Entscheidungsdatum
22.05.2024Norm
BBG §40Spruch
W261 2291990-1/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Karin GASTINGER, MAS als Vorsitzende und die Richterin Mag.a Karin RETTENHABER-LAGLER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr.in Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , auch XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 26.04.2024, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses beschlossen:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Karin GASTINGER, MAS als Vorsitzende und die Richterin Mag.a Karin RETTENHABER-LAGLER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr.in Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von römisch XXXX , auch römisch XXXX , geb. römisch XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 26.04.2024, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin stellte am 17.01.2024 erstmals einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (auch Sozialministeriumservice, in der Folge belangte Behörde) und legte ein Konvolut an medizinische Befunden bei.
2. Die belangte Behörde holte zur Überprüfung des Antrages ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 18.03.2024 erstatteten Gutachten vom selben Tag (vidiert am 21.03.2024) stellte die medizinische Sachverständige bei der Beschwerdeführerin die Funktionseinschränkungen „Kniegelenksarthrose beidseits, Position 02.05.21 der Anlage der Einschätzungsverordnung (EVO), Grad der Behinderung (GdB) 40 %, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Position 02.01.01 der Anlage der EVO, GdB 20 %, nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus, Position 09.02.01 der Anlage der EVO, GdB 20 %, Depression, Position 03.06.01 der Anlage der EVO, GdB 20 %, Hernia umbilicalis, Position 07.08.01 der Anlage der EVO, GdB 20 %, mäßige Hypertonie, Position 05.01.02 der Anlage der EVO, GdB 20 % und Plantarfasciitis beidseits, Position 02.05.04 der Anlage der EVO, GdB 10 %“, und einen Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 40 von Hundert (in der Folge v.H.) fest. Die medizinische Sachverständige führte in der unter dem Punkt „Derzeitige Beschwerden“ an: „Komplette Sprachbarriere, Sohn berichtet“.
3. Die belangte Behörde übermittelte der Beschwerdeführerin dieses Sachverständigengutachten mit Schreiben vom 22.03.2024 im Rahmen des Parteiengehörs und räumte dieser eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ein. Die Beschwerdeführerin gab keine Stellungnahme ab.
4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26.04.2024 wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab und stellte einen Grad der Behinderung in Höhe von 40 v.H. fest. Die belangte Behörde legte dem Bescheid das eingeholte Sachverständigengutachten in Kopie bei.4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26.04.2024 wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß Paragraphen 40,, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab und stellte einen Grad der Behinderung in Höhe von 40 v.H. fest. Die belangte Behörde legte dem Bescheid das eingeholte Sachverständigengutachten in Kopie bei.
5. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und brachte zusammengefasst vor, dass umfassende medizinische Befunde und ärztliche Atteste vorliegen würden, welche eindeutig belegen würden, dass ihr Gesundheitszustand erheblich beeinträchtigt sei und eine höhere Einstufung als 40 Prozent gerechtfertigt sei. Sie ersuche um eine neuerliche Überprüfung und legte der Beschwerde neuerlich die bereits vorgelegten medizinischen Befunde bei.
6. Die belangte Behörde legte den Aktenvorgang dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 16.05.2024 vor, wo dieser am 17.05.2024 einlangte.
7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 17.05.2024 eine Abfrage im Zentralen Melderegister durch, wonach die Beschwerdeführerin ägyptische Staatsbürgerin ist, und ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hat.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A)
Gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (in der Folge VwGVG) hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden,Gemäß Paragraph 28, Absatz 2, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (in der Folge VwGVG) hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden,
1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.Liegen die Voraussetzungen des Absatz 2, nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß Paragraph 28, Absatz 3, VwGVG im Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, allerdings mit dem Unterschied, dass die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht erforderlich ist. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 28 VwGVG, Anm. 11.).Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des Paragraph 66, Absatz 2, AVG, allerdings mit dem Unterschied, dass die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach Paragraph 28, Absatz 3, VwGVG nicht erforderlich ist. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von Paragraph 28, Absatz 3, 2. Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), Paragraph 28, VwGVG, Anmerkung 11.).
§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.Paragraph 28, Absatz 3, 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, zur Auslegung des § 28 Abs. 3 2. Satz ausgeführt hat, ist vom prinzipiellen Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auszugehen. Nach der Bestimmung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG kommt bereits nach ihrem Wortlaut die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht (vgl. auch Art. 130 Abs. 4 Z 1 B-VG). Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, zur Auslegung des Paragraph 28, Absatz 3, 2. Satz ausgeführt hat, ist vom prinzipiellen Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auszugehen. Nach der Bestimmung des Paragraph 28, Absatz 2, Ziffer eins, VwGVG kommt bereits nach ihrem Wortlaut die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht vergleiche auch Artikel 130, Absatz 4, Ziffer eins, B-VG). Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
Ist die Voraussetzung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG erfüllt, hat das Verwaltungsgericht (sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist) "in der Sache selbst" zu entscheiden.Ist die Voraussetzung des Paragraph 28, Absatz 2, Ziffer eins, VwGVG erfüllt, hat das Verwaltungsgericht (sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist) "in der Sache selbst" zu entscheiden.
Das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, verlangt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird.Das im Paragraph 28, VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, verlangt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im oben angeführten Erkenntnis ausgeführt hat, wird eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f).Wie der Verwaltungsgerichtshof im oben angeführten Erkenntnis ausgeführt hat, wird eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts vergleiche Paragraph 37, AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vergleiche Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f).
Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als grob mangelhaft:
Aus dem medizinischen Sachverständigengutachten vom 18.03.2024 ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin, eine ägyptische Staatsbürgerin, der deutschen Sprache nicht mächtig ist („komplette Sprachbarriere, Sohn berichtet“)
Es steht damit fest, dass bei der von der belangten Behörde veranlassten medizinischen Untersuchung durch die Sachverständige der belangten Behörde, kein von der belangten Behörde bestellte:r Dolmetscher:in anwesend gewesen ist, sondern dass die medizinische Untersuchung auf Deutsch durchgeführt wurde und bei den dabei aufgetretenen Verständigungsproblemen zwischen der Beschwerdeführerin und der untersuchenden medizinischen Sachverständigen die anwesende Vertrauensperson, genauer der Sohn der Beschwerdeführerin, mit einer Übersetzung aushalf.
Die Muttersprache der beschwerdeführenden Partei ist nicht Deutsch. Die Beschwerdeführerin versteht offensichtlich auch kein Deutsch und war demgemäß mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage, der Untersuchung zu folgen und war auf die Hilfe und Unterstützung ihres Sohnes angewiesen.
Für den Fall, dass Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine zu vernehmende Person der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig ist, hat die ermittelnde Behörde dem von sich aus nachzugehen und weitere Ermittlungen in dieser Richtung anzustellen (vgl. VwGH 8.11.2016, Ra 2016/09/0098). Nachdem die Beschwerdeführerin ägyptische Staatsbürgerin ist und die medizinische Sachverständige bei der Untersuchung ausdrücklich festhielt, dass eine „komplette Sprachbarriere“ vorliegt, liegen für den erkennenden Senat ausreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass davon auszugehen war, dass diese die deutsche Sprache nicht beherrscht. Für den Fall, dass Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine zu vernehmende Person der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig ist, hat die ermittelnde Behörde dem von sich aus nachzugehen und weitere Ermittlungen in dieser Richtung anzustellen vergleiche VwGH 8.11.2016, Ra 2016/09/0098). Nachdem die Beschwerdeführerin ägyptische Staatsbürgerin ist und die medizinische Sachverständige bei der Untersuchung ausdrücklich festhielt, dass eine „komplette Sprachbarriere“ vorliegt, liegen für den erkennenden Senat ausreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass davon auszugehen war, dass diese die deutsche Sprache nicht beherrscht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 23.11.2017, Ra 2016/11/0160, zur Frage, ob auch bei einem Sachverständigenbeweis bei mangelnder Deutschkenntnis ein Dolmetscher beizuziehen ist, ausgeführt, dass je nach dem Ergebnis dieser Ermittlungen die Behörde die Beiziehung eines Dolmetschers - auch im Rahmen der Befundaufnahme durch einen Sachverständigen - zu veranlassen hat, oder, falls sie dies nicht für erforderlich hält und demgemäß davon Abstand nimmt, schlüssig zu begründen hat, warum die Beiziehung eines Dolmetsch (ungeachtet der gegebenen Anhaltspunkte für die Erforderlichkeit seiner Beiziehung) nicht notwendig sei.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid mit keinem Wort begründet, weswegen diese von der Beiziehung eine:r Dolmetscher:in abgesehen hat. Es ist deren Aufgabe, festzustellen, ob die Beschwerdeführerin in der Lage ist, einer medizinischen Untersuchung in deutscher Sprache, welche nicht deren Muttersprache ist, zu folgen, oder nicht. Derartige Ermittlungen unterblieben.
Dies bedeutet, dass im gegenständlichen Verfahren bei einer Befragung im Rahmen einer Befundaufnahme durch einen Sachverständigen ein:e Dolmetscher:in beizuziehen gewesen wäre, um dem Gebot des § 39a AVG, dessen Befolgung für ein mängelfreies Verfahren unabdingbar ist, zu entsprechen. Es entspricht nicht dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit eines Verfahrens (fair trial), sprachunkundigen Personen keinen Dolmetscher zur Verfügung zu stellen, somit ist das Ermittlungsverfahren der belangten Behörde mit einem groben Verfahrensmangel behaftet. Sollte die belangte Behörde der Ansicht sein, dass die Beiziehung von Dolmetschern im gegenständlichen Verfahren nicht erforderlich ist, so hat diese Ermittlungen dazu zu erheben und die im neu zu erlassenden Bescheid entsprechend zu begründen.Dies bedeutet, dass im gegenständlichen Verfahren bei einer Befragung im Rahmen einer Befundaufnahme durch einen Sachverständigen ein:e Dolmetscher:in beizuziehen gewesen wäre, um dem Gebot des Paragraph 39 a, AVG, dessen Befolgung für ein mängelfreies Verfahren unabdingbar ist, zu entsprechen. Es entspricht nicht dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit eines Verfahrens (fair trial), sprachunkundigen Personen keinen Dolmetscher zur Verfügung zu stellen, somit ist das Ermittlungsverfahren der belangten Behörde mit einem groben Verfahrensmangel behaftet. Sollte die belangte Behörde der Ansicht sein, dass die Beiziehung von Dolmetschern im gegenständlichen Verfahren nicht erforderlich ist, so hat diese Ermittlungen dazu zu erheben und die im neu zu erlassenden Bescheid entsprechend zu begründen.
Es erschließt sich dem erkennenden Senat insbesondere nicht, wie die befasste medizinische Sachverständige aus dem Fachbereich der Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin in der Lage gewesen ist, einen Status darüber zu erheben, wie schwer die bei der Beschwerdeführerin unter dem Leiden 4 diagnostizierte Depression bestehenden Funktionseinschränkungen einzuschätzen sind, wenn sie nicht in der Lage gewesen ist, sich von der Beschwerdeführerin selbst und ohne professionelles Dolmetschen ihren psychischen Zustand schildern zu lassen. Es ist einer Frau wie der Beschwerdeführerin nicht zumutbar, derartig höchstpersönliche psychische Zustände durch den eigenen Sohn übersetzen zu lassen. Dies gilt auch für die Erhebung des Status psychicus, worin die medizinische Sachverständige ausführt, dass diese „allseits orientiert, Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig, Stimmungslage ausgeglichen“ sei. Wie diese Feststellungen möglich sind, ohne direkt mit der Beschwerdeführerin kommunizieren zu können und lediglich eine Übersetzung durch den Sohn vorliegt, ist für den erkennenden Senat nicht nachvollziehbar. Daraus folgt, dass das von der belangten Behörde eingeholte medizinische Gutachten jedenfalls in diesem Punkt nicht schlüssig ist und der Entscheidung nicht hätte zugrunde gelegt werden dürfen.
Im fortgesetzten Verfahren wird von der belangten Behörde sohin das der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 18.03.2024 (vidiert am 21.03.2024) in der Form zu ergänzen sein, dass ein medizinisches Sachverständigengutachten aus dem Fachbereich der Psychiatrie/Neurologie eingeholt wird, wobei die Gutachtenserstellung auf Grundlage einer eingehenden persönlichen psychiatrischen/neurologischen Untersuchung der Beschwerdeführerin unter Beiziehung eine:r Dolmetscher:in für die Sprache Arabisch zu erfolgen haben wird.
Dabei wird auf alle psychischen/psychiatrischen Leidenszustände der Beschwerdeführerin in nachvollziehbarer Weise einzugehen sein, und werden diese entsprechend der Einschätzungsverordnung zu beurteilen und einzuschätzen sein.
Nachdem aus dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Befundbericht eines Facharztes für Psychiatrie und für psychotherapeutische Medizin vom 18.12.2023 hervorgeht, dass deren Hauptproblem die Schmerzen an der Wirbelsäule seien und diese über innere Unruhe, kreisende Gedanken klage, nicht abschalten könne, und unter Abgeschlagenheit, Energiemangel, Antriebs- und Interessenlosigkeit und unter Schlafstörungen leide, wobei deren Stimmung depressiv sei, wird insbesondere auch dazu eine Stellungnahme abzugeben sein, ob es eine Wechselwirkung zwischen diesen Leiden geben kann, bzw. ob sich diese wechselseitig negativ beeinflussen.
Die Zusammenfassung aller im Verfahren eingeholten Gutachten hat durch eine:n allgemeinmedizinische:n Sachverständige:n zu erfolgen.
Von den Ergebnissen des weiteren Ermittlungsverfahrens wird die Beschwerdeführerin mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme in Wahrung des Parteiengehörs in Kenntnis zu setzen sein.
Aus den dargelegten Gründen ist davon auszugehen, dass das von der belangten Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren grob mangelhaft gewesen ist, sodass weitere Ermittlungen bzw. konkretere Sachverhaltsfeststellungen unter Beiziehung eine:r Dolmetscher:in für die Sprache Arabisch erforderlich erscheinen.
Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht kann - im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG - nicht im Sinne des Gesetzes liegen. Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes und angesichts der im gegenständlichen Fall unterlassenen Sachverhaltsermittlungen - nicht ersichtlich. Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht kann - im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu Paragraph 28, VwGVG - nicht im Sinne des Gesetzes liegen. Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes und angesichts der im gegenständlichen Fall unterlassenen Sachverhaltsermittlungen - nicht ersichtlich.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall der Beschwerdeführerin noch nicht feststeht und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rasch und kostengünstig festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.Die Voraussetzungen des Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall der Beschwerdeführerin noch nicht feststeht und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rasch und kostengünstig festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß Paragraph 28, Absatz 3, 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Von der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung wird gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, zumal aus dem Beschwerdeakt ersichtlich ist, dass eine mündliche Erörterung der Rechtssache mangels ausreichender Sachverhaltserhebungen und Feststellungen der belangten Behörde eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Von der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung wird gemäß Paragraph 24, Absatz 4, VwGVG abgesehen, zumal aus dem Beschwerdeakt ersichtlich ist, dass eine mündliche Erörterung der Rechtssache mangels ausreichender Sachverhaltserhebungen und Feststellungen der belangten Behörde eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass Deutschkenntnisse Dolmetscher Ermittlungspflicht Grad der Behinderung Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung Sachverständigengutachten UntersuchungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2024:W261.2291990.1.00Im RIS seit
14.06.2024Zuletzt aktualisiert am
14.06.2024