Entscheidungsdatum
12.04.2024Norm
AsylG 2005 §11Spruch
W260 2269191-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus BELFIN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geboren am XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die BBU GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.02.2023, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.02.2024, zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus BELFIN als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch XXXX alias römisch XXXX , geboren am römisch XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die BBU GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.02.2023, Zl. römisch XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.02.2024, zu Recht erkannt:
A)
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX alias XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.römisch eins. Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch XXXX alias römisch XXXX gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
II. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX alias XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.römisch II. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass römisch XXXX alias römisch XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 09.10.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Bei seiner Erstbefragung am nächsten Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch an, dass er syrischer Staatsangehöriger sowie Angehöriger der Volksgruppe der Araber und sunnitischer Moslem sei. Er sei am XXXX in XXXX geboren und habe zuletzt in XXXX bei XXXX gelebt. In Syrien habe er neun Jahre lang die Grundschule besucht und danach als Pizzabäcker gearbeitet. Sein Vater, seine Ehefrau und ein Bruder würden in Syrien leben, die Mutter und zwei Schwestern in der Türkei. Ein weiterer Bruder sei in Griechenland, eine weitere Schwester in Österreich. Der Beschwerdeführer habe Syrien etwa zweieinhalb Jahre vor der Einreise nach Österreich verlassen und sich dann für eine längere Zeit in der Türkei aufgehalten, bis er in weiterer Folge nach Österreich gereist sei. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er zum Militärdienst einberufen worden, aber nicht eingerückt sei. Er wolle nicht am Krieg teilnehmen und sei deswegen aus Syrien geflüchtet. Im Falle einer Rückkehr fürchte der Beschwerdeführer um sein Leben.2. Bei seiner Erstbefragung am nächsten Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch an, dass er syrischer Staatsangehöriger sowie Angehöriger der Volksgruppe der Araber und sunnitischer Moslem sei. Er sei am römisch XXXX in römisch XXXX geboren und habe zuletzt in römisch XXXX bei römisch XXXX gelebt. In Syrien habe er neun Jahre lang die Grundschule besucht und danach als Pizzabäcker gearbeitet. Sein Vater, seine Ehefrau und ein Bruder würden in Syrien leben, die Mutter und zwei Schwestern in der Türkei. Ein weiterer Bruder sei in Griechenland, eine weitere Schwester in Österreich. Der Beschwerdeführer habe Syrien etwa zweieinhalb Jahre vor der Einreise nach Österreich verlassen und sich dann für eine längere Zeit in der Türkei aufgehalten, bis er in weiterer Folge nach Österreich gereist sei. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er zum Militärdienst einberufen worden, aber nicht eingerückt sei. Er wolle nicht am Krieg teilnehmen und sei deswegen aus Syrien geflüchtet. Im Falle einer Rückkehr fürchte der Beschwerdeführer um sein Leben.
3. Am 19.01.2022 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden BFA oder belangte Behörde) im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch. Er wiederholte bzw. präzisierte seine Angaben zu Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit. Dazu führte der Beschwerdeführer aus, Sunnit und Araber zu sein. Er sei verheiratet und habe keine Kinder. Sein letzter Wohnsitz sei in XXXX in XXXX gewesen. Von dort sei er erst nach XXXX , wo er sich drei bis vier Monate aufgehalten habe, und dann nach XXXX , wo er etwa 15-20 Tage gewesen und von wo er ausgereist sei. 3. Am 19.01.2022 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden BFA oder belangte Behörde) im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch. Er wiederholte bzw. präzisierte seine Angaben zu Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit. Dazu führte der Beschwerdeführer aus, Sunnit und Araber zu sein. Er sei verheiratet und habe keine Kinder. Sein letzter Wohnsitz sei in römisch XXXX in römisch XXXX gewesen. Von dort sei er erst nach römisch XXXX , wo er sich drei bis vier Monate aufgehalten habe, und dann nach römisch XXXX , wo er etwa 15-20 Tage gewesen und von wo er ausgereist sei.
Von der belangten Behörde zu seinen Fluchtgründen befragt, führte der Beschwerdeführer aus, dass er zum Militär gebracht und ein Mitglied des Militärs werden hätte sollen. Man habe von ihm wollen, dass er Unschuldige und bewaffnete Gruppen töte. Er wolle aber keine Unschuldigen töten und deshalb sei er geflüchtet. Wenn er keine Waffe trage, werde er getötet. Er müsse entweder töten oder werde getötet. Auch durch die FSA sei er in Gefahr gewesen.
Im Rahmen der Einvernahme legte der Beschwerdeführer einen Auszug des Personenstandregisters und einen Ehevertrag sowie Teilnahme- und Arbeitsbestätigungen vor.
4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 17.02.2023 hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 17.02.2023 hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Dem Beschwerdeführer wurde gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).
Die belangte Behörde traf Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates, zur Situation im Falle seiner Rückkehr sowie zur Lage in Syrien.
Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates bzw. zu der Situation im Falle einer Rückkehr stellte die belangte Behörde insbesondere fest, dass dem Beschwerdeführer in Syrien keine Verfolgung auf Grund seiner ethnischen, religiösen oder Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe bzw. wegen seiner politischen Gesinnung drohe. Der Beschwerdeführer habe den Militärdienst nicht geleistet, es könne aber nicht festgestellt werden, dass er rekrutiert werden hätte sollen oder dass er von der Militärbehörde gesucht werde. Auch eine Verfolgung von Seiten der Freien Syrischen Armee oder der Ahrar Alsham Miliz habe nicht festgestellt werden können.
5. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides richtete sich die fristgerecht erhobene Beschwerde, in der den Ausführungen im angefochtenen Bescheid entgegengetreten wird. Der Beschwerdeführer erklärte erneut, dass er wegen des Wehrdienstes eine Verfolgung seitens des syrischen Regimes fürchte. Eine oppositionelle Gesinnung würde ihm zusätzlich aufgrund der illegalen Ausreise und seiner Asylantragsstellung, der seiner Schwester, seines Schwagers sowie seines Cousins unterstellt werden.5. Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides richtete sich die fristgerecht erhobene Beschwerde, in der den Ausführungen im angefochtenen Bescheid entgegengetreten wird. Der Beschwerdeführer erklärte erneut, dass er wegen des Wehrdienstes eine Verfolgung seitens des syrischen Regimes fürchte. Eine oppositionelle Gesinnung würde ihm zusätzlich aufgrund der illegalen Ausreise und seiner Asylantragsstellung, der seiner Schwester, seines Schwagers sowie seines Cousins unterstellt werden.
6. Die Beschwerde und der Verwaltungsakt langten am 27.03.2023 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 20.02.2024 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.
Der Beschwerdeführer wurde im Beisein seiner bevollmächtigten Vertretung und eines Dolmetschers für die arabische Sprache zu seinen Fluchtgründen und zu seiner Situation in Österreich befragt. Ein Vertreter der belangten Behörde ist entschuldigt nicht erschienen.
In der mündlichen Beschwerdeverhandlung wurden folgende Unterlagen in das gegenständliche Verfahren vom Bundesverwaltungsgericht eingebracht:
- Kartenausschnitt von XXXX (Beilage ./I)- Kartenausschnitt von römisch XXXX (Beilage ./I)
- Kartenausschnitt von XXXX (Beilage ./II)- Kartenausschnitt von römisch XXXX (Beilage ./II)
- Kartenausschnitt von XXXX (Beilage ./III)- Kartenausschnitt von römisch XXXX (Beilage ./III)
- schriftlich vorbereitete Stellungnahme der Vertretung des Beschwerdeführers (Beilage ./IV)
- Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Syrien, in der Fassung vom 17.07.2023, Version 9 (Beilage ./V)
- Themendossier zu Syrien vom 16.01.2024 (Beilage ./VI)
8. Die Verhandlungsschrift vom 20.02.2024 samt Beilagen wurde am 22.02.2024 der belangten Behörde zur Kenntnisnahme übermittelt.
9. Am 18.03.2024 wurde den Parteien Version 10 des Länderinformationsblatts mit der Möglichkeit zur Stellungnahme übermittelt. Die Beschwerdeführervertretung gab eine solche mit Schreiben vom 04.04.2024 ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer stellte am 09.10.2021 im Rahmen eines Aufgriffes durch Beamte der Landespolizeidirektion Burgenland einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Er ist syrischer Staatsangehöriger und führt die im Spruch enthaltenen Namen und das Geburtsdatum, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Arabisch.
Der Beschwerdeführer ist in XXXX geboren und in einem Vorort von XXXX , in XXXX , aufgewachsen und hat dort für den Großteil seines Lebens gewohnt. Er hat für insgesamt zwölf Jahre die Grundschule und eine höhere Schule besucht und danach als Koch und Bäcker, unter anderem für das Unternehmen seines Vaters, gearbeitet.Der Beschwerdeführer ist in römisch XXXX geboren und in einem Vorort von römisch XXXX , in römisch XXXX , aufgewachsen und hat dort für den Großteil seines Lebens gewohnt. Er hat für insgesamt zwölf Jahre die Grundschule und eine höhere Schule besucht und danach als Koch und Bäcker, unter anderem für das Unternehmen seines Vaters, gearbeitet.
Im Jahr 2018 zog der Beschwerdeführer für einige Monate nach XXXX und von dort weiter nach XXXX , von wo er in die Türkei reiste, wo er sich dann knapp eineinhalb Jahre aufhielt.Im Jahr 2018 zog der Beschwerdeführer für einige Monate nach römisch XXXX und von dort weiter nach römisch XXXX , von wo er in die Türkei reiste, wo er sich dann knapp eineinhalb Jahre aufhielt.
Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat keine Kinder. Seine Ehefrau lebt wie sein Vater und ein Bruder weiterhin in Syrien. Die Mutter des Beschwerdeführers und zwei seiner Schwestern wohnen in der Türkei. Ein weiterer Bruder ist mittlerweile in Deutschland aufhältig, eine weitere Schwester in Österreich asylberechtigt.
Der Beschwerdeführer ist gesund und in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Das Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers, XXXX im Gouvernement XXXX , steht unter Kontrolle der Einheiten des syrischen Regimes und tat dies auch in den letzten Jahren.Das Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers, römisch XXXX im Gouvernement römisch XXXX , steht unter Kontrolle der Einheiten des syrischen Regimes und tat dies auch in den letzten Jahren.
Für männliche syrische Staatsangehörige zwischen 18 und 42 Jahren ist die Ableistung eines Wehrdienstes von zwei Jahren in Syrien gesetzlich verpflichtend. Im Alter von 18 Jahren werden junge Männer einberufen, um den Wehrdienst abzuleisten. Die Namen der einberufenen Männer sind in einer Datenbank erfasst. Ausnahmen von der Wehrpflicht bestehen lediglich für Studenten, Staatsangestellte, aus medizinischen Gründen und für Männer, die die einzigen Söhne einer Familie sind. Auch geflüchtete Syrer, die nach Syrien zurückkehren, müssen mit einer Zwangsrekrutierung rechnen.
Der Beschwerdeführer hat den Wehrdienst noch nicht abgeleistet und ist von diesem nicht befreit. Aktuell ist der Beschwerdeführer gesund und befindet sich im wehrpflichtigen Alter. Er hat kein Militärbuch und keinen schriftlichen Einberufungsbefehl erhalten, da er sich im Alter von 17-18 Jahren der Musterung entzogen und sich das Militärbuch nicht abgeholt hat.
Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr nach Syrien in seine Heimatregion, die Gegend um XXXX , mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Einberufung zum Militärdienst. Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr nach Syrien in seine Heimatregion, die Gegend um römisch XXXX , mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Einberufung zum Militärdienst.
Aufgrund des Profils des Beschwerdeführers als junger, gesunder Mann, dessen Herkunftsregion unter der Kontrolle des syrischen Regimes steht, besteht die reale Gefahr, von Grenzkontrollposten oder in der Folge bei einer der zahlreichen militärischen Straßenkontrollstellen verhaftet und zum Wehrdienst in der syrischen Armee eingezogen zu werden.
Soldaten, die in der syrischen Armee dienen, werden in Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen verwickelt, da das syrische Regime das Kriegsrecht oder das humanitäre Recht nicht achtet. Dem Beschwerdeführer wäre im Fall einer Zwangsrekrutierung gezwungen, zu Kriegsverbrechen beizutragen.
Der Beschwerdeführer verweigert die Ableistung des Militärdienstes mit der Begründung, dass er niemanden töten und das syrische Regime nicht unterstützen will, da er diesem gegenüber oppositionell eingestellt ist.
Im Falle einer Weigerung würde er zumindest mit einer Gefängnisstrafe bestraft werden, die mit der Anwendung von Folter verbunden wäre.
Die Tatsache, dass die syrische Regierung Wehrdienstverweigerung als Ausdruck politischen Dissens betrachtet (auch in Kombination mit den, den Betroffenen drohenden, völlig unverhältnismäßigen Sanktionen), kann nicht anders als dahingehend beurteilt werden, als dass sie dem Betroffenen wegen seiner Wehrdienstverweigerung eine oppositionelle Gesinnung (zumindest) unterstellt, beim Beschwerdeführer ist diese auch tatsächlich vorhanden.
Der Beschwerdeführer hätte bei einer Rückkehr nach Syrien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine individuelle gegen ihn gerichtete Verfolgung wegen Unterstellung einer oppositionellen Gesinnung zu erwarten.
Grundsätzlich ist die (im Gesetz verankerte) Möglichkeit für Syrer mit Wohnsitz im Ausland vorgesehen, sich durch Zahlung einer Befreiungsgebühr vom Ableisten des Militärdienstes freizukaufen. Das Leisten der Befreiungsgebühr stellt keinen hinreichenden Schutz vor der Rekrutierung bzw. Inhaftierung dar und ist dem Beschwerdeführer darüber hinaus finanziell nicht möglich.
1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Betreffend die Lage in Syrien werden die im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Syrien vom 27.03.2024 (Version 11) enthaltenen Informationen der Entscheidung zugrunde gelegt.
Politische Lage
Letzte Änderung 2024-03-08 10:59
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).
Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).
Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbes