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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Rosenmayr und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des C in B, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. März 1994, Zl. 100.137/3-III/11/93, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 4. März 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes - AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes - FrG abgewiesen.
Die belangte Behörde nahm als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer am 11. Februar 1992 und am 18. September 1992 jeweils wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes nach dem Fremdenpolizeigesetz, am 16. August 1991 wegen Verstoßes gegen das Meldegesetz und darüber hinaus in den Jahren 1988, 1991 und 1992 wegen Übertretungen der StVO 1960, des
O.ö. Luftreinhaltegesetzes und des O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes bestraft worden sei. Des weiteren sei der Beschwerdeführer am 4. Juni 1993 vom Landesgericht Wels wegen des Vergehens des Sachwuchers und des Vergehens der Körperverletzung (zu fünf Monaten bedingt unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren) verurteilt worden.
Dem Berufungseinwand, daß die Erstbehörde den über 20 Jahre dauernden Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet außer acht gelassen habe, hielt die belangte Behörde entgegen, "daß der § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG nicht darüber abspricht, wie lange jemand seinen Aufenthalt in Österreich hat, sondern daß ein Sichtvermerk zu versagen ist, wenn der Aufenthalt eines Fremden eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellt". Jedenfalls stellten für die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer begangenen Verwaltungsübertretungen und strafrechtlichen Delikte einen Sichtvermerksversagungsgrund gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG dar, weshalb gemäß § 5 Abs. 1 AufG der Antrag des Beschwerdeführers auf Aufenthaltsbewilligung "zwingend abzuweisen (war)". Im Sinne des Art. 8 MRK sei "aufgrund der obigen Ausführungen bezüglich der verwaltungsstrafrechtlichen und gerichtlich strafbaren Delikte den öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen der Vorzug zu geben".
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte deren Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluß vom 2. Juli 1994, B 802/94, u.a.).
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrt aus diesen Gründen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf eine Bewilligung nach dem genannten Gesetz Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.
2. Entgegen der Beschwerdemeinung und mit der belangten Behörde ist der Gerichtshof der Auffassung, daß das sich in zahlreichen Gesetzesverstößen manifestierende Fehlverhalten des Beschwerdeführers durchaus die Annahme rechtfertigt, daß sein Aufenthalt in Österreich die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden würde, zumal bereits der zweimalige Verstoß gegen das Fremdenpolizeigesetz wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes diese Annahme - in Ansehung der öffentlichen Ordnung (konkret: des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen) - rechtfertigt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/18/0530). Daß die Annahme, der (weitere) Aufenthalt des Beschwerdeführers laufe maßgeblichen öffentlichen Interessen zuwider, durch seinen Verstoß gegen das Meldegesetz sowie seine Angriffe gegen fremdes Vermögen und die körperliche Integrität anderer umso mehr zutrifft, bedarf keiner besonderen Betonung.
3. Der in der Beschwerde gegen das Gerechtfertigtsein der besagten Annahme ins Treffen geführte Umstand, daß das Gericht eine bedingte Strafnachsicht ausgesprochen und solcherart zu verstehen gegeben habe, daß eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Beschwerdeführer offensichtlich nicht gegeben sei, ist im Hinblick darauf nicht zielführend, daß die belangte Behörde die aus dem Aufenthalt des Fremden resultierende Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit i.S. des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG unabhängig von dem Ausspruch des Gerichtes betreffend die bedingte Strafnachsicht und den dafür maßgebenden Erwägungen eigenständig zu beurteilen hat (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 8. September 1994, Zl. 94/18/0547).
4. Dem Einwand des Beschwerdeführers, daß seine gerichtliche Verurteilung nach § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG keine bestimmte Tatsache i.S. des § 18 Abs. 1 leg. cit. darstelle, aufgrund deren die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet wäre, ist zu entgegnen, daß die dort genannten Voraussetzungen ausschließlich für die Frage der Zulässigkeit eines Aufenthaltsverbotes relevant sind. Im übrigen ist im gegebenen Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß die festgestellten drei Bestrafungen - daß sie nicht in Rechtskraft erwachsen seien, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet - wegen Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes und des Meldegesetzes den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllen würden.
5. Was die von der Behörde bei Anwendung des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gebotene Abwägung der öffentlichen Interessen mit den privaten und familiären Interessen des Fremden (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa die Erkenntnisse vom 3. März 1994, Zl. 94/18/0021, vom 19. Mai 1994, Zl. 93/18/0380, und das bereits zitierte Erkenntnis Zl. 94/18/0547) anlangt, so hat die belangte Behörde eine solche (unter Bezugnahme auf Art. 8 MRK) vorgenommen. Sie hat hiebei dem den verwaltungsrechtlichen Bestrafungen und der gerichtlichen Verurteilung zugrunde liegenden Fehlverhalten in seiner Gesamtheit - wie dem letzten Absatz der Begründung des angefochtenen Bescheides zu entnehmen ist - große Bedeutung beigemessen und auf diese Weise die dadurch berührten öffentlichen Interessen sehr stark gewichtet. Dagegen hegt der Gerichtshof keine Bedenken (vgl. oben II.2.). Aus der angesprochenen Begründungspassage ist weiters deutlich ersichtlich, daß die belangte Behörde - entgegen der Ansicht der Beschwerde - auch die privaten Interessen des Beschwerdeführers bedacht, d.h. konkret (wenngleich ohne ausdrückliche Anführung) den in der Berufung geltend gemachten Umstand seines mehr als 20jährigen Aufenthaltes in Österreich in die Abwägung einbezogen hat. Aus diesem Blickwinkel ist der an anderer Stelle der Bescheidbegründung gegebene - isoliert betrachtet gewiß mißverständliche - Hinweis darauf zu verstehen, daß "§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG nicht darüber abspricht, wie lange jemand seinen Aufenthalt in Österreich hat, sondern daß ein Sichtvermerk zu versagen ist, wenn der Aufenthalt eines Fremden eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellt". Diese somit letztlich bei verständiger Würdigung nicht mehr als auf den Gesetzestext rekurrierende und diesen wiedergebende Aussage steht demnach - anders als die Beschwerde meint - der Beurteilung, daß die belangte Behörde eine (obgleich sehr knappe) Interessenabwägung durchgeführt hat, nicht entgegen. Daß das Ergebnis dieser Abwägung zuungunsten des Beschwerdeführers ausgegangen ist, kann nicht als rechtswidrig erkannt werden, zumal das "aufrechte Beschäftigungsverhältnis" des Beschwerdeführers nach seinen eigenen Angaben erst seit 22. September 1992 dauert, und von einer "langjährigen Lebensgefährtin" erstmals in der Beschwerde die Rede ist, dieses Vorbringen daher unbeachtlich ist (§ 41 Abs. 1 VwGG).
6. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 VwGG iVm der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994180563.X00Im RIS seit
02.05.2001