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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §3 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Rosenmayr und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der H in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. September 1994, Zl. 102.653/2-III/11/94, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 15. September 1994 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß §§ 4 Abs. 1 und 9 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes - AufG (in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 351/1995) abgewiesen.
Nach der zuletzt zitierten Gesetzesstelle dürften keine weiteren Bewilligungen erteilt werden, wenn die im § 2 Abs. 1 AufG und in der darauf beruhenden Verordnung festgelegte Anzahl von Bewilligungen erreicht sei. Ab diesem Zeitpunkt seien Anträge, die sich nicht auf den im § 3 AufG verankerten Rechtsanspruch stützten, abzuweisen. Für das Bundesland Wien sei in der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem AufG für 1994, BGBl. Nr. 72/1994, eine Höchstzahl von 4300 Bewilligungen festgesetzt worden. Diese Höchstzahl sei nunmehr erreicht.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfharens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleibt unbestritten, daß die maßgebliche Höchstzahl von 4300 Bewilligungen "nunmehr", also im Zeitpunkt der Entscheidung durch die belangte Behörde, erreicht gewesen sei. Auch der Gerichtshof hegt gegen diese Feststellung keine Bedenken.
2.1. Die Beschwerde meint indes, daß der angefochtene Bescheid in einem mangelhaften Verfahren zustande gekommen sei. So sei weder vor der Behörde erster Instanz noch vor der belangten Behörde das Parteiengehör gewährt worden; ebenfalls vor beiden Instanzen sei das Recht auf Akteneinsicht verletzt worden. Überdies habe sich die belangte Behörde nicht mit dem Berufungsvorbringen auseinandergesetzt.
Abgesehen davon sei die bekämpfte Entscheidung auch inhaltlich rechtswidrig. Die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, daß die Beschwerdeführerin bereits seit 12. Juli 1993 mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet sei. Darüber hinaus räume § 3 (Abs. 3) AufG der Behörde die Möglichkeit der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für den Fall ein, daß die Ehe zwar nicht schon ein Jahr bestehe, aber vorher - wie im Beschwerdefall - eine Lebensgemeinschaft bestanden habe. Schließlich habe die belangte Behörde nicht darauf Bedacht genommen, daß die Versagung der Aufenthaltsbewilligung in das Privatleben der Beschwerdeführerin eingreife; es hätte daher eine "Auseinandersetzung mit den privaten Interessen stattzufinden gehabt".
2.2.1. Im Grunde des § 9 Abs. 3 AufG kommt es nicht allein darauf an, ob ein Rechtsanspruch nach § 3 Abs. 1 und 2 AufG besteht, vielmehr schließt die Wendung "Anträge gemäß § 3" die Bedachtnahme auch auf die Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 3 leg. cit. mit ein. Die Behörde hat somit - bei entsprechendem Vorbringen des Fremden im Verfahren - auch diese Bestimmung in ihre Erwägungen einzubeziehen. Eine Verkürzung der Frist des § 3 Abs. 2 AufG erfordert gemäß § 3 Abs. 3 erster Satz leg. cit. u.a., daß der Ehegatte im gemeinsamen Haushalt mit dem Fremden gelebt hat, wobei sich der Fremde während der Zeit des Zusammenlebens mit dem Ehegatten, sofern dies im Bundesgebiet der Fall war, dort grundsätzlich rechtmäßig aufgehalten haben muß (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/18/0598, und vom 18. Mai 1995, Zl. 94/18/1174).
2.2.2. Daß im Beschwerdefall kein Rechtsanspruch der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung bestand, ergibt sich unmittelbar aus dem - im übrigen durch den Akteninhalt gedeckten - Beschwerdevorbringen, wonach die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Antragstellung
(28. Dezember 1993) - auf den allein gemäß § 3 Abs. 2 AufG abzustellen ist - erst etwa fünf Monate mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet war.
2.2.3. Was die in der Beschwerde angesprochene allfällige Anwendbarkeit der Ermessensbestimmung des § 3 Abs. 3 erster Satz AufG anlangt, so hat die Beschwerdeführerin weder in ihrem Antrag vom 28. Dezember 1993 noch in der Berufung vom 9. Mai 1994 ausdrücklich das Bestehen eines gemeinsamen Haushaltes mit ihrem Ehegatten behauptet. Selbst wenn man aber das Berufungsvorbringen, die Beschwerdeführerin habe bereits über ein Jahr vor der Eheschließung mit ihrem österreichischen Ehegatten "in Lebensgemeinschaft" gelebt, als - freilich in keiner Weise belegte - Behauptung des Zusammenlebens "im gemeinsamen Haushalt" deuten wollte, wäre für die Beschwerde nichts gewonnen, hätte es doch diesfalls die Beschwerdeführerin unterlassen darzutun, daß sie sich während dieser Zeit rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hätte (vgl. zu diesem Aspekt das bereits zitierte hg. Erkenntnis Zl. 94/18/1174).
2.2.4. Die Rüge, der Beschwerdeführerin sei das Parteiengehör nicht gewährt worden, entbehrt im Hinblick darauf der Relevanz, daß die Beschwerde nicht aufzeigt, inwiefern die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Versäumnisses - das entsprechende Versäumnis seitens der Erstinstanz geltend zu machen, hatte die Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren Gelegenheit - zu einem anderen (für die Beschwerdeführerin günstigeren) Bescheid hätte kommen können. Insbesondere wird nicht dargelegt, daß die Beschwerdeführerin bei Einräumung des rechtlichen Gehörs vorgebracht hätte, daß dem (allfälligen) Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt auf ihrer Seite ein rechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet zugrunde gelegen war. Die die Verletzung des Rechtes auf Akteneinsicht geltend machende Rüge ist schon deshalb nicht zielführend, weil die Beschwerdeführerin nicht behauptet, daß ihr die Akteneinsicht von der belangten Behörde verweigert worden sei.
2.3. Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, daß die belangte Behörde weder das Vorliegen eines Rechtsanspruches im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit Abs. 2 AufG bejaht noch von der Ermessensnorm des § 3 Abs. 3 erster Satz leg. cit. Gebrauch gemacht und dementsprechend den Bewilligungsantrag der Beschwerdeführerin gemäß § 9 Abs. 3 (zweiter Satz zweiter Halbsatz) AufG abgewiesen hat.
2.4. An diesem Ergebnis vermag auch der Beschwerdeeinwand, daß die belangte Behörde das Vorliegen privater Interessen der Beschwerdeführerin an der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung hätte berücksichtigen müssen, nichts zu ändern. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist vom Gesetz im Rahmen einer auf § 9 Abs. 3 AufG gestützten Entscheidung - sofern es sich nicht um Anträge "gemäß § 3" handelt (was, wie oben dargetan, vorliegend zutrifft) - eine Bedachtnahme auf das Privat- und Familienleben des Fremden nicht vorgesehen ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 29. Juni 1995, Zl. 95/18/1052, mwN).
3. Da somit der angefochtene Bescheid nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit behaftet ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994180870.X00Im RIS seit
02.05.2001