TE Bvwg Erkenntnis 2024/5/8 W164 2279837-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.05.2024
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Entscheidungsdatum

08.05.2024

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W164 2279837-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehöriger von Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.07.2023, Zl. 1320398007-222590359, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 06.03.2024 zu Recht: Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch XXXX , geb. römisch XXXX , Staatsangehöriger von Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.07.2023, Zl. 1320398007-222590359, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 06.03.2024 zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch XXXX gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass römisch XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Syriens, stellte am 23.08.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Anlässlich seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der Beschwerdeführer an, er stamme aus dem Ort XXXX , Provinz Idlib, sei Angehöriger der Volksgruppe der Araber, sei am XXXX geboren und sei verheiratet. Seine Eltern sowie seine Ehefrau, seine Tochter und seine Geschwister seien in der Türkei aufhältig. Lediglich eine Schwester lebe weiterhin in Syrien. Befragt zu seinen Fluchtgründen gab der BF an, er sei 2013 vor dem Krieg in die Türkei geflüchtet und müsste nun in Syrien den Militärdienst ableisten. Aufgrund seiner Herkunft aus Idlib wäre er zwangsläufig belastet.2. Anlässlich seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der Beschwerdeführer an, er stamme aus dem Ort römisch XXXX , Provinz Idlib, sei Angehöriger der Volksgruppe der Araber, sei am römisch XXXX geboren und sei verheiratet. Seine Eltern sowie seine Ehefrau, seine Tochter und seine Geschwister seien in der Türkei aufhältig. Lediglich eine Schwester lebe weiterhin in Syrien. Befragt zu seinen Fluchtgründen gab der BF an, er sei 2013 vor dem Krieg in die Türkei geflüchtet und müsste nun in Syrien den Militärdienst ableisten. Aufgrund seiner Herkunft aus Idlib wäre er zwangsläufig belastet.

3. Am 03.07.2023 wurde der Beschwerdeführer durch die gegenständlich belangte Behörde, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), einvernommen. Der Beschwerdeführer gab an, er arbeite derzeit bei einem Friseur in Österreich, dies habe er auch in der Türkei gemacht. In der Türkei habe er zudem als Buchhalter in der Eierproduktion gearbeitet. Er habe die Türkei verlassen, da er in letzter Zeit Rassismus erfahren habe. Zu seinem Fluchtvorbringen führte der BF im Wesentlichen aus, er habe in XXXX gelebt, dort aber aufgrund des Herkunftsvermerks Idlib auf seinem Personalausweis bereits als Jugendlicher Probleme gehabt. Im Falle einer Rückkehr befürchte er die Einziehung zur Syrischen Armee. Syrien habe der BF 2013 aufgrund des Krieges mit seiner Familie verlassen, da das Dorf XXXX , in dem er sich aufgehalten habe, bombardiert worden sei. Ein Wehrbuch bzw. einen Einberufungsbefehl besitze der Beschwerdeführer nicht. Da er aus Idlib ausgereist sei würde er im Fall seiner Rückkehr für das Regime als Terrorist gelten. Im Falle einer Rückkehr drohe dem BF Inhaftierung und Folterung durch das syrische Regime. Der BF legte einen Einzelregisterauszug, eine Ehebescheinigung und einen Familienregisterauszug vor.3. Am 03.07.2023 wurde der Beschwerdeführer durch die gegenständlich belangte Behörde, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), einvernommen. Der Beschwerdeführer gab an, er arbeite derzeit bei einem Friseur in Österreich, dies habe er auch in der Türkei gemacht. In der Türkei habe er zudem als Buchhalter in der Eierproduktion gearbeitet. Er habe die Türkei verlassen, da er in letzter Zeit Rassismus erfahren habe. Zu seinem Fluchtvorbringen führte der BF im Wesentlichen aus, er habe in römisch XXXX gelebt, dort aber aufgrund des Herkunftsvermerks Idlib auf seinem Personalausweis bereits als Jugendlicher Probleme gehabt. Im Falle einer Rückkehr befürchte er die Einziehung zur Syrischen Armee. Syrien habe der BF 2013 aufgrund des Krieges mit seiner Familie verlassen, da das Dorf römisch XXXX , in dem er sich aufgehalten habe, bombardiert worden sei. Ein Wehrbuch bzw. einen Einberufungsbefehl besitze der Beschwerdeführer nicht. Da er aus Idlib ausgereist sei würde er im Fall seiner Rückkehr für das Regime als Terrorist gelten. Im Falle einer Rückkehr drohe dem BF Inhaftierung und Folterung durch das syrische Regime. Der BF legte einen Einzelregisterauszug, eine Ehebescheinigung und einen Familienregisterauszug vor.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 25.07.2023 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.), erkannte dem BF den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte (Spruchpunkt III.). Begründend führte die Behörde zu Spruchpunkt I. im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe vor seiner Ausreise in die Türkei niemals individuelle Probleme mit dem syrischen Regime gehabt und habe sich im Jahr 2023 problemlos Dokumente von den Behörden ausstellen lassen können. Aktuell finde keine Generalmobilmachung statt. Zudem habe der Beschwerdeführer die Möglichkeit, sich zur Bezahlung einer einmaligen Gebühr vom Wehrdienst befreien zulassen.4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 25.07.2023 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte dem BF den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte (Spruchpunkt römisch III.). Begründend führte die Behörde zu Spruchpunkt römisch eins. im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe vor seiner Ausreise in die Türkei niemals individuelle Probleme mit dem syrischen Regime gehabt und habe sich im Jahr 2023 problemlos Dokumente von den Behörden ausstellen lassen können. Aktuell finde keine Generalmobilmachung statt. Zudem habe der Beschwerdeführer die Möglichkeit, sich zur Bezahlung einer einmaligen Gebühr vom Wehrdienst befreien zulassen.

5. Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides erhob der Beschwerdeführer binnen offener Rechtsmittelfrist Beschwerde. Darin brachte er im Wesentlichen vor, dass er aufgrund seines Alters im Falle einer Rückkehr nach Syrien zum verpflichtenden Wehrdienst eingezogen werden würde. Aufgrund seiner Wehrdienstverweigerung würde ihm eine politisch oppositionelle Gesinnung unterstellt werden. Der BF stamme aus Idlib und habe Syrien unerlaubt verlassen. Er befürchte auch aus diesen beiden Gründen staatliche Verfolgung. Ferner drohe ihm aufgrund der Ausreise sowie der Asylantragstellung in Österreich Verfolgung durch das syrische Regime. Eine Rückkehr wäre für ihn nur über den Flughafen Damaskus oder allenfalls über Grenzen, die in der Hand des syrischen Regimes liegen, möglich. Theoretisch wäre es dem Beschwerdeführer zwar möglich, sich vom Wehrdienst freizukaufen. Jedoch gelte dies nicht für Personen, die sich seit Beginn des Bürgerkriegs im Ausland befinden, da ein solcher Prozess sehr lange dauern würde, mit sehr viel Bürokratie verbunden wäre und Willkür seitens der syrischen Behörden erwarten lassen würde. Überdies könne sich der Beschwerdeführer diese Befreiungsgebühr nicht leisten und wolle er das syrische Regime mit diesem Geldbetrag auch nicht unterstützen.5. Gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides erhob der Beschwerdeführer binnen offener Rechtsmittelfrist Beschwerde. Darin brachte er im Wesentlichen vor, dass er aufgrund seines Alters im Falle einer Rückkehr nach Syrien zum verpflichtenden Wehrdienst eingezogen werden würde. Aufgrund seiner Wehrdienstverweigerung würde ihm eine politisch oppositionelle Gesinnung unterstellt werden. Der BF stamme aus Idlib und habe Syrien unerlaubt verlassen. Er befürchte auch aus diesen beiden Gründen staatliche Verfolgung. Ferner drohe ihm aufgrund der Ausreise sowie der Asylantragstellung in Österreich Verfolgung durch das syrische Regime. Eine Rückkehr wäre für ihn nur über den Flughafen Damaskus oder allenfalls über Grenzen, die in der Hand des syrischen Regimes liegen, möglich. Theoretisch wäre es dem Beschwerdeführer zwar möglich, sich vom Wehrdienst freizukaufen. Jedoch gelte dies nicht für Personen, die sich seit Beginn des Bürgerkriegs im Ausland befinden, da ein solcher Prozess sehr lange dauern würde, mit sehr viel Bürokratie verbunden wäre und Willkür seitens der syrischen Behörden erwarten lassen würde. Überdies könne sich der Beschwerdeführer diese Befreiungsgebühr nicht leisten und wolle er das syrische Regime mit diesem Geldbetrag auch nicht unterstützen.

6. Das BFA legte den Bezug habenden Akt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 06.03.2024 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Arabisch und seiner Rechtsvertreterin ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt wurde.

Der Beschwerdeführer machte zusammengefasst die folgenden Angaben:

Er sei im Alter von etwa 12 Jahren mit seinen Eltern und Geschwistern aufgrund des Krieges aus Syrien ausgereist. Im Falle einer Rückkehr in seine Herkunftsregion befürchte der BF, durch die syrische Armee rekrutiert zu werden, da er nun im wehrdienstpflichtigen Alter sei. Er wolle nicht der Grund dafür sein, dass eine andere Person getötet würde. Er lehne ferner das syrische Regime ab und wolle an dessen Verbrechen nicht teilhaben. Die Regierung habe viele Syrer, auch Kinder, getötet.

Der BF betrachte den Ort XXXX bei XXXX als seine Heimatregion. Hier habe er die Schule besucht und im Geschäft seines Vaters gearbeitet. Der Beschwerdeführer schilderte die Lage dieses Ortes und machte auf Nachfrage ferner Angaben zur Umgebung des Ortes. Er sehe zwar auch seinen Geburtsort XXXX in einer Weise als seinen Herkunftsort an, hier habe er seine erste Kindheit und die ersten Schuljahre verbracht, jedoch habe er sich überwiegend in XXXX aufgehalten. Zwei Onkel mütterlicherseits würden derzeit noch in XXXX leben. Der BF betrachte den Ort römisch XXXX bei römisch XXXX als seine Heimatregion. Hier habe er die Schule besucht und im Geschäft seines Vaters gearbeitet. Der Beschwerdeführer schilderte die Lage dieses Ortes und machte auf Nachfrage ferner Angaben zur Umgebung des Ortes. Er sehe zwar auch seinen Geburtsort römisch XXXX in einer Weise als seinen Herkunftsort an, hier habe er seine erste Kindheit und die ersten Schuljahre verbracht, jedoch habe er sich überwiegend in römisch XXXX aufgehalten. Zwei Onkel mütterlicherseits würden derzeit noch in römisch XXXX leben.

Befragt zum Tag seiner Ausreise gab der BF an, er sei mit seiner Familie damals gerade in seinem Geburtsort XXXX aufhältig gewesen zu sein, als die Luftangriffe begannen. Von dort aus sei die Familie nach XXXX gereist und sei dann nach ca. einer Woche Aufenthalt über XXXX in die Türkei geflüchtet. In der Türkei habe der BF als Friseur im Salon seines Bruders gearbeitet. Zudem habe er eine Anstellung in einer Hühnerfabrik angenommen und hierbei die Listen für die An und -Abwesenheiten der Arbeiter kontrolliert sowie Eier der Größe nach geordnet und gezählt. Den Entschluss zur Ausreise aus der Türkei habe der Beschwerdeführer aufgrund der ständig erlebten Diskriminierungen gefasst.Befragt zum Tag seiner Ausreise gab der BF an, er sei mit seiner Familie damals gerade in seinem Geburtsort römisch XXXX aufhältig gewesen zu sein, als die Luftangriffe begannen. Von dort aus sei die Familie nach römisch XXXX gereist und sei dann nach ca. einer Woche Aufenthalt über römisch XXXX in die Türkei geflüchtet. In der Türkei habe der BF als Friseur im Salon seines Bruders gearbeitet. Zudem habe er eine Anstellung in einer Hühnerfabrik angenommen und hierbei die Listen für die An und -Abwesenheiten der Arbeiter kontrolliert sowie Eier der Größe nach geordnet und gezählt. Den Entschluss zur Ausreise aus der Türkei habe der Beschwerdeführer aufgrund der ständig erlebten Diskriminierungen gefasst.

Im Falle einer Rückkehr würde der BF befürchten, von der syrischen Armee zwangsrekrutiert zu werden. Sowohl sein Herkunftsort XXXX nahe XXXX als auch sein Geburtsort XXXX würden derzeit unter der Kontrolle der syrischen Regierung stehen. Zudem gehöre der Geburtsort XXXX zum Gouvernement Idlib. Die Bevölkerung aus Idlib werde seitens des Regimes als oppositionell eingestuft. Die im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Dokumente habe ihm ein in Syrien lebender Onkel beschafft. Der BF habe versucht, über seinen Onkel, der Anwalt sei, auch einen Einberufungsbefehl zu erhalten. Dies habe nicht funktioniert: Der BF hätte hierfür persönlich an einer Rekrutierungsstelle vorstellig werden und einen Antrag stellen müssen. Im Falle einer Rückkehr würde der BF befürchten, von der syrischen Armee zwangsrekrutiert zu werden. Sowohl sein Herkunftsort römisch XXXX nahe römisch XXXX als auch sein Geburtsort römisch XXXX würden derzeit unter der Kontrolle der syrischen Regierung stehen. Zudem gehöre der Geburtsort römisch XXXX zum Gouvernement Idlib. Die Bevölkerung aus Idlib werde seitens des Regimes als oppositionell eingestuft. Die im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Dokumente habe ihm ein in Syrien lebender Onkel beschafft. Der BF habe versucht, über seinen Onkel, der Anwalt sei, auch einen Einberufungsbefehl zu erhalten. Dies habe nicht funktioniert: Der BF hätte hierfür persönlich an einer Rekrutierungsstelle vorstellig werden und einen Antrag stellen müssen.

Der Beschwerdeführer hätte im Fall der Rückkehr an seinen Herkunftsort den Einzug zum Militärdienst zu erwarten. Im Fall einer Weigerung würde ihm Gefängnis und Folter drohen. Seine Frau, sein Kind und seine Kernfamilie würden derzeit in der Türkei leben. Eine Schwester lebe noch in Syrien.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Er reiste am 23.08.2022 unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und stellte am selben Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Seitdem hält er sich durchgehend in Österreich auf. Er ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Seine Muttersprache ist Arabisch, zudem spricht er Türkisch. Der BF führt den Namen römisch XXXX und das Geburtsdatum römisch XXXX . Er reiste am 23.08.2022 unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und stellte am selben Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Seitdem hält er sich durchgehend in Österreich auf. Er ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Seine Muttersprache ist Arabisch, zudem spricht er Türkisch.

Der Beschwerdeführer wurde im Dorf XXXX im Gouvernement Idlib geboren. Noch während seiner Kindheit zog er mit seinen Eltern und mehreren Geschwistern nach XXXX . Er besuchte dort weiterhin die Schule und arbeitete im Kleidergeschäft des Vaters, sodass der BF zu diesem Ort eine enge Bindung entwickelte. Von Zeit zu Zeit hielt sich die Familie weiterhin bei der Verwandtschaft im Geburtsort XXXX auf. Im Jahr 2013 – der BF war damals etwa 12 Jahre alt - war er wieder mit seiner Familie zu Besuch in seinem Geburtsort XXXX , als dieser bombardiert wurde. Daraufhin reiste die Familie illegal in die Türkei, wo der BF fortan bis zu seiner Ausreise nach Österreich im Jahr 2022 lebte und 2019 Frau XXXX heiratete. 2023 wurde eine gemeinsame Tochter geboren. Den verpflichtenden Wehrdienst der syrischen Armee hat der Beschwerdeführer nicht abgeleistet. Seine Frau und Tochter, ebenso wie seine Eltern und Geschwister leben in der Türkei. Eine Schwester lebt noch in Syrien. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten. Er ist gesund und aktuell im wehrfähigen Alter. Seine Personenstandsdokumente konnte ein in Syrien lebender Verwandter des BF nachträglich beischaffen.Der Beschwerdeführer wurde im Dorf römisch XXXX im Gouvernement Idlib geboren. Noch während seiner Kindheit zog er mit seinen Eltern und mehreren Geschwistern nach römisch XXXX . Er besuchte dort weiterhin die Schule und arbeitete im Kleidergeschäft des Vaters, sodass der BF zu diesem Ort eine enge Bindung entwickelte. Von Zeit zu Zeit hielt sich die Familie weiterhin bei der Verwandtschaft im Geburtsort römisch XXXX auf. Im Jahr 2013 – der BF war damals etwa 12 Jahre alt - war er wieder mit seiner Familie zu Besuch in seinem Geburtsort römisch XXXX , als dieser bombardiert wurde. Daraufhin reiste die Familie illegal in die Türkei, wo der BF fortan bis zu seiner Ausreise nach Österreich im Jahr 2022 lebte und 2019 Frau römisch XXXX heiratete. 2023 wurde eine gemeinsame Tochter geboren. Den verpflichtenden Wehrdienst der syrischen Armee hat der Beschwerdeführer nicht abgeleistet. Seine Frau und Tochter, ebenso wie seine Eltern und Geschwister leben in der Türkei. Eine Schwester lebt noch in Syrien. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten. Er ist gesund und aktuell im wehrfähigen Alter. Seine Personenstandsdokumente konnte ein in Syrien lebender Verwandter des BF nachträglich beischaffen.

Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

Quellen:

-        Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Syrien in der Fassung der Gesamtaktualisierung vom 27.03.2024 (Version 11)

-        UNHCR Erwägungen zum Schutzbedarf von syrischen Staatsangehörigen aus März 2021

-        EUAA Country Guidance: Syria aus Februar 2023

-        EUAA Syria: Targeting of Individuals, September 2022

-        EASO Syria Military service Country of Origin Information Report April 2021

-        Anfragebeantwortung zu Syrien „Informationen über kurzen zeitlichen Aufschub zum Antritt des Wehrdienstes für Rückkehrer [a-12200]“ vom 05.09.2023

-        Anfragebeantwortung zu Syrien „Einreise türkisch-syrische Grenze,

Weiterreise in AANES-Gebiete, besonders Tal Rifaat“ vom 05.04.2023

„[…]

?        Politische Lage

Letzte Änderung 08.03.2024

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).

Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).

Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).

Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).

Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).

Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).

o        Syrische Arabische Republik

Letzte Änderung 08.03.2024

Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 2.5.2023). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba'athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten (FH 9.3.2023) und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt (USDOS 15.5.2023). In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten. Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen (FH 9.3.2023).

Die Verfassung schreibt die Vormachtstellung der Vertreter der Ba'ath-Partei in den staatlichen Institutionen und in der Gesellschaft vor, und Assad und die Anführer der Ba'ath-Partei beherrschen als autoritäres Regime alle drei Regierungszweige (USDOS 20.3.2023). Mit dem Dekret von 2011 und den Verfassungsreformen von 2012 wurden die Regeln für die Beteiligung anderer Parteien formell gelockert. In der Praxis unterhält die Regierung einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat, um Oppositionsbewegungen zu überwachen und zu bestrafen, die Assads Herrschaft ernsthaft infrage stellen könnten (FH 9.3.2023). Der Präsident stützt seine Herrschaft insbesondere auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Nachrichtendienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen. So hat sich in Syrien ein politisches System etabliert, in dem viele Institutionen und Personen miteinander um Macht konkurrieren und dabei kaum durch die Verfassung und den bestehenden Rechtsrahmen kontrolliert werden, sondern v. a. durch den Präsidenten und seinen engsten Kreis. Trotz gelegentlicher interner Machtkämpfe stehen Assad dabei keine ernst zu nehmenden Kontrahenten gegenüber. Die Geheimdienste haben ihre traditionell starke Rolle seither verteidigt oder sogar weiter ausgebaut und profitieren durch Schmuggel und Korruption wirtschaftlich erheblich (AA 29.3.2023).

Dem ehemaligen Berater des US-Außenministeriums Hazem al-Ghabra zufolge unterstützt Syrien beinahe vollständig die Herstellung und Logistik von Drogen, weil es eine Einnahmemöglichkeit für den Staat und für Vertreter des Regimes und dessen Profiteure darstellt (Enab 23.1.2023). Baschar al-Assad mag der unumschränkte Herrscher sein, aber die Loyalität mächtiger Warlords, Geschäftsleute oder auch seiner Verwandten hat ihren Preis. Beispielhaft wird von einer vormals kleinkriminellen Bande berichtet, die Präsident Assad in der Stadt Sednaya gewähren ließ, um die dort ansässigen Christen zu kooptieren, und die inzwischen auf eigene Rechnung in den Drogenhandel involviert ist. Der Machtapparat hat nur bedingt die Kontrolle über die eigenen Drogennetzwerke. Assads Cousins, die Hisbollah und Anführer der lokalen Organisierten Kriminalität haben kleine Imperien errichtet und geraten gelegentlich aneinander, wobei Maher al-Assad, der jüngere Bruder des Präsidenten und Befehlshaber der Vierten Division, eine zentrale Rolle bei der Logistik innehat. Die Vierte Division mutierte in den vergangenen Jahren 'zu einer Art Mafia-Konglomerat mit militärischem Flügel'. Sie bewacht die Transporte und Fabriken, kontrolliert die Häfen und nimmt Geld ein. Maher al-Assads Vertreter, General Ghassan Bilal, gilt als der operative Kopf und Verbindungsmann zur Hisbollah (Spiegel 17.6.2022).

Es gibt keine Rechtssicherheit oder Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter. Die Gefahr, Opfer staatlicher Repression und Willkür zu werden, bleibt für Einzelne unvorhersehbar (AA 2.2.2024).

Institutionen und Wahlen

Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba'ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Art. 113 der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn "absolute Notwendigkeit" dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba'ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Artikel 113, der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn "absolute Notwendigkeit" dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).

Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Art. 85 vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein "ehrenrühriges" Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vgl. Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als 'weder frei noch fair' und als 'betrügerisch', und die Opposition nannte sie eine 'Farce' (Standard 28.5.2021).Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Artikel 85, vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein "ehrenrühriges" Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vergleiche Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als 'weder frei noch fair' und als 'betrügerisch', und die Opposition nannte sie eine 'Farce' (Standard 28.5.2021).

Das Parlament hat nicht viel Macht. Dekrete werden meist von Ministern und Ministerinnen vorgelegt, um ohne Änderungen vom Parlament genehmigt zu werden. Sitze im Parlament oder im Kabinett dienen nicht dazu, einzelne Machtgruppen in die Entscheidungsfindung einzubinden, sondern dazu, sie durch die Vorteile, die ihnen ihre Positionen verschaffen, zu kooptieren (BS 23.2.2022). Im Juli 2020 fanden die Wahlen für das "Volksrat" genannte syrische Parlament mit 250 Sitzen statt, allerdings nur in Gebieten, in denen das Regime präsent ist. Auch diese Wahlen wurden durch die weitverbreitete Vertreibung der Bevölkerung beeinträchtigt. Bei den Wahlen gab es keinen nennenswerten Wettbewerb, da die im Exil lebenden Oppositionsgruppen nicht teilnahmen und die Behörden keine unabhängigen politischen Aktivitäten in dem von ihnen kontrollierten Gebiet dulden. Die regierende Ba'ath-Partei und ihre Koalition der Nationalen Progressiven Front erhielten 183 Sitze. Die restlichen 67 Sitze gingen an unabhängige Kandidaten, die jedoch alle als regierungstreu galten (FH 9.3.2023). Die Wahlbeteiligung lag bei 33,7 Prozent (BS 23.2.2022). Es gab Vorwürfe des Betrugs, der Wahlfälschung und der politischen Einflussnahme. Kandidaten wurden in letzter Minute von den Wahllisten gestrichen und durch vom Regime bevorzugte Kandidaten ersetzt, darunter Kriegsprofiteure, Warlords und Schmuggler, welche das Regime im Zuge des Konflikts unterstützten (WP 22.7.2020).

Der Wahlprozess soll so strukturiert sein, dass eine Manipulation des Regimes möglich ist. Syrische Bürger können überall innerhalb der vom Regime kontrollierten Gebiete wählen, und es gibt keine Liste der registrierten Wähler in den Wahllokalen und somit keinen Mechanismus zur Überprüfung, ob Personen an verschiedenen Wahllokalen mehrfach gewählt haben. Aufgrund der Vorschriften bei Reihungen auf Wahllisten sind alternative Kandidaten standardmäßig nur ein Zusatz zu den Kandidaten der Ba'ath-Partei (MEI 24.7.2020). Die vom Regime und den Nachrichtendiensten vorgenommene Reihung auf der Liste ist damit wichtiger als die Unterstützung durch die Bevölkerung oder Stimmen. Wahlen in Syrien dienen nicht dem Finden von Entscheidungsträgern, sondern der Aufrechterhaltung der Fassade von demokratischen Prozessen durch den Staat nach Außen. Sie fungieren als Möglichkeit, relevante Personen in Syrien quasi zu managen und Loyalisten dazu zu zwingen, ihre Hingabe zum Regime zu demonstrieren (BS 23.2.2022). Zudem gilt der Verkauf öffentlicher Ämter an reiche Personen, im Verbund mit entsprechend gefälschten Wahlergebnissen, als zunehmend wichtige Devisenquelle für das syrische Regime (AA 29.3.2023). Entscheidungen werden von den Sicherheitsdiensten oder dem Präsidenten auf Basis ihrer Notwendigkeiten getroffen - nicht durch gewählte Personen (BS 23.2.2022).

Im September 2022 fanden in allen [unter Kontrolle des syrischen Regimes stehenden] Provinzen Wahlen für die Lokalräte statt. Nichtregierungsorganisationen bezeichneten sie ebenfalls als weder frei noch fair (USDOS 20.3.2023).

o        Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien

Letzte Änderung 08.03.2024

2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) gekommen sein, deren Mitglieder die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) gründeten. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine 'zweite Front' in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba'ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrîn, 'Ain al-'Arab (Kobanê) und die Jazira/Cizîrê von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (Savelsberg 8.2017).

Im November 2013 - etwa zeitgleich mit der Bildung der syrischen Interimsregierung (SIG) durch die syrische Opposition - rief die PYD die sogenannte Demokratische Selbstverwaltung (DSA) in den Kantonen Afrîn, Kobanê und Cizîrê aus und fasste das so entstandene, territorial nicht zusammenhängende Gebiet unter dem kurdischen Wort für "Westen" (Rojava) zusammen. Im Dezember 2015 gründete die PYD mit ihren Verbündeten den Demokratischen Rat Syriens (SDC) als politischen Arm der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) (SWP 7.2018). Die von den USA unterstützten SDF (TWI 18.7.2022) sind eine Koalition aus syrischen Kurden, Arabern, Turkmenen und anderen Minderheitengruppen (USDOS 20.3.2023), in dem der militärische Arm der PYD, die YPG, die dominierende Kraft ist (KAS 4.12.2018). Im März 2016 riefen Vertreter der drei Kantone (Kobanê war inzwischen um Tall Abyad erweitert worden) den Konstituierenden Rat des "Demokratischen Föderalen Systems Rojava/Nord-Syrien" (Democratic Federation of Northern Syria, DFNS) ins Leben (SWP 7.2018). Im März 2018 (KAS 4.12.2018) übernahm die Türkei völkerrechtswidrig die Kontrolle über den kurdischen Selbstverwaltungskanton Afrîn mithilfe der Syrischen Nationalen Armee (SNA), einer von ihr gestützten Rebellengruppe (taz 15.10.2022). Im September 2018 beschloss der SDC die Gründung des Selbstverwaltungsgebiets Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria, AANES) auf dem Gebiet der drei Kantone (abzüglich des von der Türkei besetzten Afrîn). Darüber hinaus wurden auch Gebiete in Deir-ez Zor und Raqqa (K24 6.9.2018) sowie Manbij, Takba und Hassakah, welche die SDF vom Islamischen Staat (IS) befreit hatten, Teil der AANES (SO 27.6.2022).

Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Fluchtwelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Die erhoffte Kriegsdividende, für den Kampf gegen den IS mit einem autonomen Gebiet 'belohnt' zu werden, ist bisher ausgeblieben (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung erkennt weder die kurdische Enklave noch die Wahlen in diesem Gebiet an (USDOS 20.3.2023). Türkische Vorstöße auf syrisches Gebiet im Jahr 2019 führten dazu, dass die SDF zur Abschreckung der Türkei syrische Regierungstruppen einlud, in den AANES Stellung zu beziehen (ICG 18.11.2021). Die Gespräche zwischen der kurdischen Selbstverwaltung und der Regierung in Damaskus im Hinblick auf die Einräumung einer Autonomie und die Sicherung einer unabhängigen Stellung der SDF innerhalb der syrischen Streitkräfte sind festgefahren (ÖB Damaskus 1.10.2021). Mit Stand Mai 2023 besteht kein entsprechender Vertrag zwischen den AANES und der syrischen Regierung (Alaraby 31.5.2023). Unter anderem wird über die Verteilung von Öl und Weizen verhandelt, wobei ein großer Teil der syrischen Öl- und Weizenvorkommen auf dem Gebiet der AANES liegen (K24 22.1.2023). Normalisierungsversuche der diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und der syrischen Regierung wurden in den AANES im Juni 2023 mit Sorge betrachtet (AAA 24.6.2023). Anders als die EU und USA betrachtet die Türkei sowohl die Streitkräfte der YPG als auch die Partei PYD als identisch mit der von der EU als Terrororganisation gelisteten PKK und daher als Terroristen und Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei (AA 2.2.2024).

Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vgl. SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiede

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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