TE Vwgh Erkenntnis 1995/7/18 91/14/0217

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Veröffentlicht am 18.07.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1972 §4 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs3;
EStG 1972 §4;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde der B in K, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat I) vom 11. September 1991, Zl 252-3/90, betreffend Einkommensteuer 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Friseurmeisterin und wies in der Einkommensteuererklärung für 1987 bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb aus dem im Juli 1984 eröffneten und von ihr betriebenen Frisiersalon einen durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs 1 EStG 1972 ermittelten Gewinn von S 222.496,-- und aus dem ab 1. Mai 1982 verpachteten Frisiersalon einen durch Einnahmen- und Ausgabenrechnung gemäß § 4 Abs 3 EStG 1972 ermittelten Gewinn von S 140.509,--, somit Einkünfte von insgesamt S 363.005,-- aus. Das Finanzamt veranlagte die Einkommensteuer für 1987 erklärungsgemäß. Der Einkommensteuerbescheid für 1987 erwuchs in Rechtskraft.

Nach Durchführung einer abgabenbehördlichen Prüfung nahm das Finanzamt das Einkommensteuerverfahren für 1987 gemäß § 303 Abs 4 BAO wieder auf und erließ einen neuen Sachbescheid, in welchem die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit S 351.558,-- festgesetzt wurden, wobei dem Prüfungsbericht zu entnehmen ist, daß die Einkünfte aus dem verpachteten Betrieb mit S 140.509,-- unverändert geblieben waren.

Gegen den Einkommensteuerbescheid für 1987 erhob die Beschwerdeführerin nach mehrmaligen vom Finanzamt gewährten Fristverlängerungen Berufung und beantragte eine "Bilanzberichtigung betreffend die nicht gewerbesteuerpflichtigen Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Betriebsverpachtung), ungeachtet der Tatsache, daß die Beilage zur Einkommensteuererklärung fälschlicherweise das Vorliegen einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ausweist". Begründend vertrat die Beschwerdeführerin die Ansicht, sie habe (auch) hinsichtlich des verpachteten Betriebes freiwillig Bücher geführt und es sei daher der nach § 4 Abs 1 EStG 1972 ermittelte Gewinn unter Berücksichtigung einer Passivpost in Höhe von S 230.000,-- hinsichtlich eines im Jahr 1987 vom Pächter angestrengten und 1988 verglichenen Rechtsstreites der Besteuerung zugrunde zu legen gewesen.

Der Prüfer vertrat in einer Stellungnahme hiezu die Ansicht, daß Bücher hinsichtlich des verpachteten Betriebes nicht geführt worden seien und sprach sich überdies gegen eine Berücksichtigung der im Jahr 1988 in einem gerichtlichen Vergleich vereinbarten Zahlungen bereits im Jahr 1987 aus. In einer Stellungnahme hiezu wandte sich die Beschwerdeführerin gegen die Ansicht des Prüfers und beantragte in eventu, hinsichtlich des selbstgeführten und verpachteten Betriebes von einem einheitlichen Gewerbebetrieb auszugehen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Die Beschwerdeführerin habe in der Einkommensteuererklärung der Jahre 1983 bis 1987 hinsichtlich des verpachteten Betriebes immer eine "Einnahmen-Ausgaben-Rechnung" beigelegt und den Gewinn auch tatsächlich als Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben dargestellt. Zwar sei richtig, daß dann, wenn Bücher freiwillig geführt würden, die Gewinnermittlung durch "Einnahmen-Ausgaben-Rechnung" nicht zulässig sei, doch habe die Beschwerdeführerin weder nachweisen noch glaubhaft machen können, daß für den verpachteten Betrieb eigene Bestands- und Erfolgskonten laufend geführt und auch Jahresabschlüsse erstellt worden seien. Da die Beschwerdeführerin den Gewinn des verpachteten Betriebes zulässigerweise nach § 4 Abs 3 EStG 1972 ermittelt habe, habe der beantragten Bilanzberichtigung schon deshalb nicht stattgegeben werden können. Die belangte Behörde verwarf aber auch die Ansicht der Beschwerdeführerin, der verpachtete Betrieb und der selbstgeführte Betrieb stellten einen einheitlichen Betrieb dar, sodaß aus diesem Grund eine einheitliche Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich zu erfolgen habe. Es liege kein Kriterium vor, welches die Annahme eines einheitlichen Betriebes rechtfertige. Die Tatsache, daß der Geldverkehr im Zusammenhang mit dem verpachteten Betrieb über ein Bankkonto des selbstgeführten Betriebes abgewickelt worden sei, reiche noch nicht aus, um von einem engen organisatorischen Zusammenhang sprechen zu können. Der verpachtete Betrieb sei auch nie gemeinsam mit dem selbstgeführten Betrieb geführt worden. Die bloße Absicht der Beschwerdeführerin, die beiden Betriebe allenfalls in Zukunft gemeinsam selbst zu führen, reiche nicht aus, um bereits im Streitjahr vom Vorliegen eines einheitlichen Betriebes auszugehen. Es habe daher auch keine rechtliche Verpflichtung bestanden, den Gewinn einheitlich durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid erkennbar in ihrem Recht auf Anerkennung geltend gemachter Betriebsausgaben (im Wege einer Bilanzberichtigung) verletzt und beantragt dessen Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Strittig ist zunächst die Frage, ob die Beschwerdeführerin für den verpachteten Betrieb freiwillig Bücher geführt hat. Nur in diesem Fall und der daraus folgenden notwendigen Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich wäre die Beschwerdeführerin nämlich berechtigt und gemäß § 4 Abs 2 EStG 1972 verpflichtet gewesen, die Vermögensübersicht, wenn sie diese nicht nach den allgemeinen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung erstellt oder gegen zwingende Vorschriften des Einkommensteuergesetzes verstoßen hätte, zu berichtigen.

Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, daß eine solche Buchführung nicht erfolgt sei, weil die Beschwerdeführerin trotz entsprechender Aufforderung weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht habe, daß sie für den verpachteten Betrieb die einer Buchführung entsprechenden eigenen Bestands- und Erfolgskonten laufend geführt und auch Jahresabschlüsse erstellt habe. Dem tritt die Beschwerdeführerin substantiiert nicht entgegen. Sie meint in diesem Zusammenhang lediglich, daß für die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich gefordert werde, daß alle Geschäftsvorfälle sowie die privaten Geldbewegungen laufend so erfaßt würden, daß jederzeit der Stand des Vermögens feststellbar ist und "insbesondere der Jahresabschluß im Wege einer V+G-Rechnung sowie durch Betriebsvermögensvergleich" erfolgen könne; gerade die vom Steuerberater der Beschwerdeführerin angewendete "EDV-Buchführung" ermögliche die Eingabe von Daten mit verschiedenen Codes, die jede Form des Abschlusses sowohl in Richtung einer Finanz- wie auch einer Betriebsbuchhaltung ermögliche. Mit diesen allgemeinen Ausführungen zeigt die Beschwerdeführerin aber nicht auf, daß die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen wäre, daß Bücher freiwillig nicht geführt wurden. Die Beschwerdeführerin unternimmt keinen Versuch der Aufklärung, warum sie trotz ausdrücklicher Aufforderung durch die belangte Behörde den durchaus zumutbaren Nachweis der Buchführung insbesondere durch Vorlage der entsprechenden "EDV-Buchführung" nicht erbracht hat. Daß es sich bei den im Verwaltungsverfahren tatsächlich vorgelegten Konten um solche des selbstgeführten Betriebes - hinsichtlich dessen eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG 1972 unbestritten ist - handelt, ist die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten. Im übrigen behauptet die Beschwerdeführerin mit dem nunmehrigen Beschwerdevorbringen nicht, im Verwaltungsverfahren konkret dargetan zu haben, für den verpachteten Betrieb schon während des laufenden Wirtschaftsjahres (oder früher) eine entsprechende Buchführung eingerichtet zu haben (vgl die hg Erkenntnisse vom 11. Juni 1991, 90/14/0171, und vom 20. Juni 1995, 92/13/0268). Im Verwaltungsverfahren war lediglich vorgebracht worden, daß "die Verpachtung in der ordnungsmäßigen Buchführung des aktiven Gewerbebetriebes kontomäßig" erfaßt gewesen sei bzw daß weder eine "formal als 4/3 bezeichnete" noch eine "formal als 4/1 bezeichnete" Gewinnermittlung - von der Bilanzberichtigung abgesehen - ein unterschiedliches Ergebnis gezeigt hatte. Für die Beurteilung der Frage, ob für einen bestimmten Betrieb und Zeitraum Bücher geführt wurden, sind diese Umstände aber nicht entscheidend, zumal die Geldbewegungen aus dem verpachteten Betrieb im selbstgeführten Betrieb nicht erfolgswirksam eingebucht wurden. Die Beurteilung dieser Frage durch die belangte Behörde ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Wenn die belangte Behörde dem "Eventualantrag" der Beschwerdeführerin, den von der Beschwerdeführerin selbstgeführten Betrieb und den verpachteten Betrieb als einen einheitlichen Betrieb - mit notwendigerweise einheitlicher Gewinnermittlung - zu beurteilen, nicht gefolgt ist, so kann auch das nicht als rechtswidrig erkannt werden: Unter einem Betrieb ist die Zusammenfassung menschlicher Arbeitskraft und sachlicher Produktionsmittel zu einer organisatorischen Einheit zu verstehen (vgl Schubert/Pokorny/Schuch/Quantschnigg, Rz 26 zu § 4). Zu Recht verweist die belangte Behörde darauf, daß die Beschwerdeführerin die beiden Betriebe nie gemeinsam (als Friseurbetrieb) geführt hat, sondern den bis dahin als Friseurbetrieb selbstgeführten Betrieb im Jahr 1982 verpachtete und zwei Jahre später einen anderen Betrieb, an einem anderen Standort, neu eröffnete, weshalb nicht von einer Verpachtung eines Teilbetriebes ausgegangen werden könne. Verfehlt ist in diesem Zusammenhang sowohl das Beschwerdevorbringen, es sei gegenständlich von einer artgleichen Betätigung auszugehen, als auch, die Beschwerdeführerin habe für ihre Tätigkeit als Friseurmeisterin in der Innenstadt von K nur mehrere Räumlichkeiten gemietet. Keinem Zweifel kann es unterliegen, daß ein selbstgeführter Friseurbetrieb eine andere Organisationseinheit und Betätigung darstellt als ein Friseurbetrieb, der in seiner Gesamtheit verpachtet ist. Damit ist aber der belangten Behörde zuzustimmen, wenn sie hinsichtlich der beiden Betriebe keine so enge Bindung gesehen hat, die es rechtfertigt, einen einheitlichen Betrieb anzunehmen.

Da sich somit aus keinem der angeführten Gründe ergibt, daß die Beschwerdeführerin den Gewinn aus dem verpachteten Betrieb - sei es gesondert für diesen Betrieb, sei es im Rahmen eines einheitlichen Betriebes zusammen mit dem selbstgeführten Betrieb - durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte oder ermitteln hätte müssen, kommt dem Begehren der Beschwerdeführerin nach Passivierung von Verbindlichkeiten oder Rückstellungen keine Berechtigung zu. Es erübrigt sich daher auch ein Eingehen auf den gerügten Verfahrensmangel, die belangte Behörde habe Ermittlungen unterlassen, worum es in dem Rechtsstreit mit dem Pächter des Betriebes in Wahrheit gegangen sei.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1991140217.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

19.09.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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