TE Bvwg Erkenntnis 2024/5/24 W185 2286963-1

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Veröffentlicht am 24.05.2024
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Entscheidungsdatum

24.05.2024

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs3 Satz1
B-VG Art133 Abs4
FPG §61
  1. BFA-VG § 21 heute
  2. BFA-VG § 21 gültig von 01.06.2018 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  3. BFA-VG § 21 gültig ab 01.06.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. BFA-VG § 21 gültig von 01.11.2017 bis 31.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  5. BFA-VG § 21 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  6. BFA-VG § 21 gültig von 20.07.2015 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  7. BFA-VG § 21 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  8. BFA-VG § 21 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. FPG § 61 heute
  2. FPG § 61 gültig ab 01.10.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 106/2022
  3. FPG § 61 gültig von 01.06.2016 bis 30.09.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 24/2016
  4. FPG § 61 gültig von 20.07.2015 bis 31.05.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  5. FPG § 61 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  6. FPG § 61 gültig von 01.07.2011 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011
  7. FPG § 61 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2011

Spruch


W185 2286963-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX XXXX , StA. Benin, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.02.2024, Zl. 1368435502-231793933, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch XXXX , geb. römisch XXXX römisch XXXX , StA. Benin, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.02.2024, Zl. 1368435502-231793933, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 3 erster Satz BFA-Verfahrensgesetz idgF (BFA-VG) stattgegeben, das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz wird zugelassen und der bekämpfte Bescheid behoben.A) Der Beschwerde wird gemäß Paragraph 21, Absatz 3, erster Satz BFA-Verfahrensgesetz idgF (BFA-VG) stattgegeben, das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz wird zugelassen und der bekämpfte Bescheid behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF), ein volljähriger Staatsangehöriger Benins, stellte nach irregulärer Einreise in das Bundesgebiet am 09.09.2023 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz.

Einer vorliegenden Eurodac-Treffermeldung zufolge wurde der BF zuvor am 28.08.2023 in Italien erkennungsdienstlich behandelt (IT2…..).

Im Rahmen der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 10.09.2023 gab der BF zusammengefasst an, der Einvernahme ohne gesundheitliche Probleme folgen zu können und keine Medikamente zu benötigen. In Österreich oder einem anderen EU-Staat seien keine seiner Angehörigen aufhältig. Im September 2022 sei er illegal mit einem PKW nach Malawi ausgereist, wo er sich zwei Monate aufgehalten habe. In der Folge sei er über Niger (Aufenthalt einen Monat), Algerien (Aufenthaltsdauer unbekannt), Tunesien (Aufenthalt einen Monat) und Italien (Aufenthalt einen Monat) nach Österreich gelangt. Er habe in keinem der genannten Länder um Asyl angesucht. Er wolle in Österreich bleiben; er habe kein anderes Zielland.

Am 19.09.2023 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) ein auf Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: Dublin III-VO) gestütztes Aufnahmegesuch an Italien. Dies unter Hinweis auf den Eurodac-Treffer der Kategorie "2" zu Italien und den vom BF angegebenen Reiseweg.Am 19.09.2023 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) ein auf Artikel 13, Absatz eins, der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: Dublin III-VO) gestütztes Aufnahmegesuch an Italien. Dies unter Hinweis auf den Eurodac-Treffer der Kategorie "2" zu Italien und den vom BF angegebenen Reiseweg.

Mit Schreiben vom 21.11.2023 wies das Bundesamt die italienischen Behörden auf die Verfristung und die daraus resultierende Zuständigkeit Italiens nach Art 22 Abs. 7 Dublin III-VO, beginnend mit dem 20.11.2023.Mit Schreiben vom 21.11.2023 wies das Bundesamt die italienischen Behörden auf die Verfristung und die daraus resultierende Zuständigkeit Italiens nach Artikel 22, Absatz 7, Dublin III-VO, beginnend mit dem 20.11.2023.

Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt am 02.02.2024 gab der BF zusammengefasst an, sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, Angaben zu seinem Asylverfahren zu machen. Er sei gesund. Sein Geburtsdatum sei falsch aufgenommen worden; er sei am im Jahr 2005 geboren, habe aber keine Dokumente, die das richtige Geburtsdatum bestätigen würden. Seine bisherigen Angaben im Verfahren würden der Wahrheit entsprechen. In Österreich bzw. der EU habe der BF keine Familienangehörigen. Er lebe hier auch mit keiner Person in einer Familiengemeinschaft oder einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Es entspreche den Tatsachen, dass er am 28.08.2023 in Italien erkennungsdienstlich behandelt worden sei. Er habe dort aber keinen Asylantrag gestellt. Zum Verfahrensstand in Italien könne er keine Angaben machen. Er habe keinen Bescheid bekommen. In Italien habe er sich drei Wochen oder einen Monat aufgehalten. Über Vorhalt der Absicht des Bundesamtes, den Antrag des BF auf internationalen Schutz zurückzuweisen und ihn nach Italien auszuweisen, erklärte der BF, er wolle nicht nach Italien zurückkehren, weil er sich dort „nicht wohl gefühlt“ habe. Er wisse nicht, ob er in Italien Hilfe bekommen könne. In Österreich hingegen fühle er sich wohl. Es bestehe zu keinen Personen in Österreich in finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis. Er habe in Österreich niemanden.

Mit Bescheid des Bundesamtes wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Art. 13 Abs. 1 iVm Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO Italien für die Prüfung des Antrages zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung des BF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge dessen Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).Mit Bescheid des Bundesamtes wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß Paragraph 5, Absatz eins, AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Artikel 13, Absatz eins, in Verbindung mit Artikel 22, Absatz 7, Dublin III-VO Italien für die Prüfung des Antrages zuständig sei (Spruchpunkt römisch eins.). Gleichzeitig wurde gemäß Paragraph 61, Absatz eins, Ziffer eins, FPG die Außerlandesbringung des BF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge dessen Abschiebung nach Italien gemäß Paragraph 61, Absatz 2, FPG zulässig sei (Spruchpunkt römisch II.).

Gegen den o.a. Bescheid des Bundesamtes richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Der BF kenne den Verfahrensstand seines Asylverfahrens in Italien nicht, er habe dort keinen Asylantrag gestellt und sich in Italien „nicht wohlgefühlt“. Die belangte Behörde habe unvollständige Länderinformationen zur Rückkehr- und Versorgungssituation von Asylwerber herangezogen. Sie hätte im konkreten Fall eine Einzelfallprüfung zur Beurteilung der Frage, ob dem BF in Italien eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohen würde, vornehmen müssen. Eine solche habe sie jedoch nicht durchgeführt. Die italienische Dublin-Einheit habe die anderen Dublin-Länder am 05.12.2022 in einem Schreiben darüber informiert, dass ab sofort die Überstellungen nach Italien ausgesetzt würden, da es keine Plätze im Aufnahmesystem gebe. Die belangte Behörde habe es unterlassen, weitere Ermittlungen anzustellen, ob im Aufnahmesystem Plätze für Dublin-Rückkehrer vorhanden seien und unter welchen Bedingungen sie überhaupt aufgenommen würden. Zudem habe es die belangte Behörde unterlassen, Ermittlungen anzustellen, ob es dem BF möglich sei, Zugang zum Asylverfahren zu erhalten. Insbesondere zur Unterbringungs- und Versorgungssituation von Dublin-Rückkehrern würden sich im angefochtenen Bescheid nur sehr kurz gehaltene Informationen finden. Dem LIB zufolge bestehe eine starke Überfüllung der Erstaufnahmezentren sowie der Aufnahme-Hotspots. Asylwerber und insbesondere Dublin-Rückkehrer liefen in Italien große Gefahr, in die Obdachlosigkeit zu geraten Es gebe keine speziell reservierten Unterbringungsplätze für Dublin-Rückkehrer, weshalb diese beim Zugang zum Verfahren und zur Unterbringung vor Problemen stünden. Das Asylverfahren bzw. die Aufnahmebedingungen in Italien seien mit systemischen Mängeln behaftet und bei einer Überstellung drohe eine unmenschliche Behandlung iSv Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK. Nur im Fall einer entsprechenden Zusicherung durch die italienischen Behörden ließe sich davon ausgehen, dass der BF in Italien adäquat versorgt würde. Die belangte Behörde habe es jedoch verabsäumt, eine individuelle Zusicherung einzuholen. Bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens hätte die belangte Behörde zum Schluss kommen müssen, dass eine Abschiebung des BF nach Italien eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC gewährleisteten Rechte darstellen würde und somit zwingend das Selbsteintrittsrecht auszuüben sei. Gegen den o.a. Bescheid des Bundesamtes richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Der BF kenne den Verfahrensstand seines Asylverfahrens in Italien nicht, er habe dort keinen Asylantrag gestellt und sich in Italien „nicht wohlgefühlt“. Die belangte Behörde habe unvollständige Länderinformationen zur Rückkehr- und Versorgungssituation von Asylwerber herangezogen. Sie hätte im konkreten Fall eine Einzelfallprüfung zur Beurteilung der Frage, ob dem BF in Italien eine Verletzung seiner durch Artikel 3, EMRK gewährleisteten Rechte drohen würde, vornehmen müssen. Eine solche habe sie jedoch nicht durchgeführt. Die italienische Dublin-Einheit habe die anderen Dublin-Länder am 05.12.2022 in einem Schreiben darüber informiert, dass ab sofort die Überstellungen nach Italien ausgesetzt würden, da es keine Plätze im Aufnahmesystem gebe. Die belangte Behörde habe es unterlassen, weitere Ermittlungen anzustellen, ob im Aufnahmesystem Plätze für Dublin-Rückkehrer vorhanden seien und unter welchen Bedingungen sie überhaupt aufgenommen würden. Zudem habe es die belangte Behörde unterlassen, Ermittlungen anzustellen, ob es dem BF möglich sei, Zugang zum Asylverfahren zu erhalten. Insbesondere zur Unterbringungs- und Versorgungssituation von Dublin-Rückkehrern würden sich im angefochtenen Bescheid nur sehr kurz gehaltene Informationen finden. Dem LIB zufolge bestehe eine starke Überfüllung der Erstaufnahmezentren sowie der Aufnahme-Hotspots. Asylwerber und insbesondere Dublin-Rückkehrer liefen in Italien große Gefahr, in die Obdachlosigkeit zu geraten Es gebe keine speziell reservierten Unterbringungsplätze für Dublin-Rückkehrer, weshalb diese beim Zugang zum Verfahren und zur Unterbringung vor Problemen stünden. Das Asylverfahren bzw. die Aufnahmebedingungen in Italien seien mit systemischen Mängeln behaftet und bei einer Überstellung drohe eine unmenschliche Behandlung iSv Artikel 4, GRC bzw. Artikel 3, EMRK. Nur im Fall einer entsprechenden Zusicherung durch die italienischen Behörden ließe sich davon ausgehen, dass der BF in Italien adäquat versorgt würde. Die belangte Behörde habe es jedoch verabsäumt, eine individuelle Zusicherung einzuholen. Bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens hätte die belangte Behörde zum Schluss kommen müssen, dass eine Abschiebung des BF nach Italien eine Verletzung seiner durch Artikel 3, EMRK und Artikel 4, GRC gewährleisteten Rechte darstellen würde und somit zwingend das Selbsteintrittsrecht auszuüben sei.

Mit Schreiben einer Staatsanwaltschaft vom 08.04.2024 wurde mitgeteilt, dass das Ermittlungsverfahren gegen den BF als Beschuldigten eingestellt worden sei.

Zuletzt am 21.05.2024 veranlasste das Bundesverwaltungsgericht Abfragen aus dem Zentralen Melderegister, dem Betreuungsinformationssystem GVS sowie dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR). Diese Abfragen haben ergeben, dass der BF nach wie vor in Österreich aufhältig und aufrecht gemeldet ist.

Das Bundesamt gab mit E-Mail vom 21.05.2024 bekannt, dass die Überstellungsfrist abgelaufen ist; eine Aussetzung des Verfahrens sei nicht erfolgt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt wird zunächst der dargelegte Verfahrensgang.

Obwohl unzweifelhaft die Zuständigkeit Italiens zur Führung des Asylverfahrens des BF vorlag, erfolgte dessen Überstellung nicht binnen der in Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO festgelegten Frist von sechs Monaten, konkret bis zum Ablauf des 20.05.2024. Das Verfahren wurde nicht ausgesetzt und es kam auch zu keiner Fristverlängerung im Sinne des Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO. Obwohl unzweifelhaft die Zuständigkeit Italiens zur Führung des Asylverfahrens des BF vorlag, erfolgte dessen Überstellung nicht binnen der in Artikel 29, Absatz eins, Dublin III-VO festgelegten Frist von sechs Monaten, konkret bis zum Ablauf des 20.05.2024. Das Verfahren wurde nicht ausgesetzt und es kam auch zu keiner Fristverlängerung im Sinne des Artikel 29, Absatz 2, Dublin III-VO.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem Akt des Bundesamtes, insbesondere dem Konsultationsverfahren, sowie den Abfragen des Zentralen Melderegisters, des Betreuungsinformationssystem GVS sowie des Informationsverbundsystems Zentrales Fremdenregister. Überdies gab das Bundesamt bekannt, dass die Überstellungsfrist des BF inzwischen abgelaufen ist und das Verfahren nicht ausgesetzt wurde, zumal der BF seit dem 27.11.2023 durchgehend gemeldet sei.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgebung der Beschwerde

Die maßgebliche Bestimmung des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) idgF lautet:

§ 21 (3) Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.“Paragraph 21, (3) Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.“

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) lauten:

Artikel 22 Antwort auf ein Aufnahmegesuch
(7) Wird innerhalb der Frist von zwei Monaten gemäß Absatz 1 bzw der Frist von einem Monat gemäß Absatz 6 keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen, dass dem Aufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen.

Artikel 29 Modalitäten und Fristen

(1) Die Überstellung des Antragstellers oder einer anderen Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats nach Abstimmung der beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme — oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Artikel 27 Absatz 3 aufschiebende Wirkung hat.

………………

Artikel 42 Berechnung der Fristen

Die in dieser Verordnung vorgesehenen Fristen werden wie folgt berechnet:

a)       Ist für den Anfang einer nach Tagen, Wochen oder Monaten bemessenen Frist der Zeitpunkt maßgebend, zu dem ein Ereignis eintritt oder eine Handlung vorgenommen wird, so wird bei Berechnung dieser Frist der Tag, auf den das Ereignis oder die Handlung fällt, nicht mitgerechnet.

b)       Eine nach Wochen oder Monaten bemessene Frist endet mit Ablauf des Tages, der in der letzten Woche oder im letzten Monat dieselbe Bezeichnung oder dieselbe Zahl wie der Tag trägt, an dem das Ereignis eingetreten oder die Handlung vorgenommen worden ist, von denen an die Frist zu berechnen ist. Fehlt bei einer nach Monaten bemessenen Frist im letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

c)       Eine Frist umfasst die Samstage, die Sonntage und alle gesetzlichen Feiertage in jedem der betroffenen Mitgliedstaaten.

Auf Grund des Aufnahmegesuchs Österreichs gem. Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO an Italien vom 19.09.2023 und der Zustimmung Italiens zur Übernahme des BF durch Verschweigen (Verfristung), endete die sechsmonatige Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 1 iVm Art 42 Dublin III-VO mit Ablauf des 20.05.2024. Auf Grund des Aufnahmegesuchs Österreichs gem. Artikel 13, Absatz eins, Dublin III-VO an Italien vom 19.09.2023 und der Zustimmung Italiens zur Übernahme des BF durch Verschweigen (Verfristung), endete die sechsmonatige Überstellungsfrist nach Artikel 29, Absatz eins, in Verbindung mit Artikel 42, Dublin III-VO mit Ablauf des 20.05.2024.

Eine Aussetzung der Verfahren bzw. eine Verlängerung der Überstellungsfrist, etwa aufgrund Inhaftierung oder unbekannten Aufenthalts des BF, hat nicht stattgefunden. Zum gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt ist somit die Überstellungsfrist gem. Art. 29 Abs. 1 Dublin III–VO bereits abgelaufen.Eine Aussetzung der Verfahren bzw. eine Verlängerung der Überstellungsfrist, etwa aufgrund Inhaftierung oder unbekannten Aufenthalts des BF, hat nicht stattgefunden. Zum gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt ist somit die Überstellungsfrist gem. Artikel 29, Absatz eins, Dublin III–VO bereits abgelaufen.

Die Verfristungsbestimmungen der Dublin III-VO normieren einen Zuständigkeitsübergang bzw. eine Zuständigkeitsbegründung des die Überstellung nicht während dieser Frist durchführenden Mitgliedsstaates. Ein Übergang der Zuständigkeit hat im gegenständlichen Verfahren somit stattgefunden und ist Österreich demnach nunmehr für die Führung des materiellen Verfahrens des BF zuständig. Dementsprechend war der gegenständliche, die Zuständigkeit Österreichs zurückweisende Bescheid zu beheben und das Verfahren zuzulassen.

In diesem Zusammenhang bleibt noch anzuführen, dass die in Art 29 Abs 1 und 2 Dublin III-VO normierte Frist zur Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat eine zwingende Frist ist (siehe EuGH 25.10.2017, Rs C-201/16 Shiri), bei deren Nichteinhaltung die Zuständigkeit, ohne dass dies von der Reaktion des zuständigen Mitgliedstaates abhängig wäre, auf den ersuchenden Staat übergeht. Darauf kann sich auch ein Antragsteller berufen (VwGH 13.12.2017, Ra 2017/19/0081). In diesem Zusammenhang bleibt noch anzuführen, dass die in Artikel 29, Absatz eins und 2 Dublin III-VO normierte Frist zur Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat eine zwingende Frist ist (siehe EuGH 25.10.2017, Rs C-201/16 Shiri), bei deren Nichteinhaltung die Zuständigkeit, ohne dass dies von der Reaktion des zuständigen Mitgliedstaates abhängig wäre, auf den ersuchenden Staat übergeht. Darauf kann sich auch ein Antragsteller berufen (VwGH 13.12.2017, Ra 2017/19/0081).

Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG unterbleiben, zumal sämtliche verfahrenswesentliche Abklärungen, insbesondere aber die im gegenständlichen Verfahren relevante Frage hinsichtlich des Vorliegens eines Fristablaufes, eindeutig aus dem vorliegenden Verwaltungsakt beantwortet werden konnten. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß Paragraph 21, Absatz 6 a und 7 BFA-VG unterbleiben, zumal sämtliche verfahrenswesentliche Abklärungen, insbesondere aber die im gegenständlichen Verfahren relevante Frage hinsichtlich des Vorliegens eines Fristablaufes, eindeutig aus dem vorliegenden Verwaltungsakt beantwortet werden konnten.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im Übrigen treffen Art. 29 Dub III-VO und § 21 Abs. 3 BFA-VG klare, eindeutige Regelungen (vgl. OGH 22.03.1992, 5Ob105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.Im Übrigen treffen Artikel 29, Dub III-VO und Paragraph 21, Absatz 3, BFA-VG klare, eindeutige Regelungen vergleiche OGH 22.03.1992, 5Ob105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Schlagworte

Fristablauf Fristversäumung Überstellungsfrist Verfristung Zulassungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2024:W185.2286963.1.00

Im RIS seit

17.06.2024

Zuletzt aktualisiert am

17.06.2024
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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