TE Bvwg Erkenntnis 2024/4/17 W280 2277822-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.04.2024
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Entscheidungsdatum

17.04.2024

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W280 2277822-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Wolfgang BONT über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX 1998, StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 08.2023, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.03.2024 zu Recht: Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Wolfgang BONT über die Beschwerde von römisch XXXX , geb. römisch XXXX 1998, StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom römisch XXXX 08.2023, Zl. römisch XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.03.2024 zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet abgewiesen. A) Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend als BF bezeichnet), ein syrischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am XXXX 12.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz. 1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend als BF bezeichnet), ein syrischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am römisch XXXX 12.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am XXXX 12.2021 wurde der BF vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und gab dabei insbesondere an, dass er Syrien verlassen habe, weil dort Krieg herrsche und das Haus von einem Flugzeug bombardiert worden sei. Seine Mutter sei dabei im Haus gestorben. Des Weiteren sei ein Bruder von Assad im Gefängnis erschossen worden und müsste er den Wehrdienst leisten, was er aber nicht wolle. Im Falle einer Rückkehr habe er Angst um sein Leben.Am römisch XXXX 12.2021 wurde der BF vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und gab dabei insbesondere an, dass er Syrien verlassen habe, weil dort Krieg herrsche und das Haus von einem Flugzeug bombardiert worden sei. Seine Mutter sei dabei im Haus gestorben. Des Weiteren sei ein Bruder von Assad im Gefängnis erschossen worden und müsste er den Wehrdienst leisten, was er aber nicht wolle. Im Falle einer Rückkehr habe er Angst um sein Leben.

Zu seinen persönlichen Verhältnissen befragt gab der BF zusammengefasst an, dass er aus der syrischen Stadt Homs stamme, der Volksgruppe der Araber angehöre sei und sich zum Islam bekenne. In Syrien würde sein Vater und drei Brüder leben.

2. Am XXXX 08.2023 fand eine niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA oder belangte Behörde) statt. In dieser gab der BF zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen an, dass er im Jahr 2012 an mehreren Demonstrationen teilgenommen habe. Zwei Brüder seien vom Regime verhaftet worden und würde er auch zum Wehrdienst müssen. 2017 sei sein Bruder XXXX für die Dauer von einem Jahr verhaftet worden. Kurze Zeit später hätten sie erfahren, dass er im Gefängnis ermordet worden sei. Auch sein Bruder XXXX sei 2018 verhaftet worden und wiederum hätten sie danach erfahren, dass auch er im Gefängnis ermordet worden sei. Auch sei seine Mutter im Jahr 2017 durch einen Raketenangriff gestorben und sei er dabei verletzt worden.2. Am römisch XXXX 08.2023 fand eine niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA oder belangte Behörde) statt. In dieser gab der BF zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen an, dass er im Jahr 2012 an mehreren Demonstrationen teilgenommen habe. Zwei Brüder seien vom Regime verhaftet worden und würde er auch zum Wehrdienst müssen. 2017 sei sein Bruder römisch XXXX für die Dauer von einem Jahr verhaftet worden. Kurze Zeit später hätten sie erfahren, dass er im Gefängnis ermordet worden sei. Auch sein Bruder römisch XXXX sei 2018 verhaftet worden und wiederum hätten sie danach erfahren, dass auch er im Gefängnis ermordet worden sei. Auch sei seine Mutter im Jahr 2017 durch einen Raketenangriff gestorben und sei er dabei verletzt worden.

Nachgefragt gab der BF sodann an, dass er wegen seiner Teilnahme an Demonstrationen ca. drei Monate in Haft gewesen sei und nach Zahlung von Lösegeld freigelassen worden sei. direkt nach seiner Haftstrafe sei der BF mit seiner Mutter nach Ar-Raqqa gezogen. Seine Brüder seien in Homs geblieben und hätten wegen der Kontrollen durch das Militär nicht mitkommen können. Auch habe sein Vater dies nicht gewollt. Seine Brüder seien ebenfalls wegen der Teilnahme an Demonstrationen - dabei habe es sich um dieselben gehandelt an denen er teilgenommen habe - verhaftet worden. Dies sei 2012 gewesen. Nach 2013 hätten diese nicht mehr an Demonstrationen teilgenommen. Über neuerliche Nachfrage gab der BF sodann an, dass seine Brüder deshalb erst vier oder fünf Jahre später verhaftet worden seien, da diese in der Ortschaft XXXX bei Homs gelebt hätte, die nicht unter der Kontrolle des Regimes gestanden sei. Sie seien auch nicht wegen der Demonstrationen verhaftet worden, sondern wegen ihrer Einstellung gegen das Regime. Einen Einberufungsbefehl habe er nicht erhaltenNachgefragt gab der BF sodann an, dass er wegen seiner Teilnahme an Demonstrationen ca. drei Monate in Haft gewesen sei und nach Zahlung von Lösegeld freigelassen worden sei. direkt nach seiner Haftstrafe sei der BF mit seiner Mutter nach Ar-Raqqa gezogen. Seine Brüder seien in Homs geblieben und hätten wegen der Kontrollen durch das Militär nicht mitkommen können. Auch habe sein Vater dies nicht gewollt. Seine Brüder seien ebenfalls wegen der Teilnahme an Demonstrationen - dabei habe es sich um dieselben gehandelt an denen er teilgenommen habe - verhaftet worden. Dies sei 2012 gewesen. Nach 2013 hätten diese nicht mehr an Demonstrationen teilgenommen. Über neuerliche Nachfrage gab der BF sodann an, dass seine Brüder deshalb erst vier oder fünf Jahre später verhaftet worden seien, da diese in der Ortschaft römisch XXXX bei Homs gelebt hätte, die nicht unter der Kontrolle des Regimes gestanden sei. Sie seien auch nicht wegen der Demonstrationen verhaftet worden, sondern wegen ihrer Einstellung gegen das Regime. Einen Einberufungsbefehl habe er nicht erhalten

3. Mit dem oben angeführten, nunmehr angefochtenen Bescheid vom XXXX 08.2023 wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt III.). 3. Mit dem oben angeführten, nunmehr angefochtenen Bescheid vom römisch XXXX 08.2023 wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte ihm gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt römisch III.).

Das BFA stellte zusammengefasst fest, dass der BF seine Heimat aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage verlassen habe und vor seiner Flucht in einem Gebiet gelebt habe, welches außerhalb der Kontrolle des Regimes gelegen sei. Er sei auch niemals zum Wehrdienst einberufen worden, würde sich bei einer Rückkehr jedoch in einer aussichtslosen Lage befinden. Begründend führte das BFA im Wesentlichen aus, dass der letzte Wohnort des BF sich in Ar Raqqa befunden habe, welcher nicht unter der Kontrolle des Regimes gestanden sei. Eine drohende Zwangsrekrutierung habe sohin nicht festgestellt werden können. Auch sei es ihm als einem im Ausland aufhältigen Syrer möglich sich durch die Zahlung einer Befreiungsgebühr von der Ableistung des Wehrdienstes freizukaufen.

4. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der BF fristgerecht Beschwerde. Darin wird zusammengefasst vorgebracht, dass der aus Homs stammende BF aus Angst vom syrischen Regime oder anderen Streitparteien zum Wehrdienst eingezogen zu werden sowie aus Angst davor, vom syrischen Regime aufgrund seiner oppositionellen Gesinnung und Teilnahme an Demonstrationen erneut in Haft genommen zu werden, aus Syrien geflohen und hier in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Der wehrpflichtige BF wolle sich keiner Streitpartei anschließen. Bis 2013 habe er bei seiner Familie in Homs gelebt. Nach einer dreimonatigen Haft aufgrund der Teilnahme an Demonstrationen im Jahr 2012 und dem Freikommen durch Zahlung von Lösegeld sei der BF nach Ar-Raqqa geflohen um einer weiteren Verfolgung durch das Regime zu entgehen. Darüber hinaus sei er auch durch die regelmäßige Teilnahme an Demonstrationen gegen das syrische Regime in Österreich sowie das Posten derselben auf Facebook in das Visier des Regimes geraten. Auch durch das Stellen eines Antrages auf internationalen Schutz werde diesem eine feindliche politische Gesinnung unterstellt und sei davon auszugehen, dass der BF bei einer Rückkehr nach Syrien bestraft und zwangsrekrutiert werde. 4. Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides erhob der BF fristgerecht Beschwerde. Darin wird zusammengefasst vorgebracht, dass der aus Homs stammende BF aus Angst vom syrischen Regime oder anderen Streitparteien zum Wehrdienst eingezogen zu werden sowie aus Angst davor, vom syrischen Regime aufgrund seiner oppositionellen Gesinnung und Teilnahme an Demonstrationen erneut in Haft genommen zu werden, aus Syrien geflohen und hier in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Der wehrpflichtige BF wolle sich keiner Streitpartei anschließen. Bis 2013 habe er bei seiner Familie in Homs gelebt. Nach einer dreimonatigen Haft aufgrund der Teilnahme an Demonstrationen im Jahr 2012 und dem Freikommen durch Zahlung von Lösegeld sei der BF nach Ar-Raqqa geflohen um einer weiteren Verfolgung durch das Regime zu entgehen. Darüber hinaus sei er auch durch die regelmäßige Teilnahme an Demonstrationen gegen das syrische Regime in Österreich sowie das Posten derselben auf Facebook in das Visier des Regimes geraten. Auch durch das Stellen eines Antrages auf internationalen Schutz werde diesem eine feindliche politische Gesinnung unterstellt und sei davon auszugehen, dass der BF bei einer Rückkehr nach Syrien bestraft und zwangsrekrutiert werde.

5. Am 20.03.2024 fand vor dem BVwG eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung im Beisein des BF sowie dessen gewillkürter Vertretung statt, in welcher der BF ausführlich zu seinen Fluchtgründen und seinem Aufenthalt in Österreich befragt wurde. Die belangte Behörde nahm nicht an der Verhandlung teil.

6. Aufgrund des Erscheinens von aktualisierten Länderberichten wurde dem BF folglich im Rahmen des Parteiengehörs am XXXX 03.2024 Gelegenheit gegeben schriftlich dazu Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme hierzu erfolgte nicht. 6. Aufgrund des Erscheinens von aktualisierten Länderberichten wurde dem BF folglich im Rahmen des Parteiengehörs am römisch XXXX 03.2024 Gelegenheit gegeben schriftlich dazu Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme hierzu erfolgte nicht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Personen des Beschwerdeführers

1.1.1. Der ledige und kinderlose BF führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX 1998; seine Identität steht fest. Er ist Staatsangehöriger von Syrien, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islams. Seine Muttersprache ist Arabisch. 1.1.1. Der ledige und kinderlose BF führt den Namen römisch XXXX und das Geburtsdatum römisch XXXX 1998; seine Identität steht fest. Er ist Staatsangehöriger von Syrien, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islams. Seine Muttersprache ist Arabisch.

1.1.2. Der BF wurde in der Stadt Homs im gleichnamigen Gouvernement Syriens geboren, wo er folglich bis zur sechsten Schulstufe in der unweit von Homs entfernten kleinen Ortschaft XXXX lebte. Bis zur neunten Schulstufe lebte er sodann in XXXX , einem Stadtteil von Homs. Dabei wohnte er in einer seiner Mutter gehörenden Unterkunft. Ca. Mitte 2013 zog der BF sodann nach Ar Raqqa, wo er aufgrund der Einkesselung der Stadt durch den IS bis zumindest 2017 aufhältig war, bevor er von dort nach der Türkei ausreiste. Hier hielt er sich folglich zumindest vier Jahre auf, bevor dieser schlepperunterstützt gegen Bezahlung von EUR 3.000 nach Europa weiterreiste. 1.1.2. Der BF wurde in der Stadt Homs im gleichnamigen Gouvernement Syriens geboren, wo er folglich bis zur sechsten Schulstufe in der unweit von Homs entfernten kleinen Ortschaft römisch XXXX lebte. Bis zur neunten Schulstufe lebte er sodann in römisch XXXX , einem Stadtteil von Homs. Dabei wohnte er in einer seiner Mutter gehörenden Unterkunft. Ca. Mitte 2013 zog der BF sodann nach Ar Raqqa, wo er aufgrund der Einkesselung der Stadt durch den IS bis zumindest 2017 aufhältig war, bevor er von dort nach der Türkei ausreiste. Hier hielt er sich folglich zumindest vier Jahre auf, bevor dieser schlepperunterstützt gegen Bezahlung von EUR 3.000 nach Europa weiterreiste.

1.1.3. Seine Brüder verblieben 2013 in Gouvernement Homs, wo sie bis ca. Mitte 2013 in der Ortschaft XXXX , und danach in der Ortschaft XXXX lebten (nach der Karte des CarterCenter lautet die Schreibweise: XXXX ; in anderen Karten auch als XXXX bezeichnet).1.1.3. Seine Brüder verblieben 2013 in Gouvernement Homs, wo sie bis ca. Mitte 2013 in der Ortschaft römisch XXXX , und danach in der Ortschaft römisch XXXX lebten (nach der Karte des CarterCenter lautet die Schreibweise: römisch XXXX ; in anderen Karten auch als römisch XXXX bezeichnet).

Der Heimatort des BF XXXX , welcher ca. XXXX km nordöstlich von Homs liegt, befindet sich seit 2014 durchgehend im Einfluss und Kontrollbereich des syrischen Regimes. Der Aufenthaltsort seiner Geschwister ab Mitte 2013, XXXX , befand sich von Jänner 2017 bis Mai 2018 unter der Kontrolle oppositioneller Kräfte.Der Heimatort des BF römisch XXXX , welcher ca. römisch XXXX km nordöstlich von Homs liegt, befindet sich seit 2014 durchgehend im Einfluss und Kontrollbereich des syrischen Regimes. Der Aufenthaltsort seiner Geschwister ab Mitte 2013, römisch XXXX , befand sich von Jänner 2017 bis Mai 2018 unter der Kontrolle oppositioneller Kräfte.

1.1.4. In Syrien besuchte der BF neun Jahre die Schule und half währen der Sommermonate seinem Vater bei der Bewirtschaftung dessen landwirtschaftlicher Grundstücke und während seines Aufenthaltes in Ar Raqqa arbeitete er als Auslieferer von Lebensmittel für einen Supermarkt.

Im Herkunftsstaat des BF leben derzeit neben seinem Vater noch Onkeln väterlicherseits. Ein Bruder des BF lebt in Norwegen, einer in der Türkei und ein dritter im Libanon. Zwei Brüder namens XXXX und XXXX sowie eine Schwester namens XXXX sind bereits verstorben, ebenfalls die Mutter des BF. Im Herkunftsstaat des BF leben derzeit neben seinem Vater noch Onkeln väterlicherseits. Ein Bruder des BF lebt in Norwegen, einer in der Türkei und ein dritter im Libanon. Zwei Brüder namens römisch XXXX und römisch XXXX sowie eine Schwester namens römisch XXXX sind bereits verstorben, ebenfalls die Mutter des BF.

Festgestellt wird, dass der sich in Syrien aufhältige Vater des BF wirtschaftlich betrachtet in guten Verhältnissen lebt, über landwirtschaftliche Grundstücke verfügt und vom Autotransort lebt.

1.1.5. Der BF reiste spätestens am XXXX 12.2021 unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte an letztgenanntem Datum einen Antrag auf internationalen Schutz; seither ist er durchgehend im österreichischen Bundesgebiet aufhältig. Mit oben angeführtem Bescheid vom XXXX 08.2023 wurde ihm in Österreich subsidiärer Schutz in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Syrien zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. 1.1.5. Der BF reiste spätestens am römisch XXXX 12.2021 unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte an letztgenanntem Datum einen Antrag auf internationalen Schutz; seither ist er durchgehend im österreichischen Bundesgebiet aufhältig. Mit oben angeführtem Bescheid vom römisch XXXX 08.2023 wurde ihm in Österreich subsidiärer Schutz in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Syrien zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

D1.1.6. er BF leidet an keiner lebensbedrohlichen Krankheit, ist arbeitsfähig und arbeitswillig und ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers

1.2.1. Der BF hat seinen Herkunftsstaat wegen des dort herrschenden Krieges und der allgemeinen schlechten Sicherheitslage verlassen. Die Entscheidung zur Reise nach Europa erfolgte nicht aus aufgrund einer ihn unmittelbar persönlich konkreten betreffenden verfahrensrelevanten Bedrohung maßgeblicher Intensität.

1.2.2. Ihm droht in Syrien keine Verfolgung aufgrund der vorgebrachten Teilnahme an Demonstrationen im Jahr 2012.

1.2.3. Er wurde bislang von den Behörden des syrischen Regimes weder aufgefordert, sein Wehrdienstbuch abzuholen noch hat er eine Einberufung zu den Streitkräften der syrischen Armee bekommen. Im Falle der Rückkehr würde der BF – wie jeder andere männliche syrische Staatsbürger, der älter als 18 Jahre alt ist - zum Militärdienst eingezogen werden, wenn er den notwendigen Gesundheitszustand aufweist.

1.2.4. Für den BF besteht die Möglichkeit sich vom Militärdienst in Syrien freikaufen zu können und ist ihm dies zumutbar. Er genießt in Österreich subsidiären Schutz, ist willig und auch berechtigt einer Arbeit nachzugehen, sodass er sich den entsprechenden Betrag erwirtschaften kann. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation seines in Syrien lebenden Vaters wäre es dem BF zudem zumutbar, diesen um Unterstützung zu ersuchen.

1.2.5. Auch eine Einziehung in den syrischen Militärdienst indiziert aufgrund der aktuellen Lage und der Länderberichte, die ausweisen, dass es keine offenen großflächigen militärischen Kampfhandlungen gibt, in der gegenwärtigen Lage nicht, dass jegliche Person, die zur Ableistung des syrischen Militärdienstes herangezogen wird, in dessen Ableistung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit im Zuge des Wehrdienstes Menschenrechtsverletzungen begehen müsste.

Der BF hat auch nicht glaubhaft dargetan, dass er den Militärdienst grundsätzlich aus Gewissensgründen verweigern würde.

1.2.6. Gegen den BF ist in Syrien kein Gerichtsverfahren anhängig. Er hat in seinem Herkunftsstaat an keinen Kampfhandlungen teilgenommen und wurde weder wegen seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit noch der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe verfolgt.

1.2.7. Auch droht ihm keine Verfolgung aufgrund (unterstellter) politischer Gesinnung, weil er im Ausland einen Asylantrag gestellt hat.

1.2.8. Der BF ist durch die Teilnahme an zwei Kundgebungen im Jahr 2023 bzw. 2024 in Wien sowie durch Postings auf Facebook nicht in den Fokus des syrischen Regimes geraten.

1.2.9. Es kann somit nicht festgestellt werden, dass der BF bei einer Rückkehr nach Syrien einer konkreten Verfolgung oder Bedrohung aus anderen in der Genfer Flüchtlingskonvention enthaltenen Gründen ausgesetzt ist oder eine solche zu befürchten hätte.

1.3. Zur maßgeblichen, entscheidungsrelevanten Situation in Syrien

Die Feststellung der maßgeblichen Situation in Syrien basiert auf den vom BVwG in das Verfahren eingeführten Länderinformationen der BFA-Staatendokumentation zu Syrien aus dem COI-CMS, Version 11 vom 27.03.2024, dem Themenbericht EUAA, Syria - Targeting of Individuals, Country of Origin Information Report, 09.2022 und dem Themenbericht ACCORD: Wehrdienst Syrien vom 16.01.2024.

1.3.1. Auszug aus den Länderinformationen der BFA-Staatendokumentation zu Syrien aus dem COI-CMS, Version 11, 27.03.2024:

Sicherheitslage

Letzte Änderung 2024-03-08 11:17

Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.3.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (UNHCHR 28.6.2022).

Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse

Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand (USIP 14.3.2023). Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden (CFR 24.1.2024). Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt (ÖB Damaskus 1.10.2021). In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023).

Die militärische Landkarte Syriens hat sich nicht substantiell verändert. Das Regime kontrolliert weiterhin rund 60 Prozent des syrischen Staatsgebiets, mit Ausnahme von Teilen des Nordwestens, des Nordens und des Nordostens (AA 2.2.2024). United Nations Geospatial veröffentlichte eine Karte mit Stand Juni 2023, in welcher die wichtigsten militärischen Akteure und ihre Einflussgebiete verzeichnet sind (UNGeo 1.7.2023): UNGeo 1.7.2023 (Stand: 6.2023)

Die folgende Karte zeigt Kontroll- und Einflussgebiete unterschiedlicher Akteure in Syrien, wobei auch Konvoi- und Patrouille-Routen eingezeichnet sind, die von syrischen, russischen und amerikanischen Kräften befahren werden. Im Nordosten kommt es dabei zu gemeinsam genutzten Straßen [Anm.: zu den Gebieten mit IS-Präsenz siehe Unterkapitel zu den Regionen]:
CC 13.12.2023 (Stand: 30.9.2023)

"Versöhnungsabkommen" (auch "Beilegungsabkommen")

Letzte Änderung 2024-03-08 11:22

Die syrischen Behörden nutzen sogenannte "reconciliation agreements" [in anderen Quellen auch als "settlement agreements" - Beilegungsabkommen - bezeichnet] seit Beginn des Konfliktes (NMFA 5.2022). Die Evakuierung der von Rebellen gehaltenen Gemeinde Daraya im August 2016 markierte dabei einen Wendepunkt in der Nutzung von Versöhnungsabkommen durch die syrische Regierung als Strategie zur Rückeroberung der von Rebellen gehaltenen Gebiete. Bis zur Vereinbarung in Daraya waren in verschiedenen Gemeinden in ganz Syrien örtlich begrenzte Waffenstillstände eingesetzt worden. Sowohl die lokalen Waffenstillstände als auch die Versöhnungsvereinbarungen sind eine militärische Strategie, mit der Rebellengebiete entweder sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt zum Einlenken gezwungen werden sollen, um Menschen und Gebiete in den Staat wiedereinzugliedern (MEE 28.3.2018). Das Verfahren ist grundsätzlich für Personen gedacht, die im Sicherheitsapparat aktenkundig sind oder die von den Behörden im Zusammenhang mit einer offenen Angelegenheit gesucht werden. Sowohl Kombattanten als auch Zivilisten können Versöhnungsvereinbarungen unterzeichnen. Es gibt lokale und individuelle Versöhnungsabkommen (NMFA 5.2022).

Lokale Versöhnungsabkommen in ehemaligen Oppositionsgebieten

Die "Versöhnungsprozesse" scheinen ad hoc durchgeführt zu werden, was bedeutet, dass sie variieren und keine eindeutige Beschreibung des Prozesses gegeben werden kann. Für die praktische Umsetzung der Vereinbarungen ist ein "Versöhnungsausschuss" zuständig. Dieses Gremium ist kein Gericht. Es gibt kein materiell-rechtliches Verfahren und das Justizministerium ist nicht beteiligt. Das Ergebnis ist kein Urteil, sondern eine Sicherheitserklärung. Der Inhalt des Abkommens kann nicht angefochten werden. Die betreffende Person gibt ihre leichten Waffen ab und erklärt schriftlich, dass sie von Widerstandstätigkeiten absehen wird. Im Gegenzug verspricht die syrische Regierung, die Vorwürfe aus dem Strafregister zu streichen und den Namen der Person von den Fahndungslisten zu entfernen. Männer, die noch ihren Militärdienst ableisten müssen, haben sechs Monate Zeit, sich beim Rekrutierungsbüro zu melden. Es gibt Quellen, die berichten, dass diejenigen, die freigelassen werden, ein Dokument erhalten (NMFA 5.2022).

Der Abschluss der "Versöhnungsabkommen" folgt in der Regel einem Muster, das mit realer Versöhnung wenig gemeinsam hat. Die Vereinbarungen mit Rebellentruppen werden meist am Ende einer Belagerung durch Regierungstruppen abgeschlossen (ÖB Damaskus 12.2022). Laut der Syrian Association for Citizen's Dignity (SACD), eine 2018 gegründete zivilgesellschaftliche Basisbewegung aus Syrien, gehörten zu den Taktiken bisher auch Belagerungen, bei denen das Regime die Menschen in diesen Gebieten nicht nur der Grundversorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten beraubte, sondern sie auch mit Luftangriffen und Granaten beschoss, die Infrastruktur zerstörte und Zivilisten tötete, um das Gebiet schließlich zur Kapitulation und zur Unterzeichnung eines Versöhnungsabkommens zu zwingen (SACD 8.11.2021). Im Allgemeinen bieten die Versöhnungsverfahren zwei Möglichkeiten: eine Versöhnungsvereinbarung zu unterzeichnen und weiterhin im Regierungsgebiet zu leben oder in das Oppositionsgebiet im Nordwesten Syriens zu ziehen (NMFA 5.2022). Die Vereinbarungen beinhalten oft die Evakuierung der Gebiete von Rebellenkämpfern und deren Familien, die dann in andere Regionen des Landes (zumeist im Norden) verbracht werden (ÖB Damaskus 12.2022). Sie werden also auch dazu benutzt, Bevölkerungsgruppen umzusiedeln (ÖB Damaskus 12.2022; vgl. OFPRA 13.12.2022) und sind de facto Kapitulationsvereinbarungen (NMFA 5.2022; vgl. SACD 8.11.2021, TIMEP 15.10.2021). Weiters dienen die Versöhnungsabkommen der Syrischen Regierung zur Rekrutierung von Wehrpflichtigen, die dann entweder in der regulären Armee oder regierungsnahen Milizen dienen müssen (EUAA 10.2023).Der Abschluss der "Versöhnungsabkommen" folgt in der Regel einem Muster, das mit realer Versöhnung wenig gemeinsam hat. Die Vereinbarungen mit Rebellentruppen werden meist am Ende einer Belagerung durch Regierungstruppen abgeschlossen (ÖB Damaskus 12.2022). Laut der Syrian Association for Citizen's Dignity (SACD), eine 2018 gegründete zivilgesellschaftliche Basisbewegung aus Syrien, gehörten zu den Taktiken bisher auch Belagerungen, bei denen das Regime die Menschen in diesen Gebieten nicht nur der Grundversorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten beraubte, sondern sie auch mit Luftangriffen und Granaten beschoss, die Infrastruktur zerstörte und Zivilisten tötete, um das Gebiet schließlich zur Kapitulation und zur Unterzeichnung eines Versöhnungsabkommens zu zwingen (SACD 8.11.2021). Im Allgemeinen bieten die Versöhnungsverfahren zwei Möglichkeiten: eine Versöhnungsvereinbarung zu unterzeichnen und weiterhin im Regierungsgebiet zu leben oder in das Oppositionsgebiet im Nordwesten Syriens zu ziehen (NMFA 5.2022). Die Vereinbarungen beinhalten oft die Evakuierung der Gebiete von Rebellenkämpfern und deren Familien, die dann in andere Regionen des Landes (zumeist im Norden) verbracht werden (ÖB Damaskus 12.2022). Sie werden also auch dazu benutzt, Bevölkerungsgruppen umzusiedeln (ÖB Damaskus 12.2022; vergleiche OFPRA 13.12.2022) und sind de facto Kapitulationsvereinbarungen (NMFA 5.2022; vergleiche SACD 8.11.2021, TIMEP 15.10.2021). Weiters dienen die Versöhnungsabkommen der Syrischen Regierung zur Rekrutierung von Wehrpflichtigen, die dann entweder in der regulären Armee oder regierungsnahen Milizen dienen müssen (EUAA 10.2023).

Die von der Regierung angebotenen Versöhnungsabkommen sind an verschiedene Bedingungen geknüpft (STDOK 8.2017). Die Wehrpflicht war bisher meist ein zentraler Bestandteil der Versöhnungsabkommen (AA 13.11.2018). Manche Vereinbarungen besagen, dass Männer nicht an die Front geschickt werden, sondern stattdessen bei der örtlichen Polizei eingesetzt werden (STDOK 8.2017), oder den Männern im wehrpflichtigen Alter wird eine sechsmonatige Schonfrist zugesichert (AA 2.2.2024; vgl. EB 14.6.2023; vgl. SD 9.6.2023). Einem von EUAA interviewten Experten zufolge können Deserteure oder Wehrdienstverweigerer durch ein Versöhnungsabkommen mit der Regierung Strafen entgehen. Teilweise treten sie im Rahmen dieser Abkommen Milizen bei oder formen neue, welche mit der syrischen Armee oder dem Geheimdienst zusammenarbeiten (EUAA 10.2023). Im Rahmen von Versöhnungsabkommen gemachte Garantien der Regierung werden jedoch nicht eingehalten. Die syrischen Behörden haben Einzelpersonen verhaftet, nachdem ihnen die Freilassung zugesichert wurde, und Vereinbarungen über die Freistellung von der Wehrpflicht, über den Dienstort neuer Wehrpflichtiger (BS 23.2.2022) oder zur Schonfrist vor dem Einzug zum Militärdienst wurden gebrochen (AA 2.2.2024). Es wird von willkürlichen Verhaftungen von Personen berichtet, die sich zuvor mit der syrischen Regierung "versöhnt" hatten (UNHRC 7.2.2023; vgl. HRW 12.1.2023; vgl. UNHRC 24.8.2023) und es kommt trotz Abkommen zu Verhaftungen und dem Verschwinden von früheren Kämpfern in deren Häusern oder an Checkpoints. Es gibt Berichte über die gezielte Tötung von ehemaligen Kämpfern, die sich nunmehr den syrischen Streitkräften angeschlossen haben (ÖB Damaskus 12.2022). Auch werden manche Personen, die einen Versöhnungsprozess durchlaufen haben, von ihren Nachbarn früherer Vergehen beschuldigt und bekommen dadurch Probleme mit dem Geheimdienst (EUAA 10.2023). Der Abschluss von "Versöhnungsabkommen" in bestimmten Gebieten schützt die dortige Bevölkerung nicht vor dem willkürlichen, rücksichtslosen Verhalten der dort präsenten regierungsfreundlichen Milizen (OFPRA 13.12.2022). Diese Menschenrechtsverletzungen decouragieren auch die Rückkehr von geflüchteten Personen. Durch mehrere Gesetzeserlässe wurde die Regierung 2019 zur Konfiskation des Eigentums von "Terroristen" ermächtigt. Als Terroristen werden vor allem auch viele Oppositionelle gelistet (ÖB Damaskus 12.2022). Die von der Regierung angebotenen Versöhnungsabkommen sind an verschiedene Bedingungen geknüpft (STDOK 8.2017). Die Wehrpflicht war bisher meist ein zentraler Bestandteil der Versöhnungsabkommen (AA 13.11.2018). Manche Vereinbarungen besagen, dass Männer nicht an die Front geschickt werden, sondern stattdessen bei der örtlichen Polizei eingesetzt werden (STDOK 8.2017), oder den Männern im wehrpflichtigen Alter wird eine sechsmonatige Schonfrist zugesichert (AA 2.2.2024; vergleiche EB 14.6.2023; vergleiche SD 9.6.2023). Einem von EUAA interviewten Experten zufolge können Deserteure oder Wehrdienstverweigerer durch ein Versöhnungsabkommen mit der Regierung Strafen entgehen. Teilweise treten sie im Rahmen dieser Abkommen Milizen bei oder formen neue, welche mit der syrischen Armee oder dem Geheimdienst zusammenarbeiten (EUAA 10.2023). Im Rahmen von Versöhnungsabkommen gemachte Garantien der Regierung werden jedoch nicht eingehalten. Die syrischen Behörden haben Einzelpersonen verhaftet, nachdem ihnen die Freilassung zugesichert wurde, und Vereinbarungen über die Freistellung von der Wehrpflicht, über den Dienstort neuer Wehrpflichtiger (BS 23.2.2022) oder zur Schonfrist vor dem Einzug zum Militärdienst wurden gebrochen (AA 2.2.2024). Es wird von willkürlichen Verhaftungen von Personen berichtet, die sich zuvor mit der syrischen Regierung "versöhnt" hatten (UNHRC 7.2.2023; vergleiche HRW 12.1.2023; vergleiche UNHRC 24.8.2023) und es kommt trotz Abkommen zu Verhaftungen und dem Verschwinden von früheren Kämpfern in deren Häusern oder an Checkpoints. Es gibt Berichte über die gezielte Tötung von ehemaligen Kämpfern, die sich nunmehr den syrischen Streitkräften angeschlossen haben (ÖB Damaskus 12.2022). Auch werden manche Personen, die einen Versöhnungsprozess durchlaufen haben, von ihren Nachbarn früherer Vergehen beschuldigt und bekommen dadurch Probleme mit dem Geheimdienst (EUAA 10.2023). Der Abschluss von "Versöhnungsabkommen" in bestimmten Gebieten schützt die dortige Bevölkerung nicht vor dem willkürlichen, rücksichtslosen Verhalten der dort präsenten regierungsfreundlichen Milizen (OFPRA 13.12.2022). Diese Menschenrechtsverletzungen decouragieren auch die Rückkehr von geflüchteten Personen. Durch mehrere Gesetzeserlässe wurde die Regierung 2019 zur Konfiskation des Eigentums von "Terroristen" ermächtigt. Als Terroristen werden vor allem auch viele Oppositionelle gelistet (ÖB Damaskus 12.2022).

Generell lässt sich seitens der Regierung das Bestreben feststellen, möglichst schnell wieder staatliche Strukturen in den eroberten Gebieten zu etablieren. Allerdings gibt es offenbar große Herausforderungen für die syrische Regierung, dieses Bestreben flächendeckend umzusetzen (ÖB Damaskus 12.2022).

Individuelle Versöhnungsabkommen

Soweit bekannt, gibt es auch individuelle Versöhnungsabkommen für Syrer, die aus dem Ausland nach Syrien zurückkehren wollen, bzw. für Vertriebene, die in ein Gebiet unter der Kontrolle der Behörden zurückkehren. Der Abschluss eines individuellen Versöhnungsabkommens ist auch hier kein genau definiertes Verfahren und kann von Person zu Person und von Botschaft zu Botschaft variieren; in der Regel beinhaltet es jedoch die Unterzeichnung eines Dokuments in einer Botschaft, in dem die Person ihre "Straftat" zugibt. Versöhnungsabkommen bieten allerdings keinen Schutz vor Menschenrechtsverletzungen (NMFA 5.2022). Eine vertrauliche Quelle des niederländischen Außenministeriums gibt an, dass der individuelle Versöhnungsprozess entweder aus dem Ausland oder aus einem Gebiet, das nicht unter Regierungskontrolle steht, begonnen werden kann, aber der Abschluss in einem Gebiet unter Regierungskontrolle erfolgen muss. Das Dokument zur Bestätigung dieses individuellen Versöhnungsprozesses kann nur in einem Gebiet unter der Kontrolle der syrischen Regierung ausgestellt werden. Dieselbe Quelle merkt an, dass Personen, die einen solchen individuellen Versöhnungsprozess beginnen, erst recht die Aufmerksamkeit der syrischen Behörden auf sich ziehen (NMFA 8.2023).

Anmerkung: Für weitere Informationen sowie zusätzliche Genehmigungsverfahren siehe Kapitel Rückkehr, Unterkapitel "Administrative Bedingungen für eine Rückkehr sowie Möglichkeit der Rückkehr an den Herkunftsort".

Quellen:

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (2.2.2024): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien (Stand: Ende Oktober 2023), https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/app/nodes/29884854, Zugriff 15.2.2024

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.11.2018): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien, https://www.ecoi.net/en/file/local/1451486/4598_1542722823_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-lage-in-der-arabischen-republik-syrien-stand-november-2018-13-11-2018.pdf, Zugriff 3.7.2023

?        BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): Syria Country Report 2022, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069699/country_report_2022_SYR.pdf, Zugriff 4.7.2023

?        EB - Enab Baladi (14.6.2023): New security settlement to enhance regime grip on Daraa: activists, displaced, https://english.enabbaladi.net/archives/2023/06/new-security-settlement-to-enhance-regime-grip-on-daraa-activists-displaced/, Zugriff 24.1.2024

?        EUAA - European Union Asylum Agency (10.2023): Syria: Country Focus, https://www.ecoi.net/en/file/local/2098437/2023_10_EUAA_COI_Report_Syria_Country_focus.pdf, Zugriff 11.1.2024

?        HRW – Human Rights Watch (12.1.2023): World Report 2023 - Syria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2085501.html, Zugriff 4.7.2023

?        MEE - Middle East Eye (28.3.2018): Besiege, bombard, retake: Reconciliation agreements in Syria, https://www.middleeasteye.net/opinion/besiege-bombard-retake-reconciliation-agreements-syria, Zugriff 3.7.2023

?        NMFA - Netherlands Ministry of Foreign Affairs [Niederlande] (8.2023): Country of Origin Information Report on Syria, https://open.overheid.nl/documenten/ronl-e07a04cd19e3da2dac1adebf7a36701e6aee7e7d/pdf, Zugriff 11.12.2023

?        NMFA - Netherlands Ministry of Foreign Affairs [Niederlande] (5.2022): Country of origin information report Syria, https://www.ecoi.net/en/file/local/2081724/Country+of+origin+information+report+Syria.pdf, Zugriff 3.7.2023

?        ÖB - Österreichische Botschaft Damaskus [Österreich] (12.2022): Asylländerbericht Syrien 2022, Antwortschreiben per E-Mail [liegt im Archiv der Staatendokumentation auf]

?        OFPRA - Office français de protection des réfugiés et apatrides [France] (13.12.2022): Syrie : Situation dans les zones reconquises par les forces pro-régime depuis 2020, https://www.ofpra.gouv.fr/libraries/pdf.js/web/viewer.html?file=/sites/default/files/ofpra_flora/2212_syr_zones_reconquises_par_le_regime_156325_web.pdf, Zugriff 4.7.2023

?        SACD - Syrian Association for Citizen's Dignity (SACD) (8.11.2021): Did Daraa mark the end of reconciliation agreements in Syria?, https://syacd.org/did-daraa-mark-the-end-of-reconciliation-agreements-in-syria/, Zugriff 3.7.2023

?        SD - Syria Direct (9.6.2023): Wave of new Daraa settlements amid Arab normalization efforts, https://syriadirect.org/wave-of-new-daraa-settlements-amid-arab-normalization-efforts/, Zugriff 24.1.2024

?        SHRC - Syrian Human Rights Committee, the (26.1.2023): Car Trader assasinated in Daraa, https://www.shrc.org/en/?p=34054, Zugriff 4.7.2023

?        SNHR - Syrian Network for Human Rights (17.1.2023); Most Notable Human Rights Violations in Syria in 2022, https://snhr.org/wp-content/uploads/2023/01/R221213E.pdf, Zugriff 4.7.2023

?        STDOK - Staatendokumentation of the BFA [Österreich] (8.2017): Fact Finding Mission Bericht Syrien – mit ausgewählten Beiträgen zu Jordanien, Libanon und Irak, https://www.ecoi.net/file_upload/5618_1507116516_ffm-bericht-syrien-mit-beitraegen-zu-jordanien-libanon-irak-2017-8-31-ke.pdf, Zugriff 3.7.2023

?        TIMEP - The Tahrir Institute for Middle East Policy (15.10.2021): Daraa: Another Example of the Regime’s Failure of Reconciliation, https://timep.org/commentary/analysis/daraa-another-example-of-the-regimes-failure-of-reconciliation/, Zugriff 3.7.2023

?        UNHRC – United Nations Human Rights Council (14.8.2023): Report of the Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic, https://www.ecoi.net/en/file/local/2097210/G2315549.pdf, Zugriff 24.1.2024

?        UNHRC - United Nations Human Rights Council (7.2.2023): Report of the Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic*, **, https://www.ecoi.net/en/file/local/2088857/G2301021.pdf, Zugriff 4.7.2023

?        USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): Country Report on Human Rights Practices 2022 - Syria, https://www.ecoi.net/en/document/2089061.html, Zugriff 4.7.2023

Gebiete unter Regierungskontrolle inkl. Damaskus und Umland, Westsyrien

Letzte Änderung 2024-03-08 19:46

Mittlerweile hat das Assad-Regime, unterstützt von Russland und Iran, unterschiedlichen Quellen zu Folge zwischen 60 Prozent (INSS 24.4.2022; vgl. GIS 23.5.2022) und 70 Prozent des syrischen Territoriums wieder unter seine Kontrolle gebracht (USCIRF 11.2022; EUAA 9.2022; vgl. CFR 24.1.2024). Ausländische Akteure und regierungstreue Milizen üben erheblichen Einfluss auf Teile des Gebiets aus, das nominell unter der Kontrolle der Regierung steht (AM 23.2.2021; vgl. SWP 3.2020, FP 15.3.2021, EUI 13.3.2020) (Anm.: siehe dazu auch das Überkapitel Sicherheitslage). Folgende Karte mit Stand 23.5.2023 veranschaulicht diese territoriale nominelle Dominanz der syrischen Regierung und ihrer Verbündeten und das komplexe Verhältnis zum selbsternannten Autonomiegebiet im Nordosten, das hier als "halbautonome kurdische Zone" bezeichnet wird:Mittlerweile hat das Assad-Regime, unterstützt von Russland und Iran, unterschiedlichen Quellen zu Folge zwischen 60 Prozent (INSS 24.4.2022; vergleiche GIS 23.5.2022) und 70 Prozent des syrischen Territoriums wieder unter seine Kontrolle gebracht (USCIRF 11.2022; EUAA 9.2022; vergleiche CFR 24.1.2024). Ausländische Akteure und regierungstreue Milizen üben erheblichen Einfluss auf Teile des Gebiets aus, das nominell unter der Kontrolle der Regierung steht (AM 23.2.2021; vergleiche SWP 3.2020, FP 15.3.2021, EUI 13.3.2020) Anmerkung, siehe dazu auch das Überkapitel Sicherheitslage). Folgende Karte mit Stand 23.5.2023 veranschaulicht diese territoriale nominelle Dominanz der syrischen Regierung und ihrer Verbündeten und das komplexe Verhältnis zum selbsternannten Autonomiegebiet im Nordosten, das hier als "halbautonome kurdische Zone" bezeichnet wird:

Die zivilen Behörden haben nur begrenzten Einfluss auf ausländische militärische oder paramilitärische Organisationen, die in Syrien operieren, darunter russische Streitkräfte, die libanesische Hizbollah, die iranischen Revolutionswächter (IRGC) und regierungsnahe Milizen wie die Nationalen Verteidigungskräfte (National Defence Forces - NDF), deren Mitglieder zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen haben (USDOS 20.3.2023). Für alle Regionen Syriens gilt dabei, dass eine pauschale ebenso wie eine abschließende Lagebeurteilung nicht möglich ist. Auch innerhalb der verschiedenen Einflussgebiete unterscheidet sich die Lage teilweise von Region zu Region und von Ort zu Ort (AA 2.2.2024).

Die Sicherheitslage zwischen militärischen Entwicklungen und Menschenrechtslage

Ungeachtet der obigen Ausführungen bleibt Syrien bis hin zur subregionalen Ebene territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Die Regierung ist nicht in der Lage, alle von ihr kontrollierten Gebiete zu verwalten und bedient sich verschiedener Milizen, um einige Gebiete und Kontrollpunkte in Aleppo, Lattakia, Tartus, Hama, Homs und Deir ez-Zor zu kontrollieren (DIS/DRC 2.2019). Die Hizbollah und andere von Iran unterstützte schiitische Milizen kontrollieren derzeit rund 20 Prozent der Grenzen des Landes. Obwohl die syrischen Zollbehörden offiziell für die Grenzübergänge zum Irak (Abu Kamal), zu Jordanien (Nasib) und zum Libanon (al-Arida, Jdeidat, al-Jousiyah und al-Dabousiyah) zuständig sind, liegt die tatsächliche Kontrolle bei anderen: Die libanesische Grenze ist von der Hizbollah besetzt, die auf der syrischen Seite Stützpunkte eingerichtet hat (Zabadani, al-Qusayr), von denen aus sie die Bergregion Qalamoun beherrscht. Auch die irakischen schiitischen Milizen verwalten beide Seiten ihrer Grenze von Abu Kamal bis at-Tanf (WI 10.2.2021).

Vor allem Aleppo, die größte Stadt Syriens und ihr ehemaliger wirtschaftlicher Motor, bietet einen Einblick in die derzeitige Lage: Die Truppen des Regimes haben die primäre, aber nicht die ausschließliche Kontrolle über die Stadt, weil die Milizen, auch wenn sie nominell mit dem Regime verbündet sind, sich sporadische Zusammenstöße mit Soldaten und untereinander liefern und die Einwohner schikanieren. Die Rebellen sind vertrieben, kein ausländischer Akteur hat ein Interes

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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