteur gesetzt, gefördert oder geduldet werden und insbesondere darin bestehen, dass Frauen
3.2. Mit Beschlüssen vom 14.09.2022, Ra 2021/20/0425 und Ra 2022/20/0028, legte der Verwaltungsgerichtshof dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Artikel 267, AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:
„1. Ist die Kumulierung von Maßnahmen, die in einem Staat von einem faktisch die Regierungsgewalt innehabenden Akteur gesetzt, gefördert oder geduldet werden und insbesondere darin bestehen, dass Frauen

?        die Teilhabe an politischen Ämtern und politischen Entscheidungsprozessen verwehrt wird,

?        keine rechtlichen Mittel zur Verfügung gestellt werden, um Schutz vor geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt erhalten zu können,

?        allgemein der Gefahr von Zwangsverheiratungen ausgesetzt sind, obgleich solche vom faktisch die Regierungsgewalt innehabenden Akteur zwar verboten wurden, aber den Frauen gegen Zwangsverheiratungen kein effektiver Schutz gewährt wird und solche Eheschließungen zuweilen auch unter Beteiligung von faktisch mit Staatsgewalt ausgestatten Personen im Wissen, dass es sich um eine Zwangsverheiratung handelt, vorgenommen werden,

?        einer Erwerbstätigkeit nicht oder in eingeschränktem Ausmaß überwiegend nur zu Hause nachgehen dürfen,

?        der Zugang zu Gesundheitseinrichtungen erschwert wird,

?        der Zugang zu Bildung - gänzlich oder in großem Ausmaß (etwa indem Mädchen lediglich eine Grundschulausbildung zugestanden wird) - verwehrt wird,

?        sich ohne Begleitung eines (in einem bestimmten Angehörigenverhältnis stehenden) Mannes nicht in der Öffentlichkeit, allenfalls im Fall der Überschreitung einer bestimmten Entfernung zum Wohnort, aufhalten oder bewegen dürfen,

?        ihren Körper in der Öffentlichkeit vollständig zu bedecken und ihr Gesicht zu verhüllen haben,

?        keinen Sport ausüben dürfen,

im Sinn des Art. 9 Abs. 1 lit. b Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Neufassung) als so gravierend anzusehen, dass eine Frau davon in ähnlicher wie der unter lit. a des Art. 9 Abs. 1 dieser Richtlinie beschriebenen Weise betroffen ist?im Sinn des Artikel 9, Absatz eins, Litera b, Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Neufassung) als so gravierend anzusehen, dass eine Frau davon in ähnlicher wie der unter Litera a, des Artikel 9, Absatz eins, dieser Richtlinie beschriebenen Weise betroffen ist?

2. Ist es für die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten hinreichend, dass eine Frau von diesen Maßnahmen im Herkunftsstaat allein aufgrund ihres Geschlechts betroffen ist, oder ist für die Beurteilung, ob eine Frau von diesen - in ihrer Kumulierung zu betrachtenden - Maßnahmen im Sinn des Art. 9 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2011/95/EU betroffen ist, die Prüfung ihrer individuellen Situation erforderlich?“2. Ist es für die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten hinreichend, dass eine Frau von diesen Maßnahmen im Herkunftsstaat allein aufgrund ihres Geschlechts betroffen ist, oder ist für die Beurteilung, ob eine Frau von diesen - in ihrer Kumulierung zu betrachtenden - Maßnahmen im Sinn des Artikel 9, Absatz eins, Litera b, der Richtlinie 2011/95/EU betroffen ist, die Prüfung ihrer individuellen Situation erforderlich?“

3.3.    Im Beschwerdefall handelt es sich um ein Verfahren um die Zuerkennung von internationalem Schutz. Der Ehefrau des Beschwerdeführers wurde seitens des BFA der Status der subsidiär Schutzberechtigten und seinen fünf Kindern der Status der subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen des Familienverfahrens zuerkannt. Im den Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, Zl. W156 2255365-1 u.a., begehren die Ehefrau und die Kinder des Beschwerdeführers sowie der Beschwerdeführer selbst die Zuerkennung des Status der Asylberechtigen.

Es handelt sich bei der Ehefrau des Beschwerdeführers um eine afghanische Staatsangehörige, somit um eine Person, die aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Staatsangehörigkeit und der zum Entscheidungszeitpunkt vorherrschenden Situation in ihrem Herkunftsstaat den vom Verwaltungsgerichtshof oben zitierten Maßnahmen zum Teil ausgesetzt sein könnte. Die Mutter und die Schwestern des Beschwerdeführers könnten daher mitunter in ihrem Herkunftsstaat von folgenden Maßnahmen betroffen sein, nämlich, dass:

?        ihnen die Teilhabe an politischen Entscheidungsprozessen verwehrt wird,

?        ihnen keine rechtlichen Mittel zur Verfügung gestellt werden, um Schutz vor geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt erhalten zu können,

?        ihnen der Zugang zu Gesundheitseinrichtungen erschwert wird,

?        sie sich ohne Begleitung eines (in einem bestimmten Angehörigenverhältnis stehenden) Mannes nicht in der Öffentlichkeit, allenfalls im Fall der Überschreitung einer bestimmten Entfernung zum Wohnort, aufhalten oder bewegen dürfen,

?        sie ihren Körper in der Öffentlichkeit vollständig zu bedecken und ihr Gesicht zu verhüllen haben.

Es stellt sich daher die im gegenständlichen Beschwerdeverfahren als Hauptfrage konkret die Frage, ob die Kumulierung dieser Maßnahmen, die in Afghanistan von einem faktisch die Regierungsgewalt innehabenden Akteur (Taliban) gesetzt, gefördert oder geduldet werden, im Sinn des Art. 9 Abs. 1 lit. b Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Neufassung) als so gravierend anzusehen sind, dass die Mutter des Beschwerdeführers davon in ähnlicher wie der unter lit. a des Art. 9 Abs. 1 dieser Richtlinie beschriebenen Weise betroffen ist. Es stellt sich daher die im gegenständlichen Beschwerdeverfahren als Hauptfrage konkret die Frage, ob die Kumulierung dieser Maßnahmen, die in Afghanistan von einem faktisch die Regierungsgewalt innehabenden Akteur (Taliban) gesetzt, gefördert oder geduldet werden, im Sinn des Artikel 9, Absatz eins, Litera b, Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Neufassung) als so gravierend anzusehen sind, dass die Mutter des Beschwerdeführers davon in ähnlicher wie der unter Litera a, des Artikel 9, Absatz eins, dieser Richtlinie beschriebenen Weise betroffen ist.

Auch die zweite an den Gerichtshof der Europäischen Union gestellte Frage, nämlich ob es für die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten hinreichend ist, dass die Mutter des Beschwerdeführers als Frau in Afghanistan allein aufgrund ihres Geschlechts betroffen ist, oder für die Beurteilung, ob eine Frau von diesen - in ihrer Kumulierung zu betrachtenden - Maßnahmen im Sinn des Art. 9 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2011/95/EU betroffen ist, die Prüfung ihrer individuellen Situation erforderlich ist, ist gegenständlich maßgeblich.Auch die zweite an den Gerichtshof der Europäischen Union gestellte Frage, nämlich ob es für die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten hinreichend ist, dass die Mutter des Beschwerdeführers als Frau in Afghanistan allein aufgrund ihres Geschlechts betroffen ist, oder für die Beurteilung, ob eine Frau von diesen - in ihrer Kumulierung zu betrachtenden - Maßnahmen im Sinn des Artikel 9, Absatz eins, Litera b, der Richtlinie 2011/95/EU betroffen ist, die Prüfung ihrer individuellen Situation erforderlich ist, ist gegenständlich maßgeblich.

Aus den dargestellten Gründen kommt daher der Beantwortung der zitierten Vorlagefragen durch den Gerichtshof der Europäischen Union im Beschwerdeverfahren wesentliche Bedeutung zu. Somit liegen die Voraussetzungen für die Aussetzung des Beschwerdeverfahrens bis zum Vorliegen der Vorabentscheidung vor.

Da dem Beschwerdeführer im Rahmen des Familienverfahrens gemäß § 34 Abs. 3 AsylG 2005 der gleiche asylrechtliche Status zuzuerkennen ist, der seiner Ehefrau zuerkannt wird, ist auch das gegenständliche Verfahren bis zur Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union auszusetzen.Da dem Beschwerdeführer im Rahmen des Familienverfahrens gemäß Paragraph 34, Absatz 3, AsylG 2005 der gleiche asylrechtliche Status zuzuerkennen ist, der seiner Ehefrau zuerkannt wird, ist auch das gegenständliche Verfahren bis zur Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union auszusetzen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylverfahren Aussetzung EuGH Familienverfahren Verwaltungsgerichtshof Vorabentscheidungsverfahren Vorfrage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2024:W156.2290635.1.00

Im RIS seit

21.06.2024

Zuletzt aktualisiert am

21.06.2024
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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