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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1220;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde des E in K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat I) vom 7. Juni 1990, Zl 132/6 - 3/87, betreffend Einkommensteuer 1982, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der in den Jahren 1972 bis 1982 an einer GmbH bzw nach deren im Jahr 1975 erfolgten Umwandlung in eine KG an dieser als Gesellschafter beteiligte Beschwerdeführer erklärte in seiner Einkommensteuererklärung Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung seines KG-Anteiles S 2,434.804,--), aus nichtselbständiger Arbeit (S 235.449,--), aus Kapitalvermögen (S 51.955,--) sowie aus Vermietung und Verpachtung (S 13.101,--) und beantragte ua die Berücksichtigung von Aufwendungen für eine Ausstattung an seine beiden Söhne Erich (Eheschließung am 24. Jänner 1981) und Franz (Eheschließung am 25. April 1981) in Höhe von je S 200.000,-- sowie für Zahnersatz in Höhe von S 4.006,--.
Das Finanzamt veranlagte den Beschwerdeführer gemäß § 200 Abs 1 BAO vorläufig zur Einkommensteuer 1982 unter Berücksichtigung einer Überbelastung gemäß § 34 EStG 1972 in Höhe von S 184.183,--. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Nach Durchführung eines Vorhaltsverfahrens, in welchem ua erhoben worden war, daß die Geldmittel zur Bestreitung der Ausstattung aus einem aus Anlaß seines Ausscheidens an der KG am 31. Dezember 1981 zur Überweisung gebrachten und im Jahr 1982 dem Beschwerdeführer gutgebrachten Betrages von S 400.000,-- stammten, erließ das Finanzamt einen gemäß § 200 Abs 2 BAO endgültigen Bescheid, in welchem eine außergewöhnliche Belastung mit der Begründung nicht berücksichtigt wurde, daß diese Aufwendungen ohne steuerliche Auswirkung blieben, weil sie die zumutbare Mehrbelastung nicht überstiegen hätten.
In einer gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung ersuchte der Beschwerdeführer um Mitteilung der diesbezüglichen Berechnungen, welche dem Beschwerdeführer laut einem Aktenvermerk des Finanzamtes anläßlich einer Vorsprache ausgehändigt wurden. Danach hatte das Finanzamt unter Berücksichtigung der Daten der Eheschließungen der Söhne des Beschwerdeführers und dementsprechender Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers sowie seiner Gattin im Jahr 1981 eine angemessene Ausstattung in Höhe von S 85.924,-- je Sohn errechnet. In einer Ergänzung seiner Berufung wandte sich der Beschwerdeführer insbesondere dagegen, daß für die Beurteilung der Dotation der Ausstattung nicht die wirtschaftlichen Verhältnisse des Jahres 1981, sondern die steuerliche Verhältnisse dieses Jahres zugrunde gelegt worden seien. Zur Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse könnten die Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Beteiligung an der KG) nicht außer Betracht bleiben, wenn auch im Jahr 1981 steuerpflichtige Einkünfte hieraus nicht resultiert hätten. Er sei am 1. April 1981 aus der KG als Gesellschafter ausgetreten, der erzielte und im Jahr 1982 zu versteuernde Veräußerungsgewinn habe S 2,448.804,-- betragen. Zivilrechtlich sei auch dieser Gewinn bzw das dadurch entstandene Vermögen zwangsläufig zu berücksichtigen.
Nach einem weiteren umfangreichen Ermittlungsverfahren vor der Abgabenbehörde zweiter Instanz, in welchem vom Beschwerdeführer auch gerügt wurde, daß der vorläufige Einkommensteuerbescheid zu Unrecht ergangen sei, wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Dies hinsichtlich der Ausstattung im wesentlichen mit der Begründung, daß den diesbezüglichen Aufwendungen im Jahr 1982 die Zwangsläufigkeit fehle, weil der Beschwerdeführer keine berechtigten Gründe für die unter Berücksichtigung der Eheschließungszeitpunkte der Söhne verspätete Zahlung aufgezeigt habe.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 26. November 1980, B 972/90-3, ablehnte und sie gleichzeitig dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid laut seinem - um einem Verbesserungsauftrag des Verwaltungsgerichtshofes zuvorzukommen - unaufgefordert eingebrachten Schriftsatz vom 29. März 1991 in seinem Recht auf Anerkennung einer Ausstattung für seine beiden Söhne als außergewöhnliche Belastung verletzt und beantragt dessen Aufhebung wegen Rechtwidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Beschwerdeführer replizierte auf die Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die vom Gesetz für eine außergewöhliche Belastung im § 34 Abs 3 EStG 1972 geforderte Zwangsläufigkeit muß nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes auch in zeitlicher Hinsicht gegeben sein. Für das Heiratsgut oder die Ausstattung, die mit Eheschließung fällig werden und sich nach den Vermögens- und Einkommensverhältnissen des Abgabepflichtigen zu diesem Zeitpunkt richten, bedeutet dies, daß eine Verlegung des Leistungszeitpunktes auf einen Zeitpunkt nach Fälligkeit nur aus zwingenden Gründen anzuerkennen ist. Eine willkürliche Verlegung des Zeitpunktes muß wegen des Prinzips der Abschnittsbesteuerung ausgeschlossen sein (vgl das hg Erkenntnis vom 14. Mai 1991, 91/14/0072).
Der belangten Behörde ist daher zuzustimmen, wenn sie bei Beurteilung der Frage, ob die im Jahr 1982 angefallenen Aufwendungen für eine Ausstattung der Söhne des Beschwerdeführers, welche im Jahr 1981 geheiratet hatten, (im Jahr 1982) als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen waren, prüfte, ob für die Verschiebung der Zahlungen in das Jahr nach den Eheschließungen zwingende Gründe vorlagen oder nicht.
Die diesbezügliche Beurteilung der belangten Behörde, daß die vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgebrachten Umstände keine zwingenden Gründe darstellen, ist nicht als rechtswidrig anzusehen: Daß der (erst) spätere Bedarf des Ausstattungsberechtigten keinen solchen zwingenden Grund darstellt, hat der Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen (vgl etwa die hg Erkenntnisse vom 5. August 1992, 91/13/0156, 0157, und vom 12. Juni 1990, 89/14/0274, oder das bereits oben zitierte hg Erkenntnis vom 14. Mai 1991). Soweit der Beschwerdeführer in seiner Replik zur Gegenschrift der belangten Behörde meint, aus der Beantwortung des Fragenvorhalts vom 1. Juli 1989 an die belangte Behörde wäre hervorgegangen, daß der Grund für die spätere Zahlung "primär darin liege, daß der Beschwerdeführer über diese Mittel nicht vorher verfügen hätte können", ist der Beschwerdeführer auf den Wortlaut dieser Vorhaltsbeantwortung zu verweisen. Danach führte der Beschwerdeführer wörtlich aus:
"Die Gründe, weshalb ich das Heiratsgut meinen beiden Söhnen nicht im Jahre 1981 ausbezahlt habe, lagen darin, daß weder der eine, noch der andere Sohn größere Aufwendungen zu tätigen hatte. Die Zusage der angemessenen Heiratsausstattung wurde von mir bei der Verehelichung gegeben. Wäre ich von der ... KG im Jahr 1981 nicht ausgetreten, hätte ich das Heiratsgut in Form einer Privatentnahme aus der Firma aufzubringen gehabt. Jedenfalls hätte ich bei Heranstehen größerer Anschaffungen seitens der Söhne das Heiratsgut zu leisten gehabt."
Abgesehen davon, daß danach der primäre Grund für die spätere Zahlung der Ausstattung nicht darin gesehen werden kann, daß der Beschwerdeführer über die erforderlichen Mittel zu den jeweiligen Zeitpunkten der Eheschließungen nicht verfügen habe können, ist der in der Vermögenskomponente gegründete Ausstattungsausspruch auch durch Hingabe von Vermögenswerten zu befriedigen und kann insoweit nicht als außergewöhnliche Belastung Berücksichtigung finden, es sei denn, es wären nur Betriebsvermögen, das dem Betrieb nicht ohne Gefährdung des wirtschaftlichen Weiterbestehens entzogen werden kann, oder nur Vermögen in Form eines Wohnzwecken der Familie dienenden Hauses oder sonstige, einer angemessenen Lebensführung dienende Gebrauchsgegenstände vorhanden (vgl das hg Erkenntnis vom 22. März 1991, 90/13/0290). Derartiges hat der Beschwerdeführer aber mit seinem Hinweis auf allfällige Entnahmen nicht behauptet. Mit den Ausführungen in der Vorhaltsbeantwortung hat der Beschwerdeführer aber auch nicht behauptet, daß er über die erforderlichen Mittel, soweit sie sich auf Ausstattungsansprüche aus der Einkommenskomponente gründen, im Jahr 1981 nicht verfügen konnte. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, daß die Beteiligung des Beschwerdeführers an der KG sowohl bis zum Ausscheiden des Beschwerdeführers aus dieser, als auch danach im Jahr 1981 als Vermögen und nicht als laufendes Einkommen des Beschwerdeführers zu beurteilen ist. Bei dem aus der Veräußerung dieses Vermögenswertes resultierenden Veräußerungsgewinn handelt es sich nach der Aktenlage um kein Einkommen des Jahres 1981. Es mag durchaus zutreffen, daß die nach den Verhältnissen der Eheschließungen zu bemessenden Ausstattungsansprüche der Söhne des Beschwerdeführers, insbesondere unter Berücksichtigung dessen Vermögens, den Betrag von S 230.000,-- erreichten, und der Beschwerdeführer über diese Mittel im Jahr 1981 nicht verfügte. Da jedoch - wie ausgeführt - Ausstattungsansprüche, die sich aus dem Vermögen des Ausstattungsverpflichteten ergeben, grundsätzlich durch die Hingabe von Vermögenswerten zu befriedigen sind, ist der belangten Behörde zuzustimmen, wenn sie die Zahlung der Ausstattungen im Jahr 1982 mangels triftiger Gründe für die Verschiebung in dieses Jahr als nicht zwangsläufig beurteilt hat.
Der Beschwerdeführer rügt aber auch, daß der Einkommensteuerbescheid für 1982 (ursprünglich) gemäß § 200 Abs 1 BAO vorläufig erlassen worden sei, obwohl die Voraussetzungen hiefür mangels vorliegender Ungewißheit nicht gegeben waren. Da eine Ungewißheit in "keinem Stadium des Verfahrens" bestanden habe, habe eine solche auch nicht beseitigt werden können. Die Anwendung des § 200 Abs 2 BAO sei daher begrifflich nicht möglich. Der ursprüngliche Bescheid hätte daher nur aufgehoben oder ersetzt werden können, wenn Wiederaufnahmegründe gemäß § 303 Abs 4 BAO vorgelegen wären. Solche seien aber von der Abgabenbehörde nicht behauptet worden.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Auffassung, daß bei Erlassung eines endgültigen Bescheides nach einem vorläufigen Bescheid eine geänderte Auffassung, Beurteilung und Wertung Platz greifen kann, auch wenn bei Erlassung eines ursprünglich vorläufigen Bescheides - objektiv gesehen - keine Ungewißheit bestanden hat (vgl zB das hg Erkenntnis vom 12. August 1994, 94/14/0055). Da der Ausspruch über die Vorläufigkeit des Bescheides ein der Rechtskraft fähiger und dementsprechend auch anfechtbarer Spruchbestandteil ist, sind die mit dem diesbezüglichen Spruchbestandteil verbundenen Rechtswirkungen, nämlich die Möglichkeit bzw Notwendigkeit einen - allenfalls auch inhaltlich abweichenden - endgültigen Bescheid zu erlassen, auch dann beachtlich, wenn der Spruch des Bescheides mangels tatsächlich bestehender Ungewißheit allenfalls rechtswidrig wäre. Für die Ansicht des Beschwerdeführers, im Fall einer ohne Ungewißheit erfolgenden Erlassung eines vorläufigen Bescheides wäre dieser fiktiv wie ein endgültiger und somit grundsätzlich nur bei Vorliegen von Wiederaufnahmegründen im Sinn des § 303 BAO abänderbarer Bescheid zu beurteilen, fehlt demgegenüber jeder Anhaltspunkt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1991140016.X00Im RIS seit
20.11.2000