Entscheidungsdatum
31.03.2023Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W129 2237043-1/19E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter DDr. Markus GERHOLD über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX StA. Iran, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, Außenstelle St. Pölten, vom XXXX , Zl XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter DDr. Markus GERHOLD über die Beschwerde von römisch XXXX , geb. römisch XXXX StA. Iran, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, Außenstelle St. Pölten, vom römisch XXXX , Zl römisch XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 iVm § 34 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. römisch eins. Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch XXXX gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 34, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
II. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. römisch II. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass römisch XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
III. Die Spruchpunkte II. bis VI. des angefochtenen Bescheides werden gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos behoben.römisch III. Die Spruchpunkte römisch II. bis römisch VI. des angefochtenen Bescheides werden gemäß Paragraph 28, Absatz eins und 2 VwGVG ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger und Angehöriger der kurdischen Volksgruppe, stellte am 27.01.2020 nach illegaler Einreise ins österreichische Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen der am selben Tag erfolgten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt an, im Iran politische Probleme gehabt zu haben. Er sei geheimer Unterstützer der „Demokratischen Partei Kurdistan“. Seine Tätigkeit habe darin bestanden, Nachrichten zu verbreiten; er habe Flyer erhalten und diese weitergegeben. Nachdem er gemeinsam mit drei weiteren Personen der Partei in einen Angriff der iranischen Behörden geraten sei, habe er den Entschluss gefasst, das Land zu verlassen. Es sei verboten offiziell Mitglied oder Unterstützer dieser Partei zu sein. Im Fall einer Rückkehr fürchte er um sein Leben. Ihm drohe die Todesstrafe.
2. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wurde der Beschwerdeführers am 29.01.2020, am 22.06.2020 und am 07.09.2020 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) einvernommen. Dabei wurde der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen eingehend befragt sowie eine Anfrage an die Staatendokumentation gerichtet. Der Beschwerdeführer gab als Fluchtgrund im Wesentlichen an, wegen politischer Tätigkeiten im Rahmen der kurdischen Opposition Verfolgung zu fürchten.
3. Mit dem im Spruch bezeichneten Bescheid wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV), sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Iran zulässig sei (Spruchpunkt V). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist zur freiwilligen Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI).3. Mit dem im Spruch bezeichneten Bescheid wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 (Spruchpunkt römisch eins) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 wurde nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III) und gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-Verfahrensgesetz gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen (Spruchpunkt römisch IV), sowie gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG nach Iran zulässig sei (Spruchpunkt römisch fünf). Gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG wurde die Frist zur freiwilligen Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt römisch VI).
4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Diese langte am 19.11.2020 samt dazugehörigem Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.
5. Mit Schriftsatz vom 04.11.2021 legte der Beschwerdeführer eine Parteimitgliedsbestätigung der XXXX eine Parteibestätigung des österreichischen Komitees der XXXX samt Parteiausweis sowie Screenshots von dem Beschwerdeführer zugestellten SMS der iranischen Sicherheitskräfte vor. Der Beschwerdeführer gab ergänzend an, ordentliches Mitglied der XXXX zu sein und weiterhin in Österreich politisch aktiv zu sein. Er habe im Jahr 2021 bei der großen Gedenkveranstaltung zum Jahrestag der Ermordung von XXXX teilgenommen; ein Bericht über die Veranstaltung, in dem er auch auf Fotos zu sehen sei, sei über den Social-Media-Kanal der Partei verbreitet worden. Auch habe er am 19.09.2021 an einer Veranstaltung des XXXX in Wien teilgenommen, über die ebenfalls auf Social-Media-Kanälen berichtet worden sei. Aufgrund seiner exilpolitischen Tätigkeiten in Österreich sei er im Falle einer Rückkehr nach Iran gefährdet.5. Mit Schriftsatz vom 04.11.2021 legte der Beschwerdeführer eine Parteimitgliedsbestätigung der römisch XXXX eine Parteibestätigung des österreichischen Komitees der römisch XXXX samt Parteiausweis sowie Screenshots von dem Beschwerdeführer zugestellten SMS der iranischen Sicherheitskräfte vor. Der Beschwerdeführer gab ergänzend an, ordentliches Mitglied der römisch XXXX zu sein und weiterhin in Österreich politisch aktiv zu sein. Er habe im Jahr 2021 bei der großen Gedenkveranstaltung zum Jahrestag der Ermordung von römisch XXXX teilgenommen; ein Bericht über die Veranstaltung, in dem er auch auf Fotos zu sehen sei, sei über den Social-Media-Kanal der Partei verbreitet worden. Auch habe er am 19.09.2021 an einer Veranstaltung des römisch XXXX in Wien teilgenommen, über die ebenfalls auf Social-Media-Kanälen berichtet worden sei. Aufgrund seiner exilpolitischen Tätigkeiten in Österreich sei er im Falle einer Rückkehr nach Iran gefährdet.
6. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 08.11.2021 eine mündliche Verhandlung durch, im Rahmen derer der Beschwerdeführer im Beisein seiner Rechtsvertreterin und unter Zuhilfenahme einer Dolmetscherin für die Sprache Kurdisch-Sorani eingehend befragt wurde. Der Beschwerdeführer legte eine Bestätigung der Kurdischen Exilgemeinde und ein Empfehlungsschreiben vor.
7. Am 15.11.2022 langte eine Kopie des Führerscheins des Beschwerdeführers samt Übersetzung beim Bundesverwaltungsgericht ein.
8. Am 23.11.2022 legte der Beschwerdeführer weitere Beweismittel vor, darunter näher bezeichnete Fotos und Screenshots politischer Aktivitäten, eine Kursbesuchsbestätigung, Empfehlungsschreiben, sowie eine Bestätigung der XXXX über eine geringfügige Beschäftigung am Bauhof von Mai 2020 bis Juni 2022. 8. Am 23.11.2022 legte der Beschwerdeführer weitere Beweismittel vor, darunter näher bezeichnete Fotos und Screenshots politischer Aktivitäten, eine Kursbesuchsbestätigung, Empfehlungsschreiben, sowie eine Bestätigung der römisch XXXX über eine geringfügige Beschäftigung am Bauhof von Mai 2020 bis Juni 2022.
9. Am 13.01.2023 langte ein weiteres Empfehlungsschreiben beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist iranischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Kurden an. Er stammt aus der Stadt Sardascht, hat elf Jahre die Schule besucht und als Juwelier im eigenen Juweliergeschäft gearbeitet. Er ist verheiratet und hat eine minderjährige Tochter. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Kurdisch-Sorani. Darüber hinaus spricht er Farsi. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.
Die Ehefrau und minderjährige Tochter sowie Eltern und Geschwister des Beschwerdeführers halten sich weiterhin im Iran auf; eine Schwester lebt im Irak. Im Iran verfügt er ferner über zahlreiche Onkel und Tanten.
Der Beschwerdeführer steht mit seiner Familie in regelmäßigem Kontakt.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten und hat keinen Asylausschlussgrund gesetzt.
Er bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig.
Der Beschwerdeführer war von Mai 2020 bis Juni 2022 für Hilfstätigkeiten am Bauhof im Ausmaß von höchstens 22 Stunden im Monat bei der XXXX beschäftigt. Hierfür erhielt er einen Stundenlohn von EUR 5,-. Der Beschwerdeführer war von Mai 2020 bis Juni 2022 für Hilfstätigkeiten am Bauhof im Ausmaß von höchstens 22 Stunden im Monat bei der römisch XXXX beschäftigt. Hierfür erhielt er einen Stundenlohn von EUR 5,-.
1.2. Zum (Nach-)Fluchtgrund des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer betätigt sich in Österreich exilpolitisch-oppositionell und ist in der regimekritischen, prokurdischen Szene öffentlich aktiv.
Der Beschwerdeführer ist Mitglied der XXXX Partei XXXX ) und nimmt an Kundgebungen und Protesten gegen die islamische Republik Iran und an Festen und Feierlichkeiten der XXXX aktiv teil, die auch von Vertretern der meisten kurdischen Parteien wie der Demokratischen Partei Kurdistans, der Nationalunion Kurdistans, der Unionspartei Kurdistans und der Diaspora Kurdistans besucht werden (siehe XXXX und XXXX in Verbindung mit den am 23.11.2022 eingebrachten Fotos).Der Beschwerdeführer ist Mitglied der römisch XXXX Partei römisch XXXX ) und nimmt an Kundgebungen und Protesten gegen die islamische Republik Iran und an Festen und Feierlichkeiten der römisch XXXX aktiv teil, die auch von Vertretern der meisten kurdischen Parteien wie der Demokratischen Partei Kurdistans, der Nationalunion Kurdistans, der Unionspartei Kurdistans und der Diaspora Kurdistans besucht werden (siehe römisch XXXX und römisch XXXX in Verbindung mit den am 23.11.2022 eingebrachten Fotos).
Im Falle einer Rückkehr in den Iran wäre der Beschwerdeführer aufgrund seiner Eigenschaft als Mitglied der XXXX und seiner exilpolitischen Tätigkeit für diese mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zumindest der Verhaftung und Folter durch die iranischen Behörden ausgesetzt.Im Falle einer Rückkehr in den Iran wäre der Beschwerdeführer aufgrund seiner Eigenschaft als Mitglied der römisch XXXX und seiner exilpolitischen Tätigkeit für diese mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zumindest der Verhaftung und Folter durch die iranischen Behörden ausgesetzt.
1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat Iran:
Auszug aus den Länderinformationen der Staatendokumentation zu Iran vom 23.05.2022, Version 5:
Politische Lage
Iran ist seit 1979 eine Islamische Republik (AA 14.9.2021b; vgl. ÖB Teheran 11.2021). Das Staatssystem beruht auf dem Konzept der 'velayat-e faqih', der Stellvertreterschaft des Rechtsgelehrten. Dieses besagt, dass nur ein herausragender Religionsgelehrter in der Lage ist, eine legitime Regierung zu führen, bis der 12. Imam, die eschatologische Heilsfigur des schiitischen Islam, am Ende der Zeit zurückkehren und ein Zeitalter des Friedens und der Gerechtigkeit einleiten wird. Dieser Rechtsgelehrte ist das Staatsoberhaupt Irans mit dem Titel 'Revolutionsführer' (GIZ 12.2020a; vgl. BS 2020). Der Revolutionsführer (auch Oberster Führer, Oberster Rechtsgelehrter, religiöser Führer) ist seit 1989 Ayatollah Seyed Ali Hosseini Khamenei (ÖB Teheran 11.2021; vgl. US DOS 12.4.2022, FH 28.2.2022, AA 14.9.2021b). Er wird von einer Klerikerversammlung (Expertenrat) auf Lebenszeit gewählt (AA 14.9.2021a; vgl. FH 28.2.2022), ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte und die höchste Autorität des Landes (FH 28.2.2022). Er steht somit höher als der Präsident. Des Weiteren unterstehen ihm unmittelbar die Revolutionsgarden (Pasdaran bzw. IRGC), die mehrere Millionen Mitglieder umfassenden, paramilitärischen Basij-Milizen und die gesamte Judikative (ÖB Teheran 11.2021; vgl. FH 28.2.2022, US DOS 12.4.2022). Doch obwohl der Revolutionsführer oberste Entscheidungsinstanz und Schiedsrichter ist, kann er zentrale Entscheidungen nicht gegen wichtige Machtzentren treffen. Politische Gruppierungen bilden sich um Personen oder Verwandtschaftsbeziehungen oder die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen und unterliegen dabei einem ständigen Wandel. Reformorientierte Regimekritiker sind weiterhin starken Repressionen ausgesetzt (AA 28.1.2022). Iran ist seit 1979 eine Islamische Republik (AA 14.9.2021b; vergleiche ÖB Teheran 11.2021). Das Staatssystem beruht auf dem Konzept der 'velayat-e faqih', der Stellvertreterschaft des Rechtsgelehrten. Dieses besagt, dass nur ein herausragender Religionsgelehrter in der Lage ist, eine legitime Regierung zu führen, bis der 12. Imam, die eschatologische Heilsfigur des schiitischen Islam, am Ende der Zeit zurückkehren und ein Zeitalter des Friedens und der Gerechtigkeit einleiten wird. Dieser Rechtsgelehrte ist das Staatsoberhaupt Irans mit dem Titel 'Revolutionsführer' (GIZ 12.2020a; vergleiche BS 2020). Der Revolutionsführer (auch Oberster Führer, Oberster Rechtsgelehrter, religiöser Führer) ist seit 1989 Ayatollah Seyed Ali Hosseini Khamenei (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche US DOS 12.4.2022, FH 28.2.2022, AA 14.9.2021b). Er wird von einer Klerikerversammlung (Expertenrat) auf Lebenszeit gewählt (AA 14.9.2021a; vergleiche FH 28.2.2022), ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte und die höchste Autorität des Landes (FH 28.2.2022). Er steht somit höher als der Präsident. Des Weiteren unterstehen ihm unmittelbar die Revolutionsgarden (Pasdaran bzw. IRGC), die mehrere Millionen Mitglieder umfassenden, paramilitärischen Basij-Milizen und die gesamte Judikative (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche FH 28.2.2022, US DOS 12.4.2022). Doch obwohl der Revolutionsführer oberste Entscheidungsinstanz und Schiedsrichter ist, kann er zentrale Entscheidungen nicht gegen wichtige Machtzentren treffen. Politische Gruppierungen bilden sich um Personen oder Verwandtschaftsbeziehungen oder die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen und unterliegen dabei einem ständigen Wandel. Reformorientierte Regimekritiker sind weiterhin starken Repressionen ausgesetzt (AA 28.1.2022).
Das iranische Regierungssystem ist ein semipräsidiales: An der Spitze der Regierung steht der vom Volk für vier Jahre direkt gewählte Präsident (ÖB Teheran 11.2021). Am 18.6.2021 fanden in Iran Präsidentschaftswahlen statt (Tagesschau.de 18.6.2021; vgl. AA 14.9.2021a). Gewonnen hat die Wahl der konservative Hardliner und vormalige Justizchef Ibrahim Raisi mit mehr als 62% der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei unter 50% und war somit niedriger als jemals zuvor in der Geschichte der Islamischen Republik. In der Hauptstadt Teheran lag die Wahlbeteiligung bei nur 26%. Zudem wurden mehr als 3,7 Millionen Stimmzettel für ungültig erklärt (Standard.at 19.6.2021; vgl. DW 19.6.2021). Wie bei jeder Wahl hat der Wächterrat die Kandidaten im Vorhinein ausgesiebt (Tagesschau.de 18.6.2021; vgl. AA 28.1.2022). Raisi wurde mehr oder weniger von Revolutionsführer Khamenei ins Amt gehievt (ZO 23.6.2021). Raisi ist seit 5.8.2021 Staatspräsident. Am 25.8.2021 hat das Parlament seinen Vorschlag für das Kabinett gebilligt, und damit hat die neue Regierung ihr Amt angetreten (AA 14.9.2021a.). In Folge der Präsidentschaftswahlen vom Juni 2021 befindet sich die gesamte Befehlskette in konservativer bzw. erzkonservativer Hand (Oberster Führer, Präsident/Regierungschef, Leiter der religiösen Judikative, Regierung, Parlament, Wächterrat, Expertenrat) (ÖB Teheran 11.2021).Das iranische Regierungssystem ist ein semipräsidiales: An der Spitze der Regierung steht der vom Volk für vier Jahre direkt gewählte Präsident (ÖB Teheran 11.2021). Am 18.6.2021 fanden in Iran Präsidentschaftswahlen statt (Tagesschau.de 18.6.2021; vergleiche AA 14.9.2021a). Gewonnen hat die Wahl der konservative Hardliner und vormalige Justizchef Ibrahim Raisi mit mehr als 62% der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei unter 50% und war somit niedriger als jemals zuvor in der Geschichte der Islamischen Republik. In der Hauptstadt Teheran lag die Wahlbeteiligung bei nur 26%. Zudem wurden mehr als 3,7 Millionen Stimmzettel für ungültig erklärt (Standard.at 19.6.2021; vergleiche DW 19.6.2021). Wie bei jeder Wahl hat der Wächterrat die Kandidaten im Vorhinein ausgesiebt (Tagesschau.de 18.6.2021; vergleiche AA 28.1.2022). Raisi wurde mehr oder weniger von Revolutionsführer Khamenei ins Amt gehievt (ZO 23.6.2021). Raisi ist seit 5.8.2021 Staatspräsident. Am 25.8.2021 hat das Parlament seinen Vorschlag für das Kabinett gebilligt, und damit hat die neue Regierung ihr Amt angetreten (AA 14.9.2021a.). In Folge der Präsidentschaftswahlen vom Juni 2021 befindet sich die gesamte Befehlskette in konservativer bzw. erzkonservativer Hand (Oberster Führer, Präsident/Regierungschef, Leiter der religiösen Judikative, Regierung, Parlament, Wächterrat, Expertenrat) (ÖB Teheran 11.2021).
Der Präsident ist, nach dem Revolutionsführer, der zweithöchste Amtsträger im Staat (FH 28.2.2022). Er steht der Regierung vor, deren Kabinett er ernennt. Die Kabinettsmitglieder müssen allerdings vom Parlament bestätigt werden. Der Präsident ist der Leiter der Exekutive, zudem repräsentiert er den Staat nach außen und unterzeichnet internationale Verträge. Dennoch ist seine faktische Macht beschränkt (GIZ 12.2020a), da der Revolutionsführer in allen Fragen das letzte Wort hat bzw. haben kann (GIZ 12.2020a; vgl. OD 19.1.2022).Der Präsident ist, nach dem Revolutionsführer, der zweithöchste Amtsträger im Staat (FH 28.2.2022). Er steht der Regierung vor, deren Kabinett er ernennt. Die Kabinettsmitglieder müssen allerdings vom Parlament bestätigt werden. Der Präsident ist der Leiter der Exekutive, zudem repräsentiert er den Staat nach außen und unterzeichnet internationale Verträge. Dennoch ist seine faktische Macht beschränkt (GIZ 12.2020a), da der Revolutionsführer in allen Fragen das letzte Wort hat bzw. haben kann (GIZ 12.2020a; vergleiche OD 19.1.2022).
Ebenfalls alle vier Jahre gewählt wird das Einkammerparlament, genannt Majles, mit 290 Abgeordneten, das gewisse legislative Kompetenzen hat und Ministern das Vertrauen entziehen kann (ÖB Teheran 11.2021). Hauptaufgabe des Parlaments ist die Ausarbeitung neuer Gesetze, die von der Regierung auf den Weg gebracht werden. Es hat aber auch die Möglichkeit, selbst neue Gesetze zu initiieren (GIZ 12.2020a). Bei den Parlamentswahlen vom 21.2.2020 haben (ultra-)konservative Kandidaten knapp 80% der Sitze im Parlament gewonnen (AA 28.1.2022). Vor der Abstimmung disqualifizierte der Wächterrat mehr als 9.000 der 16.000 Personen, die sich für eine Kandidatur angemeldet hatten, darunter eine große Anzahl reformistischer und gemäßigter Kandidaten (FH 28.2.2022). Die Wahlbeteiligung lag bei 42,6%, was als die niedrigste Wahlbeteiligung in die Geschichte der Islamischen Republik einging (FH 28.2.2022; vgl. AA 28.1.2022) mit einem Rekord an ungültigen Stimmen. Es herrscht breite Politikverdrossenheit aufgrund nicht eingelöster Versprechen der vorigen Regierung Rohani zu wirtschaftlichen Reformen, Westöffnung und Korruptionsbekämpfung (ÖB Teheran 11.2021).Ebenfalls alle vier Jahre gewählt wird das Einkammerparlament, genannt Majles, mit 290 Abgeordneten, das gewisse legislative Kompetenzen hat und Ministern das Vertrauen entziehen kann (ÖB Teheran 11.2021). Hauptaufgabe des Parlaments ist die Ausarbeitung neuer Gesetze, die von der Regierung auf den Weg gebracht werden. Es hat aber auch die Möglichkeit, selbst neue Gesetze zu initiieren (GIZ 12.2020a). Bei den Parlamentswahlen vom 21.2.2020 haben (ultra-)konservative Kandidaten knapp 80% der Sitze im Parlament gewonnen (AA 28.1.2022). Vor der Abstimmung disqualifizierte der Wächterrat mehr als 9.000 der 16.000 Personen, die sich für eine Kandidatur angemeldet hatten, darunter eine große Anzahl reformistischer und gemäßigter Kandidaten (FH 28.2.2022). Die Wahlbeteiligung lag bei 42,6%, was als die niedrigste Wahlbeteiligung in die Geschichte der Islamischen Republik einging (FH 28.2.2022; vergleiche AA 28.1.2022) mit einem Rekord an ungültigen Stimmen. Es herrscht breite Politikverdrossenheit aufgrund nicht eingelöster Versprechen der vorigen Regierung Rohani zu wirtschaftlichen Reformen, Westöffnung und Korruptionsbekämpfung (ÖB Teheran 11.2021).
Entscheidende Gremien sind des Weiteren der vom Volk direkt gewählte Expertenrat mit 86 Mitgliedern sowie der Wächterrat mit zwölf Mitgliedern, davon sind sechs vom Obersten Führer ernannte Geistliche und sechs von der Judikative bestimmte (klerikale) Juristen, die vom Parlament bestätigt werden müssen. Der Expertenrat ernennt den Obersten Führer und kann diesen (theoretisch) auch absetzen. Der Wächterrat hat mit einem Verfassungsgerichtshof vergleichbare Kompetenzen (Gesetzeskontrolle), ist jedoch wesentlich mächtiger. Ihm obliegt unter anderem auch die Genehmigung von Kandidaten bei allen nationalen Wahlen (ÖB Teheran 11.2021; vgl. GIZ 12.2020a, FH 28.2.2022, BS 2020). Der Wächterrat ist somit das zentrale Mittel zur Machtausübung des Revolutionsführers (GIZ 12.2020a). Des Weiteren gibt es noch den Schlichtungsrat. Er vermittelt im Gesetzgebungsverfahren und hat darüber hinaus die Aufgabe, auf die Wahrung der 'Gesamtinteressen des Systems' zu achten (AA 14.9.2021a; vgl. GIZ 12.2020a). Er besteht aus 35 Mitgliedern, die vom Revolutionsführer unter Mitgliedern der Regierung, des Wächterrats, des Militärs und seinen persönlichen Vertrauten ernannt werden. Die Interessen des Systems sind unter allen Umständen zu wahren und der Systemstabilität wird in der Islamischen Republik alles untergeordnet. Falls nötig, können so in der Islamischen Republik etwa auch Gesetze verabschiedet werden, die der Scharia widersprechen, solange sie den Interessen des Systems dienen (GIZ 12.2020a).Entscheidende Gremien sind des Weiteren der vom Volk direkt gewählte Expertenrat mit 86 Mitgliedern sowie der Wächterrat mit zwölf Mitgliedern, davon sind sechs vom Obersten Führer ernannte Geistliche und sechs von der Judikative bestimmte (klerikale) Juristen, die vom Parlament bestätigt werden müssen. Der Expertenrat ernennt den Obersten Führer und kann diesen (theoretisch) auch absetzen. Der Wächterrat hat mit einem Verfassungsgerichtshof vergleichbare Kompetenzen (Gesetzeskontrolle), ist jedoch wesentlich mächtiger. Ihm obliegt unter anderem auch die Genehmigung von Kandidaten bei allen nationalen Wahlen (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche GIZ 12.2020a, FH 28.2.2022, BS 2020). Der Wächterrat ist somit das zentrale Mittel zur Machtausübung des Revolutionsführers (GIZ 12.2020a). Des Weiteren gibt es noch den Schlichtungsrat. Er vermittelt im Gesetzgebungsverfahren und hat darüber hinaus die Aufgabe, auf die Wahrung der 'Gesamtinteressen des Systems' zu achten (AA 14.9.2021a; vergleiche GIZ 12.2020a). Er besteht aus 35 Mitgliedern, die vom Revolutionsführer unter Mitgliedern der Regierung, des Wächterrats, des Militärs und seinen persönlichen Vertrauten ernannt werden. Die Interessen des Systems sind unter allen Umständen zu wahren und der Systemstabilität wird in der Islamischen Republik alles untergeordnet. Falls nötig, können so in der Islamischen Republik etwa auch Gesetze verabschiedet werden, die der Scharia widersprechen, solange sie den Interessen des Systems dienen (GIZ 12.2020a).
Präsident, Parlament und Expertenrat werden also in geheimen und direkten Wahlen vom Volk gewählt. Den OECD-Standards entspricht das Wahlsystem jedoch schon aus dem Grund nicht, dass sämtliche Kandidaten im Vorfeld durch den von Revolutionsführer und Justizchef ernannten Wächterrat zugelassen werden müssen (AA 28.1.2022; vgl. FH 28.2.2022).Präsident, Parlament und Expertenrat werden also in geheimen und direkten Wahlen vom Volk gewählt. Den OECD-Standards entspricht das Wahlsystem jedoch schon aus dem Grund nicht, dass sämtliche Kandidaten im Vorfeld durch den von Revolutionsführer und Justizchef ernannten Wächterrat zugelassen werden müssen (AA 28.1.2022; vergleiche FH 28.2.2022).
Das Regime reagierte auch unter der moderaten Regierung von Ex-Präsident Rohani in den letzten Jahren auf die wirtschaftliche Krise und immer wieder hochkommenden Unmut und Demonstrationen mit hartem Vorgehen gegen Menschenrechtsverteidiger, Frauenrechtsaktivisten, religiöse und ethnische Minderheiten und Umweltaktivisten. Die Regierung Raisi ist noch dabei, ihre Machtstruktur auf allen Ebenen zu festigen. Sie hat jedoch bereits stärkere Einschränkungen der Meinungsfreiheit im Sinne der 'islamischen Gesellschaftsordnung' (Rolle der Frauen fokussiert auf Gebärfunktion), der Ablehnung 'westlicher' Kultur, der Unterdrückung von Kritik (Internetzensur) und eine stärkere Ausrichtung auf Russland und China und deren politische Modelle angekündigt (ÖB Teheran 11.2021).
Sicherheitslage
Iran verfügt über eine stabile politische Ordnung und Infrastruktur. Es bestehen jedoch gewisse Spannungen, die periodisch zunehmen. Den komplexen Verhältnissen in der Region muss stets Rechnung getragen werden. Bestimmte Ereignisse und Konflikte in Nachbarländern können sich auf die Sicherheitslage in Iran auswirken. Die schwierige Wirtschaftslage und latente Spannungen im Land führen periodisch zu Kundgebungen, zum Beispiel im Zusammenhang mit Preiserhöhungen oder mit (religiösen) Lokalfeiertagen und Gedenktagen. Dabei muss mit schweren Ausschreitungen und gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten sowie mit Straßenblockaden gerechnet werden. Zum Beispiel haben im Juli 2021 Proteste gegen die Wasserknappheit in der Provinz Khuzestan und im November 2019 Proteste gegen die Erhöhung der Treibstoffpreise Todesopfer und Verletzte gefordert (EDA 19.5.2022).
Das Risiko von Anschlägen besteht im ganzen Land. In den Grenzprovinzen im Osten und Westen werden die Sicherheitskräfte immer wieder Ziel von bewaffneten Überfällen und Anschlägen (EDA 19.5.2022). In Iran kommt es, vor allem in Regionen mit einem hohen Anteil an Minderheiten in der Bevölkerung, unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund. Die iranischen Behörden haben seit einiger Zeit die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen im Grenzbereich zum Irak und zu Pakistan, aber auch in der Hauptstadt Teheran erhöht (AA 19.5.2022b).
In der Provinz Sistan-Belutschistan (Südosten, Grenze zu Pakistan/Afghanistan) kommt es regelmäßig zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppierungen. Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und es gibt vermehrt Sicherheits- und Personenkontrollen (AA 19.5.2022b). Die Grenzzone Afghanistan, östliches Kerman und Sistan-Belutschistan, stehen teilweise unter dem Einfluss von Drogenhändlerorganisationen sowie von extremistischen Organisationen. Sie verüben immer wieder Anschläge und setzen teilweise Landminen auf Überlandstraßen ein. Es kann hier jederzeit zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften kommen (EDA 19.5.2022).
In der Provinz Kurdistan und der ebenfalls von Kurden bewohnten Provinz West-Aserbaidschan gibt es wiederholt Anschläge gegen Sicherheitskräfte, Personal der Justiz und Angehörige des Klerus. In diesem Zusammenhang haben Sicherheitskräfte ihr Vorgehen gegen kurdische Separatistengruppen sowie Kontrollen mit Checkpoints noch einmal verstärkt. Seit 2015 kommt es nach iranischen Angaben in der Provinz Khuzestan und in anderen Landesteilen, auch in Teheran, wiederholt zu Verhaftungen von Personen, die mit dem sogenannten Islamischen Staat in Verbindung stehen und Terroranschläge in Iran geplant haben sollen (AA 19.5.2022b). Im iranisch-irakischen Grenzgebiet sind zahlreiche Minenfelder vorhanden (in der Regel Sperrzonen). Die unsichere Lage und die Konflikte im Irak verursachen Spannungen im Grenzgebiet. Gelegentlich kommt es zu Schusswechseln zwischen aufständischen Gruppierungen, kriminellen Banden und den Sicherheitskräften (EDA 19.5.2022). Schmuggler, die zwischen dem iranischen und irakischen Kurdistan verkehren, werden mitunter erschossen, auch wenn sie unbewaffnet sind (ÖB Teheran 11.2021). Gelegentlich kommt es auch im Grenzgebiet zur Türkei zu Schusswechseln zwischen militanten Gruppierungen und den iranischen Sicherheitskräften. Auch für unbeteiligte Personen besteht das Risiko, unversehens in einen Schusswechsel zu geraten (EDA 19.5.2022).
Obwohl die iranische Führung den Taliban in Afghanistan misstrauisch gegenübersteht, begrüßte sie im August 2021 nicht nur das Ende des Bürgerkriegs in Afghanistan, sondern auch den Abzug der US-geführten Koalition aus dem Land, insbesondere von den Ostgrenzen Irans. Iranische Beamte haben Taliban-Vertretern im April 2022 erlaubt, in die afghanische Botschaft in Teheran zurückzukehren. Dennoch sind die Taliban-Mitarbeiter nur befugt, konsularische Aufgaben wahrzunehmen, da Iran, wie alle anderen Regierungen auch, die Taliban nicht offiziell als Regierungsbehörde Afghanistans anerkannt hat. Das Misstrauen Irans gegenüber den Taliban besteht weiterhin, was zum Teil durch mehrere Bombenanschläge auf afghanische schiitische Moscheen, die von den Sicherheitskräften der Taliban nicht verhindert werden konnten, sowie durch angebliche Misshandlungen von Schiiten durch die Taliban genährt wurde. Ende April 2022 kam es im Bezirk Islam Qala westlich von Herat zu Zusammenstößen zwischen iranischen Grenzschützern und afghanischen Streitkräften, weil die Afghanen in der Nähe der Grenze Straßen gebaut hatten. Die afghanischen Behörden reagierten darauf mit der Beschlagnahmung eines iranischen Militärfahrzeugs, woraufhin Iran zusätzliche reguläre Boden- und Hubschrauber-Militäreinheiten (keine Kräfte der Islamischen Revolutionsgarden) an die Grenze entsandte. Iran schloss den Grenzübergang vorübergehend und spielte die militärische Aufstockung als Teil der routinemäßigen Grenzsicherheitsmaßnahmen herunter. Beamte des iranischen Außenministeriums kritisierten gleichzeitig die Afghanen wegen 'möglicher mangelnder Fähigkeiten' und der Unfähigkeit, die Grenzpunkte zwischen den beiden Ländern zu unterscheiden. Beide Seiten versuchten daraufhin, die Spannungen zu entschärfen, indem sie ankündigten, dass der amtierende Taliban-Minister für Flüchtlinge und Rückführungen Anfang Mai eine Delegation nach Iran führt, um die Grenzzusammenstöße und die angebliche iranische Misshandlung afghanischer Flüchtlinge zu besprechen (SC 4.5.2022)
Verbotene Organisationen
Die Mitgliedschaft in verbotenen politischen Gruppierungen kann zu staatlichen Zwangsmaßnahmen und Sanktionen führen. Besonders schwerwiegend und verbreitet sind staatliche Repressionen gegen jegliche Aktivität, die als Angriff auf das politische System empfunden wird oder die islamischen Grundsätze infrage stellt. Dies ist besonders ausgeprägt bei Gruppierungen, die die Interessen religiöser oder ethnischer Minderheiten vertreten. Als rechtliche Grundlage dienen dazu weitgefasste Straftatbestände. Personen, deren öffentliche Kritik sich gegen das System der Islamischen Republik Iran als solches richtet und die zugleich intensive Auslandskontakte unterhalten, können der Spionage beschuldigt werden (AA 28.1.2022).
Zu den militanten separatistischen Gruppen in Iran zählen insbesondere die kurdisch-marxistische Komala(h)-Partei, die Democratic Party of Iranian Kurdistan (KDPI), die aus Belutschistan stammende Jundallah und die Party for a Free Life in Kurdistan (PJAK), die eng mit ihrer Schwesterorganisation, der türkischen Arbeiterpartei Kurdistans - PKK, zusammenarbeitet (AA 28.1.2022). Die politischen Gruppierungen KDPI, Komala und PJAK sind im Untergrund aktiv (DIS/DRC 23.2.2018). Die PJAK gilt in Iran als Terrororganisation (ÖB Teheran 11.2021) und hat einen bewaffneten Flügel (AI 15.6.2018). Von Mai bis September 2016 wurden fast wöchentlich bewaffnete Konflikte zwischen kurdischen Guerillakräften und iranischen Sicherheitskräften gemeldet. In den letzten zehn Jahren hatte hauptsächlich die kurdische Partei PJAK militärische Operationen im Nordwesten Irans durchgeführt. Seit Mai 2016 beteiligen sich auch andere kurdische Parteien (KDPI, KDP-I, PAK) an militärischen Operationen gegen iranische Sicherheitskräfte. Alle diese Parteien operieren von Militärbasen und Lagern im Nordirak aus. Die Revolutionsgarden haben im gleichen Zeitraum ihre Präsenz in der Region verstärkt und kurdische Dörfer sowohl auf iranischer als auch auf irakischer Seite angegriffen. Mitglieder und Unterstützer von KDPI und Komala werden im Allgemeinen härter behandelt als andere Aktivisten im kurdischen Raum. In der Regel unterscheiden die iranischen Behörden nicht zwischen Mitgliedern und Unterstützern der Parteien. Während die iranischen Behörden Personen, die verhaftet werden, beschuldigen, mit diesen Parteien verbunden zu sein, ist dies nicht immer der Fall. Familienmitglieder von Parteimitgliedern und Unterstützern laufen ebenfalls Gefahr, von den iranischen Behörden befragt, inhaftiert und verhaftet zu werden, um dadurch Druck auf Aktivisten auszuüben. Enge Familienmitglieder werden häufiger verhaftet als Mitglieder der Großfamilie (DIS 7.2.2020). Auch die Volksmudschahedin (MEK, MKO, PMOI) zählen zu den verbotenen Organisationen (AI 11.2.2019; vgl. Landinfo 12.4.2021).Zu den militanten separatistischen Gruppen in Iran zählen insbesondere die kurdisch-marxistische Komala(h)-Partei, die Democratic Party of Iranian Kurdistan (KDPI), die aus Belutschistan stammende Jundallah und die Party for a Free Life in Kurdistan (PJAK), die eng mit ihrer Schwesterorganisation, der türkischen Arbeiterpartei Kurdistans - PKK, zusammenarbeitet (AA 28.1.2022). Die politischen Gruppierungen KDPI, Komala und PJAK sind im Untergrund aktiv (DIS/DRC 23.2.2018). Die PJAK gilt in Iran als Terrororganisation (ÖB Teheran 11.2021) und hat einen bewaffneten Flügel (AI 15.6.2018). Von Mai bis September 2016 wurden fast wöchentlich bewaffnete Konflikte zwischen kurdischen Guerillakräften und iranischen Sicherheitskräften gemeldet. In den letzten zehn Jahren hatte hauptsächlich die kurdische Partei PJAK militärische Operationen im Nordwesten Irans durchgeführt. Seit Mai 2016 beteiligen sich auch andere kurdische Parteien (KDPI, KDP-I, PAK) an militärischen Operationen gegen iranische Sicherheitskräfte. Alle diese Parteien operieren von Militärbasen und Lagern im Nordirak aus. Die Revolutionsgarden haben im gleichen Zeitraum ihre Präsenz in der Region verstärkt und kurdische Dörfer sowohl auf iranischer als auch auf irakischer Seite angegriffen. Mitglieder und Unterstützer von KDPI und Komala werden im Allgemeinen härter behandelt als andere Aktivisten im kurdischen Raum. In der Regel unterscheiden die iranischen Behörden nicht zwischen Mitgliedern und Unterstützern der Parteien. Während die iranischen Behörden Personen, die verhaftet werden, beschuldigen, mit diesen Parteien verbunden zu sein, ist dies nicht immer der Fall. Familienmitglieder von Parteimitgliedern und Unterstützern laufen ebenfalls Gefahr, von den iranischen Behörden befragt, inhaftiert und verhaftet zu werden, um dadurch Druck auf Aktivisten auszuüben. Enge Familienmitglieder werden häufiger verhaftet als Mitglieder der Großfamilie (DIS 7.2.2020). Auch die Volksmudschahedin (MEK, MKO, PMOI) zählen zu den verbotenen Organisationen (AI 11.2.2019; vergleiche Landinfo 12.4.2021).
Hinsichtlich des Risikos für politische Aktivitäten verhaftet zu werden, ist die Art der Aktivität entscheidend. Andauernde politische Aktivitäten werden eher in einer Anklage enden. Auch Personen, die mit politischem Material oder beim Anbringen politischer Slogans an Wänden erwischt werden, laufen Gefahr, verhaftet zu werden. Eine Person, die nur eine einzige politische Aktivität auf niedrigem Niveau setzt - z.B. Verteilen von Flugblättern - läuft kaum Gefahr, deswegen angeklagt zu werden (DIS/DRC 23.2.2018).
Volksmudschahedin (Mujahedin-e-Khalq – MEK, MKO; People’s Mojahedin Organisation of Iran – PMOI; National Council of Resistance of Iran – NCRI)
Die militante iranische Exil-Oppositionsbewegung Mujahedin-e Khalq (MEK, oder auch MKO, 'iranische Volksmudschahedin') gilt in Iran als Terrororganisation (ÖB Teheran 9.2017; vgl. Landinfo 12.4.2021, EUAA 30.3.2022) und wird für die Ermordung von 17.000 Iranern verantwortlich gemacht (ÖB Teheran 9.2017; vgl. GS o.D., SFH 20.7.2018). Verbindungen zur MEK gelten in Iran als 'moharebeh' ('Waffenaufnahme gegen Gott'), worauf die Todesstrafe steht (ÖB Teheran 11.2021). Im Exil in Frankreich hat die MEK-Führung den Nationalen Widerstandsrat [National Council of Resistance of Iran (NCRI)] gegründet (Telepolis 18.1.2019; vgl. Landinfo 12.4.2021, EUAA 30.3.2022). Im Juni 2018 wurde ein geplanter Terroranschlag auf ein MEK-Treffen nahe Paris vereitelt (ÖB Teheran 11.2021).Die militante iranische Exil-Oppositionsbewegung Mujahedin-e Khalq (MEK, oder auch MKO, 'iranische Volksmudschahedin') gilt in Iran als Terrororganisation (ÖB Teheran 9.2017; vergleiche Landinfo 12.4.2021, EUAA 30.3.2022) und wird für die Ermordung von 17.000 Iranern verantwortlich gemacht (ÖB Teheran 9.2017; vergleiche GS o.D., SFH 20.7.2018). Verbindungen zur MEK gelten in Iran als 'moharebeh' ('Waffenaufnahme gegen Gott'), worauf die Todesstrafe steht (ÖB Teheran 11.2021). Im Exil in Frankreich hat die MEK-Führung den Nationalen Widerstandsrat [National Council of Resistance of Iran (NCRI)] gegründet (Telepolis 18.1.2019; vergleiche Landinfo 12.4.2021, EUAA 30.3.2022). Im Juni 2018 wurde ein geplanter Terroranschlag auf ein MEK-Treffen nahe Paris vereitelt (ÖB Teheran 11.2021).
Die linksgerichtete MEK wurde in den 1960er-Jahren mit der Intention gegründet, den Schah von Persien zu stürzen. Sie unterstützte während der iranischen Revolution Ayatollah Khomeini. Die Organisation wurde Anfang der 1980er-Jahre aus Iran ins Exil in den Irak vertrieben, nachdem sie gegen Khomeini opponiert hatte. Die MEK wird für verschiedene Anschläge verantwortlich gemacht und hatte als Verbündete der irakischen Seite am ersten Golfkrieg zwischen 1980 bis 1988 teilgenommen. Im Jahr 1987 gründete die Organisation einen bewaffneten Arm, die National Liberation Army (NLA) und führte ab 1988 von der 60 Kilometer von Bagdad entfernten Basis Ashraf ausgehend bewaffnete Operationen durch. In diesem Zeitraum exekutierten die iranischen Behörden Hunderte bis Tausende MEK-Mitglieder, welche als Feinde der Nation und Verräter bezeichnet wurden. Die Organisation wurde von einer Reihe von Staaten offiziell als terroristische Organisation eingestuft, darunter von den USA, der EU und Großbritannien. Im Jahr 2003 hat sich die MEK entwaffnet und den Verzicht auf Gewalt verkündet (SFH 20.7.2018; vgl. Landinfo 12.4.2021). In den Jahren 2008, 2009 und 2012 wurde die MEK in Großbritannien, in der EU und in den USA von der Liste der terroristischen Organisationen entfernt (SFH 20.7.2018). Die MEK-Mitglieder im Irak ließen sich ab 2011 im Rahmen einer von UNHCR unterstützten Umsiedlung mehrheitlich in Albanien nieder. Im September 2016 sollen die letzten Volksmudschahedin ihr Lager im Irak verlassen haben (SFH 20.7.2018; vgl. Guardian 9.11.2018). Mittlerweile sind viele von ihnen in die EU und die USA weitergereist (Guardian 9.11.2018). Die iranischen Behörden beobachten die Aktivitäten von MEK-Mitgliedern im Exil (Landinfo 12.4.2021).Die linksgerichtete MEK wurde in den 1960er-Jahren mit der Intention gegründet, den Schah von Persien zu stürzen. Sie unterstützte während der iranischen Revolution Ayatollah Khomeini. Die Organisation wurde Anfang der 1980er-Jahre aus Iran ins Exil in den Irak vertrieben, nachdem sie gegen Khomeini opponiert hatte. Die MEK wird für verschiedene Anschläge verantwortlich gemacht und hatte als Verbündete der irakischen Seite am ersten Golfkrieg zwischen 1980 bis 1988 teilgenommen. Im Jahr 1987 gründete die Organisation einen bewaffneten Arm, die National Liberation Army (NLA) und führte ab 1988 von der 60 Kilometer von Bagdad entfernten Basis Ashraf ausgehend bewaffnete Operationen durch. In diesem Zeitraum exekutierten die iranischen Behörden Hunderte bis Tausende MEK-Mitglieder, welche als Feinde der Nation und Verräter bezeichnet wurden. Die Organisation wurde von einer Reihe von Staaten offiziell als terroristische Organisation eingestuft, darunter von den USA, der EU und Großbritannien. Im Jahr 2003 hat sich die MEK entwaffnet und den Verzicht auf Gewalt verkündet (SFH 20.7.2018; vergleiche Landinfo 12.4.2021). In den Jahren 2008, 2009 und 2012 wurde die MEK in Großbritannien, in der EU und in den USA von der Liste der terroristischen Organisationen entfernt (SFH 20.7.2018). Die MEK-Mitglieder im Irak ließen sich ab 2011 im Rahmen einer von UNHCR unterstützten Umsiedlung mehrheitlich in Albanien nieder. Im September 2016 sollen die letzten Volksmudschahedin ihr Lager im Irak verlassen haben (SFH 20.7.2018; vergleiche Guardian 9.11.2018). Mittlerweile sind viele von ihnen in die EU und die USA weitergereist (Guardian 9.11.2018). Die iranischen Behörden beobachten die Aktivitäten von MEK-Mitgliedern im Exil (Landinfo 12.4.2021).
Experten sind sich einig, dass die Volksmudschahedin die USA beim Eingreifen im Irak, bei diversen Aktionen im Nahen Osten und beim Kampf gegen den Terrorismus unterstützt haben. Auch bei der Veröffentlichung des iranischen Atomprogramms sollen sie eine wichtige Rolle gespielt haben (DW 28.3.2016; vgl. Guardian 9.11.2018). Obwohl die MEK behauptet, das iranische Volk zu vertreten und ihre Rolle bei den Volksaufständen der letzten Jahre betont, gibt es kaum Anzeichen dafür, dass sie in Iran signifikante Unterstützung erhält. Das iranische Regime betrachtet die MEK als Terrororganisation und wirft ihr vor, in Zusammenarbeit mit ausländischen Mächten Proteste anzuzetteln. Folglich riskieren diejenigen, die im Verdacht stehen, Verbindungen zu dieser Gruppe zu haben - einschließlich der Familienmitglieder - starke Reaktionen (Landinfo 12.4.2021; vgl. ACCORD 7.2018). Die österreichische Botschaft berichtet hierzu, dass die MEK zwar die stärkste oppositionelle Bewegung und international präsent ist, dass sie aber in Iran aufgrund ihrer terroristischen Vergangenheit und der Unterstützung Saddam Husseins im Iran-Irak-Krieg kaum Unterstützung genießt (ÖB Teheran 11.2021). In den letzten Jahren scheint sich die MEK darauf zu konzentrieren, die öffentliche Meinung zu beeinflussen und als praktikable Alternative zum derzeitigen Regime internationale Unterstützung zu gewinnen. Die Organisation führt umfassende PR- und Lobbying-Kampagnen durch, unter anderem durch den oben erwähnten Nationalen Widerstandsrat (NCRI) (Landinfo 12.4.2021).Experten sind sich einig, dass die Volksmudschahedin die USA beim Eingre