Entscheidungsdatum
14.03.2024Norm
AsylG 2005 §11Spruch
W121 2269507-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Erika ENZLBERGER-HEIS als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX ), geb. XXXX , StA Syrien, vertreten durch BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion XXXX , Außenstelle XXXX , vom XXXX ,
Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX , zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Erika ENZLBERGER-HEIS als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch XXXX (alias römisch XXXX ), geb. römisch XXXX , StA Syrien, vertreten durch BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion römisch XXXX , Außenstelle römisch XXXX , vom römisch XXXX ,
Zl. römisch XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am römisch XXXX , zu Recht:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.A) Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch XXXX gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass römisch XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Am XXXX stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz.Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Am römisch XXXX stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz.
Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch zu seinen Fluchtgründen an, in Syrien herrsche Bürgerkrieg, er hätte zum Militär einrücken sollen, seit XXXX sei er auf der Flucht. Er könne keine Waffe tragen. Als Rückkehrbefürchtung nannte er „Militärgericht und langjährige Haftstrafe“.Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch zu seinen Fluchtgründen an, in Syrien herrsche Bürgerkrieg, er hätte zum Militär einrücken sollen, seit römisch XXXX sei er auf der Flucht. Er könne keine Waffe tragen. Als Rückkehrbefürchtung nannte er „Militärgericht und langjährige Haftstrafe“.
Am XXXX wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA; belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen. Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, er wolle sich ein neues Leben aufbauen, in Syrien werde er gesucht, weil er keine Waffe in die Hand habe nehmen wollen. Beim Grundmilitärdienst sei er einfacher Soldat gewesen. Er sei bei der Artillerie gewesen und habe die Geschütze bedient. Im XXXX sei er in Damaskus auf der Straße aufgehalten worden. Er sei eine Woche bei der Militärpolizei in Damaskus in Haft gewesen, weil er zum Reservedienst sollte. In weitere Folge sei er an die Rekrutierungsstelle überstellt worden. Danach sei er zu einer Kaserne in Damaskus gebracht worden, dort hätten sie 14 Tage lang eine Schulung gehabt, danach habe er Urlaub bekommen und sei dann weg. Er sei von Damaskus nach XXXX gegangen und danach aus Syrien ausgereist. Bei einer Rückkehr befürchte er inhaftiert zu werden. Der Beschwerdeführer legte seinen Reisepass im Original sowie eine Heiratsurkunde in Kopie, einen Militärurlaubsschein in Kopie und einen Personenregisterauszug in Kopie vor.Am römisch XXXX wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA; belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen. Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, er wolle sich ein neues Leben aufbauen, in Syrien werde er gesucht, weil er keine Waffe in die Hand habe nehmen wollen. Beim Grundmilitärdienst sei er einfacher Soldat gewesen. Er sei bei der Artillerie gewesen und habe die Geschütze bedient. Im römisch XXXX sei er in Damaskus auf der Straße aufgehalten worden. Er sei eine Woche bei der Militärpolizei in Damaskus in Haft gewesen, weil er zum Reservedienst sollte. In weitere Folge sei er an die Rekrutierungsstelle überstellt worden. Danach sei er zu einer Kaserne in Damaskus gebracht worden, dort hätten sie 14 Tage lang eine Schulung gehabt, danach habe er Urlaub bekommen und sei dann weg. Er sei von Damaskus nach römisch XXXX gegangen und danach aus Syrien ausgereist. Bei einer Rückkehr befürchte er inhaftiert zu werden. Der Beschwerdeführer legte seinen Reisepass im Original sowie eine Heiratsurkunde in Kopie, einen Militärurlaubsschein in Kopie und einen Personenregisterauszug in Kopie vor.
Mit gegenständlichem Bescheid des BFA wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß
§ 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zuerkannt (Spruchpunkt II.). Es wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).Mit gegenständlichem Bescheid des BFA wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß
§ 3 Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.) und dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.). Es wurde dem Beschwerdeführer gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).
Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, in welcher im Wesentlichen inhaltliche Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wurden. Zusammengefasst wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei in seiner Heimat nach wie vor von großem Interesse für den Reservemilitärdienst, da ein notorischer Personalmangel herrsche. Der Beschwerdeführer sei schon einmal von der staatlichen Armee zwangsrekrutiert worden und habe dieser nur im Rahmen einer Urlaubsgenehmigung entfliehen können. Er befürchte zu Recht, vom syrischen Regime erneut mit Gewalt zum Reservedienst rekrutiert zu werden oder wegen seiner langen Absenz und seinerzeitigen Desertion gar inhaftiert zu werden. Von kurdischer Seite, die seine ursprüngliche Heimatregion in Beschlag genommen habe, sei ebenso eine Zwangsrekrutierung als sehr wahrscheinlich anzusehen. Es liege nahe, dass dem Beschwerdeführer von sämtlichen Seiten der Bürgerkriegsparteien eine oppositionelle politisch-weltanschauliche Gesinnung unterstellt werde.Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, in welcher im Wesentlichen inhaltliche Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wurden. Zusammengefasst wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei in seiner Heimat nach wie vor von großem Interesse für den Reservemilitärdienst, da ein notorischer Personalmangel herrsche. Der Beschwerdeführer sei schon einmal von der staatlichen Armee zwangsrekrutiert worden und habe dieser nur im Rahmen einer Urlaubsgenehmigung entfliehen können. Er befürchte zu Recht, vom syrischen Regime erneut mit Gewalt zum Reservedienst rekrutiert zu werden oder wegen seiner langen Absenz und seinerzeitigen Desertion gar inhaftiert zu werden. Von kurdischer Seite, die seine ursprüngliche Heimatregion in Beschlag genommen habe, sei ebenso eine Zwangsrekrutierung als sehr wahrscheinlich anzusehen. Es liege nahe, dass dem Beschwerdeführer von sämtlichen Seiten der Bürgerkriegsparteien eine oppositionelle politisch-weltanschauliche Gesinnung unterstellt werde.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am XXXX in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch eine mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer im Beisein seiner Rechtsvertretung zu seinen persönlichen Umständen, seinen Fluchtgründen und der Situation im Falle einer Rückkehr befragt wurde. Die belangte Behörde nahm entschuldigt nicht an der Verhandlung teil. Im Zuge der Verhandlung wurde ein Dienstvertrag vom XXXX vorgelegt.Das Bundesverwaltungsgericht führte am römisch XXXX in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch eine mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer im Beisein seiner Rechtsvertretung zu seinen persönlichen Umständen, seinen Fluchtgründen und der Situation im Falle einer Rückkehr befragt wurde. Die belangte Behörde nahm entschuldigt nicht an der Verhandlung teil. Im Zuge der Verhandlung wurde ein Dienstvertrag vom römisch XXXX vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch genannten Namen, ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Kurden an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Arabisch. Er wurde am XXXX in Syrien geboren und ist zum Entscheidungszeitpunkt XXXX Jahre alt. Seine Identität steht fest.Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch genannten Namen, ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Kurden an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Arabisch. Er wurde am römisch XXXX in Syrien geboren und ist zum Entscheidungszeitpunkt römisch XXXX Jahre alt. Seine Identität steht fest.
Er verfügt über eine XXXX Schulbildung und hat in Syrien (in Damaskus) mehrere Jahre lang Arbeitserfahrung in der Gastronomie gesammelt.Er verfügt über eine römisch XXXX Schulbildung und hat in Syrien (in Damaskus) mehrere Jahre lang Arbeitserfahrung in der Gastronomie gesammelt.
Der Beschwerdeführer wuchs in XXXX im Gouvernement XXXX , das derzeit in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien“ (AANES) liegt, auf. Seinen verpflichtenden Wehrdienst in der syrischen Armee absolvierte er ungefähr in der Zeit von XXXX bis XXXX in XXXX . Danach war er – mit einer kurzen Unterbrechung wegen eines Aufenthaltes im Libanon – in Damaskus aufhältig, wo er auch seine XXXX . Den Reservemilitärdienst in Damaskus brach er gegen XXXX frühzeitig (unerlaubt) ab und ging nach XXXX , wo er in weiterer Folge (ohne Beschäftigung) noch kurze Zeit aufhältig war, bevor er illegal in den XXXX ausreiste, wo er ebenfalls in der Gastronomie arbeitete.Der Beschwerdeführer wuchs in römisch XXXX im Gouvernement römisch XXXX , das derzeit in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien“ (AANES) liegt, auf. Seinen verpflichtenden Wehrdienst in der syrischen Armee absolvierte er ungefähr in der Zeit von römisch XXXX bis römisch XXXX in römisch XXXX . Danach war er – mit einer kurzen Unterbrechung wegen eines Aufenthaltes im Libanon – in Damaskus aufhältig, wo er auch seine römisch XXXX . Den Reservemilitärdienst in Damaskus brach er gegen römisch XXXX frühzeitig (unerlaubt) ab und ging nach römisch XXXX , wo er in weiterer Folge (ohne Beschäftigung) noch kurze Zeit aufhältig war, bevor er illegal in den römisch XXXX ausreiste, wo er ebenfalls in der Gastronomie arbeitete.
Am XXXX stellte er in XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.Am römisch XXXX stellte er in römisch XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.
Der Beschwerdeführer ist XXXX . Der Ehe mit seiner XXXX entstammt ein XXXX . Sein XXXX lebt in Damaskus.Der Beschwerdeführer ist römisch XXXX . Der Ehe mit seiner römisch XXXX entstammt ein römisch XXXX . Sein römisch XXXX lebt in Damaskus.
Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Er ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
In Österreich hat er bereits Integrationsschritte gesetzt und ist seit XXXX als Hilfsarbeiter ( XXXX Stunden pro Woche) bei der XXXX tätig.In Österreich hat er bereits Integrationsschritte gesetzt und ist seit römisch XXXX als Hilfsarbeiter ( römisch XXXX Stunden pro Woche) bei der römisch XXXX tätig.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist XXXX Jahre alt und befindet sich im wehrfähigen bzw. reservedienstpflichtigen Alter. Den in Syrien gesetzlich verpflichtenden Wehrdienst für alle Männer zwischen 18 und 42 Jahren hat der Beschwerdeführer zur Gänze abgeleistet. Er hat jedoch den Reservedienst in Damaskus frühzeitig (unerlaubt) während eines genehmigten Urlaubs abgebrochen, weil er keine Waffe in die Hand nehmen wollte und gegen die Tötung von Zivilisten und Kindern ist. Nach kurzem Aufenthalt in XXXX reiste er illegal aus Syrien aus. Der Beschwerdeführer wird wegen der Desertion vom syrischen Regime gesucht.Der Beschwerdeführer ist römisch XXXX Jahre alt und befindet sich im wehrfähigen bzw. reservedienstpflichtigen Alter. Den in Syrien gesetzlich verpflichtenden Wehrdienst für alle Männer zwischen 18 und 42 Jahren hat der Beschwerdeführer zur Gänze abgeleistet. Er hat jedoch den Reservedienst in Damaskus frühzeitig (unerlaubt) während eines genehmigten Urlaubs abgebrochen, weil er keine Waffe in die Hand nehmen wollte und gegen die Tötung von Zivilisten und Kindern ist. Nach kurzem Aufenthalt in römisch XXXX reiste er illegal aus Syrien aus. Der Beschwerdeführer wird wegen der Desertion vom syrischen Regime gesucht.
Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers (Damaskus) befindet sich aktuell unter Kontrolle der syrischen Regierung.
Der Beschwerdeführer muss im Falle einer Rückkehr mit einer Strafe für seine Desertion in Form einer Haftstrafe sowie danach mit einer erneuten zwangsweisen Einziehung durch die syrische Armee (in den Reservedienst) rechnen, da er nicht aus der Armee entlassen wurde und durch die engmaschigen Personenkontrollen (insbesondere bei der erneuten Einreise nach Syrien am Flughafen Damaskus) mit hoher Wahrscheinlichkeit entdeckt und festgenommen werden würde.
Im Zusammenhang mit einer erneuten Einziehung bzw. der Ableistung des Reservedienstes ist der Beschwerdeführer der Gefahr der zwangsweisen Mitwirkung an erheblichen Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt, was dieser aber ablehnt. Einen weiteren Wehr- bzw. Reservedienst will der Beschwerdeführer nicht ableisten.
Die syrische Regierung geht gegen Deserteure besonders hart vor. Desertion wird in Friedenszeiten mit einer Freiheitsstrafe von einem bis fünf Jahren (bei interner Desertion) und mit einer Haftstrafe von fünf bis zehn Jahren (externe Desertion) bestraft, in Kriegszeiten kann die Strafe verdoppelt werden. Die Umsetzung der Strafbestimmungen hängt allerdings in Syrien vom Einzelfall ab. Gefängnis in Syrien bedeutet immer Folter, wobei Wehrdienstverweigerer wie andere Gefangene oder schlechter behandelt werden. Manche Fälle militärischer Desertion werden dem Militärgericht übergeben.
1.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:
Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus dem vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Version 9 vom 17.07.2023, wiedergegeben:
3 Politische Lage
Letzte Änderung: 10.07.2023
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 % des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023).
Interne Akteure haben das Kernmerkmal eines Staates - sein Gewaltmonopol - infrage gestellt und ausgehöhlt. Externe Akteure, die Gebiete besetzen, wie die Türkei in den kurdischen Gebieten, oder sich in innere Angelegenheiten einmischen, wie Russland und Iran, sorgen für Unzufriedenheit bei den Bürgern vor Ort (BS 23.2.2022). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus. In anderen Gebieten ist die zivile Politik im Allgemeinen den lokal dominierenden bewaffneten Gruppen untergeordnet, darunter die militante islamistische Gruppe Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS), die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) und mit dem türkischen Militär verbündete Kräfte (FH 9.3.2023). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg, der nun in sein zwölftes Jahr geht, hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum November 2022-März 2023] nicht wesentlich verändert (AA 29.3.2023). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Der Machtanspruch des syrischen Regimes wurde in den Gebieten unter seiner Kontrolle nicht grundlegend angefochten, nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden substanziellen militärischen Unterstützung Russlands bzw. Irans und Iran-naher Kräfte. Allerdings gelang es dem Regime nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol in diesen Gebieten durchzusetzen. Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht (AA 29.3.2023). Der von den Vereinten Nationen geleitete Friedensprozess, einschließlich des Verfassungsausschusses, hat 2022 keine Fortschritte gemacht (HRW 12.1.2023; vgl. AA 29.3.2023). Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert (AA 29.3.2023). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell und sorgen dafür, dass diese nicht für ihre Taten verantwortlich gemacht werden (HRW 12.1.2023).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum November 2022-März 2023] nicht wesentlich verändert (AA 29.3.2023). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Der Machtanspruch des syrischen Regimes wurde in den Gebieten unter seiner Kontrolle nicht grundlegend angefochten, nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden substanziellen militärischen Unterstützung Russlands bzw. Irans und Iran-naher Kräfte. Allerdings gelang es dem Regime nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol in diesen Gebieten durchzusetzen. Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht (AA 29.3.2023). Der von den Vereinten Nationen geleitete Friedensprozess, einschließlich des Verfassungsausschusses, hat 2022 keine Fortschritte gemacht (HRW 12.1.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert (AA 29.3.2023). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell und sorgen dafür, dass diese nicht für ihre Taten verantwortlich gemacht werden (HRW 12.1.2023).
Im Äußeren gewannen die Bemühungen des Regimes und seiner Verbündeten, insbesondere Russlands, zur Beendigung der internationalen Isolation [mit Stand März 2023] unabhängig von der im Raum stehenden Annäherung der Türkei trotz fehlender politischer und humanitärer Fortschritte weiter an Momentum. Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon - (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen, wenngleich sich die Bewahrung der EU-Einheit in dieser Sache zunehmend herausfordernd gestaltet (AA 29.3.2023). […]Im Äußeren gewannen die Bemühungen des Regimes und seiner Verbündeten, insbesondere Russlands, zur Beendigung der internationalen Isolation [mit Stand März 2023] unabhängig von der im Raum stehenden Annäherung der Türkei trotz fehlender politischer und humanitärer Fortschritte weiter an Momentum. Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon - (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen, wenngleich sich die Bewahrung der EU-Einheit in dieser Sache zunehmend herausfordernd gestaltet (AA 29.3.2023). […]
3.1 Syrische Arabische Republik
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