Entscheidungsdatum
13.03.2024Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W105 2276456-1/5E
W105 2276457-1/4E
W105 2276458-1/3E
W105 2276460-1/3E
W105 2276459-1/4E
Beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. BENDA über die Beschwerden 1.) des XXXX , geb. am XXXX , 2.) der XXXX , geb. am XXXX , 3.) der XXXX , geb. XXXX , 4.) der XXXX , geb. XXXX , und 5.) des mj. XXXX , geb. XXXX , alle StA. Afghanistan und vertreten durch die BBU GmbH, gegen jeweils Spruchpunkt I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.06.2023, Zlen.: 1212760005/220294613 (ad 1.), 1212760103/220294605 (ad 2.), 1212760408/220294591 (ad 3.), 1212760506/220294583 (ad 4.), und 1212760604/220294575 (ad 5.) den Beschluss:Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. BENDA über die Beschwerden 1.) des römisch XXXX , geb. am römisch XXXX , 2.) der römisch XXXX , geb. am römisch XXXX , 3.) der römisch XXXX , geb. römisch XXXX , 4.) der römisch XXXX , geb. römisch XXXX , und 5.) des mj. römisch XXXX , geb. römisch XXXX , alle StA. Afghanistan und vertreten durch die BBU GmbH, gegen jeweils Spruchpunkt römisch eins. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.06.2023, Zlen.: 1212760005/220294613 (ad 1.), 1212760103/220294605 (ad 2.), 1212760408/220294591 (ad 3.), 1212760506/220294583 (ad 4.), und 1212760604/220294575 (ad 5.) den Beschluss:
A) Das Verfahren über die Beschwerden wird gemäß § 38 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) bis zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union in den Rechtssachen C-608/22 und C-609/22 über die mit Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofs vom 14.09.2022, Ra 2021/20/0425 und Ra 2022/20/0028, vorgelegten Fragen ausgesetzt. A) Das Verfahren über die Beschwerden wird gemäß Paragraph 38, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit Paragraph 17, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) bis zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union in den Rechtssachen C-608/22 und C-609/22 über die mit Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofs vom 14.09.2022, Ra 2021/20/0425 und Ra 2022/20/0028, vorgelegten Fragen ausgesetzt.
B) Die Revision ist nicht zulässig.
Text
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:römisch eins. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Erstbeschwerdeführer ist Ehegatte der Zweitbeschwerdeführerin, beide sind Eltern der volljährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführerinnen sowie des minderjährigen Fünftbeschwerdeführers, der von seinen Eltern gesetzlich vertreten wird. Alle sind Staatsangehörige Afghanistans und reisten legal mittels Visa der Kategorie D am 28.10.2021 in das österreichische Bundesgebiet ein.
Im November 2021 wurde den Beschwerdeführern jeweils ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ der zuständigen BH mit Gültigkeit XXXX bis XXXX ausgestellt.Im November 2021 wurde den Beschwerdeführern jeweils ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ der zuständigen BH mit Gültigkeit römisch XXXX bis römisch XXXX ausgestellt.
Am 16.02.2022 stellten die Beschwerdeführer Anträge auf internationalen Schutz.
Am selben Tag wurde der Erstbeschwerdeführer im Verfahren über seinen gestellten Antrag auf internationalen Schutz erstbefragt. Er gab dabei zu seinen Fluchtgründen an, dass seine Familie der Volksgruppe der Hazara angehöre und sie in Afghanistan als Angehörige einer Minderheit verfolgt würden.
Die Zweitbeschwerdeführerin gab im Rahmen ihrer am selben Tag erfolgten Erstbefragung hinsichtlich ihrer Fluchtgründe zu Protokoll, dass ihr Leben und das Leben ihrer Familie in Gefahr gewesen sei.
Die Drittbeschwerdeführerin gab im Rahmen ihrer Erstbefragung hinsichtlich ihrer Fluchtgründe unter einem an, dass das Leben in Afghanistan zur Zeit extrem gefährlich wegen der Taliban wäre. Auch sei es für Frauen sehr schwierig unter der Talibanregierung.
Die Viertbeschwerdeführerin gab anlässlich ihrer Erstbefragung an, dass ihre Familie mit den Taliban Probleme gehabt habe, da sie der Minderheit der Schiiten angehöre. Bei einer Rückkehr fürchte sie eine Zwangsheirat.
Der minderjährige Fünftbeschwerdeführer wurde aufgrund seines jugendlichen Alters nicht niederschriftlich einvernommen.
Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 27.04.2023 gab der Erstbeschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er sein Heimatland verlassen habe, da Armut und Krieg in Afghanistan herrschen würden. Die Taliban hätten Leute umgebracht, auch hätten sie Hazara getötet.
Die Zweitbeschwerdeführerin gab im Rahmen ihrer niederschriftlichen Einvernahme am selben Tag hinsichtlich ihrer Fluchtgründe an, dass sie für die Polizei Brot gebacken habe und sei sie am Weg gewesen, um Waren zu kaufen, als auf sie geschossen worden wäre. Sie sei dann bewusstlos geworden. Es würden jetzt reihenweise Leute verschleppt, die für die Regierung gearbeitet hätten.
Die Drittbeschwerdeführerin gab im Rahmen ihrer niederschriftlichen Einvernahme am selben Tag hinsichtlich ihrer Fluchtgründe sowie bezüglich ihrer Befürchtungen für den Fall ihrer Rückkehr nach Afghanistan unter einem an, dass sie allgemein Angst vor den Taliban hätte. Diese hätten Mädchen aus ihrem Dorf verschwinden lassen und würden diese Mädchen vergewaltigen.
Die Viertbeschwerdeführerin sowie der Fünftbeschwerdeführer wurden jeweils nicht niederschriftlich einvernommen.
2. Mit den hinsichtlich jeweils Spruchpunkt I. angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) sowie den Genannten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 iVm § 34 Abs. 3 AsylG der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihnen gemäß § 8 Abs. 4 leg.cit. eine befristete Aufenthaltsberechtigung für 1 Jahr erteilt (Spruchpunkt III.). 2. Mit den hinsichtlich jeweils Spruchpunkt römisch eins. angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.) sowie den Genannten gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 34, Absatz 3, AsylG der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihnen gemäß Paragraph 8, Absatz 4, leg.cit. eine befristete Aufenthaltsberechtigung für 1 Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).
Begründend wurde ausgeführt, die Beschwerdeführer hätten keine asylrelevanten Probleme aufgrund ihrer Rasse, Volksgruppenzugehörigkeit, Religionszugehörigkeit, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe glaubhaft gemacht. Die Beschwerdeführer hätten zwar angegeben, dass sie Angst vor den Taliban hätten, jedoch wären sie persönlich nie bedroht worden und hätten sie keine einzige, konkret gegen sie gerichtete Verfolgungshandlung vorgebracht. Darüber hinaus würden ihre Schilderungen oberflächlich, detailarm und nicht lebensnah wirken. Die Beschwerdeführer hätten somit keine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen glaubhaft machen können. Aufgrund der prekären Versorgungslage in Afghanistan sei den Beschwerdeführern subsidiärer Schutz zu gewähren.
3. Gegen Spruchpunkt I. dieser Bescheide wurde durch die bevollmächtigte Vertretung der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 02.08.2023 die gegenständlichen Beschwerden erhoben. Begründend wurde unter anderem ausgeführt, der Zweitbeschwerdeführerin drohe alleine aufgrund ihrer angeborenen Eigenschaft als Frau asylrelevante Verfolgung. Dem Länderinformationsblatt zu Afghanistan vom 21.03.2023 sei die besondere Gefährdungslage von Frauen in Afghanistan zu entnehmen. So fänden Ermordungen, Hetzjagden von Frauen, Arbeitsverbote, gewaltsame Auflösungen von Frauendemonstrationen, Zwangsverheiratung sowie Einschränkungen im Recht auf Bildung für Frauen statt. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. 3. Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieser Bescheide wurde durch die bevollmächtigte Vertretung der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 02.08.2023 die gegenständlichen Beschwerden erhoben. Begründend wurde unter anderem ausgeführt, der Zweitbeschwerdeführerin drohe alleine aufgrund ihrer angeborenen Eigenschaft als Frau asylrelevante Verfolgung. Dem Länderinformationsblatt zu Afghanistan vom 21.03.2023 sei die besondere Gefährdungslage von Frauen in Afghanistan zu entnehmen. So fänden Ermordungen, Hetzjagden von Frauen, Arbeitsverbote, gewaltsame Auflösungen von Frauendemonstrationen, Zwangsverheiratung sowie Einschränkungen im Recht auf Bildung für Frauen statt. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Mit Stellungnahme vom 29.02.2024 wurde seitens der Beschwerdeführer erneut auf die nachteilig geänderte Situation der Frauen nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan hingewiesen. Es gebe Berichte über Fälle von Gewalt gegen Frauen, Zwangsheirat sowie über die Verhinderung des Zugangs von Frauen zu Gesundheitsdiensten und würden viele Frauen in ständiger Angst vor Repressalien und Verletzungen ihrer Rechte leben. In Summe reiche die Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Frauen bereits aus, um von erheblichen Menschenrechtsverletzungen betroffen zu sein.
Die Verfahren des Erstbeschwerdeführers, der Zweitbeschwerdeführerin, der Viertbeschwerdeführerin und des Fünftbeschwerdeführers wurden mit dem Verfahren der zum Zeitpunkt der Asylantragstellung volljährigen Drittbeschwerdeführerin zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und den vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes.
2. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
2.1. Gemäß § 17 VwGVG ist § 38 AVG auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anwendbar:2.1. Gemäß Paragraph 17, VwGVG ist Paragraph 38, AVG auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anwendbar:
„Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.“
§ 38 AVG erfasst nur Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären (VwGH 14.04.2021, Ra 2020/19/0379).Paragraph 38, AVG erfasst nur Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären (VwGH 14.04.2021, Ra 2020/19/0379).
Der Verwaltungsgerichtshof sieht in ständiger Rechtsprechung sowohl die Verwaltungsgerichte als auch sich selbst als berechtigt an, ein Verfahren gemäß § 38 letzter Satz AVG auszusetzen, wenn die betreffende Frage auf Grund eines Vorabentscheidungsersuchens – etwa des Verwaltungsgerichtshofes selbst – in einem gleich gelagerten Fall bereits beim Gerichtshof der Europäischen Union anhängig ist (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 38 [Stand 1.4.2021, rdb.at] Rz 18). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können auf der Grundlage des § 38 AVG Verfahren bis zur (in einem anderen Verfahren beantragten) Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union ausgesetzt werden; eine dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Klärung vorgelegte Frage des Unionsrecht kann nämlich eine Vorfrage iSd § 38 AVG darstellen, die zufolge des im Bereich des Unionsrechts bestehenden Auslegungsmonopols des Gerichtshof der Europäischen Union von diesem zu entscheiden ist (vgl. VwGH 14.04.2021, Ra 2020/19/0379). Der Verwaltungsgerichtshof sieht in ständiger Rechtsprechung sowohl die Verwaltungsgerichte als auch sich selbst als berechtigt an, ein Verfahren gemäß Paragraph 38, letzter Satz AVG auszusetzen, wenn die betreffende Frage auf Grund eines Vorabentscheidungsersuchens – etwa des Verwaltungsgerichtshofes selbst – in einem gleich gelagerten Fall bereits beim Gerichtshof der Europäischen Union anhängig ist vergleiche Hengstschläger/Leeb, AVG Paragraph 38, [Stand 1.4.2021, rdb.at] Rz 18). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können auf der Grundlage des Paragraph 38, AVG Verfahren bis zur (in einem anderen Verfahren beantragten) Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union ausgesetzt werden; eine dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Klärung vorgelegte Frage des Unionsrecht kann nämlich eine Vorfrage iSd Paragraph 38, AVG darstellen, die zufolge des im Bereich des Unionsrechts bestehenden Auslegungsmonopols des Gerichtshof der Europäischen Union von diesem zu entscheiden ist vergleiche VwGH 14.04.2021, Ra 2020/19/0379).
2.2. Mit Beschlüssen vom 14.09.2022, Zlen.: EU 2022/0016 (Ra 2021/20/0425) und EU 2022/0017 (Ra 2022/20/0028), legte der Verwaltungsgerichtshof dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:
„1. Ist die Kumulierung von Maßnahmen, die in einem Staat von einem faktisch die Regierungsgewalt innehabenden Akteur gesetzt, gefördert oder geduldet werden und insbesondere darin bestehen, dass Frauen
- die Teilhabe an politischen Ämtern und politischen Entscheidungsprozessen verwehrt wird,
- keine rechtlichen Mittel zur Verfügung gestellt werden, um Schutz vor geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt erhalten zu können,
- allgemein der Gefahr von Zwangsverheiratungen ausgesetzt sind, obgleich solche vom faktisch die Regierungsgewalt innehabenden Akteur zwar verboten wurden, aber den Frauen gegen Zwangsverheiratungen kein effektiver Schutz gewährt wird und solche Eheschließungen zuweilen auch unter Beteiligung von faktisch mit Staatsgewalt ausgestatten Personen im Wissen, dass es sich um eine Zwangsverheiratung handelt, vorgenommen werden,
- einer Erwerbstätigkeit nicht oder in eingeschränktem Ausmaß überwiegend nur zu Hause nachgehen dürfen,
- der Zugang zu Gesundheitseinrichtungen erschwert wird,
- der Zugang zu Bildung - gänzlich oder in großem Ausmaß (etwa indem Mädchen lediglich eine Grundschulausbildung zugestanden wird) - verwehrt wird,
- sich ohne Begleitung eines (in einem bestimmten Angehörigenverhältnis stehenden) Mannes nicht in der Öffentlichkeit, allenfalls im Fall der Überschreitung einer bestimmten Entfernung zum Wohnort, aufhalten oder bewegen dürfen,
- ihren Körper in der Öffentlichkeit vollständig zu bedecken und ihr Gesicht zu verhüllen haben,
- keinen Sport ausüben dürfen,
im Sinn des Art. 9 Abs. 1 lit. b Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Neufassung) als so gravierend anzusehen, dass eine Frau davon in ähnlicher wie der unter lit. a des Art. 9 Abs. 1 dieser Richtlinie beschriebenen Weise betroffen ist? im Sinn des Artikel 9, Absatz eins, Litera b, Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Neufassung) als so gravierend anzusehen, dass eine Frau davon in ähnlicher wie der unter Litera a, des Artikel 9, Absatz eins, dieser Richtlinie beschriebenen Weise betroffen ist?
2. Ist es für die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten hinreichend, dass eine Frau von diesen Maßnahmen im Herkunftsstaat allein aufgrund ihres Geschlechts betroffen ist, oder ist für die Beurteilung, ob eine Frau von diesen - in ihrer Kumulierung zu betrachtenden - Maßnahmen im Sinn des Art. 9 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2011/95/EU betroffen ist, die Prüfung ihrer individuellen Situation erforderlich?“2. Ist es für die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten hinreichend, dass eine Frau von diesen Maßnahmen im Herkunftsstaat allein aufgrund ihres Geschlechts betroffen ist, oder ist für die Beurteilung, ob eine Frau von diesen - in ihrer Kumulierung zu betrachtenden - Maßnahmen im Sinn des Artikel 9, Absatz eins, Litera b, der Richtlinie 2011/95/EU betroffen ist, die Prüfung ihrer individuellen Situation erforderlich?“
2.3.1. Auch in den Fällen der Beschwerdeführer handelt es sich um Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht betreffend die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten.
Die belangte Behörde hat der Zweitbeschwerdeführerin sowie den Dritt- und Viertbeschwerdeführerinnen den Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 nicht zuerkannt; gegen diese Nichtzuerkennung liegen rechtzeitige und zulässige Beschwerden der Genannten vor. Die belangte Behörde hat der Zweitbeschwerdeführerin sowie den Dritt- und Viertbeschwerdeführerinnen den Status der Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 nicht zuerkannt; gegen diese Nichtzuerkennung liegen rechtzeitige und zulässige Beschwerden der Genannten vor.
Wie aus dem obigen Verfahrensgang sowie Sachverhalt und der rechtlichen Beurteilung hervorgeht, sind die vom Verwaltungsgerichtshof an den Gerichtshof der Europäischen Union gerichtete Fragen präjudiziell, verfahrens- und entscheidungswesentlich.
Die Voraussetzungen für die Aussetzung der Beschwerdeverfahren bis zum Vorliegen der Vorabentscheidung liegen somit vor.
2.3.2. Gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 gilt ein Antrag auf internationalen Schutz eines Familienangehörigen von einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.2.3.2. Gemäß Paragraph 34, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 gilt ein Antrag auf internationalen Schutz eines Familienangehörigen von einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
Gemäß § 34 Abs. 2 AsylG 2005 hat die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wennGemäß Paragraph 34, Absatz 2, AsylG 2005 hat die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1.
dieser nicht straffällig geworden ist;
2.
die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist unddie Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und
3.
gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (Paragraph 7,).
Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005 hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Gemäß Paragraph 34, Absatz 4, AsylG 2005 hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Absatz 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.
Gemäß § 34 Abs. 5 AsylG 2005 gelten die Bestimmungen Abs. 1 bis 4 sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.Gemäß Paragraph 34, Absatz 5, AsylG 2005 gelten die Bestimmungen Absatz eins bis 4 sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
Gemäß § 34 Abs. 6 Z 2 AsylG 2005 sind die Bestimmungen dieses Abschnitts nicht anzuwenden auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind.Gemäß Paragraph 34, Absatz 6, Ziffer 2, AsylG 2005 sind die Bestimmungen dieses Abschnitts nicht anzuwenden auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind.
Gemäß § 2 Abs. 22 AsylG 2005 ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits im Herkunftsland bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.Gemäß Paragraph 2, Absatz 22, AsylG 2005 ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits im Herkunftsland bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.
Der Erstbeschwerdeführer ist der Ehegatte und damit Familienangehöriger der Zweitbeschwerdeführerin, sodass die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 vorliegen und die Bestimmungen des Familienverfahrens umfänglich anzuwenden sind. Ebenso liegen für den minderjährigen Fünftbeschwerdeführer als minderjähriges Kind der Zweitbeschwerdeführerin die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 Z 1AsylG 2005 vor, sodass auch für diesen die Bestimmungen des Familienverfahrens zur Anwendung zu kommen haben. Der Erstbeschwerdeführer ist der Ehegatte und damit Familienangehöriger der Zweitbeschwerdeführerin, sodass die Voraussetzungen des Paragraph 34, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 vorliegen und die Bestimmungen des Familienverfahrens umfänglich anzuwenden sind. Ebenso liegen für den minderjährigen Fünftbeschwerdeführer als minderjähriges Kind der Zweitbeschwerdeführerin die Voraussetzungen des Paragraph 34, Absatz eins, Ziffer eins A, s, y, l, G, 2005 vor, sodass auch für diesen die Bestimmungen des Familienverfahrens zur Anwendung zu kommen haben.
Ausgehend davon waren die Beschwerdeverfahren des Erstbeschwerdeführers und des minderjährigen Fünftbeschwerdeführers daher im Rahmen des Familienverfahrens ebenso auszusetzen.
3.1. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.Gemäß Paragraph 24, Absatz eins, VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.Gemäß Paragraph 21, Absatz 7, erster Fall BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.
Gegenständlich steht der Sachverhalt fest und ergibt sich vor dem Hintergrund des oben angeführten anhängigen Vorabentscheidungsverfahrens des Gerichtshofes der Europäischen Union, dass die vorliegenden Beschwerdeverfahren auszusetzen waren.
Es konnte somit von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist (vgl. dazu etwa VwGH 10.08.2017, Ra 2019/19/0116, m.w.N.).Es konnte somit von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist vergleiche dazu etwa VwGH 10.08.2017, Ra 2019/19/0116, m.w.N.).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Asylverfahren Aussetzung EuGH geschlechtsspezifische Verfolgung Präjudizialität soziale Gruppe staatliche Verfolgung Verwaltungsgerichtshof Vorabentscheidungsverfahren VorfrageEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2024:W105.2276457.1.00Im RIS seit
12.06.2024Zuletzt aktualisiert am
12.06.2024