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L8000 RaumordnungNorm
B-VG Art139 Abs1 Z2Leitsatz
Aufhebung eines Bebauungsplans einer Tiroler Gemeinde mangels hinreichender Grundlagenforschung sowie mangels zusammenfassender Darstellung der wesentlichen Entscheidungsgrundlagen; keine Bedenken gegen die Änderung des Flächenwidmungsplans "Umwidmung Gemeindegebiet Steinbrücken"Rechtssatz
Gesetzwidrigkeit des Bebauungsplans "B13 Gewerbegebiet Steinbrücken" der Gemeinde Tösens, beschlossen vom Gemeinderat der Gemeinde Tösens am 17.06.2020, soweit er sich auf das Grundstück Nr 1521, KG Tösens, bezieht. Keine Gesetzwidrigkeit der Änderung des Flächenwidmungsplans "Umwidmung Gewerbegebiet Steinbrücken" der Gemeinde Tösens, beschlossen vom Gemeinderat der Gemeinde Tösens am 22.01.2020, Planungsnummer 629-2019-00003, soweit sie sich auf das Grundstück Nr 1521, KG Tösens, bezieht.
Keine Bedenken gegen die Änderung des Flächenwidmungsplans "Umwidmung Gemeindegebiet Steinbrücken":
Die Änderung des Flächenwidmungsplans "Umwidmung Gewerbegebiet Steinbrücken" wird mit dem "langjährigen Bestreben" der Gemeinde Tösens betreffend die Entwicklung eines Gewerbegebietes und eines Gemeindebauhofes im von der Umwidmung betroffenen Bereich begründet. Ihr liegt, wie die von der Tiroler Landesregierung vorgelegten Unterlagen zeigen, eine iSd Rsp des VfGH hinreichende Grundlagenforschung und Interessenabwägung zugrunde. Die Entscheidungsgrundlagen gehen insbesondere aus einem ortsplanerischen Gutachten hervor. Die Behörde hat zudem eine landschaftspflegerische Begleitplanung und eine naturkundefachliche Stellungnahme eingeholt.
Zur Interessenabwägung wird festgehalten, dass zur Vermeidung von Nutzungskonflikten mit umliegenden Nutzungen bzw zur Vermeidung der Ansiedlung von flächenintensiven Betrieben mit verhältnismäßig wenigen Arbeitsplätzen eine entsprechende Einschränkung der Betriebsarten vorgesehen sei. Die großflächige Inanspruchnahme von derzeit landwirtschaftlich genutzten Flächen werde als vertretbar erachtet. Nach dem ortsplanerischen Gutachten zur Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes hat eine Auseinandersetzung mit den Interessen, die für eine Umwidmung als Gewerbegebiet notwendig sind, stattgefunden.
Weiters wurde ein Gutachten der Wildbach- und Lawinenverbauung, Forsttechnischer Dienst, eingeholt. Darin wird der von der "Gelben Gefahrenzone" betroffene Bereich des Planungsgebietes für die vorgesehene Nutzung als geeignet bewertet. Aus der Stellungnahme des Bezirksbauamtes Imst, Straßenbau, ergibt sich, dass bei Einhaltung der darin genannten Voraussetzungen und der Bestimmungen der Tiroler Bauordnung gegen die Umwidmung kein Einwand bestehe.
In der Sitzung des Gemeinderates der Gemeinde Tösens am 02.12.2019 wurde die Auflage des Entwurfes der Änderung des Flächenwidmungsplans "Umwidmung Gewerbegebiet Steinbrücken" zur allgemeinen Einsicht beschlossen und gleichzeitig ein Beschluss über die Erlassung der Änderung des Flächenwidmungsplans mit der Bedingung gefasst, dass dieser nur rechtswirksam werde, wenn innerhalb der Auflegungs- und Stellungnahmefrist keine Stellungnahme abgegeben werde. Innerhalb der Frist langten drei Stellungnahmen ein. Die verordnungserlassende Behörde holte eine raumplanungsfachliche Beurteilung ein, die sich mit den Stellungnahmen auseinandersetzt und diesen entgegentritt. Die Einwände seien aus raumplanungsfachlichen Gesichtspunkten nicht schlüssig und teilweise für die Festlegungen im Flächenwidmungsplan nicht relevant. Es werde daher empfohlen, die Änderung des Flächenwidmungsplans zu beschließen. In der Folge hat der Gemeinderat der Gemeinde Tösens am 22.01.2020 die Änderung des Flächenwidmungsplans beschlossen. Mit Bescheid vom 27.03.2020 genehmigte die Tiroler Landesregierung als Aufsichtsbehörde die Änderung des Flächenwidmungsplans. Daraufhin wurde diese gemäß §70 Abs3 TROG 2016 am 28.03.2020 elektronisch kundgemacht. Das im Prüfungsbeschluss geäußerte Bedenken des VfGH, die Änderung des Flächenwidmungsplans "Umwidmung Gemeindegebiet Steinbrücken" sei nicht ordnungsgemäß kundgemacht worden, konnte daher zerstreut werden.
Bedenken hinsichtlich des Bebauungsplans "B13 Gewerbegebiet Steinbrücken":
Aus den Unterlagen lässt sich nicht ableiten, dass vor Erlassung des in Prüfung stehenden Bebauungsplans eine hinreichende Grundlagenforschung durchgeführt worden wäre. Die verordnungserlassende Behörde hat im Anlassverfahren bloß einzelne, das Verfahren zur Erlassung des Bebauungsplans betreffende Unterlagen vorgelegt. Aus diesen geht die gebotene Grundlagenforschung ebenso wenig hinreichend hervor wie aus den von der Tiroler Landesregierung im Verordnungsprüfungsverfahren vorgelegten Unterlagen.
(Anlassfall E250/2022, E v 28.11.2023, Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses; vgl V23/2024, E v 10.06.2024: Aufhebung desselben Bebauungsplans "B13 Gewerbegebiet Steinbrücken" des Gemeinderats der Gemeinde Tösens vom 17.06.2020, soweit er sich auf das Grundstück Nr 1522, KG Tösens, bezieht).(Anlassfall E250/2022, E v 28.11.2023, Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses; vergleiche V23/2024, E v 10.06.2024: Aufhebung desselben Bebauungsplans "B13 Gewerbegebiet Steinbrücken" des Gemeinderats der Gemeinde Tösens vom 17.06.2020, soweit er sich auf das Grundstück Nr 1522, KG Tösens, bezieht).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Raumordnung, Bebauungsplan, Grundlagenforschung, Ermittlungsverfahren, Verordnungserlassung, Flächenwidmungsplan, Raumplanung örtlicheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2023:V4.2023Zuletzt aktualisiert am
21.06.2024