TE Bvwg Erkenntnis 2024/5/22 W200 2269016-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.05.2024
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Entscheidungsdatum

22.05.2024

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W200 2269016-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SCHERZ als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark vom 17.02.2023, Zl. 1289099207-211723078, nach Durchführung einer Verhandlung am 21.07.2023 zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SCHERZ als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch XXXX , geb. römisch XXXX , StA. Syrien, vertreten durch BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark vom 17.02.2023, Zl. 1289099207-211723078, nach Durchführung einer Verhandlung am 21.07.2023 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer führt nach eigenen Angaben den im Spruch genannten Namen, ist Staatsangehöriger Syriens, gehört der arabischen Volksgruppe an, ist islamisch -sunnitisch Glaubens, reiste am 12.11.2021 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der Erstbefragung am selben Tag nannte er als Fluchtgrund, dass in Syrien Krieg herrsche, sein Haus von den Bomben zerstört worden sei, die Lebensumstände sehr schlecht seien und er seine Eltern nach Österreich holen wolle. Im Fall seiner Rückkehr fürchte er das Militär, das Regime und den Krieg.

Im Rahmen der Einvernahme durch das BFA am 14.12.2022 legte er im Original einen syrischen Personalausweis sowie sein Militärbuch vor.

Zu seinen Auslandsaufenthalten gab er an, dass er im Dezember 2017 in den Libanon gegangen sei, Ende Dezember 2019 sei er zurück nach Syrien und im August 2020 in die Türkei. Danach sei er in der Türkei geblieben, wo er auch geheiratet hätte.

Auf den Weg in die Türkei hätten ihn die Kurden in der Stadt Raqqa zwangsrekrutieren wollen: Sie hätten ihn festgenommen und eingesperrt, sein Vater hätte ihn freigekauft und er hätte weiter in die Türkei flüchten können. Das sei im Juli 2020 gewesen, seine Schwester hätte an der Grenze gelebt und hätte er hätte zwei Nächte bei ihr geschlafen und sei dann weiter in die Türkei. Insgesamt sei er 15 Tage eingesperrt gewesen.

Am 01.03.2021 hätte er seine Ehefrau, eine syrische Staatsbürgerin, in der Türkei geheiratet. Sie sei dann von der Türkei nach Syrien zurück und lebe bei seinen Eltern. Sie sei nicht mitgereist, da der Weg sehr schwierig sei. Er selbst hätte wegen des Militärdienstes fliehen müssen, da der Heimatort von Kurden besetzt sei. Seine Frau sei dort in Sicherheit.

Er sei in Syrien Schneider gewesen. 2017 sei er in den Libanon, weil der IS in seiner Heimat geherrscht hätte. Dieser und die Kurden hätten sich dann bekriegt und sie hätte alle fliehen müssen – ein Teil der Familie sei nach XXXX , er selbst sei in den Libanon. Damals sei er noch nicht zum Militärdienst einberufen gewesen. Im Libanon hätte er in einem Bekleidungsgeschäft gearbeitet. Die Kurden hätten dann gesiegt und seine Familie sei zurück in das Elternhaus XXXX . Nachdem seine Mutter 2020 krank geworden sei, sei er gezwungen gewesen zurückzukehren. Die finanzielle Lage sei in Ordnung gewesen. Er hätte je fünf Brüder und Schwestern. Die Hälfte lebe in XXXX und die andere Hälfte in XXXX . Der Familie in Syrien gehe es derzeit gut.Er sei in Syrien Schneider gewesen. 2017 sei er in den Libanon, weil der IS in seiner Heimat geherrscht hätte. Dieser und die Kurden hätten sich dann bekriegt und sie hätte alle fliehen müssen – ein Teil der Familie sei nach römisch XXXX , er selbst sei in den Libanon. Damals sei er noch nicht zum Militärdienst einberufen gewesen. Im Libanon hätte er in einem Bekleidungsgeschäft gearbeitet. Die Kurden hätten dann gesiegt und seine Familie sei zurück in das Elternhaus römisch XXXX . Nachdem seine Mutter 2020 krank geworden sei, sei er gezwungen gewesen zurückzukehren. Die finanzielle Lage sei in Ordnung gewesen. Er hätte je fünf Brüder und Schwestern. Die Hälfte lebe in römisch XXXX und die andere Hälfte in römisch XXXX . Der Familie in Syrien gehe es derzeit gut.

Nach seinen Gründen für das Verlassen Syrien befragt gab er an, dass ihn sowohl das syrische Regime als auch die Kurden zwangsrekrutieren wollten. Er wollte keiner Seite angehören und auch keine unschuldigen Menschen töten und auch keine Waffe tragen. Weitere Fluchtgründe hätte er keine.

Nach einer persönlichen Bedrohung befragt, gab er an, dass XXXX zum Zeitpunkt seiner Rückkehr vom Libanon von den Kurden besetzt gewesen sei. Er hätte eine Nachricht vom syrischen Regime erhalten, dass er sich innerhalt von zwei Monaten melden solle. Er sei sechs bis sieben Monate im Elternhaus gewesen und auch die Kurden wollten ihn dann zwangsrekrutieren. Er hätte dann fliehen müssen und sei Richtung XXXX , sei aber auf den Weg dorthin von den Kurden festgenommen worden. Sie hätten ihn zwangsrekrutieren wollen, hätten ihn eingesperrt und sein Vater hätte ihn nach 15 Tagen für ca. umgerechnet 500 Dollar freigekauft. Nach einer persönlichen Bedrohung befragt, gab er an, dass römisch XXXX zum Zeitpunkt seiner Rückkehr vom Libanon von den Kurden besetzt gewesen sei. Er hätte eine Nachricht vom syrischen Regime erhalten, dass er sich innerhalt von zwei Monaten melden solle. Er sei sechs bis sieben Monate im Elternhaus gewesen und auch die Kurden wollten ihn dann zwangsrekrutieren. Er hätte dann fliehen müssen und sei Richtung römisch XXXX , sei aber auf den Weg dorthin von den Kurden festgenommen worden. Sie hätten ihn zwangsrekrutieren wollen, hätten ihn eingesperrt und sein Vater hätte ihn nach 15 Tagen für ca. umgerechnet 500 Dollar freigekauft.

Sein Vater hätte seine Festnahme von Freunden, die jünger seien als er und nicht zwangsrekrutiert worden wären, erfahren. Dem vorgelegten Militärbuch ist ein Aufschub bis 15.03.2020 gegen eine Bezahlung von 50.000 Lira zu entnehmen.

Der Beschwerdeführer gab dazu an, dass er danach zum Militär gehen hätte müsse. Endgültig ausgereist sei er im August 2020. Befragt, wie er noch fünf Monate im syrischen Gebiet leben habe könne, gab er an, dass er im Kurdengebiet gelebt hätte und das Militärbuch für diese ja nicht gelte. Nach der Festnahme durch die Kurden befragt gab er an, dass er sich von XXXX wegbewegt hätte, er sei in Richtung Raqqa und bei einem Kontrollposten aufgehalten und festgenommen worden. Er sei damals über 18 Jahre alt gewesen. Sie hätten ihn gefragt, wo er hinmöchte, er müsse den Militärdienst ableisten. Da er das abgelehnt hätte, sei er festgenommen und sein Vater hätte ihn freigekauft. Dann sei mit einem Auto direkt an die Grenze gefahren, wäre zwei Nächte bei seiner Schwester geblieben und dann in die Türkei.Der Beschwerdeführer gab dazu an, dass er danach zum Militär gehen hätte müsse. Endgültig ausgereist sei er im August 2020. Befragt, wie er noch fünf Monate im syrischen Gebiet leben habe könne, gab er an, dass er im Kurdengebiet gelebt hätte und das Militärbuch für diese ja nicht gelte. Nach der Festnahme durch die Kurden befragt gab er an, dass er sich von römisch XXXX wegbewegt hätte, er sei in Richtung Raqqa und bei einem Kontrollposten aufgehalten und festgenommen worden. Er sei damals über 18 Jahre alt gewesen. Sie hätten ihn gefragt, wo er hinmöchte, er müsse den Militärdienst ableisten. Da er das abgelehnt hätte, sei er festgenommen und sein Vater hätte ihn freigekauft. Dann sei mit einem Auto direkt an die Grenze gefahren, wäre zwei Nächte bei seiner Schwester geblieben und dann in die Türkei.

Zu seinem in der Erstbefragung geäußerten Wunsch, die Eltern nach Österreich zu holen, gab er an, dass dies nunmehr hinfällig sei, da er volljährig sei. Sein Zielland sei Holland gewesen, aber sei in Österreich zufrieden und es gefalle ihm.

Befragt, wie es den Brüdern möglich sei in der Heimatregion zu leben, antwortete er, dass die älteren Brüder den Militärdienst bereits abgeleistet hätten. XXXX sei ein Gebiet, dass weder zum syrischen noch zum kurdischen Gebiet gehöre und dort würden die anderen drei Brüder leben. Befragt, ob er dort nicht ebenfalls leben könne, antwortete er, vor den Kurden geflohen zu sein und in XXXX bestehe die Gefahr, dass die Kurden einmarschieren.Befragt, wie es den Brüdern möglich sei in der Heimatregion zu leben, antwortete er, dass die älteren Brüder den Militärdienst bereits abgeleistet hätten. römisch XXXX sei ein Gebiet, dass weder zum syrischen noch zum kurdischen Gebiet gehöre und dort würden die anderen drei Brüder leben. Befragt, ob er dort nicht ebenfalls leben könne, antwortete er, vor den Kurden geflohen zu sein und in römisch XXXX bestehe die Gefahr, dass die Kurden einmarschieren.

Im Fall einer Rückkehr würde er zwangsrekrutiert werden und müsse unschuldige Menschen töten.

Mit Bescheid vom 17.02.2023 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für 1 Jahr erteilt.

Nach Wiedergabe der Einvernahmeprotokolle wurde die Identität, Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit und der sunnitisch, muslimische Glaube sowie die Abstammung aus der Stadt XXXX festgestellt. Er hätte neun Jahre die Schule besucht und danach als Schneider im Libanon gearbeitet. Er sei gesund.Nach Wiedergabe der Einvernahmeprotokolle wurde die Identität, Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit und der sunnitisch, muslimische Glaube sowie die Abstammung aus der Stadt römisch XXXX festgestellt. Er hätte neun Jahre die Schule besucht und danach als Schneider im Libanon gearbeitet. Er sei gesund.

Im August 2020 hätte er Syrien allein in Richtung Türkei verlassen und sei spätestens im November 2021 illegal in Österreich eingereist.

Zu den Gründen für das Verlassen Syriens wurde festgestellt, dass er keine Verfolgung im Sinne der GFK geltend gemacht hätte. Es hätte nicht festgestellt werden können, dass für ihn ein Einberufungsbefehl ausgestellt worden sei. Seine Heimatprovinz befände sich unter der Kontrolle oppositioneller Kräfte. Sein Vorbringen in Syrien im Zusammenhang mit einer Wehrdienstverweigerung gesucht zu werden, sei unglaubwürdig. Er hätte sich nicht geweigert den Wehrdienst zu leisten.

Im Rahmen der dagegen erhobenen Beschwerde wiederholte er sein Vorbringen bei der Einvernahme beim BFA, dass er nach seiner Rückkehr nach Syrien vom syrischen Regime eine Nachricht erhalten hätte, dass er sich binnen zwei Monate zur Ableistung seines Wehrdienstes melden müsse. Darüber hinaus hätten die kurdischen Streitkräfte mit Rekrutierungsversuchen gegenüber dem Beschwerdeführer begonnen. Dieser wolle keinesfalls eine Waffe tragen und unschuldige Menschen töten und auf einer Seite mitkämpfen und hätte dieser versucht in die Türkei zu fliehen. Auf diesem Weg sei er auch damals tatsächlich festgehalten worden und sei nach 15 Tage freigekauft worden.

Am 21.07.2023 erfolgte eine öffentliche mündliche Beschwerdeerhebung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Beschwerdeführer wurde von der erkennenden Richterin zu seinem Antrag und seiner Beschwerde befragt und hatte Gelegenheit, den Sachverhalt umfassend darzulegen. Im Wesentlichen wiederholte der Beschwerdeführer sein bisheriges Vorbringen.

Mit Schreiben vom 06.11.2023 wurden ergänzend zwei Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation vom 07.08.2023 betreffend Gebietskontrollen Shahil, Gouvernement Deir ez-Zor bzw. Kasrat Faraj, Stadt Raqqa, Gouvernement Raqqa und ein Themenbericht Syrien – Grenzübergänge vom 25.10.2023 der BFA Staatendokumentation sowie mit Schreiben vom 04.04.2024 das Bundesverwaltungsgericht ergänzend das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Version 11 (27.03.2024) in das Verfahren eingebracht und den Parteien eine Frist zur Stellungnahme von zwei Wochen gewährt.

Mit Schreiben vom 20.11.2023 brachte der Beschwerdeführer im Wege seiner Rechtsvertretung eine Stellungnahme ein, in der im Wesentlichen vorgebracht wird, der Beschwerdeführer befürchte die syrischen Regierung sei nach wie vor in einigen von der AANES kontrollierten Gebieten präsent und könne dort rekrutieren. Der Grenzübergang Faysh Khabur – Semalka stehe nicht allen syrischen Staatsangehörigen offen, der Beschwerdeführer als Araber benötige eine Expat-Karte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, Zugehöriger der Volksgruppe der Araber, er bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Seine Muttersprache ist Arabisch. Die Identität des am XXXX geborenen Beschwerdeführers steht fest. Er trägt den im Erkenntniskopf genannten Namen. Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, Zugehöriger der Volksgruppe der Araber, er bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Seine Muttersprache ist Arabisch. Die Identität des am römisch XXXX geborenen Beschwerdeführers steht fest. Er trägt den im Erkenntniskopf genannten Namen.

Der Beschwerdeführer ist ledig. Eine Ehe mit XXXX , geb. XXXX , kann nicht festgestellt werden.Der Beschwerdeführer ist ledig. Eine Ehe mit römisch XXXX , geb. römisch XXXX , kann nicht festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer stammt aus XXXX , Provinz Deir ez Zor geboren und lebte dort bis zu seiner illegalen Ausreise im Dezember 2017 in den Libanon. Nach einer Rückkehr nach Syrien Ende Dezember 2019 reiste er im August 2020 in die Türkei aus. Er besuchte in Syrien neun Jahre lang die Schule. Der Beschwerdeführer stammt aus römisch XXXX , Provinz Deir ez Zor geboren und lebte dort bis zu seiner illegalen Ausreise im Dezember 2017 in den Libanon. Nach einer Rückkehr nach Syrien Ende Dezember 2019 reiste er im August 2020 in die Türkei aus. Er besuchte in Syrien neun Jahre lang die Schule.

Der Beschwerdeführer leistete keinen Militärdienst in der syrischen Armee. Er hat 2017 sein Militärbuch erhalten und die Militärdienstleistung wurde aufgeschoben.

Die Stadt XXXX liegt in dem aktuell von der kurdischen Selbstverwaltung kontrollierten Teil Syriens, ebenso die angrenzenden Gebiete in der näheren Umgebung. Bereits zum Zeitpunkt der Ausreise des Beschwerdeführers aus Syrien in die Türkei wurde diese Region von der kurdischen Selbstverwaltung kontrolliert. Das syrische Regime verfügt im großräumigen Gebiet der Herkunftsregion über militärische Präsenz zur Abschreckung türkischer Kräfte.Die Stadt römisch XXXX liegt in dem aktuell von der kurdischen Selbstverwaltung kontrollierten Teil Syriens, ebenso die angrenzenden Gebiete in der näheren Umgebung. Bereits zum Zeitpunkt der Ausreise des Beschwerdeführers aus Syrien in die Türkei wurde diese Region von der kurdischen Selbstverwaltung kontrolliert. Das syrische Regime verfügt im großräumigen Gebiet der Herkunftsregion über militärische Präsenz zur Abschreckung türkischer Kräfte.

Der Beschwerdeführer reiste illegal in Österreich ein und stellte am 12.11.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des BFA vom 17.02.2023 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten (rechtskräftig) zuerkannt und ihm eine für ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Er ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Im Herkunftsstaat leben noch die Eltern des Beschwerdeführers sowie fünf Brüder und fünf Schwestern. Sie sind in XXXX und XXXX aufhältig.Im Herkunftsstaat leben noch die Eltern des Beschwerdeführers sowie fünf Brüder und fünf Schwestern. Sie sind in römisch XXXX und römisch XXXX aufhältig.

Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers liegt im Selbstverwaltungsgebiet in Nord- und Ostsyrien und ist unter der Kontrolle der Kurden.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

1.2.1.Der Beschwerdeführer hat seinen Wehrdienst bei der syrischen Armee nicht abgeleistet. Er hat 2017 sein Militärbuch erhalten und die Militärdienstleistung wurde in weiterer Folge aufgeschoben. Bis zu seiner (illegalen) Ausreise aus Syrien im Jahr 2017 und von Ende Dezember 2019 bis August 2020 hielt er sich in seinem Herkunftsgebiet auf, das nicht vom syrischen Regime kontrolliert wurde.

Dem Beschwerdeführer droht in seiner Herkunftsregion nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine reale Gefahr, als Grundwehrdiener zum Militärdienst bei der syrischen Armee eingezogen zu werden. Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers steht unter Kontrolle der kurdischen Selbstverwaltung bzw. deren Streitkräfte. Die stationierten Regierungstruppen haben die ausschließliche Funktion, die pro-türkischen Kräfte von einem weiteren Vorrücken auf syrischem Gebiet zu hindern, und keine Kompetenz, um Rekrutierungen durchzuführen.

Dem Beschwerdeführer droht weder bei der Einreise noch auf dem Weg in seine Herkunftsregion mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Zwangsrekrutierung zum Wehrdienst bei der syrischen Armee.

Der Beschwerdeführer hat keinen Einberufungsbefehl des syrischen Militärs erhalten.

Dem Beschwerdeführer droht vonseiten des syrischen Regimes im Falle einer Rückkehr nach Syrien nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit physische und/oder psychische Gewalt asylrelevanter Intensität aufgrund seiner Herkunft aus einem oppositionellen Gebiet.

Ihm droht vonseiten des syrischen Regimes im Falle einer Rückkehr nach Syrien auch nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit physische und/oder psychische Gewalt asylrelevanter Intensität aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit.

Dem Beschwerdeführer droht nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung aufgrund seiner illegalen Ausreise aus Syrien oder seiner Asylantragstellung im Ausland bzw. einer ihm hierdurch allfällig unterstellten oppositionellen Gesinnung. Nicht jedem Rückkehrer, der unrechtmäßig ausgereist ist und der im Ausland einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wird vom syrischen Regime eine oppositionelle Gesinnung unterstellt.

1.2.2. Der Beschwerdeführer wurde nicht von den kurdischen Einheiten für den Dienst im Militär oder sonst als Kämpfer angeworben und es wurden auch keine sonstigen Rekrutierungshandlungen von kurdischen Einheiten gesetzt. Im Falle seiner Rückkehr nach Syrien in seine Herkunftsregion ist der Beschwerdeführer keiner asylrelevanten Verfolgung durch andere Gruppen bzw. Milizen, wie der kurdischen Streitkräfte, ausgesetzt. Der Beschwerdeführer wurde nicht von den Kurden auf dem Weg in die Türkei angehalten und 15 Tage lange festgehalten und gegen eine Lösegeldzahlung freigelassen.

Dem Beschwerdeführer steht (für die Einreise) insbesondere die Benützung des Grenzüberganges von Semalka (zwischen der Autonomen Administration von Nord- und Ostsyrien und der Autonomen Region Kurdistan im Irak), der nicht vom syrischen Regime kontrolliert wird, zur Verfügung, womit ihm die Einreise nach Syrien in das Gebiet der kurdischen Selbstverwaltung, grundsätzlich möglich ist – auch wenn dieser Grenzübergang nicht permanent passiert werden kann. Dem Beschwerdeführer, dem im Gebiet der kurdischen Selbstverwaltung nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung droht, ist eine Fortbewegung durch das kurdische Selbstverwaltungsgebiet in sein unter kurdischer Selbstverwaltung stehendes Herkunftsgebiet möglich, ohne dass ihm dabei mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine konkret und gezielt gegen seiner Person gerichtete Verfolgung aufgrund seiner Religion, Nationalität, ethnischen Zugehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung droht.

Zusammengefasst droht dem Beschwerdeführer in Syrien daher keine konkrete Gefährdung aus Gründen der „Rasse“, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus dem vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Version 11 (Veröffentlichung am 27.03.2024), wiedergegeben:

Politische Lage

Letzte Änderung 2024-03-08 10:59

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).

Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).

Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).

Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).

Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).

Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024). […]

Syrische Arabische Republik

Letzte Änderung 2024-03-08 11:06

Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 2.5.2023). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba'athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten (FH 9.3.2023) und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt (USDOS 15.5.2023). In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten. Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen (FH 9.3.2023).

Die Verfassung schreibt die Vormachtstellung der Vertreter der Ba'ath-Partei in den staatlichen Institutionen und in der Gesellschaft vor, und Assad und die Anführer der Ba'ath-Partei beherrschen als autoritäres Regime alle drei Regierungszweige (USDOS 20.3.2023). Mit dem Dekret von 2011 und den Verfassungsreformen von 2012 wurden die Regeln für die Beteiligung anderer Parteien formell gelockert. In der Praxis unterhält die Regierung einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat, um Oppositionsbewegungen zu überwachen und zu bestrafen, die Assads Herrschaft ernsthaft infrage stellen könnten (FH 9.3.2023). Der Präsident stützt seine Herrschaft insbesondere auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Nachrichtendienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen. So hat sich in Syrien ein politisches System etabliert, in dem viele Institutionen und Personen miteinander um Macht konkurrieren und dabei kaum durch die Verfassung und den bestehenden Rechtsrahmen kontrolliert werden, sondern v. a. durch den Präsidenten und seinen engsten Kreis. Trotz gelegentlicher interner Machtkämpfe stehen Assad dabei keine ernst zu nehmenden Kontrahenten gegenüber. Die Geheimdienste haben ihre traditionell starke Rolle seither verteidigt oder sogar weiter ausgebaut und profitieren durch Schmuggel und Korruption wirtschaftlich erheblich (AA 29.3.2023).

Dem ehemaligen Berater des US-Außenministeriums Hazem al-Ghabra zufolge unterstützt Syrien beinahe vollständig die Herstellung und Logistik von Drogen, weil es eine Einnahmemöglichkeit für den Staat und für Vertreter des Regimes und dessen Profiteure darstellt (Enab 23.1.2023). Baschar al-Assad mag der unumschränkte Herrscher sein, aber die Loyalität mächtiger Warlords, Geschäftsleute oder auch seiner Verwandten hat ihren Preis. Beispielhaft wird von einer vormals kleinkriminellen Bande berichtet, die Präsident Assad in der Stadt Sednaya gewähren ließ, um die dort ansässigen Christen zu kooptieren, und die inzwischen auf eigene Rechnung in den Drogenhandel involviert ist. Der Machtapparat hat nur bedingt die Kontrolle über die eigenen Drogennetzwerke. Assads Cousins, die Hisbollah und Anführer der lokalen Organisierten Kriminalität haben kleine Imperien errichtet und geraten gelegentlich aneinander, wobei Maher al-Assad, der jüngere Bruder des Präsidenten und Befehlshaber der Vierten Division, eine zentrale Rolle bei der Logistik innehat. Die Vierte Division mutierte in den vergangenen Jahren 'zu einer Art Mafia-Konglomerat mit militärischem Flügel'. Sie bewacht die Transporte und Fabriken, kontrolliert die Häfen und nimmt Geld ein. Maher al-Assads Vertreter, General Ghassan Bilal, gilt als der operative Kopf und Verbindungsmann zur Hisbollah (Spiegel 17.6.2022).

Es gibt keine Rechtssicherheit oder Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter. Die Gefahr, Opfer staatlicher Repression und Willkür zu werden, bleibt für Einzelne unvorhersehbar (AA 2.2.2024).

Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien

Letzte Änderung 2024-03-08 11:12

2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) gekommen sein, deren Mitglieder die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) gründeten. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine 'zweite Front' in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba'ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrîn, 'Ain al-'Arab (Kobanê) und die Jazira/Cizîrê von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (Savelsberg 8.2017).

Im November 2013 - etwa zeitgleich mit der Bildung der syrischen Interimsregierung (SIG) durch die syrische Opposition - rief die PYD die sogenannte Demokratische Selbstverwaltung (DSA) in den Kantonen Afrîn, Kobanê und Cizîrê aus und fasste das so entstandene, territorial nicht zusammenhängende Gebiet unter dem kurdischen Wort für "Westen" (Rojava) zusammen. Im Dezember 2015 gründete die PYD mit ihren Verbündeten den Demokratischen Rat Syriens (SDC) als politischen Arm der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) (SWP 7.2018). Die von den USA unterstützten SDF (TWI 18.7.2022) sind eine Koalition aus syrischen Kurden, Arabern, Turkmenen und anderen Minderheitengruppen (USDOS 20.3.2023), in dem der militärische Arm der PYD, die YPG, die dominierende Kraft ist (KAS 4.12.2018). Im März 2016 riefen Vertreter der drei Kantone (Kobanê war inzwischen um Tall Abyad erweitert worden) den Konstituierenden Rat des "Demokratischen Föderalen Systems Rojava/Nord-Syrien" (Democratic Federation of Northern Syria, DFNS) ins Leben (SWP 7.2018). Im März 2018 (KAS 4.12.2018) übernahm die Türkei völkerrechtswidrig die Kontrolle über den kurdischen Selbstverwaltungskanton Afrîn mithilfe der Syrischen Nationalen Armee (SNA), einer von ihr gestützten Rebellengruppe (taz 15.10.2022). Im September 2018 beschloss der SDC die Gründung des Selbstverwaltungsgebiets Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria, AANES) auf dem Gebiet der drei Kantone (abzüglich des von der Türkei besetzten Afrîn). Darüber hinaus wurden auch Gebiete in Deir-ez Zor und Raqqa (K24 6.9.2018) sowie Manbij, Takba und Hassakah, welche die SDF vom Islamischen Staat (IS) befreit hatten, Teil der AANES (SO 27.6.2022).

Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Fluchtwelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Die erhoffte Kriegsdividende, für den Kampf gegen den IS mit einem autonomen Gebiet 'belohnt' zu werden, ist bisher ausgeblieben (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung erkennt weder die kurdische Enklave noch die Wahlen in diesem Gebiet an (USDOS 20.3.2023). Türkische Vorstöße auf syrisches Gebiet im Jahr 2019 führten dazu, dass die SDF zur Abschreckung der Türkei syrische Regierungstruppen einlud, in den AANES Stellung zu beziehen (ICG 18.11.2021). Die Gespräche zwischen der kurdischen Selbstverwaltung und der Regierung in Damaskus im Hinblick auf die Einräumung einer Autonomie und die Sicherung einer unabhängigen Stellung der SDF innerhalb der syrischen Streitkräfte sind festgefahren (ÖB Damaskus 1.10.2021). Mit Stand Mai 2023 besteht kein entsprechender Vertrag zwischen den AANES und der syrischen Regierung (Alaraby 31.5.2023). Unter anderem wird über die Verteilung von Öl und Weizen verhandelt, wobei ein großer Teil der syrischen Öl- und Weizenvorkommen auf dem Gebiet der AANES liegen (K24 22.1.2023). Normalisierungsversuche der diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und der syrischen Regierung wurden in den AANES im Juni 2023 mit Sorge betrachtet (AAA 24.6.2023). Anders als die EU und USA betrachtet die Türkei sowohl die Streitkräfte der YPG als auch die Partei PYD als identisch mit der von der EU als Terrororganisation gelisteten PKK und daher als Terroristen und Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei (AA 2.2.2024).

Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vgl. SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vergleiche SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).

Zwischen den rivalisierenden Gruppierungen unter den Kurden gibt es einerseits Annäherungsbemühungen, andererseits kommt es im Nordosten aus politischen Gründen und wegen der schlechten Versorgungslage zunehmend auch zu innerkurdischen Spannungen zwischen dem sogenannten Kurdish National Council, der Masoud Barzanis KDP [Anm.: Kurdistan Democratic Party - Irak] nahesteht und dem ein Naheverhältnis zur Türkei nachgesagt wird, und der PYD, welche die treibende Kraft hinter der kurdischen Selbstverwaltung ist, und die aus Sicht des Kurdish National Council der PKK zu nahe steht (ÖB 1.10.2021).

Seitdem der Islamische Staat (IS) 2019 die Kontrolle über sein letztes Bevölkerungszentrum verloren hat, greift er mit Guerilla- und Terrortaktiken Sicherheitskräfte und lokale zivile Führungskräfte an (FH 9.3.2023). Hauptziele sind Einrichtungen und Kader der SDF sowie der syrischen Armee (ÖB 1.10.2021). […]

Sicherheitslage

Letzte Änderung 2024-03-08 11:17

Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.3.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (UNHCHR 28.6.2022).

Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse

Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand (USIP 14.3.2023). Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden (CFR 24.1.2024). Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt (ÖB Damaskus 1.10.2021). In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023).

Die militärische Landkarte Syriens hat sich nicht substantiell verändert. Das Regime kontrolliert weiterhin rund 60 Prozent des syrischen Staatsgebiets, mit Ausnahme von Teilen des Nordwestens, des Nordens und des Nordostens (AA 2.2.2024).

Die militärischen Akteure und Syriens militärische Kapazitäten

Die Kämpfe und Gewalt nahmen 2021 sowohl im Nordwesten als auch im Nordosten und Süden des Landes zu (UNHRC 14.9.2021). Der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen (VN) für Syrien Geir O. Pedersen wies am 29.11.2022 vor dem Sicherheitsrat insbesondere auf eine langsame Zunahme der Kämpfe zwischen den Demokratischen Kräften Syriens auf der einen Seite und der Türkei und bewaffneten Oppositionsgruppen auf der anderen Seite im Norden Syriens hin. Er betonte weiter, dass mehr Gewalt noch mehr Leid für die syrische Zivilbevölkerung bedeutet und die Stabilität in der Region gefährden würde - wobei gelistete terroristische Gruppen die neue Instabilität ausnutzen würden (UNSC 29.11.2022). Im Hinblick auf das Niveau der militärischen Gewalt ist eine Verstetigung festzustellen. Auch das Erdbeben am 6.2.2023 hat zu keiner nachhaltigen Verringerung der Kampfhandlungen geführt. In praktisch allen Landesteilen kam es im Berichtszeitraum zu militärischen Auseinandersetzungen unterschiedlicher Art und Ausprägung. Dabei bestanden auch teils erhebliche Unterschiede zwischen Regionen mit einer hohen Zahl gewalttätiger Auseinandersetzungen und vergleichsweise ruhigeren Landesteilen (AA 29.3.2023). Für keinen Landesteil Syriens kann insofern von einer nachhaltigen Beruhigung der militärischen Lage ausgegangen werden (AA 2.2.2024).

Die Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic (CoI) der VN stellte im Februar 2022 fest, dass fünf internationale Streitkräfte - darunter Iran, Israel, Russland, die Türkei und die Vereinigten Staaten von Amerika, sowie nicht-staatliche bewaffnete Gruppen und von den VN benannte terroristische Gruppen weiterhin in Syrien aktiv sind (EUAA 9.2022). Im Mai 2023 begannen zusätzlich dazu die jordanischen Streitkräfte Luftangriffe gegen die Drogenschmuggler zu fliegen (SOHR 8.5.2023). Die USA sind mit mindestens 900 Militärpersonen in Syrien, um Anti-Terror-Operationen durchzuführen (CFR 24.1.2024). Seit Ausbruch des Krieges zwischen der Hamas und Israel begannen die USA mehrere Luftangriffe gegen iranische Milizen in Syrien und dem Irak zu fliegen. Anfang Februar 2024 eskalierten die Spannungen zwischen dem Iran und den USA, nachdem iranische Milizen in Jordanien eine militärische Stellung der USA mit einer Drohne angriffen und dabei mehrere US-amerikanische Soldaten töteten und verletzten. Die USA reagierten mit erhöhten und verstärkten Luftangriffen auf Stellungen der iranischen Milizen in Syrien und dem Irak. In Syrien trafen sie Ziele in den Räumen Deir ez-Zor, Al-Bukamal sowie Al-Mayadeen. Die syrische Armee gab an, dass bei den Luftangriffen auch Zivilisten sowie reguläre Soldaten getötet wurden (CNN 3.2.2024).

Seit dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 intensivierte Israel die Luftangriffe gege

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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