Entscheidungsdatum
13.05.2024Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W242 2186143-2/34E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HEUMAYR als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2021, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX 2021, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HEUMAYR als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch XXXX , geb. römisch XXXX , StA. Iran, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom römisch XXXX 2021, Zl. römisch XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am römisch XXXX 2021, zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX , geb. XXXX , gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt.römisch eins. Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch XXXX , geb. römisch XXXX , gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX , geb. XXXX , damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass römisch XXXX , geb. römisch XXXX , damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
II. Die Spruchpunkte II. bis VII. des angefochtenen Bescheides werden ersatzlos behoben.römisch II. Die Spruchpunkte römisch II. bis römisch VII. des angefochtenen Bescheides werden ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Am XXXX 2016 stellte der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Der BF brachte vor, zum Christentum konvertiert zu sein und daher im Iran eine Verfolgung zu befürchten. 1. Am römisch XXXX 2016 stellte der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Der BF brachte vor, zum Christentum konvertiert zu sein und daher im Iran eine Verfolgung zu befürchten.
2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) vom XXXX 2018 wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 und § 8 AsylG abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen.2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) vom römisch XXXX 2018 wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 3 und Paragraph 8, AsylG abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen.
3. Gegen diesen Bescheid brachte der BF Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (in weiterer Folge: BVwG) ein. Das BVwG bestätigte den Bescheid und wies die Beschwerde mit Erkenntnis XXXX ab. Mit 28.11.2019 erwuchs das Erkenntnis XXXX in Rechtskraft.3. Gegen diesen Bescheid brachte der BF Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (in weiterer Folge: BVwG) ein. Das BVwG bestätigte den Bescheid und wies die Beschwerde mit Erkenntnis römisch XXXX ab. Mit 28.11.2019 erwuchs das Erkenntnis römisch XXXX in Rechtskraft.
4. Am XXXX 2020 stellte der BF einen Folgeantrag. Im Zuge seines Folgeantrags brachte der BF vor, seit XXXX 2019 Mitglied der demokratisch-säkularen, von Mohamed Reza Pahlavi gegründeten, Partei zu sein und deshalb im Falle einer Rückkehr um sein Leben zu fürchten.4. Am römisch XXXX 2020 stellte der BF einen Folgeantrag. Im Zuge seines Folgeantrags brachte der BF vor, seit römisch XXXX 2019 Mitglied der demokratisch-säkularen, von Mohamed Reza Pahlavi gegründeten, Partei zu sein und deshalb im Falle einer Rückkehr um sein Leben zu fürchten.
5. Am XXXX 2020 wurde der BF vor dem BFA unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Farsi niederschriftlich einvernommen. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab er im Wesentlichen an, die Gründe seines ersten Asylverfahrens seien weiterhin aufrecht, aber er habe auch neue Fluchtgründe. Er arbeite aktuell mit einer politischen Gruppe, deren Mitglieder Anhänger von Mohammad Reza PAHLAWI seien. Sie hätten eine Instagram- und eine Telegramgruppe gegründet. So seien sie in den sozialen Medien aktiv. Sie seien Anhänger des Sohnes des früheren Königs von Iran. Sie würden die islamische Regierung stürzen und in Iran wieder eine Monarchie installieren wollen. Sie hätten konkrete Ziele. Am Wichtigsten sei die Trennung zwischen Staat und Religion, sie würden die Einrichtung einer Säkulardemokratie in Iran planen. Er sei auch auf seinen eigenen Facebook- und Instagramseiten sehr aktiv. Sie würden auch für das Christentum werben.5. Am römisch XXXX 2020 wurde der BF vor dem BFA unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Farsi niederschriftlich einvernommen. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab er im Wesentlichen an, die Gründe seines ersten Asylverfahrens seien weiterhin aufrecht, aber er habe auch neue Fluchtgründe. Er arbeite aktuell mit einer politischen Gruppe, deren Mitglieder Anhänger von Mohammad Reza PAHLAWI seien. Sie hätten eine Instagram- und eine Telegramgruppe gegründet. So seien sie in den sozialen Medien aktiv. Sie seien Anhänger des Sohnes des früheren Königs von Iran. Sie würden die islamische Regierung stürzen und in Iran wieder eine Monarchie installieren wollen. Sie hätten konkrete Ziele. Am Wichtigsten sei die Trennung zwischen Staat und Religion, sie würden die Einrichtung einer Säkulardemokratie in Iran planen. Er sei auch auf seinen eigenen Facebook- und Instagramseiten sehr aktiv. Sie würden auch für das Christentum werben.
6. Am XXXX 2020 fand unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Farsi eine weitere niederschriftliche Einvernahme vor dem BFA statt, in welcher der BF zu seinen Fluchtgründen zusammengefasst angab, er habe im Jänner dieses Jahres mit seiner politischen Aktivität begonnen. Er sei Admin einer Telegram-Gruppe mit 43 Mitgliedern. Weiters betreibe er einen Youtube-Kanal mit vielen Informationen über das Christentum. Auf seinen eigenen Facebook- und Instagramseiten berichte er über die iranische Regierung und über das Christentum. Er sei berechtigt auf allen diesen Seiten bzw in allen diesen Gruppen, welche alle öffentlich zugänglich seien, zu posten. Viele Leute würden privat posten, er hingegen nicht. Er sei davor bei einer anderen Gruppe gewesen. Auf deren Youtube-Kanal habe es Videos von ihm über politische Aktivitäten gegeben. Er sei allerdings wieder aus der Gruppe ausgetreten und habe diese Videos gelöscht. Auf Facebook poste er seit etwa zweieinhalb Jahren. Er habe am XXXX 2019 sowie am XXXX 2019 an Demonstrationen teilgenommen und danach Postings dazu veröffentlicht. Er habe Familienangehörige, die bei der Sepah oder der Basij seien und viele seiner Familienangehörigen würden wissen, dass er konvertiert sei. Er gehe davon aus, dass seine Aktivitäten gesehen worden seien, weil sie öffentlich gewesen seien.6. Am römisch XXXX 2020 fand unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Farsi eine weitere niederschriftliche Einvernahme vor dem BFA statt, in welcher der BF zu seinen Fluchtgründen zusammengefasst angab, er habe im Jänner dieses Jahres mit seiner politischen Aktivität begonnen. Er sei Admin einer Telegram-Gruppe mit 43 Mitgliedern. Weiters betreibe er einen Youtube-Kanal mit vielen Informationen über das Christentum. Auf seinen eigenen Facebook- und Instagramseiten berichte er über die iranische Regierung und über das Christentum. Er sei berechtigt auf allen diesen Seiten bzw in allen diesen Gruppen, welche alle öffentlich zugänglich seien, zu posten. Viele Leute würden privat posten, er hingegen nicht. Er sei davor bei einer anderen Gruppe gewesen. Auf deren Youtube-Kanal habe es Videos von ihm über politische Aktivitäten gegeben. Er sei allerdings wieder aus der Gruppe ausgetreten und habe diese Videos gelöscht. Auf Facebook poste er seit etwa zweieinhalb Jahren. Er habe am römisch XXXX 2019 sowie am römisch XXXX 2019 an Demonstrationen teilgenommen und danach Postings dazu veröffentlicht. Er habe Familienangehörige, die bei der Sepah oder der Basij seien und viele seiner Familienangehörigen würden wissen, dass er konvertiert sei. Er gehe davon aus, dass seine Aktivitäten gesehen worden seien, weil sie öffentlich gewesen seien.
7. Das BFA wies den Folgeantrag des BF mit Bescheid vom XXXX ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach [Iran] zulässig ist (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 15b Abs. 1 AsylG wurde dem BF aufgetragen, von XXXX 2020 bis XXXX 2020 im folgenden Quartier Unterkunft zu nehmen: XXXX (Spruchpunkt VII.).7. Das BFA wies den Folgeantrag des BF mit Bescheid vom römisch XXXX ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.) und gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt römisch IV.). Gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG nach [Iran] zulässig ist (Spruchpunkt römisch fünf.) und gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt römisch VI.). Gemäß Paragraph 15 b, Absatz eins, AsylG wurde dem BF aufgetragen, von römisch XXXX 2020 bis römisch XXXX 2020 im folgenden Quartier Unterkunft zu nehmen: römisch XXXX (Spruchpunkt römisch VII.).
Begründend führte das BFA im Wesentlichen aus, dass das Vorbringen des BF nicht konsistent gewesen sei, weil es widersprüchlich, nicht nachvollziehbar, nicht plausibel, vage und unsubstantiiert gewesen sei. Der BF habe nicht glaubhaft darlegen können, dass er sich ernsthaft und aus persönlichen Gründen politisch engagiere. Seine Angaben würden den Eindruck erwecken, dass er sich unbedingt einer politischen Bewegung anschließen habe wollen, um so eine Abschiebung nach Iran zu verhindern und um neuerlich um Asyl ansuchen zu können. Nicht nachvollziehbar sei, weshalb er sich zuerst den Volksmujaheddin angeschlossen und in deren Namen im Internet gepostet und an Demonstrationen teilgenommen habe, obwohl diese eigentlich gegen die Pahlavi-Bewegung seien. Schlussendlich habe er sich entschieden, sich für die Pahlavi-Bewegung einzusetzen. Aus seinen Handlungen sei klar erkennbar, dass er sich nicht über die Inhalte dieser Bewegungen informiert habe, sondern es ihm wichtig gewesen sei, politische Statements zu setzen, egal in welche Richtung, um somit in Österreich Asyl zu erhalten. Weiters sei nicht davon auszugehen, dass die iranische Regierung ein ernsthaftes Interesse daran habe, einzelne Personen einer kleinen Gruppe, die sich politisch unterhalte, ausfindig zu machen, zumal von einer Gruppe von 20 Personen keine ernsthafte Gefahr für den iranischen Staat ausgehe. Der BF habe frühere Postings bereits wieder gelöscht und es wäre ihm zumutbar, die weiteren bisherigen Postings ebenfalls zu löschen. Seine Angaben dazu, ob seine Familienmitglieder von seinen politischen Aktivitäten wissen würden, seien widersprüchlich gewesen. Zu den Demonstrationen, an denen er teilgenommen hätte, habe er keine genauen Angaben gemacht. Es könne nicht angenommen werden, dass er an Demonstrationen teilgenommen habe, die den iranischen Behörden bekannt geworden seien. Er habe auch nicht darlegen können, welche politische Botschaft er mit der Teilnahme an den Demonstrationen vermitteln habe wollen. Der BF habe sich mit seinen bisherigen Handlungen nicht besonders exponiert.
8. Gegen diesen Bescheid erhob der BF im Wege seiner Rechtsvertretung am XXXX 2021 fristgerecht Beschwerde wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und einer darauf aufbauenden materiellen Rechtswidrigkeit des Bescheides.8. Gegen diesen Bescheid erhob der BF im Wege seiner Rechtsvertretung am römisch XXXX 2021 fristgerecht Beschwerde wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und einer darauf aufbauenden materiellen Rechtswidrigkeit des Bescheides.
Darin wurde zusammengefasst ausgeführt, der BF habe ausgesagt, dass er seit einiger Zeit in verschiedenen oppositionellen Gruppierungen aktiv sei. Zunächst habe er sich für eine den Volksmujaheddin zuzurechnende Gruppe interessiert, aber seit einigen Monaten unterstütze er nunmehr eine Partei, die sich für eine Wiedereinführung der Monarchie in Iran unter Führung des Sohnes des letzten Schahs engagiere. Der BF unterstütze diese Partei unter anderem in sozialen Medien, wobei neben einem Telegram-Kanal, einer Facebook-Seite und einem Youtube-Kanal vor allem ein reichweitenstarker Instagram-Account (über 11.000 Follower) relevant sei. Diese Aktivitäten habe der BF durch Vorlage eines Konvoluts an Screenshots glaubhaft gemacht und er habe im Zuge seiner Einvernahme sämtliche Accountdetails bekanntgegeben. Darüber hinaus nehme der BF häufig an öffentlichen Demonstrationen bzw. Kundgebungen teil, wo Anliegen der iranischen Exil-Opposition propagiert würden. Die iranische Botschaft in Wien stelle eine wichtige Basis für die Bekämpfung oppositioneller Aktivitäten von im Ausland aufhältigen iranischen StaatsbürgerInnen dar. Es sei notorisch bekannt, dass der iranische Geheimdienst oppositionelle Aktivitäten im Ausland genau überwache, häufig würden sich Agenten bzw. Informanten unter die Demonstranten mischen und die TeilnehmerInnen fotografieren sowie die Fotos in die iranische Geheimdienstzentrale weiterleiten. Es könne mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass der iranische Geheimdienst bereits in Kenntnis über die Teilnahme des BF und anderer an oppositionellen Kundgebungen in Wien sei. Familienangehörige und Bekannte des BF aus Iran und anderen Staaten würden die Internetaktivitäten des BF regelmäßig verfolgen, was sich an Interaktionen (Likes udgl.) zeige. Insbesondere aufgrund der Tatsache, dass einer seiner Cousins bei den Basij und ein anderer bei den Sepah tätig sei, liege auf der Hand, dass seine diversen Aktivitäten den iranischen Sicherheitsbehörden sehr wohl bekannt seien. Mit dieser speziellen Situation habe sich die belangte Behörde überhaupt nicht beschäftigt. Der Umstand, dass der BF nicht nur aus iranischer Sicht ein Apostat sei, sondern darüber hinaus auch oppositionelle und nach iranischer Lesart hochverräterische Gruppierungen unterstütze, erhöhe das Bedrohungspotenzial erheblich. Die ablehnenden Kommentare und Drohungen, die verschiedene Personen unter seinen diversen Postings abgesetzt hätten, würden eindeutig belegen, dass der BF für den Fall, dass er gezwungen wäre, in sein Herkunftsland zurückzukehren, zu Recht um seine körperliche Unversehrtheit besorgt wäre. Beiliegend wurden diverse Fotos und Zeitungsberichte eingebracht.
9. Die Beschwerde wurde dem BVwG am 23.03.2021 unter Anschluss des Verwaltungsakts vorgelegt.
10. Am 04.06.2021 brachte der BF durch seinen RV eine Stellungnahme beim BVwG ein, in der im Wesentlichen ausgeführt wird, dass der BF ein seit Monaten aktives Mitglied der Bewegung sei und er in der Szene mittlerweile bekannt wäre. Der BF teile seine regimekritische Meinung nicht nur in Gesprächen mit seinen Mitmenschen, sondern spreche darüber auch aktiv in den sozialen Medien und er nehme regelmäßig an Kundgebungen und Demonstrationen in Wien teil. Die regimekritische Einstellung des BF ergebe sich bereits aus seinen kritischen, teils sarkastischen bzw. zynischen Beiträgen in den Sozialen Medien über die aktuellen Machtverhältnisse in Iran. Der BF teile seine politische Meinung nicht nur auf seinen eigenen Profilen, sondern auch auf anderen öffentlich zugänglichen Profilen mit großer Reichweite. Er sei auch in zahlreichen Videos zu sehen.
11. Am XXXX 2021 führte das BVwG eine mündliche Verhandlung über den Folgeantrag durch. In der Verhandlung wurden insbesondere das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Iran vom 28.01.2021 als Beilage I, die ACCORD Anfragebeantwortung der Staatendokumentation IRAN, Meldung von Religionsaustritten, Social Media vom 14.06.2018 als Beilage II., die ACCORD Anfragebeantwortung zum Iran, Überwachung von Aktivitäten im Ausland (exilpolitische Aktivitäten, Konversion) vom 05.07.2019, Beilage III. in das Verfahren eingebracht. 11. Am römisch XXXX 2021 führte das BVwG eine mündliche Verhandlung über den Folgeantrag durch. In der Verhandlung wurden insbesondere das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Iran vom 28.01.2021 als Beilage römisch eins, die ACCORD Anfragebeantwortung der Staatendokumentation IRAN, Meldung von Religionsaustritten, Social Media vom 14.06.2018 als Beilage römisch II., die ACCORD Anfragebeantwortung zum Iran, Überwachung von Aktivitäten im Ausland (exilpolitische Aktivitäten, Konversion) vom 05.07.2019, Beilage römisch III. in das Verfahren eingebracht.
12. Am 10.06.2021 langte eine Stellungnahme der belangten Behörde ein, in welcher diese ausführt, dass der BF auf den vorgelegten Beweismitteln zu seinen politischen Aktivitäten nicht erkennbar sei, weil er stets Maske oder Brille trage. Außerdem habe er sein Vorbringen zu seinem politischen Engagement mehrfach ausgetauscht und sich in sehr unterschiedlichen politischen Gruppierungen bewegt und so den Anschein erweckt, dass er versuche, die Gruppierung zu finden, die asyltaktisch am meisten hergebe. Die Kenntnisse über die von ihm besuchten Organisationen und der politischen Situation im Iran seien äußerst dürftig gewesen. Auch sei darauf hinzuweisen, dass den iranischen Behörden bekannt sei, dass sich Exiliraner nur zwecks Erlangung eines Aufenthaltsstatus politisch betätigen würden und ihnen dafür keine Konsequenzen drohten.
13. Am 21.06.2021 langte eine Stellungnahme des BF ein, in welcher dieser seine Beschwerdegründe wiederholte, einzelne Postings abdruckte und vorbrachte, dass davon ausgegangen werden könne, dass der BF als aktiver Gegner des iranischen Regimes in dessen Visier geraten sei. Der BF sei lediglich aufgrund der Corona-Schutzmaßnahmen bzw. der Wetterlage auf Videos und Bildern teilweise mit Maske oder Sonnenbrille zu sehen. Er habe sich auch mehrfach erkennbar (ohne Maske und Sonnenbrille) bei Demonstrationen fotografieren und filmen lassen sowie die Bilder bzw. Videos später in den Sozialen Medien geteilt. Dass es sich bei den exilpolitischen Tätigkeiten des BF um ein lediglich niederschwelliges Verhalten handle, werde aufgrund der Handlungen des BF bei Demonstrationen vehement bestritten.
14. Am 25.01.2022 wurde dem BF das aktuelle Länderinformationsblatt Iran vom 22.12.2021 übermittelt, zu welchem dieser am 01.02.2022 Stellung nahm. In dieser gab er unter anderem an, dass er sowohl am XXXX 2021 als auch am XXXX 2022 an Demonstrationen teilgenommen habe und legte dazu Screenshots vor.14. Am 25.01.2022 wurde dem BF das aktuelle Länderinformationsblatt Iran vom 22.12.2021 übermittelt, zu welchem dieser am 01.02.2022 Stellung nahm. In dieser gab er unter anderem an, dass er sowohl am römisch XXXX 2021 als auch am römisch XXXX 2022 an Demonstrationen teilgenommen habe und legte dazu Screenshots vor.
15. Mit Erkenntnis des BVwG vom XXXX 2022 XXXX wurde die Beschwerde des BF als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der BF habe nicht glaubhaft machen können, dass er aus einer inneren oppositionellen Überzeugung an Veranstaltungen teilgenommen sowie regimekritische Postings verfasst habe. Es sei nicht davon auszugehen, dass dem BF aufgrund dieser Handlungen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung in Iran drohen würde. Er trete in den sozialen Medien nicht mit seinem vollen Namen auf und er habe nicht übermäßig viele Follower. Auf den Videos der Demonstrationen sei er häufig nur mit Maske bzw. Sonnenbrille zu sehen. Aus der ACCORD-Anfragebeantwortung a-11025 "Überwachung von Aktivitäten im Ausland" ergebe sich außerdem, dass den iranischen Behörden bewusst sei, dass ihre Bürger sich im Ausland Oppositionsgruppen anschließen, um Asyl zu erhalten. Aus dem Kapitel "Rückkehr" des Länderberichts Iran der Staatendokumentation ergebe sich, dass Iraner bei niederschwelligem Verhalten und Abstandnahme von politischen Aktivitäten, mit Ausnahme von Einvernahmen, unmittelbar nach der Rückkehr keine Repressalien zu erwarten hätten. Die Schwere des Problems für Personen hänge außerdem vom Inhalt und Ausmaß der Aktivitäten im Ausland und auch vom persönlichen Aktivismus in Iran ab. Der BF habe selbst angegeben, dass seine in Iran lebende Familie keine Probleme aufgrund seiner exilpolitischen Betätigung habe. Aus diesen Gründen könne davon ausgegangen werden, dass dem BF bei einer Rückkehr keine Verfolgung drohen würde.15. Mit Erkenntnis des BVwG vom römisch XXXX 2022 römisch XXXX wurde die Beschwerde des BF als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der BF habe nicht glaubhaft machen können, dass er aus einer inneren oppositionellen Überzeugung an Veranstaltungen teilgenommen sowie regimekritische Postings verfasst habe. Es sei nicht davon auszugehen, dass dem BF aufgrund dieser Handlungen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung in Iran drohen würde. Er trete in den sozialen Medien nicht mit seinem vollen Namen auf und er habe nicht übermäßig viele Follower. Auf den Videos der Demonstrationen sei er häufig nur mit Maske bzw. Sonnenbrille zu sehen. Aus der ACCORD-Anfragebeantwortung a-11025 "Überwachung von Aktivitäten im Ausland" ergebe sich außerdem, dass den iranischen Behörden bewusst sei, dass ihre Bürger sich im Ausland Oppositionsgruppen anschließen, um Asyl zu erhalten. Aus dem Kapitel "Rückkehr" des Länderberichts Iran der Staatendokumentation ergebe sich, dass Iraner bei niederschwelligem Verhalten und Abstandnahme von politischen Aktivitäten, mit Ausnahme von Einvernahmen, unmittelbar nach der Rückkehr keine Repressalien zu erwarten hätten. Die Schwere des Problems für Personen hänge außerdem vom Inhalt und Ausmaß der Aktivitäten im Ausland und auch vom persönlichen Aktivismus in Iran ab. Der BF habe selbst angegeben, dass seine in Iran lebende Familie keine Probleme aufgrund seiner exilpolitischen Betätigung habe. Aus diesen Gründen könne davon ausgegangen werden, dass dem BF bei einer Rückkehr keine Verfolgung drohen würde.
16. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.03.2022 wurde dem BF die Verfahrenshilfe bewilligt und ihm ein Rechtsanwalt beigegeben.
17. Der BF erhob gegen das Erkenntnis im Wege seiner Rechtsvertretung fristgerecht außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof (in der Folge: VwGH). Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass im Rahmen eines Folgeantrages – bei entsprechendem Vorbringen durch den Antragsteller oder entsprechenden sonstigen Hinweisen – auch zu prüfen sei, ob hinsichtlich der "entschiedenen Sache" eine wesentliche Änderung in den entscheidungsrelevanten Fakten (auch des Sachverhaltes) eingetreten sei. Dem habe das Bundesverwaltungsgericht nicht entsprochen, denn es habe trotz des Vorliegens eines entsprechenden Vorbringens sowie weiterer Hinweise ohne jegliche Überprüfung sowie ohne konkrete Feststellungen zu einer (angeblichen) Gleichheit der gegenständlichen Umstände erkannt, dass wegen entschiedener Sache nicht mehr über die vorgebrachten Argumente zum christlichen Glauben des Revisionswerbers als Ursache für eine mögliche Verfolgung in Iran zu judizieren sei. Die Situation für konvertierte Rückkehrer habe sich seit dem Jahr 2018 erheblich verschlechtert und die Kumulation von exilpolitischer Betätigung und Konvertierung bewirke eine deutliche Steigerung der Bedrohungslage, weshalb eine Neubeurteilung der Angelegenheit zwingend erforderlich gewesen wäre. Das Bundesverwaltungsgericht habe über die Gefahr der politischen Verfolgung des Revisionswerbers in Iran insbesondere auf Grundlage einer stark veralteten Rechtsprechung der deutschen Verwaltungsgerichte erkannt, ohne aktuelle Entwicklungen zu dieser Thematik, etwa die aktuelle Rechtsprechung der deutschen Verwaltungsgerichte und aktuelle Länderberichte zu berücksichtigen. Weiters habe sich das Bundesverwaltungsgericht nicht ausreichend mit den vom Revisionswerber vorgebrachten Drohungen aufgrund seiner politisch motivierten Postings auf sozialen Medien auseinandergesetzt. Das Bundesverwaltungsgericht habe ohne jegliche Berücksichtigung des Bildungsstandes des Revisionswerbers und trotz der Tatsache, dass der Revisionswerber die grundlegenden Ursprünge seiner exilpolitischen Tätigkeit klar dargelegt habe, in seiner Beweiswürdigung ausgeführt, der Revisionswerber habe lediglich oberflächliche und knappe Ausführungen vorbringen können, die eine fundierte Auseinandersetzung vermissen ließen. Bei einer im Sinne der Rechtsprechung des VwGH angemessenen Erwartungshaltung wäre das Bundesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Revisionswerber ausreichendes Wissen über das politische System in Iran, das politische System der Demokratie sowie die exilpolitische Organisation, in der er sich engagiere, besitze, um glaubhaft eine innere oppositionelle Überzeugung nachzuweisen. Es sei auch zu erwarten, dass der Revisionswerber in Iran weitere politische Aktivitäten setzen würde, weshalb er im Falle der Rückkehr erheblich gefährdet wäre. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seiner Beweiswürdigung die Sachlage verkannt, indem es angenommen habe, der Revisionswerber trete in sozialen Medien nicht mit seinem vollen Namen auf. Der Revisionswerber habe jedoch in seiner Einvernahme klar dargelegt, dass er nur auf Instagram nicht mit seinem Klarnamen auftrete, dies jedoch auf Facebook und Telegram der Fall sei. Das Bundesverwaltungsgericht hätte besonders auf Telegram Bedacht nehmen müssen, weil dieses soziale Netzwerk in Iran sehr verbreitet sei. Das sei allerdings völlig unterblieben. Die Reichweite der Beiträge des Revisionswerbers sei erheblich größer als vom Bundesverwaltungsgericht angenommen. Ein in einer Stellungnahme vom Revisionswerber abgedruckter Screenshot zeige etwa, dass er in einer Telegram-Gruppe mit 122.200 Mitgliedern ein Video veröffentlicht habe, in dem er unmaskiert vor der der iranischen Opposition zuzuordnenden iranischen Flagge zu sehen sei und er zu Boykottwahlen aufrufe. Zum Zeitpunkt der Anfertigung des Screenshots hätten das Video bereits 34.000 Personen angesehen. Das Bundesverwaltungsgericht habe sich weiters nicht näher mit der familiären Situation des Revisionswerbers auseinandergesetzt und diese Umstände lediglich zu Lasten des Revisionswerbers ausgelegt. Das Bundesverwaltungsgericht habe auch zu Unrecht festgestellt, dass die politische Betätigung des Revisionswerbers nicht Ausdruck einer bereits im Heimatland bestehenden Überzeugung sei. Der BF habe jedoch in seiner Einvernahme ausdrücklich dargelegt, er habe von Anfang an mit dem politischen Iran Probleme gehabt und seit er erwachsen sei, habe er mitbekommen, dass der politische Iran aus Lügen bestehe, was für ihn nicht akzeptabel sei. Hätte sich das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Gefährdungsprognose eingehend mit den exilpolitischen Tätigkeiten des Betroffenen auseinandergesetzt, wäre es zum Ergebnis gelangt, dass dem Revisionswerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit im Falle der Rückkehr nach Iran eine Verfolgung drohe.
18. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX 2022 XXXX wurde der Revision gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.18. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom römisch XXXX 2022 römisch XXXX wurde der Revision gemäß Paragraph 30, Absatz 2, VwGG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
19. Der Verwaltungsgerichtshof hob das angefochtene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes mit Erkenntnis vom XXXX 2023 XXXX wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.19. Der Verwaltungsgerichtshof hob das angefochtene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes mit Erkenntnis vom römisch XXXX 2023 römisch XXXX wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der BF ist iranischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Perser an. Seine Muttersprache ist Farsi. Vor seiner Ausreise lebte er in XXXX . Seine Identität steht fest.Der BF ist iranischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Perser an. Seine Muttersprache ist Farsi. Vor seiner Ausreise lebte er in römisch XXXX . Seine Identität steht fest.
Der BF hat im Bundesgebiet keine Familienangehörigen, ist ledig und hat keine Kinder. Im Herkunftsstaat leben seine Eltern, sein Bruder und seine zwei Schwestern sowie weitere Verwandte. Er hat Kontakt zu seiner Kernfamilie.
Der BF besuchte elf Jahre lang die Grundschule, absolvierte seinen Militärdienst und arbeitete die letzten zehn Jahre vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat als Tischler. Der BF wäre im Falle einer Rückkehr in Iran finanziell selbsterhaltungsfähig.
Der BF leidet neben einer Entzündung am Gesäß (Hämorrhoiden) an keinen weiteren Erkrankungen.
Der BF hat einen Deutschkurs auf dem Niveau A1 abgeschlossen. Der BF hat zwei gute Freunde in Wien und drei in Salzburg. Er hat in Österreich einen Friseurkurs absolviert und besuchte Bibelkurse sowie einen Brückenkurs an der VHS. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig, sondern lebt von der Grundversorgung.
Der BF ist strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zum Nachfluchtgrund:
Der BF war in Iran nie einer individuellen konkreten Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt. Der BF hat sich in Iran vor seiner Ausreise nicht politisch betätigt.
Fest steht, dass der BF keiner konkreten und individuellen Gefahr zum Zeitpunkt des Verlassens des Irans ausgesetzt war.
Der BF hat seit November 2019 an mehreren Demonstrationen in Wien teilgenommen. Bei den Demonstrationen im Jahr 2019 hielten die Demonstranten Schilder mit Kreuzen. Bei späteren Demonstrationen trat der BF mit einer der iranischen Opposition zuzuordnenden Flagge auf und vor Plakaten, die Reza Pahlavi zeigten. Der BF nahm an mehreren Demonstrationen teil, die die iranische Regierung kritisierten. Der BF trägt bei diesen Demonstrationen teilweise eine Maske und/oder eine Sonnenbrille, allerdings war er auch erkennbar ohne jegliche Verhüllung zu sehen.
Der BF veröffentlichte mehrere Reza Pahlavi unterstützende bzw. regimekritische Postings auf seinen öffentlich zugänglichen Social-Media-Accounts. Der BF tritt in sozialen Medien mit seinem Klarnamen auf. Lediglich auf Instagram verwendet er als Accountname (" XXXX ") nur einen Teil seines Namens. In seinem Profil führt er allerdings auch seinen vollständigen Namen an. Der BF ist Administrator einer Telegram-Gruppe mit dem (auf Deutsch übersetzten) Titel XXXX . Auf einem Video mit dem Titel "Boykottwahlen" ist der BF unmaskiert vor der der iranischen Opposition bzw. der Bewegung von Reza Pahlavi zuzuordnenden Flagge zu sehen. Bei der Veröffentlichung dieses Videos in der genannten Telegram-Gruppe hatte diese 122.000 Abonnenten und im Zeitpunkt der Anfertigung des Screenshots wurde das Video bereits von 34.000 Personen gesehen.Der BF veröffentlichte mehrere Reza Pahlavi unterstützende bzw. regimekritische Postings auf seinen öffentlich zugänglichen Social-Media-Accounts. Der BF tritt in sozialen Medien mit seinem Klarnamen auf. Lediglich auf Instagram verwendet er als Accountname (" römisch XXXX ") nur einen Teil seines Namens. In seinem Profil führt er allerdings auch seinen vollständigen Namen an. Der BF ist Administrator einer Telegram-Gruppe mit dem (auf Deutsch übersetzten) Titel römisch XXXX . Auf einem Video mit dem Titel "Boykottwahlen" ist der BF unmaskiert vor der der iranischen Opposition bzw. der Bewegung von Reza Pahlavi zuzuordnenden Flagge zu sehen. Bei der Veröffentlichung dieses Videos in der genannten Telegram-Gruppe hatte diese 122.000 Abonnenten und im Zeitpunkt der Anfertigung des Screenshots wurde das Video bereits von 34.000 Personen gesehen.
Es steht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit fest, dass iranische Nachrichtendienste von den politischen Aktivitäten des BF bei den Demonstrationen sowie in sozialen Medien Kenntnis erlangt haben. Beim BF besteht eine gegen das iranische Regime bzw. das iranische Staatssytem gerichtete politische Überzeugung.
Es wird festgestellt, dass dem BF mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit im Falle einer Rückkehr nach Iran eine Verfolgung und Verhaftung durch die iranischen Behörden aufgrund seiner exilpolitischen Aktivitäten im Bundesgebiet droht.
1.3. Zur Lage im Herkunftssaat:
Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus dem vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 26.01.2024 wiedergegeben:
Politische Lage
Letzte Änderung: 25.01.2024
Iran ist seit 1979 eine Islamische Republik (FAZ 24.3.2023). Sie kombiniert republikanisch-demokratische Elemente mit einem theokratischen System (BS 23.2.2022; vgl. BPB 10.1.2020). Das Kernkonzept der Verfassung ist die "Rechtsgelehrtenherrschaft" (velayat-e faqih). Nach schiitischem Glauben gibt es einen verborgenen Zwölften Imam, den als Erlöser am Jüngsten Gericht von Gott gesandten Muhammad al-Mahdi (BPB 10.1.2020). Gemäß diesem Prinzip soll ein schiitischer Theologe praktisch in Stellvertretung des seit dem Jahr 874 in Verborgenheit weilenden Mahdi agieren und die Geschicke des Gemeinwesens lenken (BAMF 5.2022). Darauf aufbauend schuf Ajatollah Ruhollah Khomeini 1979 ein auf ihn zugeschnittenes Amt, das über allen gewählten Organen steht, und somit die republikanischen Verfassungselemente des Präsidenten und des Parlaments neutralisiert: das Amt des "Herrschenden Rechtsgelehrten" (vali-ye faqih), dessen Inhaber auch "Revolutionsführer" (rahbar) genannt wird. Der Revolutionsführer übt quasi stellvertretend für den Zwölften Imam bis zu dessen Rückkehr die Macht aus (BPB 10.1.2020).Iran ist seit 1979 eine Islamische Republik (FAZ 24.3.2023). Sie kombiniert republikanisch-demokratische Elemente mit einem theokratischen System (BS 23.2.2022; vergleiche BPB 10.1.2020). Das Kernkonzept der Verfassung ist die "Rechtsgelehrtenherrschaft" (velayat-e faqih). Nach schiitischem Glauben gibt es einen verborgenen Zwölften Imam, den als Erlöser am Jüngsten Gericht von Gott gesandten Muhammad al-Mahdi (BPB 10.1.2020). Gemäß diesem Prinzip soll ein schiitischer Theologe praktisch in Stellvertretung des seit dem Jahr 874 in Verborgenheit weilenden Mahdi agieren und die Geschicke des Gemeinwesens lenken (BAMF 5.2022). Darauf aufbauend schuf Ajatollah Ruhollah Khomeini 1979 ein auf ihn zugeschnittenes Amt, das über allen gewählten Organen steht, und somit die republikanischen Verfassungselemente des Präsidenten und des Parlaments neutralisiert: das Amt des "Herrschenden Rechtsgelehrten" (vali-ye faqih), dessen Inhaber auch "Revolutionsführer" (rahbar) genannt wird. Der Revolutionsführer übt quasi stellvertretend für den Zwölften Imam bis zu dessen Rückkehr die Macht aus (BPB 10.1.2020).
Der Revolutionsführer (auch Oberster Führer, Oberster Rechtsgelehrter, religiöser Führer) ist seit 1989 Ayatollah Seyed Ali Hosseini Khamenei (ÖB Teheran 11.2021; vgl. USDOS 20.3.2023). Er wird von einer Klerikerversammlung (Expertenrat) auf Lebenszeit gewählt (AA 14.9.2021), ist höchste Autorität des Landes, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und ernennt den Leiter des Justizwesens sowie des staatlichen Rundfunks und die Mitglieder des Schlichtungsrats (FH 10.3.2023). Ihm unterstehen auch die Islamischen Revolutionsgarden (Pasdaran oder IRGC) inkl. der mehrere Millionen Mitglieder umfassenden, paramilitärischen Basij-Milizen. In der Hand religiöser Stiftungen und der "Garden" liegen mächtige Wirtschaftsunternehmen, die von der infolge der US-Sanktionen wachsenden Schattenwirtschaft profitieren (ÖB Teheran 11.2021). Obwohl der Revolutionsführer oberste Entscheidungsinstanz ist, kann er zentrale Entscheidungen nicht gegen wichtige Machtzentren treffen. Die Revolutionsgarden, die direkt Revolutionsführer Khamenei unterstehen, bleiben ein militärischer, politischer und wirtschaftlicher Machtfaktor (AA 30.11.2022).Der Revolutionsführer (auch Oberster Führer, Oberster Rechtsgelehrter, religiöser Führer) ist seit 1989 Ayatollah Seyed Ali Hosseini Khamenei (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche USDOS 20.3.2023). Er wird von einer Klerikerversammlung (Expertenrat) auf Lebenszeit gewählt (AA 14.9.2021), ist höchste Autorität des Landes, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und ernennt den Leiter des Justizwesens sowie des staatlichen Rundfunks und die Mitglieder des Schlichtungsrats (FH 10.3.2023). Ihm unterstehen auch die Islamischen Revolutionsgarden (Pasdaran oder IRGC) inkl. der mehrere Millionen Mitglieder umfassenden, paramilitärischen Basij-Milizen. In der Hand religiöser Stiftungen und der "Garden" liegen mächtige Wirtschaftsunternehmen, die von der infolge der US-Sanktionen wachsenden Schattenwirtschaft profitieren (ÖB Teheran 11.2021). Obwohl der Revolutionsführer oberste Entscheidungsinstanz ist, kann er zentrale Entscheidungen nicht gegen wichtige Machtzentren treffen. Die Revolutionsgarden, die direkt Revolutionsführer Khamenei unterstehen, bleiben ein militärischer, politischer und wirtschaftlicher Machtfaktor (AA 30.11.2022).
Entscheidende Gremien sind der vom Volk direkt gewählte Expertenrat mit 86 Mitgliedern sowie der Wächterrat mit zwölf Mitgliedern. Davon sind sechs vom Obersten Führer ernannte Geistliche und sechs von der Judikative bestimmte (klerikale) Juristen, die vom Parlament bestätigt werden müssen (ÖB Teheran 11.2021). Des Weiteren gibt es noch den Schlichtungsrat. Er vermittelt im Gesetzgebungsverfahren und hat darüber hinaus die Aufgabe, auf die Wahrung der "Gesamtinteressen des Systems" zu achten (AA 14.9.2021). Der Expertenrat ernennt den Obersten Führer und kann diesen (theoretisch) auch absetzen (ÖB Teheran 11.2021; vgl. USDOS 20.3.2023), er sollte die Arbeit des Revolutionsführers kontrollieren. In der Praxis scheint er die Entscheidungen des Revolutionsführers jedoch nicht herauszufordern (FH 10.3.2023). Auch wenn der Expertenrat nominell direkt von der Bevölkerung gewählt wird, hat der Revolutionsführer indirekt Einfluss auf dessen Zusammensetzung, da der Wächterrat, der zur Hälfte vom Revolutionsführer und zur Hälfte vom (durch den Revolutionsführer eingesetzten) Leiter des Justizwesens besetzt wird, die Kandidatenauswahl dafür vornimmt und den Wahlvorgang kontrolliert (USDOS 20.3.2023). Der Wächterrat hat mit einem Verfassungsgerichtshof vergleichbare Kompetenzen (Gesetzeskontrolle), ist jedoch wesentlich mächtiger. Ihm obliegt unter anderem auch die Genehmigung von Kandidaten bei allen nationalen Wahlen (ÖB Teheran 11.2021). Da der Wächterrat die Kandidaten für die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen (Majles oder Islamische Beratende Versammlung) überprüft und regelmäßig eine bedeutsame Anzahl an Kandidaten von der Wahl ausschließt und den Wahlvorgang kontrolliert, übt der Revolutionsführer somit indirekt Einfluss auf die legislativen und exekutiven Institutionen des Landes aus (USDOS 20.3.2023). Der Wächterrat ist somit das zentrale Mittel zur Machtausübung des Revolutionsführers (GIZ 2020).Entscheidende Gremien sind der vom Volk direkt gewählte Expertenrat mit 86 Mitgliedern sowie der Wächterrat mit zwölf Mitgliedern. Davon sind sechs vom Obersten Führer ernannte Geistliche und sechs von der Judikative bestimmte (klerikale) Juristen, die vom Parlament bestätigt werden müssen (ÖB Teheran 11.2021). Des Weiteren gibt es noch den Schlichtungsrat. Er vermittelt im Gesetzgebungsverfahren und hat darüber hinaus die Aufgabe, auf die Wahrung der "Gesamtinteressen des Systems" zu achten (AA 14.9.2021). Der Expertenrat ernennt den Obersten Führer und kann diesen (theoretisch) auch absetzen (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche USDOS 20.3.2023), er sollte die Arbeit des Revolutionsführers kontrollieren. In der Praxis scheint er die Entscheidungen des Revolutionsführers jedoch nicht herauszufordern (FH 10.3.2023). Auch wenn der Expertenrat nominell direkt von der Bevölkerung gewählt wird, hat der Revolutionsführer indirekt Einfluss auf dessen Zusammensetzung, da der Wächterrat, der zur Hälfte vom Revolutionsführer und zur Hälfte vom (durch den Revolutionsführer eingesetzten) Leiter des Justizwesens besetzt wird, die Kandidatenauswahl dafür vornimmt und den Wahlvorgang kontrolliert (USDOS 20.3.2023). Der Wächterrat hat mit einem Verfassungsgerichtshof vergleichbare Kompetenzen (Gesetzeskontrolle), ist jedoch wesentlich mächtiger. Ihm obliegt unter anderem auch die Genehmigung von Kandidaten bei allen nationalen Wahlen (ÖB Teheran 11.2021). Da der Wächterrat die Kandidaten für die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen (Majles oder Islamische Beratende Versammlung) überprüft und regelmäßig eine bedeutsame Anzahl an Kandidaten von der Wahl ausschließt und den Wahlvorgang kontrolliert, übt der Revolutionsführer somit indirekt Einfluss auf die legislativen und exekutiven Institutionen des Landes aus (USDOS 20.3.2023). Der Wächterrat ist somit das zentrale Mittel zur Machtausübung des Revolutionsführers (GIZ 2020).
Der Präsident ist nach dem Revolutionsführer der zweithöchste Amtsträger im Staat. Er bildet ein Regierungskabinett, das vom Parlament bestätigt werden muss (FH 10.3.2023). Das iranische Regierungssystem ist damit ein semipräsidiales und an der Spitze der Regierung steht der vom Volk für vier Jahre direkt gewählte Präsident (ÖB Teheran 11.2021). Der Präsident ist für das tagespolitische Geschäft zuständig und hat einen bedeutsamen Einfluss auf die Innen- und Außenpolitik des Landes (BBC 8.10.2022). Seine Macht ist allerdings vergleichsweise beschränkt (BBC 8.10.2022; vgl. BPB 10.1.2020). Der religiöse Führer hat das letzte Wort in allen staatlichen Angelegenheiten (DW 16.6.2021). Die Macht des Präsidenten wird auch durch das Parlament eingeschränkt und der Wächterrat muss neuen Gesetzen zustimmen oder kann ein Veto einlegen (BBC 8.10.2022).Der Präsident ist nach dem Revolutionsführer der zweithöchste Amtsträger im Staat. Er bildet ein Regierungskabinett, das vom Parlament bestätigt werden muss (FH 10.3.2023). Das iranische Regierungssystem ist damit ein semipräsidiales und an der Spitze der Regierung steht der vom Volk für vier Jahre direkt gewählte Präsident (ÖB Teheran 11.2021). Der Präsident ist für das tagespolitische Geschäft zuständig und hat einen bedeutsamen Einfluss auf die Innen- und Außenpolitik des Landes (BBC 8.10.2022). Seine Macht ist allerdings vergleichsweise beschränkt (BBC 8.10.2022; vergleiche BPB 10.1.2020). Der religiöse Führer hat das letzte Wort in allen staatlichen Angelegenheiten (DW 16.6.2021). Die Macht des Präsidenten wird auch durch das Parlament eingeschränkt und der Wächterrat muss neuen Gesetzen zustimmen oder kann ein Veto einlegen (BBC 8.10.2022).
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Am 18.6.2021 fanden in Iran Präsidentschaftswahlen statt (AA 14.9.2021). Gewonnen hat die Wahl der konservative Hardliner und vormalige Justizchef Ebrahim Raisi mit mehr als 62 % der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei unter 50 % und war somit niedriger als jemals zuvor bei einer Präsidentschaftswahl in der Geschichte der Islamischen Republik. In der Hauptstadt Teheran lag die Wahlbeteiligung bei nur 26 %. Zudem wurden mehr als 3,7 Millionen Stimmzettel für ungültig erklärt (Standard 19.6.2021). Der Wettbewerb um die Wählerstimmen war stark manipuliert. Der Wächterrat hatte im Vorfeld die meisten der 600 Präsidentschaftskandidaten - darunter auch 40 Frauen - abgelehnt. Drei der genehmigten Kandidaten zogen ihre Kandidatur wenige Tage vor der Wahl zurück. Die Behörden übten auf die Medien Druck aus, um kritische Berichterstattung über Raisi oder den Wahlvorgang zu verhindern (FH 10.3.2023). In Folge der Präsidentschaftswahlen vom Juni 2021 befindet sich die gesamte Befehlskette in konservativer bzw. erzkonservativer Hand (Oberster Führer, Präsident/Regierungschef, Leiter der religiösen Judikative, Regierung, Parlament, Wächterrat, Expertenrat) (ÖB Teheran 11.2021).
Ebenfalls alle vier Jahre gewählt wird das Einkammerparlament, genannt Majles, mit 290 Abgeordneten, das gewisse legislative Kompetenzen hat und Ministern das Vertrauen entziehen kann (ÖB Teheran 11.2021). Die Bewerber um einen Parlamentssitz erhalten ihre Unterstützung nicht von Parteien, sondern von klerikalen und wirtschaftlichen Interessengruppen. Das Parlament ist die gesetzgebende Institution Irans. Allerdings muss bei Gesetzesvorhaben ihre Vereinbarkeit mit der islamischen Rechtstradition beachtet werden. Gesetzesvorschläge kommen von den Ministern oder den Abgeordneten. Ein vom Parlament verabschiedetes Gesetz kann vom Wächterrat so lange an das Parlament zurückverwiesen werden, bis es seinen Vorstellungen entspricht (DW 16.6.2021). Bei den Parlamentswahlen vom 21.2.2020 haben (ultra-)konservative Kandidaten knapp 80 % der Sitze im Parlament gewonnen (AA 30.11.2022). Vor der Abstimmung disqualifizierte der Wächterrat mehr als 9.000 der 16.000 Personen, die sich für eine Kandidatur angemeldet hatten, darunter eine große Anzahl reformistischer und gemäßigter Kandidaten (FH 10.3.2023). Die Wahlbeteiligung lag bei 42,6 %, was als die niedrigste Wahlbeteiligung bei einer Parlamentswahl in die Geschichte der Islamischen Republik einging (FH 10.3.2023; vgl. AA 30.11.2022).Ebenfalls alle vier Jahre gewählt wird das Einkammerparlament, genannt Majles, mit 290 Abgeordneten, das gewisse legislative Kompetenzen hat und Ministern das Vertrauen entziehen kann (ÖB Teheran 11.2021). Die Bewerber um einen Parlamentssitz erhalten ihre Unterstützung nicht von Parteien, sondern von klerikalen und wirtschaftlichen Interessengruppen. Das Parlament ist die gesetzgebende Institution Irans. Allerdings muss bei Gesetzesvorhaben ihre Vereinbarkeit mit der islamischen Rechtstradition beachtet werden. Gesetzesvorschläge kommen von den Ministern oder den Abgeordneten. Ein vom Parlament verabschiedetes Gesetz kann vom Wächterrat so lange an das Parlament zurückverwiesen werden, bis es seinen Vorstellungen entspricht (DW 16.6.2021). Bei den Parlamentswahlen vom 21.2.2020 haben (ultra-)konservative Kandidaten knapp 80 % der Sitze im Parlament gewonnen (AA 30.11.2022). Vor der Abstimmung disqualifizierte der Wächterrat mehr als 9.000 der 16.000 Personen, die sich für eine Kandidatur angemeldet hatten, darunter eine große Anzahl reformistischer und gemäßigter Kandidaten (FH 10.3.2023). Die Wahlbeteiligung lag bei 42,6 %, was als die niedrigste Wahlbeteilig