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26 Gewerblicher RechtsschutzNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine willkürliche Abweisung eines Antrags auf Unwirksamerklärung einer internationalen Marke für Österreich aufgrund genügend intensiven, kennzeichenmäßigen Gebrauchs der Marke durch die Antragsgegnerin; kein Übergehen von BeweisanträgenSpruch
Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Mit Bescheid der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamts vom 10. September 1991, Z Nm 28/89, wurde der Antrag der V GesmbH auf Unwirksamerklärung der internationalen Marke Nr. 436 190 "V" (Markeninhaberin: V-F GesmbH) für das Gebiet der Republik Österreich abgewiesen.
1.2.1. Der dagegen von der V GesmbH ergriffenen Berufung wurde mit Erkenntnis des Obersten Patent- und Markensenats vom 10. Juni 1992, Z Om 2/92, nicht Folge gegeben.
1.2.2. In den Entscheidungsgründen hieß es ua.:
"In seinem Erkenntnis PBl 1990, 181 hat der Oberste Patent- und Markensenat zu dieser Bestimmung (§33 a MarkenschutzG 1970) im wesentlichen folgendes ausgeführt: Zweck dieses durch die MSchG-Novelle 1977 eingeführten aufgeschobenen Gebrauchs-(Benützungs-)zwanges sei die Reduzierung der das Markenregister belastenden und das Finden neuer Marken erschwerenden Überfülle nicht benützter Marken. Keineswegs sollte aber §33 a Abs1 MSchG nach dem Willen des Gesetzgebers besonders rigoros im Sinn einer möglichst weitgehenden Löschung nicht benützter Marken angewendet werden (ÖBl 1985, 87). Im Zweifel sei daher einer Auslegung der Vorzug zu geben, die an den Gebrauch der Marke keine allzu hohen Anforderungen stellt (Gräser, Der Gebrauchszwang im Markenrecht, ÖBl 1982, 110). Zur Frage, wann ein kennzeichenmäßiger Gebrauch vorliegt, verweise §33 a Abs1 MSchG auf §13 MSchG, wo die kennzeichenmäßige Verwendung einer Marke definiert werde. Darunter sei nicht nur der Gebrauch des Zeichens an der Ware selbst oder an Gegenständen, an denen Dienstleistungen ausgeführt wurden oder ausgeführt werden sollen oder die zur Erbringung von Dienstleistungen benützt werden, zu verstehen, sondern auch der Gebrauch auf Gefäßen oder Umhüllungen sowie in Ankündigungen und Geschäftspapieren. Es werde somit in einer Art von Fiktion der Gebrauch einer Marke in Ankündigungen und Geschäftspapieren als Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung angesehen (Gräser aaO 115). Da §13 MSchG die Definition des markenmäßigen Gebrauchs eines Zeichens enthält, sei in allen Fällen, in denen das MSchG von der Kennzeichnung der Ware oder der Dienstleistung spreche, dieser Ausdruck im Sinn des §13 MSchG zu verstehen, worauf die Materialien zur MSchG-Novelle 1969 (887 BlgNR 11. GP 13 zum früheren §11 MSchG 1953) ausdrücklich hinweisen. Das bedeute aber, daß jede einzelne Art des Gebrauchs als gleichwertig anzusehen sei. Da §33 Abs1 MSchG - anders als die §§5 Abs7 und 11 Abs1 Z4 WZG, die den §15 WZG nicht zitieren - ausdrücklich zur Frage des kennzeichenmäßigen Gebrauchs auf §13 MSchG verweise, sei klargestellt, daß auch die Verwendung der Marke in Ankündigungen und Geschäftspapieren der Qualität nach Gebrauch und daher markenrechtserhaltend sei (Gräser aa0 115). Quantitativ fordere §33 a MSchG den Gebrauch in angemessenem Umfang. Der Gesetzgeber habe dabei die Konkretisierung des unbestimmten Begriffs der Lehre und Rechtsprechung überlassen und lediglich in den Erläuterungen darauf hingewiesen, daß dies unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Potenz des Markeninhabers, der Besonderheiten der Branche und des inländischen Markts, der Art der Ware sowie der lokalen Verhältnisse von Fall zu Fall zu beurteilen sein werde (489 BlgNR 14. GP 14). Ein Fingerzeig, wie die Grenze der Angemessenheit verläuft, finde sich ferner in den Erläuterungen der Rechtfertigung des Nichtgebrauchs. Auch bei der Angemessenheit des Gebrauchs sei daher in jedem Fall zu prüfen, ob der Markeninhaber ein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung des Markenschutzes habe (Gräser aaO 116).
Aus den aufgezeigten Erwägungen, an denen der Oberste Patent- und Markensenat festhält, ergibt sich also, daß sich grundsätzlich der in §13 MSchG näher umschriebene Gebrauch einer Marke mit dem Gebrauch nach §33 a MSchG deckt. Daß dem Gesetzgeber hier ein anderer Begriff vorgeschwebt sein könnte, ist weder dem Gesetzeswortlaut noch sonst irgendeiner Entscheidung oder Lehrmeinung zu entnehmen. Der Markeninhaber muß also nur dartun, daß die Marke in nicht unerheblichem Ausmaß zwischen ihm und dem Käufer seiner Waren gebraucht wurde. Unerheblich ist dagegen, wie weit der Zwischenhändler die Marke gegenüber seinen Abnehmern verwendet hat. Demnach würde bereits der von der Vorinstanz festgestellte erhebliche Gebrauch durch Verwendung der Marke auf dem von der Antragsgegnerin (V-F GesmbH) gegenüber ihren Kunden verwendeten Geschäftspapier zur Abwehr des Löschungsanspruchs ausreichen. Dazu kommt aber, daß nach den vorinstanzlichen Feststellungen von der Antragsgegnerin gelieferte Waren mit Etiketten versehen waren, die ebenfalls auf die Marke hinwiesen. Es besteht keinerlei Anhaltspunkt dafür, daß diese Etiketten vor Weiterverkauf an die Letztverbraucher herausgetrennt worden wären.
Die dargelegte Rechtslage läßt erkennen, daß die Verfahrensrügen der Antragstellerin (V GesmbH) an der Sache vorbeigehen. Die Feststellung über die Verwendung der Marke auf dem Geschäftspapier der Antragsgegnerin sowie über an den Waren angebrachte Etiketten wird gar nicht ernsthaft bekämpft. Welche Meinung die von der Antragstellerin genannten Personen dazu hatten, ist rechtlich bedeutungslos. Es spielt auch keine Rolle, ob einzelnen Personen, sei es in Branchenkreisen, sei es außerhalb dieser, die Marke bekannt war oder nicht. Maßgebend ist nur ein entsprechend intensiver Gebrauch. Daß die in der Berufung genannten Beweismittel zur Widerlegung der getroffenen Feststellungen irgendetwas beitragen könnten, ist nicht ersichtlich. Offensichtlich strebt die Antragstellerin zu diesem Berufungsgrund nur die Wertung des festgestellten Gebrauchs der Marke durch die nach ihrer Meinung zu vernehmenden Personen an. Diese 'Wertung' ist jedoch rechtliche Beurteilung, die nicht Zeugen, sondern dem erkennenden Senat obliegt. Auf die Frage, ob der Verwendung der Marke durch die Antragsgegnerin allenfalls Rechte anderer Unternehmer entgegengestanden wären, kommt die Berufung mit Recht nicht zurück, weil diese Frage im Löschungsverfahren nach §33 a Abs1 MSchG nicht zu prüfen ist. Was einen festgestellten Gebrauch zu einem 'Scheingebrauch' machen könnte, ist nicht ersichtlich. Die Antragstellerin kann dies auch nicht aufklären. Eine Marke wird entweder gebraucht oder nicht. Das Motiv eines Gebrauchs spielt rechtlich keine Rolle. Geht man von den in Wahrheit unbekämpften Feststellungen der ersten Instanz aus, so ist die rechtliche Beurteilung, die Antragsgegnerin habe einen genügend intensiven Gebrauch der Marke ausreichend dargetan, zutreffend. Der Berufung muß demnach ein Erfolg versagt bleiben."
1.3.1. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die auf Art144 (Abs1) B-VG gestützte Beschwerde der V GesmbH an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, und zwar auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG) und auf Unverletzlichkeit des Eigentums (Art5 StGG), behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Verwaltungsakts begehrt wird.
1.3.2.1. Der Oberste Patent- und Markensenat als belangte Behörde legte dem Verfassungsgerichtshof die Administrativakten vor, erstattete aber keine Gegenschrift.
1.3.2.2. Die Verfahrensbeteiligte V-F GesmbH brachte durch ihre ausgewiesenen Vertreter eine Gegenschrift ein, in der sie für eine Abweisung der Beschwerde eintrat.
2. Über die - zulässige - Beschwerde wurde erwogen:
2.1.1. Eine Verletzung des Gleichheitsrechts (Art7 Abs1 B-VG iVm Art2 StGG) kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (zB VfSlg. 8823/1980, 9112/1981) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde den angewendeten Rechtsvorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellte oder wenn sie bei der Bescheiderlassung Willkür übte.
2.1.2.1. Daß die dem bekämpften Bescheid zugrundeliegenden Rechtsvorschriften gleichheitswidrig (oder sonst verfassungswidrig) seien, wendete die beschwerdeführende Partei nicht ein. Auch der Verfassungsgerichtshof hegt aus dem Blickwinkel dieses Beschwerdefalls keine derartigen Bedenken.
Ebensowenig wirft die Beschwerdeführerin der belangten Behörde vor, die angewendeten Normen gleichheitswidrig interpretiert zu haben. Sie könnte mit ihrer auf Art7 Abs1 B-VG gegründeten Einrede also nur dann im Recht sein, wenn der bekämpfte Bescheid ein Willkürakt wäre.
Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das bereits in die Verfassungssphäre eingreift, wäre insbesondere in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage zu erblicken, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, namentlich in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder mit der Außerachtlassung des konkreten Sachverhalts (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10338/1985, 11213/1987).
2.1.2.2. Von all dem kann hier nicht die Rede sein. Für die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich verbürgten Gleichheitsrechts in Form von Willkür finden sich nämlich keine wie immer beschaffenen Hinweise:
So trifft es nicht zu, daß der Oberste Patent- und Markensenat die Beweisanträge der beschwerdeführenden Partei stillschweigend übergangen habe. Vielmehr legte die belangte Behörde einleuchtend dar, aus welchen Überlegungen sie von der Aufnahme der begehrten Beweise Abstand nehmen konnte. In Wahrheit wenden sich die Beschwerdeeinlassungen zum großen Teil gegen die als nicht überzeugend genug angesehene behördliche Beweiswürdigung, ferner gegen die Richtigkeit der - jedenfalls vertretbaren - Rechtsausführungen der belangten Behörde zum "kennzeichenmäßigen Gebrauch" einer Marke "in angemessenem Umfang" (§33 a iVm §13 MSchG), ohne Umstände darzutun, die auf willkürliche und damit verfassungswidrige Gesetzeshandhabung im Administrativverfahren hindeuten.
Es fehlt hier - zusammenfassend - an konkreten Anhaltspunkten dafür, daß der belangte Senat sich bei seiner Willensbildung von unsachlichen subjektiven Momenten leiten ließ. Auch gab er in der Begründung seines Bescheids alle den Spruch tragenden wesentlichen Erwägungen durchaus im Einklang mit den Gesetzen logischen Denkens sorgfältig und eingehend wieder. Sein auf einfachgesetzliche Richtigkeit hin in diesem verfassungsgerichtlichen Verfahren nicht zu untersuchender Standpunkt ist weder in tatsachenmäßiger noch in rechtlicher Hinsicht mit - Willkür indizierender - Denkunmöglichkeit belastet. Die beschwerdeführende Partei brachte nichts vor, was diese Wertung des angefochtenen Bescheids in Frage stellen könnte.
2.1.3. Aus diesen Erwägungen ergibt sich, daß die Beschwerdeführerin im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsrecht nicht verletzt wurde.
2.2.1. Die Frage, ob die Abweisung eines Antrags auf Unwirksamerklärung einer Marke wegen Nichtgebrauchs überhaupt in das Eigentumsrecht der Beschwerdeführerin eingreift, kann auf sich beruhen, denn eine Verletzung dieses Grundrechts käme bei der gegebenen Fallkonstellation bloß dann in Betracht, wenn der belangten Behörde eine - der Gesetzlosigkeit gleichkommende - denkunmögliche Anwendung des Gesetzes zur Last fiele (vgl. VfSlg. 7528/1975, 8010/1977, 9392/1982).
Dies ist jedoch keineswegs der Fall.
Der im gegebenen Zusammenhang vorgetragene (Beschwerde-)Einwand richtet sich letztlich gegen die schon unter Punkt 2.1.2.2. als vertretbar erkannte (und damit denkmögliche) Auslegung des §33 a iVm §13 MSchG. Ob die von der belangten Behörde gewählte Auslegung des MSchG, die sich auf Judikatur und Fachliteratur zu stützen vermag, (einfachgesetzlich) richtig ist, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu untersuchen.
2.2.2. Demgemäß wurde die Beschwerdeführerin auch nicht im verfassungsgesetzlich verbürgten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt.
2.3. Die Verletzung eines sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts wurde nicht behauptet und kam auch im Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nicht hervor.
Ebensowenig entstanden - aus der Sicht dieser Beschwerdesache - verfassungsrechtliche Bedenken gegen die dem bekämpften Bescheid zugrundeliegenden Rechtsvorschriften (s. 2.1.2.1.); die Beschwerdeführerin wurde mithin auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt.
2.4. Die Beschwerde war darum als unbegründet abzuweisen.
2.5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
MarkenschutzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:B1544.1992Dokumentnummer
JFT_10069386_92B01544_2_00