TE Bvwg Erkenntnis 2024/5/2 W121 2269920-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.05.2024
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Entscheidungsdatum

02.05.2024

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W121 2269920-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Erika ENZLBERGER-HEIS als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion XXXX , vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX , zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Erika ENZLBERGER-HEIS als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch XXXX alias römisch XXXX , geb. römisch XXXX , StA. Syrien, vertreten durch BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion römisch XXXX , vom römisch XXXX , Zl. römisch XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am römisch XXXX , zu Recht:

A)       Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX alias XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX alias XXXX kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.A)       Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch XXXX alias römisch XXXX gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass römisch XXXX alias römisch XXXX kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. B)       Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.




Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich und stellte am römisch XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen seiner Erstbefragung am XXXX durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch an, dass er in XXXX /Syrien geboren worden sei und der Volksgruppe der Kurden angehöre. Seine Muttersprache sei Arabisch und er sei sunnitischer Muslim. Er habe sechs Jahre die Grundschule besucht und zuletzt als Tischler gearbeitet. Der Beschwerdeführer sei verheiratet und habe XXXX Kinder. Seine Ehefrau und die Kinder würden XXXX leben. Sein Vater sei bereits verstorben, seine Mutter sowie zwei Schwestern und drei Brüder würden in Syrien leben. Zudem lebe ein Bruder und eine Schwester in der Türkei und ein weiterer Bruder sei in XXXX aufhältig. Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer an, dass in Syrien Krieg herrsche und er Angst um sein Leben habe. Er hätte als Reservist einrücken sollen und sei seit sieben Jahren auf der Flucht. Zudem sei die Wirtschaftslage sehr schlecht. Im Falle seiner Rückkehr würde er vor ein Gericht gestellt werden und er würde in Armut leben. Im Rahmen seiner Erstbefragung am römisch XXXX durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch an, dass er in römisch XXXX /Syrien geboren worden sei und der Volksgruppe der Kurden angehöre. Seine Muttersprache sei Arabisch und er sei sunnitischer Muslim. Er habe sechs Jahre die Grundschule besucht und zuletzt als Tischler gearbeitet. Der Beschwerdeführer sei verheiratet und habe römisch XXXX Kinder. Seine Ehefrau und die Kinder würden römisch XXXX leben. Sein Vater sei bereits verstorben, seine Mutter sowie zwei Schwestern und drei Brüder würden in Syrien leben. Zudem lebe ein Bruder und eine Schwester in der Türkei und ein weiterer Bruder sei in römisch XXXX aufhältig. Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer an, dass in Syrien Krieg herrsche und er Angst um sein Leben habe. Er hätte als Reservist einrücken sollen und sei seit sieben Jahren auf der Flucht. Zudem sei die Wirtschaftslage sehr schlecht. Im Falle seiner Rückkehr würde er vor ein Gericht gestellt werden und er würde in Armut leben.

Am XXXX erfolgte unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Kurdisch die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: „BFA“, „belangte Behörde). Dabei gab er zu seinen persönlichen Verhältnissen im Wesentlichen an, dass er gesund sei. Er gehöre der Volksgruppe der Kurden an und sei sunnitischer Muslim. Er stamme aus der Provinz XXXX , aus XXXX und sei im Jahr XXXX aus Syrien in die Türkei und weiter in den XXXX gereist; seitdem sei er nicht mehr in Syrien gewesen. Er sei verheiratet und habe mit seiner Ehefrau XXXX , seine Familie lebe in einem Flüchtlingslager XXXX . Seine Mutter sowie drei Brüder hielten sich in Syrien auf. Ein Bruder des Beschwerdeführers lebe in XXXX . Der Beschwerdeführer habe sechs Jahre die Grundschule besucht und sei beruflich Tagelöhner gewesen. Im Jahr XXXX sei er, weil er Kurdisch gesprochen habe und aufgrund politischer Vorwürfe, für drei Monate inhaftiert gewesen. Er habe Syrien wegen des Krieges verlassen, weil der IS sie attakiert habe und er habe nicht kämpfen und unschuldige Menschen töten oder getötet werden wollen. Den verpflichtenden Militärdienst habe er bereits von XXXX bis XXXX als XXXX in der XXXX abgeleistet und vor seiner Ausreise habe er keinen Einberufungsbefehl zum Reservemilitärdienst erhalten. Im Falle einer Rückkehr befürchte der Beschwerdeführer von Bashars Soldaten getötet zu werden, weil er Kurde sei.Am römisch XXXX erfolgte unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Kurdisch die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: „BFA“, „belangte Behörde). Dabei gab er zu seinen persönlichen Verhältnissen im Wesentlichen an, dass er gesund sei. Er gehöre der Volksgruppe der Kurden an und sei sunnitischer Muslim. Er stamme aus der Provinz römisch XXXX , aus römisch XXXX und sei im Jahr römisch XXXX aus Syrien in die Türkei und weiter in den römisch XXXX gereist; seitdem sei er nicht mehr in Syrien gewesen. Er sei verheiratet und habe mit seiner Ehefrau römisch XXXX , seine Familie lebe in einem Flüchtlingslager römisch XXXX . Seine Mutter sowie drei Brüder hielten sich in Syrien auf. Ein Bruder des Beschwerdeführers lebe in römisch XXXX . Der Beschwerdeführer habe sechs Jahre die Grundschule besucht und sei beruflich Tagelöhner gewesen. Im Jahr römisch XXXX sei er, weil er Kurdisch gesprochen habe und aufgrund politischer Vorwürfe, für drei Monate inhaftiert gewesen. Er habe Syrien wegen des Krieges verlassen, weil der IS sie attakiert habe und er habe nicht kämpfen und unschuldige Menschen töten oder getötet werden wollen. Den verpflichtenden Militärdienst habe er bereits von römisch XXXX bis römisch XXXX als römisch XXXX in der römisch XXXX abgeleistet und vor seiner Ausreise habe er keinen Einberufungsbefehl zum Reservemilitärdienst erhalten. Im Falle einer Rückkehr befürchte der Beschwerdeführer von Bashars Soldaten getötet zu werden, weil er Kurde sei.

Im Zuge der Einvernahme vor dem BFA legte der Beschwerdeführer folgende Unterlagen vor:

Syrischer Personalausweis sowie syrisches Militärbuch im Original, Familienregisterauszug in Kopie samt Übersetzung, Heiratsurkunde in Kopie samt Übersetzung

Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom XXXX wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt III.).Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom römisch XXXX wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte ihm gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt römisch III.).

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft sei, da der Beschwerdeführer gegensätzlich zu seinen Aussagen in der Erstbefragung in der Einvernahme vor der dem BFA die Gefahr zum Reservemilitärdienst eingezogen zu werden, mit keinem Wort erwähnte, sondern seine Probleme mit syrischen Regime als Angehöriger der Volksgruppe der Kurden in den Fokus rückte, welche er widerum in der Erstbefragung nicht erwähnt habe. Zudem erwähnte er erstmals Probleme mit dem IS. Insgesamt seien seine Aussagen gesteigert und nicht glaubhaft. Schilderungen von Problemen im Jahr XXXX sind nicht von Relevanz, weil der Beschwerdeführer Syrien erst im Jahr XXXX verlassen habe, immerhin habe er nach seiner Inhaftierung noch zehn Jahr im Heimatland gelebt. Hinsichtlich des Reservemilitärdienstes sei es aufgrund des Alters, der Ableistung des Militäridienstes als einfacher Rekrut und dem Umstand, dass es keine Generalmobilmachung des syrischen Heeres gäbe, nicht davon auszugehen, dass er zum Reservemilitärdienst eingezogen werde. Er habe auch nie einen Einberufungsbefehl zum Reservemilitärdienst erhalten. Aufgrund des mehrjährigen Aufenthalts außerhalb Syriens könne sich der Beschwerdeführer zudem vom Reservemilitärdienst befreien lassen. Zudem seien die vorgelegten Familiendokumente im XXXX durch das syrische Innenministerium ausgestellt worden, welches die Annahme, dass der Beschwerdeführer keiner Verfolgung durch das syrische Regime ausgesetzt wäre, nochmal untermauere. Dennoch sei dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in den Heimatstaat aufgrund der allegmeinen Sicherheits- und Versorgungslage nicht zumutbar, daher sei im Status eines subsidiär Schutzberechtigen zuzuerkennen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft sei, da der Beschwerdeführer gegensätzlich zu seinen Aussagen in der Erstbefragung in der Einvernahme vor der dem BFA die Gefahr zum Reservemilitärdienst eingezogen zu werden, mit keinem Wort erwähnte, sondern seine Probleme mit syrischen Regime als Angehöriger der Volksgruppe der Kurden in den Fokus rückte, welche er widerum in der Erstbefragung nicht erwähnt habe. Zudem erwähnte er erstmals Probleme mit dem IS. Insgesamt seien seine Aussagen gesteigert und nicht glaubhaft. Schilderungen von Problemen im Jahr römisch XXXX sind nicht von Relevanz, weil der Beschwerdeführer Syrien erst im Jahr römisch XXXX verlassen habe, immerhin habe er nach seiner Inhaftierung noch zehn Jahr im Heimatland gelebt. Hinsichtlich des Reservemilitärdienstes sei es aufgrund des Alters, der Ableistung des Militäridienstes als einfacher Rekrut und dem Umstand, dass es keine Generalmobilmachung des syrischen Heeres gäbe, nicht davon auszugehen, dass er zum Reservemilitärdienst eingezogen werde. Er habe auch nie einen Einberufungsbefehl zum Reservemilitärdienst erhalten. Aufgrund des mehrjährigen Aufenthalts außerhalb Syriens könne sich der Beschwerdeführer zudem vom Reservemilitärdienst befreien lassen. Zudem seien die vorgelegten Familiendokumente im römisch XXXX durch das syrische Innenministerium ausgestellt worden, welches die Annahme, dass der Beschwerdeführer keiner Verfolgung durch das syrische Regime ausgesetzt wäre, nochmal untermauere. Dennoch sei dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in den Heimatstaat aufgrund der allegmeinen Sicherheits- und Versorgungslage nicht zumutbar, daher sei im Status eines subsidiär Schutzberechtigen zuzuerkennen.

Mit Eingabe vom XXXX erhob der Beschwerdeführer gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides durch seine bevollmächtigte Vertretung fristgerecht Beschwerde. In der Beschwerde wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sich im wehrdienstfähigen Alter befinde, über eine militärische Ausbildung verfüge und zum Reservemilitärdienst einberufen worden sei. Da er Syrien unerlaubterweise verlassen habe, der Volksgruppe der Kurden angehöre und sich dem Militärdienst entzogen habe, befürchte er staatliche Verfolgung. Die syrische Armee habe einen Mangel an Soldaten zu verzeichnen und es sei von einem erheblich erhöhten Maß an Willkür auszugehen. Wehrdienstverweigerung würde mit Haftstrafen, aber auch mit Folter und sogar Todesstrafe geahndet werden und würde auch als Ausdruck von politischem Dissens gewertet. Daher drohe dem Beschwerdeführer wegen einer (unterstellten) politischen Gesinnung mit einer langjährigen Haftstrafe oder dem Tod bestraft zu werden. Ebenso drohe dem Beschwerdeführer Verfolgung, aufgrund seiner Herkunft aus einem ehemals oppositionellen Gebiet, seiner illegalen Ausreise und seiner Asylantragsstellung in Österreich. Den Länderberichten sei zu entnehmen, dass eine sichere und legale Rückkehr nur über Grenzübergänge, die in der Hand des syrischen Regimes seien, zumutbar möglich wäre. Mit Eingabe vom römisch XXXX erhob der Beschwerdeführer gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides durch seine bevollmächtigte Vertretung fristgerecht Beschwerde. In der Beschwerde wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sich im wehrdienstfähigen Alter befinde, über eine militärische Ausbildung verfüge und zum Reservemilitärdienst einberufen worden sei. Da er Syrien unerlaubterweise verlassen habe, der Volksgruppe der Kurden angehöre und sich dem Militärdienst entzogen habe, befürchte er staatliche Verfolgung. Die syrische Armee habe einen Mangel an Soldaten zu verzeichnen und es sei von einem erheblich erhöhten Maß an Willkür auszugehen. Wehrdienstverweigerung würde mit Haftstrafen, aber auch mit Folter und sogar Todesstrafe geahndet werden und würde auch als Ausdruck von politischem Dissens gewertet. Daher drohe dem Beschwerdeführer wegen einer (unterstellten) politischen Gesinnung mit einer langjährigen Haftstrafe oder dem Tod bestraft zu werden. Ebenso drohe dem Beschwerdeführer Verfolgung, aufgrund seiner Herkunft aus einem ehemals oppositionellen Gebiet, seiner illegalen Ausreise und seiner Asylantragsstellung in Österreich. Den Länderberichten sei zu entnehmen, dass eine sichere und legale Rückkehr nur über Grenzübergänge, die in der Hand des syrischen Regimes seien, zumutbar möglich wäre.

Die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt langte am XXXX beim Bundesverwaltungsgericht ein.Die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt langte am römisch XXXX beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Der Beschwerdeführer legte eine Abfrage der Seite des syrischen Verteidigungsministeriums einlangend am XXXX dem Bundesverwaltungsgericht vor. Der Beschwerdeführer legte eine Abfrage der Seite des syrischen Verteidigungsministeriums einlangend am römisch XXXX dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am XXXX eine mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer im Beisein seiner Rechtsvertretung zu seinen persönlichen Umständen, seinen Fluchtgründen und der Situation im Falle einer Rückkehr befragt wurde. Die belangte Behörde nahm entschuldigt nicht an der Verhandlung teil. Das Bundesverwaltungsgericht führte am römisch XXXX eine mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer im Beisein seiner Rechtsvertretung zu seinen persönlichen Umständen, seinen Fluchtgründen und der Situation im Falle einer Rückkehr befragt wurde. Die belangte Behörde nahm entschuldigt nicht an der Verhandlung teil.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Kurden an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Der Beschwerdeführer spricht Kurdisch und Arabisch. Er wurde am XXXX in der Stadt XXXX (auch XXXX genannt) im Gouvernement XXXX in Syrien geboren und ist zum Entscheidungszeitpunkt XXXX Jahre alt.Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Kurden an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Der Beschwerdeführer spricht Kurdisch und Arabisch. Er wurde am römisch XXXX in der Stadt römisch XXXX (auch römisch XXXX genannt) im Gouvernement römisch XXXX in Syrien geboren und ist zum Entscheidungszeitpunkt römisch XXXX Jahre alt.

Er hat bis zu seiner Ausreise aus Syrien in der Stadt XXXX (andere Schreibweisen im Verwaltungsakt: XXXX ) im Gouvernement XXXX in Syrien gelebt.Er hat bis zu seiner Ausreise aus Syrien in der Stadt römisch XXXX (andere Schreibweisen im Verwaltungsakt: römisch XXXX ) im Gouvernement römisch XXXX in Syrien gelebt.

Der Beschwerdeführer ist verheiratet und der Ehe entstammen XXXX . Seine Ehefrau und seine XXXX leben in einem Flüchtlingslager im XXXX . Der Vater des Beschwerdeführers ist verstorben, seine Mutter sowie drei Brüder und zwei Schwestern leben weiterhin in Syrien. Ein weiterer Bruder lebt in XXXX . Der Beschwerdeführer ist verheiratet und der Ehe entstammen römisch XXXX . Seine Ehefrau und seine römisch XXXX leben in einem Flüchtlingslager im römisch XXXX . Der Vater des Beschwerdeführers ist verstorben, seine Mutter sowie drei Brüder und zwei Schwestern leben weiterhin in Syrien. Ein weiterer Bruder lebt in römisch XXXX .

Das Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers – die Stadt XXXX im Gouvernement XXXX – steht unter der Kontrolle der kurdisch der kurdisch geführten SDF (Syrian Democratic Forces) der selbsternannten Selbstverwaltungsregion für Nord-und Ostsyrien (AANES). Aufgrund der türkischen Vorstöße sahen sich die SDF dazu gezwungen, mehrere tausend syrische Regierungstruppen aufzufordern, in dem Gebiet Stellung zu beziehen, um die Türkei abzuschrecken, und den Kampf auf eine zwischenstaatliche Ebene zu verlagern. Regimekräfte sind seither an der türkisch-syrischen Grenze und in allen größeren Städten in Nordostsyrien präsent.Das Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers – die Stadt römisch XXXX im Gouvernement römisch XXXX – steht unter der Kontrolle der kurdisch der kurdisch geführten SDF (Syrian Democratic Forces) der selbsternannten Selbstverwaltungsregion für Nord-und Ostsyrien (AANES). Aufgrund der türkischen Vorstöße sahen sich die SDF dazu gezwungen, mehrere tausend syrische Regierungstruppen aufzufordern, in dem Gebiet Stellung zu beziehen, um die Türkei abzuschrecken, und den Kampf auf eine zwischenstaatliche Ebene zu verlagern. Regimekräfte sind seither an der türkisch-syrischen Grenze und in allen größeren Städten in Nordostsyrien präsent.

Der Beschwerdeführer hat sechs Jahre die Schule besucht und arbeitete in Syrien als Betontischler auf Baustellen.

Der Beschwerdeführer hat Syrien im Jahr XXXX mit seiner Familie in die Türkei verlassen und reiste nach einem kurzen Aufenthalt in der Türkei weiter in den XXXX . Er hielt sich zirka XXXX Jahre im XXXX auf und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Seitdem hält sich der Beschwerdeführer in Österreich auf. Der Beschwerdeführer hat Syrien im Jahr römisch XXXX mit seiner Familie in die Türkei verlassen und reiste nach einem kurzen Aufenthalt in der Türkei weiter in den römisch XXXX . Er hielt sich zirka römisch XXXX Jahre im römisch XXXX auf und stellte am römisch XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Seitdem hält sich der Beschwerdeführer in Österreich auf.

Der Beschwerdeführe ist gesund und arbeitsfähig, er besucht aktuell einen Deutschkurs.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Die Rückkehr des Beschwerdeführers nach Syrien ist sicher und legal nur über den unter der Kontrolle des syrischen Regimes stehenden Flughafen von Damaskus und/oder die Grenzübergänge zum Libanon möglich.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

In Syrien ist für männliche Staatsangehörige im Alter zwischen 18 und 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes gesetzlich verpflichtend. Ein syrischer Mann bleibt nach Beendigung des Pflichtwehrdienstes, wenn er sich gegen einen Eintritt in den Militärdienst als Berufssoldat entscheidet, Reservist und kann bis zum Alter von 42 Jahren in den aktiven Dienst einberufen werden.

Der im Entscheidungszeitpunkt XXXX - jährige Beschwerdeführer hat seinen Wehrdienst vollständig abgeleistet. Er ist gesund und im reservewehrdienstpflichtigen Alter. Er wird wegen des Reservedienstes vom syrischen Regime gesucht.Der im Entscheidungszeitpunkt römisch XXXX - jährige Beschwerdeführer hat seinen Wehrdienst vollständig abgeleistet. Er ist gesund und im reservewehrdienstpflichtigen Alter. Er wird wegen des Reservedienstes vom syrischen Regime gesucht.

Die syrische Armee beruft regelmäßig neue Wehrpflichtige und Reservisten ein. Der Personalbedarf des syrischen Militärs bleibt aufgrund von Entlassungen langgedienter Wehrpflichtiger und zahlreicher Verluste durch Kampfhandlungen unverändert hoch.

Die syrischen Behörden können im Allgemeinen im Gebiet der kurdischen Autonomen Selbstverwaltung (AANES) keine Rekrutierungen durchführen. Lediglich die Aussagen über das Rekrutierungsverhalten in den Regimeenklaven bzw. „Sicherheitsquadrate“ (Al-Morabat Al-Amniya) gehen auseinander.

Eine Rückkehr in die Herkunftsregion (die Stadt XXXX ) ist nur über den unter der Kontrolle des syrischen Regimes stehenden Flughafen von Damaskus und/oder die Grenzübergänge zum Libanon möglich.Eine Rückkehr in die Herkunftsregion (die Stadt römisch XXXX ) ist nur über den unter der Kontrolle des syrischen Regimes stehenden Flughafen von Damaskus und/oder die Grenzübergänge zum Libanon möglich.

Der Beschwerdeführer verweigert die Ableistung des Reservedienstes.

Es gibt in Syrien keine legale Möglichkeit der Reservedienstverweigerung und auch keine Möglichkeit einen Ersatzdienst abzuleisten.

Die syrische Regierung betrachtet Wehrdienstverweigerung als Nähe zur Opposition und als Ausdruck illoyalem Verhaltens. Auch die Ausreise des Beschwerdeführers und die dadurch bewirkte Entziehung von der Ableistung des Wehrdienstes wird vom syrischen Regime als Ausdruck einer oppositionellen Gesinnung gesehen.

Im Falle einer Rückkehr besteht für den Beschwerdeführer als Verweigerer des Reservedienstes die reale Gefahr, bei der Grenzkontrolle am Flughafen bzw. einem Grenzkontrollposten oder (am Weg in seine Heimatregion durch das vom Regime kontrollierte Gebiet) an einem Checkpoint festgenommen und zumindest mit einer Gefängnisstrafe bestraft zu werden, die mit der Anwendung von Folter verbunden wäre. Oder er würde (sofort) zum Reservedienst bei der syrischen Armee eingezogen werden, in der er unmenschliche Behandlung erfahren und in einen Krieg eingezogen werden würde, in dem die Unterscheidung zwischen Zivilisten und Kämpfern missachtet wird.

1.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:

Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus dem vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Syrien, Version 9 vom 17.07.2023, wiedergegeben:

Politische Lage

Letzte Änderung: 10.07.2023

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).

Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 % des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023).

Interne Akteure haben das Kernmerkmal eines Staates - sein Gewaltmonopol - infrage gestellt und ausgehöhlt. Externe Akteure, die Gebiete besetzen, wie die Türkei in den kurdischen Gebieten, oder sich in innere Angelegenheiten einmischen, wie Russland und Iran, sorgen für Unzufriedenheit bei den Bürgern vor Ort (BS 23.2.2022). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus. In anderen Gebieten ist die zivile Politik im Allgemeinen den lokal dominierenden bewaffneten Gruppen untergeordnet, darunter die militante islamistische Gruppe Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS), die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) und mit dem türkischen Militär verbündete Kräfte (FH 9.3.2023). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg, der nun in sein zwölftes Jahr geht, hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).

Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum November 2022-März 2023] nicht wesentlich verändert (AA 29.3.2023). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Der Machtanspruch des syrischen Regimes wurde in den Gebieten unter seiner Kontrolle nicht grundlegend angefochten, nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden substanziellen militärischen Unterstützung Russlands bzw. Irans und Iran-naher Kräfte. Allerdings gelang es dem Regime nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol in diesen Gebieten durchzusetzen. Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht (AA 29.3.2023). Der von den Vereinten Nationen geleitete Friedensprozess, einschließlich des Verfassungsausschusses, hat 2022 keine Fortschritte gemacht (HRW 12.1.2023; vgl. AA 29.3.2023). Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert (AA 29.3.2023). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell und sorgen dafür, dass diese nicht für ihre Taten verantwortlich gemacht werden (HRW 12.1.2023).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum November 2022-März 2023] nicht wesentlich verändert (AA 29.3.2023). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Der Machtanspruch des syrischen Regimes wurde in den Gebieten unter seiner Kontrolle nicht grundlegend angefochten, nicht zuletzt aufgrund der anhaltenden substanziellen militärischen Unterstützung Russlands bzw. Irans und Iran-naher Kräfte. Allerdings gelang es dem Regime nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol in diesen Gebieten durchzusetzen. Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht (AA 29.3.2023). Der von den Vereinten Nationen geleitete Friedensprozess, einschließlich des Verfassungsausschusses, hat 2022 keine Fortschritte gemacht (HRW 12.1.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert (AA 29.3.2023). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell und sorgen dafür, dass diese nicht für ihre Taten verantwortlich gemacht werden (HRW 12.1.2023).

Im Äußeren gewannen die Bemühungen des Regimes und seiner Verbündeten, insbesondere Russlands, zur Beendigung der internationalen Isolation [mit Stand März 2023] unabhängig von der im Raum stehenden Annäherung der Türkei trotz fehlender politischer und humanitärer Fortschritte weiter an Momentum. Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon - (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen, wenngleich sich die Bewahrung der EU-Einheit in dieser Sache zunehmend herausfordernd gestaltet (AA 29.3.2023). [Quellen…]Im Äußeren gewannen die Bemühungen des Regimes und seiner Verbündeten, insbesondere Russlands, zur Beendigung der internationalen Isolation [mit Stand März 2023] unabhängig von der im Raum stehenden Annäherung der Türkei trotz fehlender politischer und humanitärer Fortschritte weiter an Momentum. Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon - (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen, wenngleich sich die Bewahrung der EU-Einheit in dieser Sache zunehmend herausfordernd gestaltet (AA 29.3.2023). [Quellen…]

3.3 Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien

Letzte Änderung: 11.07.2023

2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) gekommen sein, deren Mitglieder die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) gründeten. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine 'zweite Front' in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba'ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrîn, 'Ain al-'Arab (Kobanê) und die Jazira/Cizîrê von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (Savelsberg 8.2017).

Im November 2013 - etwa zeitgleich mit der Bildung der syrischen Interimsregierung (SIG) durch die syrische Opposition - rief die PYD die sogenannte Demokratische Selbstverwaltung (DSA) in den Kantonen Afrîn, Kobanê und Cizîrê aus und fasste das so entstandene, territorial nicht zusammenhängende Gebiet unter dem kurdischen Wort für "Westen" (Rojava) zusammen. Im Dezember 2015 gründete die PYD mit ihren Verbündeten den Demokratischen Rat Syriens (SDC) als politischen Arm der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) (SWP 7.2018). Die von den USA unterstützten SDF (TWI 18.7.2022) sind eine Koalition aus syrischen Kurden, Arabern, Turkmenen und anderen Minderheitengruppen (USDOS 20.3.2023), in dem der militärische Arm der PYD, die YPG, die dominierende Kraft ist (KAS 4.12.2018). Im März 2016 riefen Vertreter der drei Kantone (Kobanê war inzwischen um Tall Abyad erweitert worden) den Konstituierenden Rat des "Demokratischen Föderalen Systems Rojava/Nord-Syrien" (Democratic Federation of Northern Syria, DFNS) ins Leben (SWP 7.2018). Im März 2018 (KAS 4.12.2018) übernahm die Türkei völkerrechtswidrig die Kontrolle über den kurdischen Selbstverwaltungskanton Afrîn mithilfe der Syrischen Nationalen Armee (SNA), einer von ihr gestützten Rebellengruppe (taz 15.10.2022). Im September 2018 beschloss der SDC die Gründung des Selbstverwaltungsgebiets Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria, AANES) auf dem Gebiet der drei Kantone (abzüglich des von der Türkei besetzten Afrîn). Darüber hinaus wurden auch Gebiete in Deir-ez Zor und Raqqa (K24 6.9.2018) sowie Manbij, Takba und Hassakah, welche die SDF vom Islamischen Staat (IS) befreit hatten, Teil der AANES (SO 27.6.2022).

Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Fluchtwelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Die erhoffte Kriegsdividende, für den Kampf gegen den IS mit einem autonomen Gebiet 'belohnt' zu werden, ist bisher ausgeblieben (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung erkennt weder die kurdische Enklave noch die Wahlen in diesem Gebiet an (USDOS 20.3.2023). Türkische Vorstöße auf syrisches Gebiet im Jahr 2019 führten dazu, dass die SDF zur Abschreckung der Türkei syrische Regierungstruppen einlud, in den AANES Stellung zu beziehen (ICG 18.11.2021). Die Gespräche zwischen der kurdischen Selbstverwaltung und der Regierung in Damaskus im Hinblick auf die Einräumung einer Autonomie und die Sicherung einer unabhängigen Stellung der SDF innerhalb der syrischen Streitkräfte sind festgefahren (ÖB Damaskus 1.10.2021). Mit Stand Mai 2023 besteht kein entsprechender Vertrag zwischen den AANES und der syrischen Regierung (Alaraby 31.5.2023). Unter anderem wird über die Verteilung von Öl und Weizen verhandelt, wobei ein großer Teil der syrischen Öl- und Weizenvorkommen auf dem Gebiet der AANES liegen (K24 22.1.2023). Normalisierungsversuche der diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und der syrischen Regierung wurden in den AANES im Juni 2023 mit Sorge betrachtet (AAA 24.6.2023). Anders als die EU und USA betrachtet die Türkei sowohl die Streitkräfte der YPG als auch die Partei PYD als identisch mit der von der EU als Terrororganisation gelisteten PKK und daher als Terroristen und Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei (AA 29.3.2023).

Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vgl. SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vergleiche SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).

Zwischen den rivalisierenden Gruppierungen unter den Kurden gibt es einerseits Annäherungsbemühungen, andererseits kommt es im Nordosten aus politischen Gründen und wegen der schlechten Versorgungslage zunehmend auch zu innerkurdischen Spannungen zwischen dem sogenannten Kurdish National Council, der Masoud Barzanis KDP [Anm.: Kurdistan Democratic Party - Irak] nahesteht und dem ein Naheverhältnis zur Türkei nachgesagt wird, und der PYD, welche die treibende Kraft hinter der kurdischen Selbstverwaltung ist, und die aus Sicht des Kurdish National Council der PKK zu nahe steht (ÖB 1.10.2021).

Seitdem der Islamische Staat (IS) 2019 die Kontrolle über sein letztes Bevölkerungszentrum verloren hat, greift er mit Guerilla- und Terrortaktiken Sicherheitskräfte und lokale zivile Führungskräfte an (FH 9.3.2023). Hauptziele sind Einrichtungen und Kader der SDF sowie der syrischen Armee (ÖB 1.10.2021). (…) [Quellen…]

4 Sicherheitslage

Letzte Änderung: 11.07.2023

Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.3.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (UNHCHR 28.6.2022).

Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse

Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Die Suche nach eine politischen Beilegung verlief im Sand (USIP 14.3.2023). Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt (ÖB Damaskus 1.10.2021). In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023).

Die militärische Landkarte Syriens hat sich nicht substantiell verändert. Das Regime kontrolliert weiterhin rund 70 Prozent des syrischen Staatsgebiets, mit Ausnahme von Teilen des Nordwestens, des Nordens und des Nordostens (AA 29.3.2023). Die United Nations Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic (CoI) veröffentlichte eine Karte mit Stand Dezember 2022, in welcher die wichtigsten militärischen Akteure und ihre Einflussgebiete verzeichnet sind. Es gibt Gebiete, in denen mehr als Akteur präsent ist (UNCOI 1.2023).

[…]

Die militärischen Akteure und Syriens militärische Kapazitäten

Die Kämpfe und Gewalt nahmen 2021 sowohl im Nordwesten als auch im Nordosten und Süden des Landes zu (UNHRC 14.9.2021). Der Sondergesandte des UN-Generalsekretärs für Syrien Geir O. Pedersen wies am 29.11.2022 vor dem Sicherheitsrat insbesondere auf eine langsame Zunahme der Kämpfe zwischen den Demokratischen Kräften Syriens auf der einen Seite und der Türkei und bewaffneten Oppositionsgruppen auf der anderen Seite im Norden Syriens hin. Er betonte weiter, dass mehr Gewalt noch mehr Leid für die syrische Zivilbevölkerung bedeutet und die Stabilität in der Region gefährden würde - wobei gelistete terroristische Gruppen die neue Instabilität ausnutzen würden (UNSC 29.11.2022). Im Hinblick auf das Niveau der militärischen Gewalt ist eine Verstetigung festzustellen. Auch das Erdbeben am 6.2.2023 hat zu keiner nachhaltigen Verringerung der Kampfhandlungen geführt. In praktisch allen Landesteilen kam es im Berichtszeitraum zu militärischen Auseinandersetzungen unterschiedlicher Art und Ausprägung. Dabei bestanden auch teils erhebliche Unterschiede zwischen Regionen mit einer hohen Zahl gewalttätiger Auseinandersetzungen und vergleichsweise ruhigeren Landesteilen (AA 29.3.2023).

Die CoI stellte im Februar 2022 fest, dass fünf internationale Streitkräfte - darunter Iran, Israel, Russland, die Türkei und die Vereinigten Staaten von Amerika, sowie nicht-staatliche bewaffnete Gruppen und von den Vereinten Nationen benannte terroristische Gruppen weiterhin in Syrien aktiv sind (EUAA 9.2022). Die militärische Intervention Russlands und die damit einhergehende Luftunterstützung für Assads Streitkräfte sowie die erheblich ausgeweitete indirekte Bodenintervention Irans in Form eines Einsatzes ausländischer Milizen konnten 2015 den Zusammenbruch des syrischen Regimes abwenden (KAS 4.12.2018). Mitte des Jahres 2016 hatte die syrische Regierung nur ca. ein Drittel des syrischen Staatsgebietes, inklusive der 'wichtigsten' Städte im Westen, in denen der Großteil der Syrer lebt, kontrolliert (Reuters 13.4.2016). Aktuell sind die syrischen Streitkräfte mit Ausnahme von wenigen Eliteeinheiten technisch sowie personell schlecht ausgerüstet und können gerade abseits der großen Konfliktschauplätze nur begrenzt militärische Kontrolle ausüben (AA 29.3.2023).

Das Regime, Pro-Regime-Milizen wie die Nationalen Verteidigungskräfte (National Defense Forces - NDF), bewaffnete Oppositionsgruppen, die von der Türkei unterstützt werden, die Syrian Democratic Forces (SDF), extremistische Gruppen wie Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) und IS (Islamischer Staat), ausländische Terrorgruppen wie Hizbollah sowie Russland, Türkei und Iran sind während des Jahres im Land in den bewaffneten Konflikt involviert (USDOS 20.3.2023) [Anm.: zu israelischen und amerikanischen Militäraktionen siehe u.a. Unterkapitel Gouvernement Deir ez-Zor / Syrisch-Irakisches Grenzgebiet und Unterkapitel Gebiete unter Regierungskontrolle inkl. Damaskus und Umland, Westsyrien]. Es kann laut Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amts im gesamten Land jederzeit zu militärischer Gewalt kommen. Gefahr kann dabei einerseits von Kräften des Regimes gemeinsam mit seinen Verbündeten Russland und Iran ausgehen, welches unverändert das gesamte Staatsgebiet militärisch zurückerobern will und als Feinde betrachtete „terroristische“ Kräfte bekämpft. Das Regime ist trotz begrenzter Kapazitäten grundsätzlich zu Luftangriffen im gesamten Land fähig, mit Ausnahme von Gebieten unter türkischer oder kurdischer Kontrolle sowie in der von den USA kontrollierten Zone rund um das Vertriebenenlager Rukban an der syrisch-jordanischen Grenze. Nichtsdestotrotz basiert seine militärische Durchsetzungsfähigkeit fast ausschließlich auf der massiven militärischen Unterstützung durch die russische Luftwaffe und Einheiten Irans, bzw. durch seitens Irans unterstützte Milizen, einschließlich Hizbollah. Wenngleich offene Quellen seit August 2022 den Abzug militärischer Infrastruktur (insb. Luftabwehrsystem S-300) vermelden, lassen sich Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf die russische Einsatzfähigkeit in Syrien bislang nicht substantiieren. Die Menschenrechtsorganisation Syrians for Truth and Justice (STJ) behauptet, dass Russland syrische Söldner u.a. aus den Streitkräften für den Kampfeinsatz in der Ukraine abwirbt. Unter Bezug auf syrische Militärangehörige sowie Familien der Söldner spricht STJ von 300 syrischen Kämpfern, die im Zeitraum Juni bis September 2022 nach Russland oder Ukraine verlegt worden seien. Mehrere von ihnen seien laut einer unbestätigten Mitteilung der rekrutierenden al-Sayyad Company for Guarding and Pro

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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