Entscheidungsdatum
30.04.2024Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W211 2279365-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Barbara SIMMA, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Syrien, vertreten durch XXXX , gegen den Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Barbara SIMMA, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch XXXX , geboren am römisch XXXX , StA. Syrien, vertreten durch römisch XXXX , gegen den Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom römisch XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (idF BF) ist syrischer Staatsangehöriger. Er stellte am XXXX .2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.1. Der Beschwerdeführer in der Fassung BF) ist syrischer Staatsangehöriger. Er stellte am römisch XXXX .2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Bei seiner Erstbefragung am XXXX .2022 gab der BF zusammengefasst und soweit wesentlich an, er komme aus XXXX , habe Syrien 2013 in die Türkei verlassen und verfüge über Familienangehörige in Österreich. Syrien habe er verlassen, weil dort Krieg herrsche, und er nicht Teil dieses Krieges sein wolle. Er sei Polizist gewesen und aus dieser Position geflohen, weil er nicht Teil dieser unmenschlichen Taten habe sein wollen. Deshalb werde er von der Regierung verfolgt. 2. Bei seiner Erstbefragung am römisch XXXX .2022 gab der BF zusammengefasst und soweit wesentlich an, er komme aus römisch XXXX , habe Syrien 2013 in die Türkei verlassen und verfüge über Familienangehörige in Österreich. Syrien habe er verlassen, weil dort Krieg herrsche, und er nicht Teil dieses Krieges sein wolle. Er sei Polizist gewesen und aus dieser Position geflohen, weil er nicht Teil dieser unmenschlichen Taten habe sein wollen. Deshalb werde er von der Regierung verfolgt.
3. Im Rahmen seiner Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (idF BFA) am XXXX .2022 führte der BF zusammengefasst und soweit wesentlich aus, er komme aus XXXX in der Region XXXX , wo zur Zeit das Regime die Kontrolle habe. Seine Eltern, zwei Brüder, Schwestern, seine Frau und vier gemeinsame Kinder würden in der Türkei leben. Ein Bruder sei in Österreich asylberechtigt, ein weiterer habe einen Asylantrag hier gestellt. In XXXX habe er die Schule besucht und sei dann 2009 nach Damaskus gegangen, um dort in einem Lebensmittelladen zu arbeiten. Er habe dann 2010 – 2011 für 8 Monate lang eine Polizeiausbildung besucht. Nach Abschluss der Ausbildung sei er geflohen; das sei am XXXX .2011 gewesen. Er sei nach XXXX zurückgekehrt, aber dann, 2013, wegen der Angriffe auf das Dorf in weitere Orte in der Nähe geflohen. Später lebte er für zwei Monate an der türkischen Grenze, bevor er im XXXX 2013 in die Türkei habe ausreisen können. Es bestünden Strafmaßnahmen gegen ihn, weil er aus dem Polizeidienst geflohen sei. Als er die Ausbildung bei der Polizei gemacht habe, habe die Führung Personen, die nichts mit der Polizei zu tun gehabt hätten, eine Uniform und Ausweise gegeben, damit sie gegen die Bevölkerung kämpfen würden. Sie hätten Demonstranten in Damaskus festgenommen, in die Ausbildungskaserne gebracht und dort gefoltert. Wenn das jemand überlebt habe, sei er inhaftiert worden. Der BF habe seinen Vater angerufen und ihm alles erzählt. Dieser habe ihm dann gesagt, er solle, wenn möglich, flüchten. Er habe die Ausbildung bei der Polizei abgeschlossen und sei ca. eineinhalb Monate danach geflohen. Die FSA habe seinen Dienstausweis nach der Flucht weggenommen und ihm später einen Ausweis zurückgegeben. 3. Im Rahmen seiner Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in der Fassung BFA) am römisch XXXX .2022 führte der BF zusammengefasst und soweit wesentlich aus, er komme aus römisch XXXX in der Region römisch XXXX , wo zur Zeit das Regime die Kontrolle habe. Seine Eltern, zwei Brüder, Schwestern, seine Frau und vier gemeinsame Kinder würden in der Türkei leben. Ein Bruder sei in Österreich asylberechtigt, ein weiterer habe einen Asylantrag hier gestellt. In römisch XXXX habe er die Schule besucht und sei dann 2009 nach Damaskus gegangen, um dort in einem Lebensmittelladen zu arbeiten. Er habe dann 2010 – 2011 für 8 Monate lang eine Polizeiausbildung besucht. Nach Abschluss der Ausbildung sei er geflohen; das sei am römisch XXXX .2011 gewesen. Er sei nach römisch XXXX zurückgekehrt, aber dann, 2013, wegen der Angriffe auf das Dorf in weitere Orte in der Nähe geflohen. Später lebte er für zwei Monate an der türkischen Grenze, bevor er im römisch XXXX 2013 in die Türkei habe ausreisen können. Es bestünden Strafmaßnahmen gegen ihn, weil er aus dem Polizeidienst geflohen sei. Als er die Ausbildung bei der Polizei gemacht habe, habe die Führung Personen, die nichts mit der Polizei zu tun gehabt hätten, eine Uniform und Ausweise gegeben, damit sie gegen die Bevölkerung kämpfen würden. Sie hätten Demonstranten in Damaskus festgenommen, in die Ausbildungskaserne gebracht und dort gefoltert. Wenn das jemand überlebt habe, sei er inhaftiert worden. Der BF habe seinen Vater angerufen und ihm alles erzählt. Dieser habe ihm dann gesagt, er solle, wenn möglich, flüchten. Er habe die Ausbildung bei der Polizei abgeschlossen und sei ca. eineinhalb Monate danach geflohen. Die FSA habe seinen Dienstausweis nach der Flucht weggenommen und ihm später einen Ausweis zurückgegeben.
4. Vom vorgelegten Personalausweis und vom vorgelegten Dienstausweis der Polizei wurden Übersetzung angefertigt und eine Dokumentenüberprüfung beauftragt. Betreffend den Personalausweis ergaben sich keine Hinweise auf eine Verfälschung. Betreffend den Dienstausweis wurde mit Bericht vom XXXX .2022 festgestellt, dass es sich dabei um eine Totalfälschung handelt.4. Vom vorgelegten Personalausweis und vom vorgelegten Dienstausweis der Polizei wurden Übersetzung angefertigt und eine Dokumentenüberprüfung beauftragt. Betreffend den Personalausweis ergaben sich keine Hinweise auf eine Verfälschung. Betreffend den Dienstausweis wurde mit Bericht vom römisch XXXX .2022 festgestellt, dass es sich dabei um eine Totalfälschung handelt.
5. Bei der ergänzenden Einvernahme des BF am XXXX .2023 gab dieser soweit wesentlich an, dass ihm das Original des Dienstausweises von der FSA abgenommen worden sei; er wisse nicht, was diese damit gemacht hätte. Nach einer Woche hätte er ihn total zerstört zurückbekommen und davon ein Foto gemacht, das er vorgelegt habe. Das Original, das er der Behörde vorgelegt habe, sei ein nachgemachter Ausweis gewesen. Er habe seinen Namen und sein Bild auf eine andere Vorlage eingefügt und ausgedruckt. Das Schreiben, das er heute vorlegen wolle, habe ein Onkel, der in XXXX lebe, gestern bzw. vor ein paar Tagen gefunden und ihm geschickt. 5. Bei der ergänzenden Einvernahme des BF am römisch XXXX .2023 gab dieser soweit wesentlich an, dass ihm das Original des Dienstausweises von der FSA abgenommen worden sei; er wisse nicht, was diese damit gemacht hätte. Nach einer Woche hätte er ihn total zerstört zurückbekommen und davon ein Foto gemacht, das er vorgelegt habe. Das Original, das er der Behörde vorgelegt habe, sei ein nachgemachter Ausweis gewesen. Er habe seinen Namen und sein Bild auf eine andere Vorlage eingefügt und ausgedruckt. Das Schreiben, das er heute vorlegen wolle, habe ein Onkel, der in römisch XXXX lebe, gestern bzw. vor ein paar Tagen gefunden und ihm geschickt.
6. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das BFA den Antrag des BF bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG für ein Jahr (Spruchpunkt III).6. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das BFA den Antrag des BF bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte ihm gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG für ein Jahr (Spruchpunkt römisch III).
7. In der gegen den Spruchpunkt I. des Bescheides rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wurde zusammengefasst und soweit wesentlich ausgeführt, dass der BF bei seiner Rückkehr nach Syrien als Reservist am Krieg teilnehmen müsste. Dabei wäre er einer erheblichen Gefahr für sein Leben ausgesetzt und müsste an Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen gegen seinen Willen teilnehmen. Eine Wehrdienstverweigerung würde die syrische Regierung als Dissens auffassen. Außerdem sei der BF illegal ausgereist und habe einen Asylantrag in Österreich gestellt, was nach einem näher genannten UNHCR-Bericht zu berücksichtigen gewesen wäre. Dem BF würde somit eine feindliche politische Gesinnung unterstellt werden, da er einer Einberufung zum Reservedienst keine Folge geleistet habe. Außerdem würde ihm wegen seiner illegalen Ausreise und seiner Asylantragstellung in Österreich asylrelevante Verfolgung drohen. Dem BF wäre daher internationaler Schutz nach § 3 AsylG zu gewähren gewesen. 7. In der gegen den Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wurde zusammengefasst und soweit wesentlich ausgeführt, dass der BF bei seiner Rückkehr nach Syrien als Reservist am Krieg teilnehmen müsste. Dabei wäre er einer erheblichen Gefahr für sein Leben ausgesetzt und müsste an Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen gegen seinen Willen teilnehmen. Eine Wehrdienstverweigerung würde die syrische Regierung als Dissens auffassen. Außerdem sei der BF illegal ausgereist und habe einen Asylantrag in Österreich gestellt, was nach einem näher genannten UNHCR-Bericht zu berücksichtigen gewesen wäre. Dem BF würde somit eine feindliche politische Gesinnung unterstellt werden, da er einer Einberufung zum Reservedienst keine Folge geleistet habe. Außerdem würde ihm wegen seiner illegalen Ausreise und seiner Asylantragstellung in Österreich asylrelevante Verfolgung drohen. Dem BF wäre daher internationaler Schutz nach Paragraph 3, AsylG zu gewähren gewesen.
8. Am XXXX .2024 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die arabische Sprache und in Anwesenheit des BF und seiner Vertretung eine mündliche Verhandlung durch, bei der der BF Gelegenheit hatte, zu seinen Fluchtgründen im Detail Stellung zu nehmen. Die belangte Behörde erschien zur Verhandlung nicht. Zusammengefasst und soweit wesentlich gab der BF im Rahmen der Verhandlung an, sich Daten schlecht merken zu können. Bei der letzten Einvernahme beim BFA sei er deswegen als nicht glaubwürdig hingestellt worden. Er glaube, dass nun niemand mehr aus der Familie in XXXX leben würde, auch nicht jener Onkel, der ihm das letzte Schreiben (Bestätigung über den Polizeidienst) geschickt habe. Dieser habe in die Türkei ausreisen wollen. In Syrien würden nur mehr Familienangehörige leben, die keine Kinder hätten. Das Geld für die Ausreise nach Europa habe sich der BF in der Türkei erarbeitet und von seinem Schwiegervater ausgeliehen. Er habe in Damaskus ca. 2010 oder 2011 die Matura ein zweites Mal absolviert, um einen besseren Notendurchschnitt zu bekommen. Er sei dann zur Polizei gegangen. Bei der Ausbildung habe er selbst gesehen, wie die Sicherheitsorgane auf die Demonstrant:innen losgegangen seien und sie getötet hätten. Das habe er sich so nicht vorgestellt, als er den Berufswunsch Polizist gehabt hätte. Er sei dann von der Polizei desertiert. Sein Militärbuch habe er in der Polizeischule abgeben müssen; als Polizist habe er den Wehrdienst nicht ableisten müssen. Zum gefälschten Dienstausweis befragt wiederholte der BF, dass sein Ausweis von der FSA zerrissen worden sei; man hätte nie davon ausgehen können, dass es sich bei dem Dokument, das er dem BFA vorgelegt habe, um ein Original handeln würde. Er habe den Dienstausweis beim BFA mit den anderen Unterlagen vorgezeigt, damit man sich dort alles anschauen könne, und es nur gut gemeint. Eine Durchsicht des später vorgelegten Schreibens zu einer Bestätigung über den Polizeidienst mit Hilfe des Dolmetschers führte zum Ergebnis, dass allfällige Kennzahlen nicht übereinstimmen. 8. Am römisch XXXX .2024 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die arabische Sprache und in Anwesenheit des BF und seiner Vertretung eine mündliche Verhandlung durch, bei der der BF Gelegenheit hatte, zu seinen Fluchtgründen im Detail Stellung zu nehmen. Die belangte Behörde erschien zur Verhandlung nicht. Zusammengefasst und soweit wesentlich gab der BF im Rahmen der Verhandlung an, sich Daten schlecht merken zu können. Bei der letzten Einvernahme beim BFA sei er deswegen als nicht glaubwürdig hingestellt worden. Er glaube, dass nun niemand mehr aus der Familie in römisch XXXX leben würde, auch nicht jener Onkel, der ihm das letzte Schreiben (Bestätigung über den Polizeidienst) geschickt habe. Dieser habe in die Türkei ausreisen wollen. In Syrien würden nur mehr Familienangehörige leben, die keine Kinder hätten. Das Geld für die Ausreise nach Europa habe sich der BF in der Türkei erarbeitet und von seinem Schwiegervater ausgeliehen. Er habe in Damaskus ca. 2010 oder 2011 die Matura ein zweites Mal absolviert, um einen besseren Notendurchschnitt zu bekommen. Er sei dann zur Polizei gegangen. Bei der Ausbildung habe er selbst gesehen, wie die Sicherheitsorgane auf die Demonstrant:innen losgegangen seien und sie getötet hätten. Das habe er sich so nicht vorgestellt, als er den Berufswunsch Polizist gehabt hätte. Er sei dann von der Polizei desertiert. Sein Militärbuch habe er in der Polizeischule abgeben müssen; als Polizist habe er den Wehrdienst nicht ableisten müssen. Zum gefälschten Dienstausweis befragt wiederholte der BF, dass sein Ausweis von der FSA zerrissen worden sei; man hätte nie davon ausgehen können, dass es sich bei dem Dokument, das er dem BFA vorgelegt habe, um ein Original handeln würde. Er habe den Dienstausweis beim BFA mit den anderen Unterlagen vorgezeigt, damit man sich dort alles anschauen könne, und es nur gut gemeint. Eine Durchsicht des später vorgelegten Schreibens zu einer Bestätigung über den Polizeidienst mit Hilfe des Dolmetschers führte zum Ergebnis, dass allfällige Kennzahlen nicht übereinstimmen.
9. Die Parteien brachten zum aktualisierten Länderinformationsblatt zu Syrien aus dem März 2024, über das sie mit Schreiben vom XXXX .2024 informiert worden waren, keine ergänzende Stellungnahme ein. 9. Die Parteien brachten zum aktualisierten Länderinformationsblatt zu Syrien aus dem März 2024, über das sie mit Schreiben vom römisch XXXX .2024 informiert worden waren, keine ergänzende Stellungnahme ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zum BF:
Der BF ist syrischer Staatsangehöriger. Er stellte am XXXX .2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Der BF bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam und gehört der Volksgruppe der Araber an. Der BF ist syrischer Staatsangehöriger. Er stellte am römisch XXXX .2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Der BF bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam und gehört der Volksgruppe der Araber an.
Der BF wurde in XXXX , südlich von XXXX und nördlich von XXXX an der XXXX gelegen, in der Region XXXX geboren. Der BF besuchte in XXXX die Schule und absolvierte die Matura. Bevor der BF im Juli 2013 Syrien in die Türkei verließ, mussten er und seine Angehörigen das Dorf wegen der Angriffe und des Kriegsgeschehens verlassen und zogen in drei in der Umgebung liegende Dörfer, bis er schließlich zwei Monate in XXXX an der türkischen Grenze verbrachte, bevor er ausreiste. Der hier zu prüfende Herkunftsort des BF ist XXXX . In der Türkei war der BF in der Landwirtschaft und im Baubereich tätig. Der BF wurde in römisch XXXX , südlich von römisch XXXX und nördlich von römisch XXXX an der römisch XXXX gelegen, in der Region römisch XXXX geboren. Der BF besuchte in römisch XXXX die Schule und absolvierte die Matura. Bevor der BF im Juli 2013 Syrien in die Türkei verließ, mussten er und seine Angehörigen das Dorf wegen der Angriffe und des Kriegsgeschehens verlassen und zogen in drei in der Umgebung liegende Dörfer, bis er schließlich zwei Monate in römisch XXXX an der türkischen Grenze verbrachte, bevor er ausreiste. Der hier zu prüfende Herkunftsort des BF ist römisch XXXX . In der Türkei war der BF in der Landwirtschaft und im Baubereich tätig.
Die Eltern des BF, die jüngeren Geschwister des BF, seine Ehefrau und die vier gemeinsamen minderjährigen Kinder leben in der Türkei. Der BF verfügt noch über weitere Verwandtschaft in Syrien, mit der er aber keinen Kontakt hat und deren Aufenthaltsort in Syrien er auch nicht kennt.
Im Verfahren legte der BF einen Auszug aus dem Familienregister vom XXXX .2022, ausgestellt in XXXX im Bezirk Damaskus und übersetzt ins Deutsche, Geburtsurkunden von ihm, seiner Frau und den vier Kindern, ausgestellt am XXXX .2022 in XXXX im Bezirk Damaskus und übersetzt ins Deutsche und eine Eheschließungsurkunde vom XXXX .2022, ausgestellt in XXXX im Bezirk Damaskus und übersetzt ins Deutsche, vor. Im Verfahren legte der BF einen Auszug aus dem Familienregister vom römisch XXXX .2022, ausgestellt in römisch XXXX im Bezirk Damaskus und übersetzt ins Deutsche, Geburtsurkunden von ihm, seiner Frau und den vier Kindern, ausgestellt am römisch XXXX .2022 in römisch XXXX im Bezirk Damaskus und übersetzt ins Deutsche und eine Eheschließungsurkunde vom römisch XXXX .2022, ausgestellt in römisch XXXX im Bezirk Damaskus und übersetzt ins Deutsche, vor.
1.2. Relevante Feststellungen zur maßgeblichen Situation in Syrien:
Aus dem Länderinformationsblatt vom 14.03.2024 bzw. 27.03.2024:
„Sicherheitslage […]
Die militärischen Akteure und Syriens militärische Kapazitäten
Die Kämpfe und Gewalt nahmen 2021 sowohl im Nordwesten als auch im Nordosten und Süden des Landes zu (UNHRC 14.9.2021). Der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen (VN) für Syrien Geir O. Pedersen wies am 29.11.2022 vor dem Sicherheitsrat insbesondere auf eine langsame Zunahme der Kämpfe zwischen den Demokratischen Kräften Syriens auf der einen Seite und der Türkei und bewaffneten Oppositionsgruppen auf der anderen Seite im Norden Syriens hin. Er betonte weiter, dass mehr Gewalt noch mehr Leid für die syrische Zivilbevölkerung bedeutet und die Stabilität in der Region gefährden würde - wobei gelistete terroristische Gruppen die neue Instabilität ausnutzen würden (UNSC 29.11.2022). Im Hinblick auf das Niveau der militärischen Gewalt ist eine Verstetigung festzustellen. Auch das Erdbeben am 6.2.2023 hat zu keiner nachhaltigen Verringerung der Kampfhandlungen geführt. In praktisch allen Landesteilen kam es im Berichtszeitraum zu militärischen Auseinandersetzungen unterschiedlicher Art und Ausprägung. Dabei bestanden auch teils erhebliche Unterschiede zwischen Regionen mit einer hohen Zahl gewalttätiger Auseinandersetzungen und vergleichsweiseruhigeren Landesteilen (AA 29.3.2023). Für keinen Landesteil Syriens kann insofern von einer nachhaltigen Beruhigung der militärischen Lage ausgegangen werden (AA 2.2.2024).
Die Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic (CoI) der VN stellte im Februar 2022 fest, dass fünf internationale Streitkräfte - darunter Iran, Israel, Russland, die Türkei und die Vereinigten Staaten von Amerika, sowie nicht-staatliche bewaffnete Gruppen und von den VN benannte terroristische Gruppen weiterhin in Syrien aktiv sind (EUAA 9.2022). Im Mai 2023 begannen zusätzlich dazu die jordanischen Streitkräfte Luftangriffe gegen die Drogenschmuggler zu fliegen (SOHR 8.5.2023). Die USA sind mit mindestens 900 Militärpersonen in Syrien, um Anti-Terror-Operationen durchzuführen (CFR 24.1.2024). Seit Ausbruch des Krieges zwischen der Hamas und Israel begannen die USA mehrere Luftangriffe gegen iranische Milizen in Syrien und dem Irak zu fliegen. Anfang Februar 2024 eskalierten die Spannungen zwischen dem Iran und den USA, nachdem iranische Milizen in Jordanien eine militärische Stellung der USA mit einer Drohne angriffen und dabei mehrere US-amerikanische Soldaten töteten und verletzten. Die USA reagierten mit erhöhten und verstärkten Luftangriffen auf Stellungen der iranischen Milizen in Syrien und dem Irak. In Syrien trafen sie Ziele in den Räumen Deir ez-Zor, Al-Bukamal sowie Al-Mayadeen. Die syrische Armee gab an, dass bei den Luftangriffen auch Zivilisten sowie reguläre Soldaten getötet wurden (CNN 3.2.2024).
Seit dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 intensivierte Israel die Luftangriffe gegen iranische und syrische Militärstellungen CFR 24.1.2024). Infolge der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023, wurde israelisch kontrolliertes Gebiet auch von Syrien aus mindestens dreimal mit Raketen beschossen. Israel habe daraufhin Artilleriefeuer auf die Abschussstellungen gerichtet. Beobachter machten iranisch kontrollierte Milizen für den Raketenbeschuss verantwortlich. Israel soll im selben Zeitraum, am 12.10.2023 und 14.10.2023 jeweils zweimal den Flughafen Aleppo sowie am 12.10.2023 den Flughafen Damaskus mit Luftschlägen angegriffen haben; aufgrund von Schäden an den Start- und Landebahnen mussten beide Flughäfen daraufhin den Betrieb einstellen (AA 2.2.2024).
Die militärische Intervention Russlands und die damit einhergehende Luftunterstützung für Assads Streitkräfte sowie die erheblich ausgeweitete indirekte Bodenintervention Irans in Form eines Einsatzes ausländischer Milizen konnten 2015 den Zusammenbruch des syrischen Regimes abwenden (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung hat derzeit die Kontrolle über ca. zwei Drittel des Landes, inklusive größerer Städte, wie Aleppo und Homs. Unter ihrer Kontrolle sind derzeit die Provinzen Suweida, Daraa, Quneitra, Homs sowie ein Großteil der Provinzen Hama, Tartus, Lattakia und Damaskus. Auch in den Provinzen Aleppo, Raqqa und Deir ez-Zor übt die syrische Regierung über weite Teile die Kontrolle aus (Barron 6.10.2023). Aktuell sind die syrischen Streitkräfte mit Ausnahme von wenigen Eliteeinheiten technisch sowie personell schlecht ausgerüstet und können gerade abseits der großen Konfliktschauplätze nur begrenzt militärische Kontrolle ausüben (AA 2.2.2024). Die Opposition konnte eingeschränkt die Kontrolle über Idlib und entlang der irakisch-syrischen Grenze behalten. Das Erdbeben 2023 in der Türkei und Nordsyrien machte die tatsächliche Regierung fast unmöglich, weil die Opposition Schwierigkeiten hatte, die Bedürfnisse der Bevölkerung zu erfüllen (CFR 24.1.2024).
Das Regime, Pro-Regime-Milizen wie die Nationalen Verteidigungskräfte (National Defense Forces - NDF), bewaffnete Oppositionsgruppen, die von der Türkei unterstützt werden, die Syrian Democratic Forces (SDF), extremistische Gruppen wie Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) und IS (Islamischer Staat), ausländische Terrorgruppen wie Hizbollah sowie Russland, Türkei und Iran sind in den bewaffneten Konflikt involviert (USDOS 20.3.2023). Es kann laut Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amts im gesamten Land jederzeit zu militärischer Gewalt kommen. Gefahr kann dabei einerseits von Kräften des Regimes gemeinsam mit seinen Verbündeten Russland und Iran ausgehen, welches unverändert das gesamte Staatsgebiet militärisch zurückerobern will und als Feinde betrachtete „terroristische“ Kräfte bekämpft. Das Regime ist trotz begrenzter Kapazitäten grundsätzlich zu Luftangriffen im gesamten Land fähig, mit Ausnahme von Gebieten unter türkischer oder kurdischer Kontrolle sowie in der von den USA kontrollierten Zone rund um das Vertriebenenlager Rukban an der syrisch-jordanischen Grenze. Nichtsdestotrotz basiert seine militärische Durchsetzungsfähigkeit fast ausschließlich auf der massiven militärischen Unterstützung durch die russische Luftwaffe und Einheiten Irans, bzw. durch seitens Iran unterstützte Milizen, einschließlich Hizbollah (AA 2.2.2024). Wenngleich offene Quellen seit August 2022 den Abzug militärischer Infrastruktur (insb. Luftabwehrsystem S-300) vermelden, lassen sich Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf die russische Einsatzfähigkeit in Syrien bislang nicht substantiieren. Die Menschenrechtsorganisation Syrians for Truth and Justice (STJ) behauptet, dass Russland syrische Söldner u.a. aus den Streitkräften für den Kampfeinsatz in der Ukraine abwirbt. Unter Bezug auf syrische Militärangehörige sowie Familien der Söldner spricht STJ von 300 syrischen Kämpfern, die im Zeitraum Juni bis September 2022 nach Russland oder Ukraine verlegt worden seien. Mehrere von ihnen seien laut einer unbestätigten Mitteilung der rekrutierenden al-Sayyad Company for Guarding and Protection Services, welche der russischen Wagner-Gruppe zugeschrieben wird, gefallen (AA 29.3.2023). Russland hatte noch z.B. im Oktober 2022 seine Luftangriffe in der Provinz Idlib verstärkt (ICG 10.2022).
Die folgende Karte zeigt die verschiedenen internationalen Akteure und deren militärische Interessenschwerpunkte in Syrien:
Im Jahr 2022 hielten die Kämpfe im nördlichen Syrien mit Beteiligten wie den Regimetruppen, den SDF, HTS sowie türkischen Streitkräften und ihren Verbündeten an (FH 9.3.2023). Türkische Militäroperationen gegen die Arbeiterpartei Kurdistan (Partiya Karkerên Kurdistan - PKK) umfassen gelegentliche Gefechte an der syrisch-türkischen Grenze (ICG 2.2022). Am Vorabend des 20.11.2022 begann die türkische Luftwaffe eine Offensive in Nordsyrien unter dem Namen ’Operation Claw-Sword’, die nach türkischen Angaben auf Stellungen der SDF und der syrischen Streitkräfte abzielte, aber auch ein Behandlungszentrum für Covid-19, eine Schule, Getreidesilos, Kraftwerke, Tankstellen, Ölfelder und eine häufig von Zivilisten und Hilfsorganisationen genutzte Straße traf (HRW 7.12.2022). Die Türkei führte seit 2016 bereits eine Reihe von Offensiven im benachbarten Syrien durch (France 24 20.11.2022; vgl. CFR 24.1.2024). Bei früheren Einmärschen kam es zu Menschenrechtsverletzungen (HRW 7.12.2022). Die türkischen Militäroperationen trieben Tausende Menschen in die Flucht und stellten ’eine ernste Bedrohung für ZivilistInnen’ in den betroffenen Gebieten dar. Kämpfe zwischen den pro-türkischen Gruppen ermöglichten Vorstöße der HTS (FH 9.3.2023). Im Nordwesten Syriens führte im Oktober 2022 das Vordringen der HTS in Gebiete, die unter Kontrolle der von der Türkei unterstützten Gruppen standen, zu tödlichen Zusammenstößen (ICG 10.2022). Die Türkei bombardierte auch im Oktober 2023 kurdische Ziele in Syrien als Reaktion auf einen Bombenangriff in Ankara durch die PKK (Reuters 7.10.2023; vgl. AA 2.2.2024). […]Im Jahr 2022 hielten die Kämpfe im nördlichen Syrien mit Beteiligten wie den Regimetruppen, den SDF, HTS sowie türkischen Streitkräften und ihren Verbündeten an (FH 9.3.2023). Türkische Militäroperationen gegen die Arbeiterpartei Kurdistan (Partiya Karkerên Kurdistan - PKK) umfassen gelegentliche Gefechte an der syrisch-türkischen Grenze (ICG 2.2022). Am Vorabend des 20.11.2022 begann die türkische Luftwaffe eine Offensive in Nordsyrien unter dem Namen ’Operation Claw-Sword’, die nach türkischen Angaben auf Stellungen der SDF und der syrischen Streitkräfte abzielte, aber auch ein Behandlungszentrum für Covid-19, eine Schule, Getreidesilos, Kraftwerke, Tankstellen, Ölfelder und eine häufig von Zivilisten und Hilfsorganisationen genutzte Straße traf (HRW 7.12.2022). Die Türkei führte seit 2016 bereits eine Reihe von Offensiven im benachbarten Syrien durch (France 24 20.11.2022; vergleiche CFR 24.1.2024). Bei früheren Einmärschen kam es zu Menschenrechtsverletzungen (HRW 7.12.2022). Die türkischen Militäroperationen trieben Tausende Menschen in die Flucht und stellten ’eine ernste Bedrohung für ZivilistInnen’ in den betroffenen Gebieten dar. Kämpfe zwischen den pro-türkischen Gruppen ermöglichten Vorstöße der HTS (FH 9.3.2023). Im Nordwesten Syriens führte im Oktober 2022 das Vordringen der HTS in Gebiete, die unter Kontrolle der von der Türkei unterstützten Gruppen standen, zu tödlichen Zusammenstößen (ICG 10.2022). Die Türkei bombardierte auch im Oktober 2023 kurdische Ziele in Syrien als Reaktion auf einen Bombenangriff in Ankara durch die PKK (Reuters 7.10.2023; vergleiche AA 2.2.2024). […]
Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen
Die syrischen Streitkräfte - Wehr- und Reservedienst
Rechtliche Bestimmungen
Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes verpflichtend (ÖB Damaskus 12.2022). Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Art. 4 lit b gilt dies vom 1. Januar des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren (PAR 12.5.2007). Die Dauer des Wehrdienstes beträgt 18 Monate bzw. 21 Monate für jene, die die fünfte Klasse der Grundschule nicht abgeschlossen haben (PAR 1.6.2011). Polizeidienst wird im Rahmen des Militärdienstes organisiert. Eingezogene Männer werden entweder dem Militär oder der Polizei zugeteilt (AA 2.2.2024). In der Vergangenheit wurde es auch akzeptiert, sich, statt den Militärdienst in der syrischen Armee zu leisten, einer der bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppierung anzuschließen. Diese werden inzwischen teilweise in die Armee eingegliedert, jedoch ohne weitere organisatorische Integrationsmaßnahmen zu setzen oder die Kämpfer auszubilden (ÖB Damaskus 12.2022). Wehrpflichtige und Reservisten können im Zuge ihres Wehrdienstes bei der Syrischen Arabischen Armee (SAA) auch den Spezialeinheiten (Special Forces), der Republikanischen Garde oder der Vierten Division zugeteilt werden, wobei die Rekruten den Dienst in diesen Einheiten bei Zuteilung nicht verweigern können (DIS 4.2023). Um dem verpflichtenden Wehrdienst zu entgehen, melden sich manche Wehrpflichtige allerdings aufgrund der höheren Bezahlung auch freiwillig zur Vierten Division, die durch die von ihr kontrollierten Checkpoints Einnahmen generiert (EB 17.1.2023). Die 25. (Special Tasks) Division (bis 2019: Tiger Forces) rekrutiert sich dagegen ausschließlich aus Freiwilligen (DIS 4.2023). Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes verpflichtend (ÖB Damaskus 12.2022). Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Artikel 4, Litera b, gilt dies vom 1. Januar des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren (PAR 12.5.2007). Die Dauer des Wehrdienstes beträgt 18 Monate bzw. 21 Monate für jene, die die fünfte Klasse der Grundschule nicht abgeschlossen haben (PAR 1.6.2011). Polizeidienst wird im Rahmen des Militärdienstes organisiert. Eingezogene Männer werden entweder dem Militär oder der Polizei zugeteilt (AA 2.2.2024). In der Vergangenheit wurde es auch akzeptiert, sich, statt den Militärdienst in der syrischen Armee zu leisten, einer der bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppierung anzuschließen. Diese werden inzwischen teilweise in die Armee eingegliedert, jedoch ohne weitere organisatorische Integrationsmaßnahmen zu setzen oder die Kämpfer auszubilden (ÖB Damaskus 12.2022). Wehrpflichtige und Reservisten können im Zuge ihres Wehrdienstes bei der Syrischen Arabischen Armee (SAA) auch den Spezialeinheiten (Special Forces), der Republikanischen Garde oder der Vierten Division zugeteilt werden, wobei die Rekruten den Dienst in diesen Einheiten bei Zuteilung nicht verweigern können (DIS 4.2023). Um dem verpflichtenden Wehrdienst zu entgehen, melden sich manche Wehrpflichtige allerdings aufgrund der höheren Bezahlung auch freiwillig zur Vierten Division, die durch die von ihr kontrollierten Checkpoints Einnahmen generiert (EB 17.1.2023). Die 25. (Special Tasks) Division (bis 2019: Tiger Forces) rekrutiert sich dagegen ausschließlich aus Freiwilligen (DIS 4.2023).
Ausnahmen von der Wehrpflicht bestehen für Studenten, Staatsangestellte, aus medizinischen Gründen und für Männer, die die einzigen Söhne einer Familie sind. Insbesondere die Ausnahmen für Studenten können immer schwieriger in Anspruch genommen werden. Fallweise wurden auch Studenten eingezogen. In letzter Zeit mehren sich auch Berichte über die Einziehung von Männern, die die einzigen Söhne einer Familie sind (ÖB Damaskus 12.2022). Einer vertraulichen Quelle des niederländischen Außenministeriums zufolge sollen Männer auch unabhängig ihres Gesundheitszustandes eingezogen und in der Verwaltung eingesetzt worden sein (NMFA 8.2023).
Die im März 2020, Mai 2021 und Jänner 2022 vom Präsidenten erlassenen Generalamnestien umfassten auch einen Straferlass für Vergehen gegen das Militärstrafgesetz, darunter Fahnenflucht. Die Verpflichtung zum Wehrdienst bleibt davon unberührt (ÖB Damaskus 12.2022).
Binnenvertriebene sind wie andere Syrer zur Ableistung des Wehrdienstes verpflichtet und werden rekrutiert (FIS 14.12.2018). Auch geflüchtete Syrer, die nach Syrien zurückkehren, müssen mit Zwangsrekrutierung rechnen (AA 2.2.2024). Laut Berichten und Studien verschiedener Menschenrechtsorganisationen ist für zahlreiche Geflüchtete die Gefahr der Zwangsrekrutierung neben anderen Faktoren eines der wesentlichen Rückkehrhindernisse (AA 2.2.2024; vgl. ICWA 24.5.2022). […]Binnenvertriebene sind wie andere Syrer zur Ableistung des Wehrdienstes verpflichtet und werden rekrutiert (FIS 14.12.2018). Auch geflüchtete Syrer, die nach Syrien zurückkehren, müssen mit Zwangsrekrutierung rechnen (AA 2.2.2024). Laut Berichten und Studien verschiedener Menschenrechtsorganisationen ist für zahlreiche Geflüchtete die Gefahr der Zwangsrekrutierung neben anderen Faktoren eines der wesentlichen Rückkehrhindernisse (AA 2.2.2024; vergleiche ICWA 24.5.2022). […]
Die Umsetzung
Bei der Einberufung neuer Rekruten sendet die Regierung Wehrdienstbescheide mit der Aufforderung, sich zum Militärdienst anzumelden, an Männer, die das wehrfähige Alter erreicht haben. Die Namen der einberufenen Männer werden in einer zentralen Datenbank erfasst. Männer, die sich beispielsweise im Libanon aufhalten, können mittels Bezahlung von Bestechungsgeldern vor ihrer Rückkehr nach Syrien überprüfen, ob sich ihr Name in der Datenbank befindet (DIS 5.2020). Laut Gesetz sind in Syrien junge Männer im Alter von 17 Jahren dazu aufgerufen, sich ihr Wehrbuch abzuholen und sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Im Alter von 18 Jahren wird man einberufen, um den Wehrdienst abzuleisten. Wenn bei der medizinischen Untersuchung ein gesundheitliches Problem festgestellt wird, wird man entweder vom Wehrdienst befreit oder muss diesen durch Tätigkeiten, die nicht mit einer Teilnahme an einer Kampfausbildung bzw. -einsätzen verbunden sind, ableisten (STDOK 8.2017; vgl. DIS 7.2023). Wenn eine Person physisch tauglich ist, wird sie entsprechend ihrer schulischen bzw. beruflichen Ausbildung eingesetzt. Die Rekruten müssen eine 45-tägige militärische Grundausbildung absolvieren. Männer mit niedrigem Bildungsstand werden häufig in der Infanterie eingesetzt, während Männer mit einer höheren Bildung oft in prestigeträchtigeren Positionen eingesetzt werden. Gebildetere Personen kommen damit auch mit höherer Wahrscheinlichkeit in Positionen, in denen sie über andere Personen Bericht erstatten oder diese bestrafen müssen (STDOK 8.2017).Bei der Einberufung neuer Rekruten sendet die Regierung Wehrdienstbescheide mit der Aufforderung, sich zum Militärdienst anzumelden, an Männer, die das wehrfähige Alter erreicht haben. Die Namen der einberufenen Männer werden in einer zentralen Datenbank erfasst. Männer, die sich beispielsweise im Libanon aufhalten, können mittels Bezahlung von Bestechungsgeldern vor ihrer Rückkehr nach Syrien überprüfen, ob sich ihr Name in der Datenbank befindet (DIS 5.2020). Laut Gesetz sind in Syrien junge Männer im Alter von 17 Jahren dazu aufgerufen, sich ihr Wehrbuch abzuholen und sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Im Alter von 18 Jahren wird man einberufen, um den Wehrdienst abzuleisten. Wenn bei der medizinischen Untersuchung ein gesundheitliches Problem festgestellt wird, wird man entweder vom Wehrdienst befreit oder muss diesen durch Tätigkeiten, die nicht mit einer Teilnahme an einer Kampfausbildung bzw. -einsätzen verbunden sind, ableisten (STDOK 8.2017; vergleiche DIS 7.2023). Wenn eine Person physisch tauglich ist, wird sie entsprechend ihrer schulischen bzw. beruflichen Ausbildung eingesetzt. Die Rekruten müssen eine 45-tägige militärische Grundausbildung absolvieren. Männer mit niedrigem Bildungsstand werden häufig in der Infanterie eingesetzt, während Männer mit einer höheren Bildung oft in prestigeträchtigeren Positionen eingesetzt werden. Gebildetere Personen kommen damit auch mit höherer Wahrscheinlichkeit in Positionen, in denen sie über andere Personen Bericht erstatten oder diese bestrafen müssen (STDOK 8.2017).
Obwohl die offizielle Wehrdienstzeit etwa zwei Jahre beträgt, werden Wehrpflichtige in der Praxis auf unbestimmte Zeit eingezogen (NMFA 5.2022; vgl. AA 29.3.2022), wobei zuletzt von einer „Verkürzung“ des Wehrdienstes auf 7,5 Jahre berichtet wurde. Die tatsächliche Dauer richtet sich laut UNHCR Syrien jedoch nach Rang und Funktion der Betreffenden (ÖB Damaskus 12.2022). Personen, die aufgrund ihrer besonderen Fachkenntnisse von großem Wert für die Armee und nur schwer zu ersetzen sind, können daher über Jahre hinweg im Militärdienst gehalten werden. Personen, deren Beruf oder Fachwissen in der Gesellschaft sehr gefragt ist, wie z.B. Ärzte, dürfen eher nach Ablauf der offiziellen Militärdienstzeit ausscheiden (NMFA 5.2022).Obwohl die offizielle Wehrdienstzeit etwa zwei Jahre beträgt, werden Wehrpflichtige in der Praxis auf unbestimmte Zeit eingezogen (NMFA 5.2022; vergleiche AA 29.3.2022), wobei zuletzt von einer „Verkürzung“ des Wehrdienstes auf 7,5 Jahre berichtet wurde. Die tatsächliche Dauer richtet sich laut UNHCR Syrien jedoch nach Rang und Funktion der Betreffenden (ÖB Damaskus 12.2022). Personen, die aufgrund ihrer besonderen Fachkenntnisse von großem Wert für die Armee und nur schwer zu ersetzen sind, können daher über Jahre hinweg im Militärdienst gehalten werden. Personen, deren Beruf oder Fachwissen in der Gesellschaft sehr gefragt ist, wie z.B. Ärzte, dürfen eher nach Ablauf der offiziellen Militärdienstzeit ausscheiden (NMFA 5.2022).
Seit März 2020 hat es in Syrien keine größeren militärischen Offensiven an den offiziellen Frontlinien mehr gegeben. Scharmützel, Granatenbeschuss und Luftangriffe gingen weiter, aber die Frontlinien waren im Grunde genommen eingefroren. Nach dem Ausbruch von COVID-19 und der Einstellung größerer Militäroperationen in Syrien Anfang 2020 verlangsamten sich Berichten zufolge die militärischen Rekrutierungsmaßnahmen der SAA. Die SAA berief jedoch regelmäßig neue Wehrpflichtige und Reservisten ein. Im Oktober 2021 wurde ein Rundschreiben herausgegeben, in dem die Einberufung von männlichen Syrern im wehrpflichtigen Alter angekündigt wurde. Auch in den wiedereroberten Gebieten müssen Männer im wehrpflichtigen Alter den Militärdienst ableisten (EUAA 9.2022). Der Personalbedarf des syrischen Militärs bleibt aufgrund von Entlassungen langgedienter Wehrpflichtiger und zahlreicher Verluste durch Kampfhandlungen unverändert hoch (AA 2.2.2024).
Rekrutierungspraxis
Es gibt, dem Auswärtigen Amt zufolge, zahlreiche glaubhafte Berichte, laut denen wehrpflichtige Männer, die auf den Einberufungsbescheid nicht reagieren, von Mitarbeitern der Geheimdienste abgeholt und zwangsrekrutiert werden (AA 2.2.2024). Junge Männer werden an Kontrollstellen (Checkpoints) sowie unmittelbar an Grenzübergängen festgenommen und zwangsrekrutiert (AA 2.2.2024; vgl. NMFA 5.2022), wobei es in den Gebieten unter Regierungskontrolle zahlreiche Checkpoints gibt (NMFA 5.2022; vgl. NLM 29.11.2022). Es gibt, dem Auswärtigen Amt zufolge, zahlreiche glaubhafte Berichte, laut denen wehrpflichtige Männer, die auf den Einberufungsbescheid nicht reagieren, von Mitarbeitern der Geheimdienste abgeholt und zwangsrekrutiert werden (AA 2.2.2024). Junge Männer werden an Kontrollstellen (Checkpoints) sowie unmittelbar an Grenzübergängen festgenommen und zwangsrekrutiert (AA 2.2.2024; vergleiche NMFA 5.2022), wobei es in den Gebieten unter Regierungskontrolle zahlreiche Checkpoints gibt (NMFA 5.2022; vergleiche NLM 29.11.2022).
[…]
Rekrutierungen finden auch in Ämtern statt, beispielsweise wenn junge Männer Dokumente erneuern wollen, sowie an Universitäten, in Spitälern und an Grenzübergängen, wo die Beamten Zugang zur zentralen Datenbank mit den Namen der für den Wehrdienst gesuchten Männer haben. Nach Angaben einer Quelle fürchten auch Männer im wehrfähigen Alter, welche vom Militärdienst laut Gesetz ausgenommen sind oder von einer zeitweisen Amnestie vom Wehrdienst Gebrauch machen wollen, an der Grenze eingezogen zu werden (DIS 5.2020). Lokale Medien berichteten, dass die Sicherheitskräfte der Regierung während der Fußballweltmeisterschaft der Herren 2022 mehrere Cafés, Restaurants und öffentliche Plätze in Damaskus stürmten, wo sich Menschen versammelt hatten, um die Spiele zu sehen, und Dutzende junger Männer zur Zwangsrekrutierung festnahmen (USDOS 20.3.2023).
Während manche Quellen davon ausgehen, dass insbesondere in vormaligen Oppositionsgebieten (z. B. dem Umland von Damaskus, Aleppo, Dara‘a und Homs) immer noch Rekrutierungen mittels Hausdurchsuchungen stattfinden (DIS 5.2020; vgl. ICG 9.5.2022, EB 6.3.2020), berichten andere Quellen, dass die Regierung nun weitgehend davon absieht, um erneute Aufstände zu vermeiden (DIS 5.2020). Hausdurchsuchungen finden dabei v.a. eher in urbanen Gebieten statt, wo die SAA stärkere Kontrolle hat, als in ruralen Gebieten (DIS 1.2024). Mehrere Quellen berichteten im Jahr 2023 wieder vermehrt, dass Wehr- und Reservedienstpflichtige aus ehemaligen Oppositionsgebieten von der syrischen Regierung zur Wehrpflicht herangezogen wurden, um mehr Kontrolle über diese Gebiete zu erlangen bzw. um potenzielle Oppositionskämpfer aus diesen Gebieten abzuziehen (NMFA 8.2023; vgl. DIS 7.2023). Eine Quelle des Danish Immigration Service geht davon aus, dass Hausdurchsuchungen oft weniger die Rekrutierung als vielmehr eine Erpressung zum Ziel haben (DIS 1.2024). Während manche Quellen davon ausgehen, dass insbesondere in vormaligen Oppositionsgebieten (z. B. dem Umland von Damaskus, Aleppo, Dara‘a und Homs) immer noch Rekrutierungen mittels Hausdurchsuchungen stattfinden (DIS 5.2020; vergleiche ICG 9.5.2022, EB 6.3.2020), berichten andere Quellen, dass die Regierung nun weitgehend davon absieht, um erneute Aufstände zu vermeiden (DIS 5.2020). Hausdurchsuchungen finden dabei v.a. eher in urbanen Gebieten statt, wo die SAA stärkere Kontrolle hat, als in ruralen Gebieten (DIS 1.2024). Mehrere Quellen berichteten im Jahr 2023 wieder vermehrt, dass Wehr- und Reservedienstpflichtige aus ehemaligen Oppositionsgebieten von der syrischen Regierung zur Wehrpflicht herangezogen wurden, um mehr Kontrolle über diese Gebiete zu erlangen bzw. um potenzielle Oppositionskämpfer aus diesen Gebieten abzuziehen (NMFA 8.2023; vergleiche DIS 7.2023). Eine Quelle des Danish Immigration Service geht davon aus, dass Hausdurchsuchungen oft weniger die Rekrutierung als vielmehr eine Erpressung zum Ziel haben (DIS 1.2024).
Unbestätigten Berichten zufolge wird der Geheimdienst innerhalb kurzer Zeit informiert, wenn die Gründe für einen Aufschub nicht mehr gegeben sind, und diese werden auch digital überprüft. Früher mussten die Studenten den Status ihres Studiums selbst an das Militär melden, doch jetzt wird der Status der Studenten aktiv überwacht (STDOK 8.2017). Generell werden die Universitäten nun strenger überwacht und sind verpflichtet, das Militär über die An- oder Abwesenheit von Studenten zu informieren (STDOK 8.2017; vgl. FIS 14.12.2018). Berichten zufolge wurden Studenten trotz einer Ausnahmegenehmigung gelegentlich an Kontrollpunkten rekrutiert (FIS 14.12.2018).Unbestätigten Berichten zufolge wird der Geheimdienst innerhalb kurzer Zeit informiert, wenn die Gründe für einen Aufschub nicht mehr gegeben sind, und diese werden auch digital überprüft. Früher mussten die Studenten den Status ihres Studiums selbst an das Militär melden, doch jetzt wird der Status der Studenten aktiv überwacht (STDOK 8.2017). Generell werden die Universitäten nun strenger überwacht und sind verpflichtet, das Militär über die An- oder Abwesenheit von Studenten zu informieren (STDOK 8.2017; vergleiche FIS 14.12.2018). Berichten zufolge wurden Studenten trotz einer Ausnahmegenehmigung gelegentlich an Kontrollpunkten rekrutiert (FIS 14.12.2018).
Die Regierung hat in vormals unter der Kontrolle der Oppositionskräfte stehenden Gebieten, wie zum Beispiel Ost-Ghouta, Zweigstellen zur Rekrutierung geschaffen. Wehrdienstverweigerer und Deserteure können sich in diesen Rekrutierungszentren melden, um nicht länger von den Sicherheitskräften gesucht zu werden. In vormaligen Oppositionsgebieten werden Listen mit Namen von Personen, welche zur Rekrutierung gesucht werden, an lokale Behörden und Sicherheitskräfte an Checkpoints verteilt (DIS 5.2020). Anfang April 2023 wurde beispielsweise von verstärkten Patrouillen der Regierungsstreitkräfte im Osten Dara’as berichtet, um Personen aufzugreifen, die zum Militär- und Reservedienst verpflichtet sind (ETANA 4.4.2023). Glaubhaften Berichten zufolge gab es Zwangsrekrutierungen junger Männer durch syrische Streitkräfte auch unmittelbar im Kampfgebiet (AA 4.12.2020).
Während manche Quellen berichten, dass sich die syrische Regierung bei der Rekrutierung auf Alawiten und regierungstreue Gebiete konzentrierte (EASO 4.2021), berichten andere, dass die syrische Regierung Alawiten und Christen nun weniger stark in Anspruch nimmt (ÖB Damaskus 12.2022; vgl. EASO 4.2021). Da die Zusammensetzung der syrisch-arabischen Armee ein Spiegelbild der syrischen Bevölkerung ist, sind ihre Wehrpflichtigen mehrheitlich sunnitische Araber, die vom Regime laut einer Quelle als „Kanonenfutter“ im Krieg eingesetzt wurden. Die sunnitisch-arabischen Soldaten waren (ebenso wie die alawitischen Soldaten und andere) gezwungen, den größeren Teil der revoltierenden sunnitisch-arabischen Bevölkerung zu unterdrücken. Der Krieg forderte unter den alawitischen Soldaten bezüglich der Anzahl der Todesopfer einen hohen Tribut, wobei die Eliteeinheiten der SAA, die Nachrichtendienste und die Shabiha-Milizen stark alawitisch dominiert waren (Al-Majalla 15.3.2023). Während manche Quellen berichten, dass sich die syrische Regierung bei der Rekrutierung auf Alawiten und regierungstreue Gebiete konzentrierte (EASO 4.2021), berichten andere, dass die syrische Regierung Alawiten und Christen nun weniger stark in Anspruch nimmt (ÖB Damaskus 12.2022; vergleiche EASO 4.2021). Da die Zusammensetzung der syrisch-arabischen Armee ein Spiegelbild der syrischen Bevölkerung ist, sind ihre Wehrpflichtigen mehrheitlich sunnitische Araber, die vom Regime laut einer Quelle als „Kanonenfutter“ im Krieg eingesetzt wurden. Die sunnitisch-arabischen Soldaten waren (ebenso wie die alawitischen Soldaten und andere) gezwungen, den größeren Teil der revoltierenden sunnitisch-arabischen Bevölkerung zu unterdrücken. Der Krieg forderte unter den alawitischen Soldaten bezüglich der Anzahl der Todesopfer einen hohen Tribut, wobei die Eliteeinheiten der SAA, die Nachrichtendienste und die Shabiha-Milizen stark alawitisch dominiert waren (Al-Majalla 15.3.2023).
Im Rahmen sog. lokaler „Versöhnungsabkommen“ in den vom Regime zurückeroberten Gebieten sowie im Kontext lokaler Rückkehrinitiativen aus Libanon hat das Regime Männern im wehrpflichtigen Alter eine sechsmonatige Schonfrist zugesichert. Diese wurde jedoch in zahlreichen Fällen, auch nach der Einnahme des Südwestens, nicht eingehalten. Sowohl in Ost-Ghouta als auch in den südlichen Gouvernements Dara‘a und Quneitra soll der Militärgeheimdienst dem Violations Documentation Center zufolge zahlreiche Razzien zur Verhaftung und zum anschließenden Einzug ins Militär durchgeführt haben (AA 2.2.2024). […]
Rekrutierungsbedarf und partielle Demobilisierung
Die syrische Regierung hat das syrische Militärdienstgesetz während des Konflikts mehrfach geändert, um die Zahl der Rekruten zu erhöhen (DIS 10.2019). Mit der COVID-19-Pandemie und der Beendigung umfangreicher Militäroperationen im Nordwesten Syriens im Jahr 2020 haben sich die groß angelegten militärischen Rekrutierungskampagnen der syrischen Regierung in den von ihr kontrollierten Gebieten jedoch verlangsamt (COAR 28.1.2021), und im Jahr 2021 hat die syrische Regierung damit begonnen, Soldaten mit entsprechender Dienstzeit abrüsten zu lassen. Nichtsdestotrotz wird die syrische Armee auch weiterhin an der Wehrpflicht festhalten, nicht nur zur Aufrechterhaltung des laufenden Dienstbetriebs, sondern auch, um eingeschränkt militärisch operativ sein zu können. Ein neuerliches „Hochfahren“ dieses Systems scheint derzeit [Anm.: Stand 16.9.2022] nicht wahrscheinlich, kann aber vom Regime bei Notwendigkeit jederzeit wieder umgesetzt werden (BMLV 12.10.2022).
Als die Regierung große Teile des Gebiets von bewaffneten Oppositionellen zurückerobert hatte, wurde mit der Entlassung der ältesten Rekrutenklassen begonnen, welche seit 2011 im Dienst waren (DIS 5.2020). Mitte Oktober 2018 berichteten regierungsnahe Medien, dass etwa 800.000 Männer nicht mehr für den Reservedienst benötigt werden. Eine Reihe Syrer kehrten daraufhin nach Syrien zurück, wobei manche über Beziehungen in der Heimat ihren Wehrdienststatus überprüfen ließen und sich versicherten, dass sie tatsächlich nicht mehr gesucht werden. Zumindest manche der Rückkehrer wurden wenige Wochen später eingezogen, nachdem das Verteidigungsministerium im Dezember 2018 neue Einberufungslisten für den Reservedienst veröffentlichte und so die vorherige Entscheidung aufhob. Die Gründe für diese Verkettung von Ereignissen ist jedoch laut International CrisisGroup schwer zu ermitteln (ICG 13.2.2020). Der syrische Präsident erließ einen ab Oktober 2022 geltenden Verwaltungserlass mit Blick auf die unteren Ebenen der Militärhierarchie, der die Beibehaltung und Einberufung von bestimmten Offizieren und Reserveoffiziersanwärtern, die für den obligatorischen Militärdienst gemeldet sind, beendete. Bestimmte Offiziere und Offiziersanwärter, die in der Wehrpflicht stehen, sind zu demobilisieren, und bestimmte Unteroffiziere und Reservisten dürfen nicht mehr weiterbeschäftigt oder erneut einberufen werden (TIMEP 17.10.2022; vgl. SANA 27.8.2022). Ziel dieser Beschlüsse ist es, Hochschulabsolventen wie Ärzte und Ingenieure dazu zu bewegen, im Land zu bleiben (TIMEP 17.10.2022). Zahlreiche Männer leisten ihren Wehrdienst jedoch w