Entscheidungsdatum
11.06.2024Norm
AsylG 2005 §10Spruch
L504 2284909-1/7E
L504 2284914-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von 1. XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.12.2023, Zl. XXXX , 2. XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.12.2023, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von 1. römisch XXXX , geb. römisch XXXX , StA. Türkei, vertreten durch BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.12.2023, Zl. römisch XXXX , 2. römisch XXXX , geb. römisch XXXX , StA. Türkei, vertreten durch BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.12.2023, Zl. römisch XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgangrömisch eins. Verfahrensgang
Die beschwerdeführenden Parteien [kurz: bP] stellten am 06.06.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Es handelt sich dabei um einen Mann (bP1) und seine Ehegattin (bP2). Ihren Angaben nach sind sie Kurden und türkische Staatsangehörige.
Die bP1 brachten in der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu ihrer persönlichen Problemlage im Herkunftsstaat Türkei zusammengefasst im Wesentlichen vor, dass sie gegen den aktuellen Präsidenten der Türkei sei. Dessen Anhänger hätten die bP1 bedroht, dass sie ihre Arbeit nicht weiter ausüben dürfe und sie sie bestrafen würden. Man könne sich durch das System des Präsidenten keine wirtschaftliche Existenz aufbauen.
Weil es derzeit nicht möglich sei, ein Kind zu erhalten, hätten die bP1 und ihre Ehegattin bisher auf Kinder verzichtet.
Ergänzend dazu brachte die bP2 vor, dass es in ihrer Region ein Erdbeben gegeben und ihr Gebiet sehr stark davon betroffen gewesen sei. Ihre Lebenssituation sei sehr schlecht gewesen, weswegen sie nach Österreich geflohen seien, um sich hier ein menschenwürdiges Leben aufzubauen.
In der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl [BFA] gab die bP1 zunächst an, dass die bP2 schwanger sei. Die bP1 habe in der Türkei mit unbekannten Personen gestritten, weil sie gegen die AKP sei. Von diesen Personen werde sie nunmehr verfolgt. Diese hätten gewusst, wo die bP1 arbeite, weswegen sie ihren Job verlassen habe müssen.
Die bP2 führte aus, dass sie die Türkei wegen ihrem Ehegatten bP1, der bedroht worden sei, verlassen habe. Bei dem Streit sei es um eine politische Meinungsverschiedenheit gegangen. Zudem hätten sie durch das Erdbeben in der Türkei alles verloren und hätten sie dann in einer Zeltstadt gelebt. Die bP2 habe außerdem auf ihrem Handy eine Nachricht von einem Unbekannten erhalten, in der die bP1 bedroht worden sei.
Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich vom Bundesamt gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich vom Bundesamt gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt.
Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zuerkannt. Gem. Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG wurde der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zuerkannt.
Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG wurde nicht erteilt.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde gegen die bP gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in die Türkei gemäß Paragraph 46, FPG zulässig ist.
Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.Gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
Das Bundesamt gelangte im Wesentlichen zur Erkenntnis, dass die Geschichte der bP viel zu vage, widersprüchlich und nicht glaubhaft sei. Es entstehe der Eindruck, dass die bP die Türkei aus rein wirtschaftlichen Gründen verlassen hätten. Eine gewisse Alltagsdiskriminierung von Kurden lasse sich zwar aus den Länderfeststellungen zwar ablesen, jedoch bedeute dies keinesfalls eine asylrelevante Verfolgung aller Kurden in der Türkei.
Die Anträge der Familienangehörigen bP1-2 wurden im Rahmen eines Familienverfahrens (§ 34 AsylG) im Ergebnis gleichlautend entschieden.Die Anträge der Familienangehörigen bP1-2 wurden im Rahmen eines Familienverfahrens (Paragraph 34, AsylG) im Ergebnis gleichlautend entschieden.
Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.
Vorgebracht wird, dass den bP bei einer Rückkehr in die Türkei Verfolgung im Sinne der GFK aufgrund der ihnen zumindest unterstellten oppositionellen politischen Gesinnung drohe, welche sich schon bereits in ihrer kurdischen Volksgruppenzugehörigkeit manifestiere.
Sowohl die bP1, als auch die bP2 seien der türkischen Regierung gegenüber kritisch eingestellt. Insbesondere die bP1 habe ihre politische Überzeugung noch vor den Wahlen mehrfach auf Demonstrationen kundgetan, wodurch sie in weitere Folge Bedrohungen und Verfolgung ausgesetzt gewesen sei.
Das BFA habe seine Ermittlungspflicht verletzt und seien die bP nicht ausreichend zu ihrer tatsächlichen Situation in der Türkei befragt worden. Die bP hätten umfangreichende Angaben zu den Umständen ihrer individuellen Verfolgungssituation getätigt. Sofern asylrelevante Angaben für das BFA offengeblieben wären, wären die bP bereit gewesen, weiter an der Sachverhaltsermittlung mitzuwirken.
Die bP1 habe mehrfach an Demonstrationen teilgenommen, sei regierungskritisch eingestellt und drohe ihr deswegen Verfolgung aufgrund ihrer politischen Gesinnung. Auch die bP2 sei per Handynachricht bedroht worden und werde ihr aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit in Zusammenschau mit der öffentlich kundgemachten politischen Gesinnung ihres Ehegatten ebenfalls eine oppositionelle politische Gesinnung (zumindest) unterstellt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Das BVwG hat durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, einschließlich der Beschwerde sowie durch die Ergebnisse des ergänzenden Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben.
1. Feststellungen (Sachverhalt)
1.1. Identität und Herkunftsstaat:
Name und Geburtsdatum der bP1 und bP2 (wie im Einleitungssatz des Spruches angeführt) stehen fest.
Die bP sind der Volksgruppe der Kurden und dem sunnitischen Glauben zugehörig.
Ihre Staatsangehörigkeit und der hier der Prüfung zugrundeliegende Herkunftsstaat ist die Türkei.
1.2. Regionale Herkunft und persönliche Lebensverhältnisse vor der Ausreise:
Die bP 1 ist in der Türkei geboren und besuchte dort 12 Jahre lang die Schule. Sie spricht die Sprachen Kurdisch und Türkisch. Vor der Ausreise lebte sie gemeinsam mit der bP2 in XXXX und war bis kurz vor der Ausreise in einer Pizzakette als Pizzakoch und Kellner tätig. Die bP 1 ist in der Türkei geboren und besuchte dort 12 Jahre lang die Schule. Sie spricht die Sprachen Kurdisch und Türkisch. Vor der Ausreise lebte sie gemeinsam mit der bP2 in römisch XXXX und war bis kurz vor der Ausreise in einer Pizzakette als Pizzakoch und Kellner tätig.
Die bP2 ist in XXXX geboren und besuchte in der Türkei 8 Jahre lang die Schule. Sie beherrscht Kurdisch in Wort und Schrift und spricht zudem auch Türkisch. Vor ihrer Ausreise aus der Türkei lebte sie gemeinsam mit der bP1 in XXXX . Die bP2 ist in römisch XXXX geboren und besuchte in der Türkei 8 Jahre lang die Schule. Sie beherrscht Kurdisch in Wort und Schrift und spricht zudem auch Türkisch. Vor ihrer Ausreise aus der Türkei lebte sie gemeinsam mit der bP1 in römisch XXXX .
Nach dem Erdbeben im Jahr 2023 lebten die bP1 und bP2 in XXXX .Nach dem Erdbeben im Jahr 2023 lebten die bP1 und bP2 in römisch XXXX .
Die bP1 und die bP2 sind seit 2021 verheiratet. Die bP2 erwartete das erste gemeinsame Kind. Der errechnete Geburtstermin war der XXXX 2024 (AS 49). Für ein in Österreich nachgeborene Kind wurde lt. Auskunft des Bundesamtes vom 11.06.2024 bis dato kein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.Die bP1 und die bP2 sind seit 2021 verheiratet. Die bP2 erwartete das erste gemeinsame Kind. Der errechnete Geburtstermin war der römisch XXXX 2024 (AS 49). Für ein in Österreich nachgeborene Kind wurde lt. Auskunft des Bundesamtes vom 11.06.2024 bis dato kein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
1.3. Aktuelles familiäres/verwandtschaftliches bzw. soziales Netzwerk im Herkunftsstaat:
In der Türkei leben noch die Eltern und andere Verwandte der bP1, ebenso wie die Eltern und 3 Geschwister der bP2.
1.4. Ausreisemodalitäten:
Die bP reisten im Mai 2023 mit ihrem Reisepass via Flugzeug legal aus der Türkei nach Serbien aus, wo sie sich etwa eine Woche aufhielten und sich anschließend über unbekannte Länder nach Österreich mit Hilfe von Schleppern begaben.
Für die Schlepper haben sie 10.000 Euro bezahlt.
1.5. Aktueller Gesundheitszustand:
Die bP haben im Verfahren keine aktuell behandlungsbedürftige Erkrankung dargelegt.
Die bP2 war mit ihrem ersten Kind schwanger. Der errechnete Geburtstermin war der XXXX 2024. Etwaige mit der Schwangerschaft oder Geburt in Zusammenhang stehende gesundheitliche Probleme wurden nicht vorgebracht. Die bP2 war mit ihrem ersten Kind schwanger. Der errechnete Geburtstermin war der römisch XXXX 2024. Etwaige mit der Schwangerschaft oder Geburt in Zusammenhang stehende gesundheitliche Probleme wurden nicht vorgebracht.
1.6. Privatleben / Familienleben in Österreich:
Art, Dauer, Rechtmäßigkeit des bisherigen Aufenthaltes
Die bP1-2 begaben sich ohne Vorhandensein eines gültigen Einreise- bzw. Aufenthaltstitels am XXXX 2023 in das Bundesgebiet. Die bP1-2 begaben sich ohne Vorhandensein eines gültigen Einreise- bzw. Aufenthaltstitels am römisch XXXX 2023 in das Bundesgebiet.
Mit der am gleichen Tag erfolgten Stellung des Antrages auf internationalen Schutz erlangten die bP eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gem. AsylG, die nach Antragsabweisung durch die Beschwerdeerhebung verlängert wurde.
Da ihnen in diesem Verfahren weder der Status eines Asylberechtigten noch jener eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen war, erweist sich die Einreise gem. § 120 Abs 1 iVm Abs 7 FPG als rechtswidrig. Wer als Fremder nicht rechtmäßig einreist begeht eine Verwaltungsübertretung die als Offizialdelikt von der Verwaltungsstrafbehörde mit einer Geldstrafe von 100 bis 1000 Euro, im Wiederholungsfall mit 1000 bis 5000 Euro zu ahnden ist. Da ihnen in diesem Verfahren weder der Status eines Asylberechtigten noch jener eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen war, erweist sich die Einreise gem. Paragraph 120, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 7, FPG als rechtswidrig. Wer als Fremder nicht rechtmäßig einreist begeht eine Verwaltungsübertretung die als Offizialdelikt von der Verwaltungsstrafbehörde mit einer Geldstrafe von 100 bis 1000 Euro, im Wiederholungsfall mit 1000 bis 5000 Euro zu ahnden ist.
Familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich
Abgesehen von den Familienmitgliedern dieses Verfahrens sind noch zahlreiche Verwandte der bP1, unter anderem ihr Bruder und ihre Schwester, in Österreich aufhältig. Hinsichtlich des in Österreich nachgeborenen Kindes wird davon ausgegangen, dass es bei den bP1 u. bP2 lebt. Das Kind verfügt über keinen Aufenthaltstitel für Österreich.
Grad der Integration
Die bP können keine relevanten Sprachkenntnisse in Deutsch vorweisen. Auch sonst konnten die bP keine Umstände darlegen, die auf eine außergewöhnliche Integration hindeuten würden.
Für die bP1 wurde für den Zeitraum 21.05.2024 bis 20.05.2025 für eine Ganztagsbeschäftigung im Ausmaß von 40 Stunden pro Woche und mit einem monatlichen Entgelt von EUR 2.041,00 brutto eine Beschäftigungsbewilligung als Pizzakoch erteilt.
Schutzwürdigkeit des Privatlebens / Familienlebens; die Frage, ob das Privatleben / Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren
Die bP1-2 haben diese Anknüpfungspunkte während einer Zeit erlangt, in der der Aufenthaltsstatus im Bundesgebiet stets prekär war.
Bindungen zum Herkunftsstaat
Die beschwerdeführenden Parteien sind im Herkunftsstaat geboren, absolvierten dort ihre Schulzeit, können sich im Herkunftsstaat – im Gegensatz zu Österreich – problemlos verständigen und haben ihr überwiegendes Leben in diesem Staat verbracht. Sie wurden somit im Herkunftsstaat sozialisiert und kennen die dortigen Regeln des Zusammenlebens einschließlich der gegebenen sozialen Unterstützungsnetzwerke. Es leben dort auch noch insbes. Familienangehörige und Verwandte.
Es kann insbesondere auf Grund des einjährigen Aufenthaltes in Österreich nicht davon ausgegangen werden, dass die beschwerdeführenden Parteien als von ihrem Herkunftsstaat entwurzelt zu betrachten wären.
Strafrechtliche/verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen
In der Datenbank des österreichischen Strafregisters scheinen keine Vormerkungen wegen rk. gerichtlicher Verurteilungen auf.
Das Vorliegen von rk. Verwaltungsstrafen wurde dem BVwG von der Polizei bzw. den Verwaltungsstrafbehörden einschließlich dem Bundesamt nicht mitgeteilt und ergibt sich auch nicht aus dem Akteninhalt der belangten Behörde.
Sonstige Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts
Da den bP weder der Status einer Asylberechtigten noch der einer subsidiär schutzberechtigten Person zukommt, stellt die rechtswidrige Einreise (bei strafmündigen Personen) gegenständlich auch grds. eine Verwaltungsübertretung dar (vgl. § 120 Abs 1 iVm Abs 7 FPG). Da den bP weder der Status einer Asylberechtigten noch der einer subsidiär schutzberechtigten Person zukommt, stellt die rechtswidrige Einreise (bei strafmündigen Personen) gegenständlich auch grds. eine Verwaltungsübertretung dar vergleiche Paragraph 120, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 7, FPG).
Verfahrensdauer
Gegenständlicher Antrag auf internationalen Schutz wurde am 06.06.2023 gestellt und erging der Bescheid vom Bundesamt am 11.12.2023. Nach eingebrachter Beschwerde und erging mit heutigem Erkenntnis die Entscheidung im Beschwerdeverfahren.
1.7. Zu den behaupteten ausreisekausalen Geschehnissen / Erlebnissen im Zusammenhang mit staatlichen / nichtstaatlichen Akteuren bzw. den von der bP vorgebrachten Problemen, die sie persönlich im Entscheidungszeitpunkt im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat erwartet:
a) Betreffend ihrer persönlichen Sicherheit / Verfolgung im Herkunftsstaat:
Die bP1-2 unterlagen zum Zeitpunkt der Ausreise in der Türkei keiner Verfolgung bzw. keinen entscheidungsrelevanten Repressalien durch staatliche oder nichtstaatliche Akteure die einen Verbleib unzumutbar gemacht hätten. Eine solche Gefährdung ist auch im Falle der Rückkehr nicht real bzw. nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten.
Aus der derzeitigen Lage ergibt sich im Herkunftsstaat, unter umfassender Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, keine Situation, wonach im Falle der Rückkehr eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der bP als Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts besteht.
b) Betreffend der Sicherung ihrer existentiellen Grundbedürfnisse im Herkunftsstaat:
Die bP waren im Hinblick auf Unterkunft und Versorgung mit Lebensmitteln auch vor ihrer Ausreise in der Lage im Herkunftsstaat ihre Existenz zu sichern und wurde auch zuletzt in der Beschwerde nicht dargelegt, dass dies bei ihrer Rückkehr nicht mehr der Fall wäre.
Es ist daher davon auszugehen, dass insbesondere die bP1 im Falle ihrer Rückkehr wieder in ihrem Beruf, oder auch Beschäftigungen, die nicht ihrer Ausbildung entsprechen, nachgehen könnte, zumal die bP jung und gesund sind und über eine mehrjährige Schulausbildung, sowie Berufserfahrung verfügen. Es ist zudem davon auszugehen, dass in der Türkei nach wie vor ein familiäres Netzwerk besteht, das bei einer Rückkehr hilfreich sein kann. Ein auch für Kurden zugängliches staatliches Unterstützungsnetzwerk für Hilfsbedürftige besteht.
c) Betreffend ihrer aktuellen Versorgungssituation im Hinblick der notwendigen Erlangung medizinischer Versorgung im Herkunftsstaat:
Eine aktuell behandlungsbedürftige Erkrankung, die zu einem Rückkehrhindernis führen könnte, wurde nicht konkret dargelegt.
1.8. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat
Aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation ergeben sich nachfolgende Feststellungen über die relevante Lage:
Sicherheitslage
Letzte Änderung 2023-06-20
Die Türkei steht vor einer Reihe von Herausforderungen im Bereich der inneren und äußeren Sicherheit. Dazu gehören der wieder aufgeflammte Konflikt zwischen den staatlichen Sicherheitskräften und der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) im Südosten des Landes, externe Sicherheitsbedrohungen im Zusammenhang mit der Beteiligung der Türkei an Konflikten in Syrien und im Irak sowie die Bedrohung durch Terroranschläge durch interne und externe Akteure (DFAT 10.9.2020, S. 18).
Die Regierung sieht die Sicherheit des Staates durch mehrere Akteure gefährdet: namentlich durch die seitens der Türkei zur Terrororganisation erklärten Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen, durch die auch in der EU als Terrororganisation gelistete PKK, durch, aus türkischer Sicht, mit der PKK verbundene Organisationen, wie die YPG (Yekîneyên Parastina Gel - Volksverteidigungseinheiten vornehmlich der Kurden in Nordost-Syrien) in Syrien, durch den sogenannten Islamischen Staat (IS) (AA 28.7.2022, S. 4) und durch weitere terroristische Gruppierungen, wie die linksextremistische DHKP-C und die Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei (MLKP) (AA 3.6.2021, S. 16) sowie durch Instabilität in den Nachbarstaaten Syrien und Irak. Staatliches repressives Handeln wird häufig mit der "Terrorbekämpfung" begründet, verbunden mit erheblichen Einschränkungen von Grundfreiheiten, auch bei zivilgesellschaftlichem oder politischem Engagement ohne erkennbaren Terrorbezug (AA 28.7.2022, S. 4). Eine Gesetzesänderung vom Juli 2018 verleiht den Gouverneuren die Befugnis, bestimmte Rechte und Freiheiten für einen Zeitraum von bis zu 15 Tagen zum Schutz der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit einzuschränken, eine Befugnis, die zuvor nur im Falle eines ausgerufenen Notstands bestand (OSCE/ODIHR 15.5.2023, S. 5).
Die Türkei musste von Sommer 2015 bis Ende 2017 eine der tödlichsten Serien terroristischer Anschläge ihrer Geschichte verkraften, vornehmlich durch die PKK und ihren mutmaßlichen Ableger, den TAK (Freiheitsfalken Kurdistans - Teyrêbazên Azadîya Kurdistan), den sog. IS und im geringen Ausmaß durch die DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front - Devrimci Halk Kurtulu? Partisi- Cephesi – DHKP-C) (SDZ 29.6.2016; vgl. AJ 12.12.2016). Der Zusammenbruch des Friedensprozesses zwischen der türkischen Regierung und der PKK führte ab Juli 2015 zum erneuten Ausbruch massiver Gewalt im Südosten der Türkei. Hierdurch wiederum verschlechterte sich weiterhin die Bürgerrechtslage, insbesondere infolge eines sehr weit gefassten Anti-Terror-Gesetzes, vor allem für die kurdische Bevölkerung in den südöstlichen Gebieten der Türkei. Die neue Rechtslage diente als primäre Basis für Inhaftierungen und Einschränkungen von politischen Rechten. Es wurde zudem wiederholt von Folter und Vertreibungen von Kurden und Kurdinnen berichtet. Im Dezember 2016 warf Amnesty International der Türkei gar die Vertreibung der kurdischen Bevölkerung aus dem Südosten des Landes sowie eine Unverhältnismäßigkeit im Kampf gegen die PKK vor (BICC 12.2022, S. 33). Kritik gab es auch von den Institutionen der Europäischen Union am damaligen Vorgehen der türkischen Sicherheitskräfte. - Die Europäische Kommission zeigte sich besorgt ob der u