Index
41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Rosenmayr und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des M und weiterer 7 Beschwerdeführer in L, alle vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in X, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres, Zl. 103.842/6-III/11/94, ua, alle vom 14. September 1994, jeweils betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat jeder beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 12.560,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit den acht obgenannten angefochtenen Bescheiden wurden die von den beschwerdeführenden Parteien am 22. März 1994 bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn gestellten Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes - AufG im Instanzenzug abgewiesen.
Begründet wurden diese Bescheide jeweils damit, daß der Lebensunterhalt der betreffenden beschwerdeführenden Partei für die Dauer der Bewilligung nicht gesichert sei. Die siebtbeschwerdeführende Partei (Vater der erst- bis sechstbeschwerdeführenden Parteien und Ehegatte der achtbeschwerdeführenden Partei) verfüge über ein monatliches Einkommen in der Höhe von S 6.800,--, das er aus der Vermietung eines Teiles des gemeinsamen Wohnhauses erziele. Darüber hinaus würden die beschwerdeführenden Parteien von dem in Deutschland lebenden Bruder der siebtbeschwerdeführenden Partei - wie aus einer "Bestätigung" hervorgehe - finanziell unterstützt. Auf der anderen Seite sei das Wohnhaus mit mehr als 1 Million Schilling belastet, und die siebtbeschwerdeführende Partei habe hiefür erhebliche Rückzahlungen zu leisten. Der Siebtbeschwerdeführer habe mit diesem Einkommen für sich, seine Gattin (achtbeschwerdeführende Partei) und seine sechs Kinder (erst- bis sechstbeschwerdeführende Parteien) zu sorgen. Da es den Sozialhilferichtsatz für das Bundesland Oberösterreich für das Jahr 1994 für eine achtköpfige Familie - dieser betrage
S 15.790,-- - nicht erreiche, könne nicht von einem gesicherten Unterhalt der beschwerdeführenden Parteien ausgegangen werden. Es liege daher ein Ausschließungsgrund gemäß § 5 Abs. 1 AufG vor.
2. Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und begehrt wird, sie aus diesem Grund kostenpflichtig aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf eine Bewilligung Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltdungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.
2.1. Unter Zugrundelegung der von der belangten Behörde für ihre Rechtsansicht, daß der Lebensunterhalt der beschwerdeführenden Parteien für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert sei, als maßgeblich erachteten Bezugsgröße des besagten Sozialhilferichtsatzes in der Höhe von S 15.790,-- ist die dafür im angefochtenen Bescheid gegebene Begründung in wesentlichen Punkten mangelhaft.
2.2. Nach der Aktenlage war dem von der siebtbeschwerdeführenden Partei gestellten Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz u.a. eine Bestätigung des Finanzamtes Braunau am Inn vom 21. März 1994 über den Bezug von Familienbeihilfe angeschlossen, aus der sich ergibt, daß der Siebtbeschwerdeführer für seine sechs Kinder (die erst- bis sechstbeschwerdeführenden Parteien) Familienbeihilfe bezogen habe bzw. voraussichtlich beziehen werde. Die belangte Behörde hatte demnach vom Bezug dieser Beihilfe als einer Komponente der zur Sicherung des Unterhaltes der beschwerdeführenden Parteien zur Verfügung stehenden Mittel, somit als eines Elementes des ihrer Entscheidung zugrunde zu legenden maßgeblichen Sachverhaltes auszugehen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 10. Februar 1994, Zl. 93/18/0549). Sie hat ungeachtet dessen den entsprechenden Betrag (laut einer mit der Beschwerde vorgelegten Kopie eines Zahlungsabschnittes betrug die ausbezahlte Familienbeihilfe für die Monate Juli und August 1994 jeweils S 12.075,--) bei der Feststellung der verfügbaren Unterhaltsmittel nicht berücksichtigt und auch nicht dargetan, weshalb sie rechtens in der Lage war, diesen Betrag außer acht zu lassen.
2.3. Die belangte Behörde hat zwar - unter Bezugnahme auf eine "Bestätigung" - festgestellt, daß der Siebtbeschwerdeführer von seinem in Deutschland lebenden Bruder finanziell unterstützt werde, es jedoch verabsäumt anzuführen, welchen Betrag sie insoweit - unter dem Gesichtspunkt der erforderlichen Sicherung des Lebensunterhaltes (§ 5 Abs. 1 zweiter Halbsatz AufG) - ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat. Eine diesbezügliche Präzisierung - nach Gewährung von Parteiengehör - wäre umso mehr geboten gewesen, als die sogenannte "Bestätigung" (vom 1. Juli 1994) eine monatliche Unterstützung von "500 - 1.300 DM" nennt, also in dieser Form eine taugliche Grundlage für eine verläßliche Berechnung der verfügbaren Unterhaltsmittel nicht darzustellen vermochte.
2.4. Aber auch die Feststellung, daß der Siebtbeschwerdeführer für die noch aushaftenden Beträge für die von ihm aufgenommenen Kredite "erhebliche Rückzahlungen" zu leisten habe, ist infolge ihrer weitgehenden Unbestimmtheit nicht geeignet, die Sachverhaltsannahme der belangten Behörde, die Unterhaltsmittel erreichten nicht einmal den Betrag von
S 15.790,--, zu stützen. Auch zu diesem Punkt wäre durch Einräumung des rechtlichen Gehörs Klarheit zu schaffen gewesen.
3. Da die vorstehend (II.2.2. bis 2.4.) aufgezeigten Verfahrensmängel - jedenfalls in ihrer Gesamtheit - in dem Sinn relevant sind, daß ihr Unterbleiben zu einem anderen (für die Beschwerdeführer günstigeren) Ergebnis hätte führen können, waren die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie § 52 Abs. 1 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Eingabengebühr war für jede der beiden Beschwerdeausfertigungen nur im einfachen Betrag (somit insgesamt S 240,--) zu entrichten (§ 7 Gebührengesetz 1957).
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994180878.X00Im RIS seit
02.05.2001