Entscheidungsdatum
13.05.2024Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W250 2277872-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.08.2023, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht: Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter über die Beschwerde des römisch XXXX , geb. römisch XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.08.2023, Zl. römisch XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch XXXX gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass römisch XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig. Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Syriens, stellte am 10.10.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Am 10.10.2022 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab er zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er Syrien wegen des Bürgerkrieges verlassen habe. Es gebe keine Sicherheit mehr. Er habe als Reservist einrücken sollen, er wolle aber nicht im Krieg sterben. Bei einer Rückkehr befürchte er den Tod (Seite 2f. der Erstbefragung am 10.10.2022, AS 6f.).
3. Der Beschwerdeführer legte im Verfahren seinen syrischen Reisepass vor (AS 15). Dieser wurde einer Überprüfung auf Echtheit unterzogen. Entsprechend dem Bericht vom 13.06.2023 der zuständigen Landespolizeidirektion wurden beim syrischen Reisepass des Beschwerdeführers keine offensichtlichen Hinweise auf das Vorliegen einer Fälschung oder Verfälschung festgestellt (AS 17).
4. Am 03.08.2023 fand eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Weiteren bezeichnet als BFA bzw. belangte Behörde) statt. Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er Syrien wegen den kurdischen Parteien verlassen habe, weil er als Araber nach der Umsiedelung seiner Familie von den Kurden verfolgt worden sei. Zudem befürchte er eine Zwangsrekrutierung durch das syrische Regime (vgl. Seite 5f. der Niederschrift vom 03.08.2023, AS 25f.). 4. Am 03.08.2023 fand eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Weiteren bezeichnet als BFA bzw. belangte Behörde) statt. Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er Syrien wegen den kurdischen Parteien verlassen habe, weil er als Araber nach der Umsiedelung seiner Familie von den Kurden verfolgt worden sei. Zudem befürchte er eine Zwangsrekrutierung durch das syrische Regime vergleiche Seite 5f. der Niederschrift vom 03.08.2023, AS 25f.).
Der Beschwerdeführer legte ein Konvolut an Dokumenten im Original vor: einen Auszug aus dem Familienregister samt Übersetzung, eine Eheschließungsurkunde samt Übersetzung, den syrischen Führerschein des Beschwerdeführers, eine Kompetenzbestätigung der BBU, eine Kursanmeldebestätigung des ÖIF, sowie die Kopie der Karte über den Aufenthaltstitel des Bruders in Deutschland (vgl. Seite 3 der Niederschrift vom 03.08.2023, sowie Kopien der vorgelegten Dokumente im Anhang, AS 29 bis AS 51).Der Beschwerdeführer legte ein Konvolut an Dokumenten im Original vor: einen Auszug aus dem Familienregister samt Übersetzung, eine Eheschließungsurkunde samt Übersetzung, den syrischen Führerschein des Beschwerdeführers, eine Kompetenzbestätigung der BBU, eine Kursanmeldebestätigung des ÖIF, sowie die Kopie der Karte über den Aufenthaltstitel des Bruders in Deutschland vergleiche Seite 3 der Niederschrift vom 03.08.2023, sowie Kopien der vorgelegten Dokumente im Anhang, AS 29 bis AS 51).
5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 03.08.2023, zugestellt am 09.08.2023, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 Asylgesetz 2005 – AsylG ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Syrien zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs 4 AsylG die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.). 5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 03.08.2023, zugestellt am 09.08.2023, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, Asylgesetz 2005 – AsylG ab (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Syrien zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).
Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung die Länderinformation der Staatendokumentation zu Syrien, Stand 03.08.2022, zugrunde und führte begründend im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht. Es könne nicht festgestellt werden, dass er Syrien aufgrund einer persönlich gegen ihn gerichteten Verfolgung oder Bedrohung im Zusammenhang mit dem Wehrdienst verlassen habe. Er habe Syrien aufgrund des Bürgerkriegs und aus familiären Gründen verlassen. Eine Rückkehr sei ihm aufgrund der allgemein schlechten Sicherheitslage und aufgrund des anhaltenden Konfliktes nicht möglich, weswegen ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren sei (vgl. Seite 8ff. des Bescheides vom 03.08.2023, AS 64ff.).Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung die Länderinformation der Staatendokumentation zu Syrien, Stand 03.08.2022, zugrunde und führte begründend im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht. Es könne nicht festgestellt werden, dass er Syrien aufgrund einer persönlich gegen ihn gerichteten Verfolgung oder Bedrohung im Zusammenhang mit dem Wehrdienst verlassen habe. Er habe Syrien aufgrund des Bürgerkriegs und aus familiären Gründen verlassen. Eine Rückkehr sei ihm aufgrund der allgemein schlechten Sicherheitslage und aufgrund des anhaltenden Konfliktes nicht möglich, weswegen ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren sei vergleiche Seite 8ff. des Bescheides vom 03.08.2023, AS 64ff.).
6. Mit Schreiben vom 01.09.2023, eingelangt am 04.09.2023 erhob der Beschwerdeführer durch seine rechtsfreundliche Vertretung fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des obengenannten Bescheides. Darin beantragte er eine mündliche Verhandlung durchzuführen, amtswegig alle Rechtswidrigkeiten aufzugreifen, den angefochtenen Bescheid im Umfang von Spruchpunkt I. zu beheben und dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, in eventu den Bescheid im Umfang von Spruchpunkt I. zu beheben und an das BFA zurückzuverweisen.6. Mit Schreiben vom 01.09.2023, eingelangt am 04.09.2023 erhob der Beschwerdeführer durch seine rechtsfreundliche Vertretung fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des obengenannten Bescheides. Darin beantragte er eine mündliche Verhandlung durchzuführen, amtswegig alle Rechtswidrigkeiten aufzugreifen, den angefochtenen Bescheid im Umfang von Spruchpunkt römisch eins. zu beheben und dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, in eventu den Bescheid im Umfang von Spruchpunkt römisch eins. zu beheben und an das BFA zurückzuverweisen.
In der Beschwerde brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, er befürchte eine Verfolgung durch die kurdische Partei. Diese habe dem Beschwerdeführer unterstellt, dass er regimeangehörig sei und ihn 2016 und 2017 für mehrere Monate inhaftiert. Aus Angst vor Verfolgungshandlungen durch die Kurden, habe der Beschwerdeführer sein Heimatland verlassen. Er habe seinen Wehrdienst für das syrische Regime abgeleistet und sei nach einer Aufforderung als Reservist zu kämpfen, geflohen. Als seine Ehefrau die Kinder 2014 habe registrieren wollen habe sie gesehen, dass der Beschwerdeführer gesucht werde. Auch seine Brüder seien vom syrischen Militärdienst desertiert. Auch aufgrund der Asylantragstellung im Ausland und der illegalen Ausreise drohe ihm Verfolgung (Seite 2 f. der Beschwerde, AS 123ff.).
7. Am 11.09.2023 langte die Beschwerdevorlage beim Bundesverwaltungsgericht ein (OZ/1).
8. Am 26.02.2024 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch, sowie der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers statt, bei welcher der Beschwerdeführer einvernommen wurde. Die belangte Behörde blieb der Verhandlung mit Schreiben vom 25.01.2024 (OZ/4) entschuldigt fern.
Im Rahmen der Verhandlung wurde der Beschwerdeführer insbesondere ausführlich zu seiner Identität, seiner Herkunft, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seinen Familienverhältnissen und seinem Leben in Syrien, sowie seinen Fluchtgründen befragt. Das erkennende Gericht brachte neben dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation weitere Erkenntnisquellen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers in das Verfahren ein. Der Beschwerdeführer brachte eine drohende asylrechtlich relevante Verfolgung insbesondre durch die kurdischen Parteien in seinem Herkunftsgebiet, aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit, sowie eine drohende Verfolgung durch das syrische Regime aufgrund seiner verweigerten Zwangsrekrutierung zum Reservedienst, vor (OZ/5).
9. Mit Stellungnahme vom 11.03.2024 brachte der Beschwerdeführer vor, er werde aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit zu den Arabern insbesondere zu den „Al-Ghamr“ von der SDF bzw. der kurdischen Bevölkerung verfolgt. Es komme zu Enteignungen, Deportationen und Zwangsvertreibungen von Arabern durch Kurden. Auslöser dafür sei die Umsiedlung von Arabern und Enteignung der Kurden in den 1960er Jahren gewesen. In der Heimatregion des Beschwerdeführers sei es zu Konflikten zwischen den arabischen und kurdischen Einwohnern gekommen, Menschen seien getötet und sein Haus sei zerstört worden. Der Beschwerdeführer und seine Familienmitglieder seien von der SDF festgenommen und zur Zwangsarbeit in militärische Regionen gebracht worden. Zudem sei das syrische Regime in Qamishli präsent und der Beschwerdeführer fürchte bei einer Rückkehr eine Verfolgung durch das Regime aufgrund unterstellter oppositioneller Gesinnung wegen seiner Reservedienstverweigerung (OZ/6).
10. Das aktuelle Länderinformationsblatt aus dem Country of Origin - Content Management System (COI-CMS) - Syrien, Version 10 vom 14.03.2024 wurde ins Parteiengehör gebracht und eine angemessene Frist zur Stellungnahme gewährt (OZ/7).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Zum Beschwerdeführer:
1.1.1. Zu seiner Person:
Der Beschwerdeführer heißt XXXX und wurde am XXXX in Syrien, im Dorf XXXX , östlich der Stadt Qamishli in der Provinz Al-Hasaka, geboren. Er ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Der Beschwerdeführer spricht Arabisch als Muttersprache (Seite 2 der Erstbefragung am 10.10.2022 AS 6, Seite 3 der Niederschrift vom 03.08.2023 AS 23, OZ/5 Seite 2, 5, 6 = Verhandlungsprotokoll vom 26.02.2024). Der Beschwerdeführer heißt römisch XXXX und wurde am römisch XXXX in Syrien, im Dorf römisch XXXX , östlich der Stadt Qamishli in der Provinz Al-Hasaka, geboren. Er ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Der Beschwerdeführer spricht Arabisch als Muttersprache (Seite 2 der Erstbefragung am 10.10.2022 AS 6, Seite 3 der Niederschrift vom 03.08.2023 AS 23, OZ/5 Seite 2, 5, 6 = Verhandlungsprotokoll vom 26.02.2024).
Der Beschwerdeführer ist seit XXXX verheiratet mit XXXX , geboren am XXXX und hat mit ihr sechs Kinder: XXXX , geboren am XXXX , XXXX , geboren am XXXX , XXXX , geboren am XXXX , XXXX , geboren am XXXX , XXXX , geboren am XXXX , und XXXX , geboren am XXXX . Die Ehefrau und Kinder des Beschwerdeführers halten sich im Libanon auf. In Syrien hat der Beschwerdeführer keine Familienangehörigen mehr. Viele seiner Verwandten leben in Deutschland (vgl. Seite 3f. der Niederschrift vom 03.08.2023, Seite 4 der Niederschrift vom 03.08.2023, OZ/5 Seite 6). Der Beschwerdeführer ist seit römisch XXXX verheiratet mit römisch XXXX , geboren am römisch XXXX und hat mit ihr sechs Kinder: römisch XXXX , geboren am römisch XXXX , römisch XXXX , geboren am römisch XXXX , römisch XXXX , geboren am römisch XXXX , römisch XXXX , geboren am römisch XXXX , römisch XXXX , geboren am römisch XXXX , und römisch XXXX , geboren am römisch XXXX . Die Ehefrau und Kinder des Beschwerdeführers halten sich im Libanon auf. In Syrien hat der Beschwerdeführer keine Familienangehörigen mehr. Viele seiner Verwandten leben in Deutschland vergleiche Seite 3f. der Niederschrift vom 03.08.2023, Seite 4 der Niederschrift vom 03.08.2023, OZ/5 Seite 6).
Der Beschwerdeführer besuchte die Grundschule in seinem Herkunftsort bis zur achten Klasse. Danach arbeitete er an Baustellen, als Tischler und als Schweißer sowie als Stapler- und Autofahrer (Seite 4 der Niederschrift vom 03.08.2023, OZ/5 Seite 6).
Der Beschwerdeführer hielt sich zuletzt in Syrien eineinhalb Jahre im Dorf XXXX an der türkischen Grenze auf und verließ Syrien illegal Anfang 2020 in die Türkei, wo er zwei Jahre lebte bis er im Jahr 2022 nach Österreich reiste. Er hielt sich seither nicht mehr in Syrien auf (Seite 4 der Niederschrift vom 03.08.2023, OZ/5 Seite 7).Der Beschwerdeführer hielt sich zuletzt in Syrien eineinhalb Jahre im Dorf römisch XXXX an der türkischen Grenze auf und verließ Syrien illegal Anfang 2020 in die Türkei, wo er zwei Jahre lebte bis er im Jahr 2022 nach Österreich reiste. Er hielt sich seither nicht mehr in Syrien auf (Seite 4 der Niederschrift vom 03.08.2023, OZ/5 Seite 7).
Der Beschwerdeführer ist gesund. Er nimmt keine Medikamente ein.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der Herkunftsort des Beschwerdeführers ist XXXX . Der Beschwerdeführer wurde im Dorf XXXX in Syrien geboren und ist dort aufgewachsen. Er verbrachte sein gesamtes Leben - abgesehen von den Aufenthalten im Dorf XXXX , zu Beginn des Krieges und den monatsweisen Aufenthalten in Jordanien und im Libanon bis zum Jahr 2012, sowie dem Aufenthalt im Dorf XXXX an der türkischen Grenze vor seiner Ausreise - in Syrien in seinem Herkunftsort. Der Herkunftsort des Beschwerdeführers ist römisch XXXX . Der Beschwerdeführer wurde im Dorf römisch XXXX in Syrien geboren und ist dort aufgewachsen. Er verbrachte sein gesamtes Leben - abgesehen von den Aufenthalten im Dorf römisch XXXX , zu Beginn des Krieges und den monatsweisen Aufenthalten in Jordanien und im Libanon bis zum Jahr 2012, sowie dem Aufenthalt im Dorf römisch XXXX an der türkischen Grenze vor seiner Ausreise - in Syrien in seinem Herkunftsort.
Der Herkunftsort des Beschwerdeführers, XXXX , befindet sich im Nordosten Syriens, östlich der Stadt Qamishli in der Provinz Al- Hasaka. Die Provinz Al-Hasaka befindet sich im Nordosten Syriens und liegt fast ausschließlich unter kurdischer Kontrolle. Der Herkunftsort XXXX wird ausschließlich von der kurdischen SDF kontrolliert. Das syrische Regime verfügt in der Provinz Al-Hasaka in kleinen Bereichen in „Sicherheitsquadraten“ über die Kontrolle. Diese liegen nördlich der Stadt Al-Hasakah und innerhalb und südlich der Stadt Qamishli. Im Herkunftsort des Beschwerdeführers verfügt das syrische Regime über keine Kontrolle. Der Herkunftsort XXXX befindet sich mindestens seit 2014 unter der ausschließlichen Kontrolle der kurdischen SDF.Der Herkunftsort des Beschwerdeführers, römisch XXXX , befindet sich im Nordosten Syriens, östlich der Stadt Qamishli in der Provinz Al- Hasaka. Die Provinz Al-Hasaka befindet sich im Nordosten Syriens und liegt fast ausschließlich unter kurdischer Kontrolle. Der Herkunftsort römisch XXXX wird ausschließlich von der kurdischen SDF kontrolliert. Das syrische Regime verfügt in der Provinz Al-Hasaka in kleinen Bereichen in „Sicherheitsquadraten“ über die Kontrolle. Diese liegen nördlich der Stadt Al-Hasakah und innerhalb und südlich der Stadt Qamishli. Im Herkunftsort des Beschwerdeführers verfügt das syrische Regime über keine Kontrolle. Der Herkunftsort römisch XXXX befindet sich mindestens seit 2014 unter der ausschließlichen Kontrolle der kurdischen SDF.
Der Beschwerdeführer gehört der Volksgruppe der Araber und der Gruppe der „Al-Ghamr“ an. Diese, ursprünglich aus ca. 40 arabischen Dörfern bestehende Gruppe, wurde zwischen den 1960-ern und 1980-ern von ihrem Herkunftsgebiet Al-Raqqa aufgrund von Überschwemmungen nach einer Staudammerrichtung von der damaligen syrischen Regierung umgesiedelt. Dafür wurden sie (unter anderem die Eltern des Beschwerdeführers) in heute kurdische Gebiete, wie auch nach XXXX , gesiedelt und bekamen Häuser und Grundstücke der dort ansässigen kurdischen Familien, welche enteignet wurden. Der Beschwerdeführer gehört der Volksgruppe der Araber und der Gruppe der „Al-Ghamr“ an. Diese, ursprünglich aus ca. 40 arabischen Dörfern bestehende Gruppe, wurde zwischen den 1960-ern und 1980-ern von ihrem Herkunftsgebiet Al-Raqqa aufgrund von Überschwemmungen nach einer Staudammerrichtung von der damaligen syrischen Regierung umgesiedelt. Dafür wurden sie (unter anderem die Eltern des Beschwerdeführers) in heute kurdische Gebiete, wie auch nach römisch XXXX , gesiedelt und bekamen Häuser und Grundstücke der dort ansässigen kurdischen Familien, welche enteignet wurden.
Aufgrund der Umsiedelung und Übergabe von Grundstücken an die „Al-Ghamr“ wurden diese, zu Beginn des Bürgerkrieges, vom syrischen Regime aufgefordert, eine Miliz gegen die Kurden im Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers zu bilden. Cousins des Beschwerdeführers haben sich dem syrischen Regime angeschlossen, weshalb der Beschwerdeführer von Mitgliedern der kurdischen Miliz im Herkunftsort bedroht wurde. Der Beschwerdeführer wurde von den kurdischen Milizen in seinem Herkunftsort als Informant des syrischen Regimes bzw. zumindest als mit diesem aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Gruppe der „Al-Ghamr“ in Verbindung stehend, wahrgenommen und angegriffen.
Der Beschwerdeführer wurde 2016 und 2017 für mehrere Monate von den Kurden festgehalten und zur Zwangsarbeit im Militärgebiet - in einem Graben an der türkischen Grenze - gezwungen. Im Jahr 2017 wurde das Haus des Beschwerdeführers von kurdischen Familien, die Mitglieder der kurdischen Parteien sind, zerstört.
Im Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers kommt es zu Enteignungen, Zwangsvertreibungen, Festnahmen und Misshandlungen von Arabern durch Kurden.
Teile der SDF, eine Koalition aus syrischen Kurden, Arabern, Turkmenen und anderen Minderheiten, zu der auch Mitglieder der Kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) gehören, sollen für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sein, darunter Angriffe auf Wohngebiete, willkürliche Inhaftierungen, Misshandlungen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten sowie Einschränkungen der Versammlungs- und Redefreiheit wie auch die willkürliche Zerstörung von Häusern (vgl. II.1.2.4. Allgemeine Menschenrechtslage). Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen. Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern (vgl. II.1.2.1. Politische Lage). Teile der SDF, eine Koalition aus syrischen Kurden, Arabern, Turkmenen und anderen Minderheiten, zu der auch Mitglieder der Kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) gehören, sollen für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sein, darunter Angriffe auf Wohngebiete, willkürliche Inhaftierungen, Misshandlungen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten sowie Einschränkungen der Versammlungs- und Redefreiheit wie auch die willkürliche Zerstörung von Häusern vergleiche römisch II.1.2.4. Allgemeine Menschenrechtslage). Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen. Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern vergleiche römisch II.1.2.1. Politische Lage).
Es besteht die maßgebliche Gefahr, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Araber, genauer zu den „Al-Ghamr“, durch die im Herkunftsort herrschende kurdische SDF inhaftiert, gefoltert, enteignet, misshandelt oder ermordet wird. Die kurdischen Milizen im Herkunftsort unterstellen Mitgliedern der „Al-Ghamr“ eine oppositionelle Gesinnung und Zugehörigkeit zum syrischen Regime, da die Gruppe vom Regime ins kurdische Gebiet übersiedelt wurde.
Es besteht für den Beschwerdeführer bei einer Rückkehr die Gefahr, von den in seinem Herkunftsort vorherrschenden Kurden auf asylrelevante Weise verfolgt zu werden. Ihm droht asylrelevante Verfolgung als Angehöriger der Volksgruppe der Araber und der Gruppe der „Al-Ghamr“ in seinem, unter der Kontrolle der Kurden liegenden, Herkunftsgebiet. Bei einer Rückkehr droht dem Beschwerdeführer Verfolgung durch die kurdische Miliz in seinem Herkunftsort auch aufgrund unterstellter oppositionellen Gesinnung.
Im Falle einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet besteht für den Beschwerdeführer aktuell die reale Gefahr, durch die dort herrschenden kurdischen Milizen aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Araber und der Gruppe der „Al-Ghamr“ und der damit einhergehenden unterstellten oppositionellen Gesinnung, inhaftiert, gefoltert, enteignet, misshandelt, ermordet, oder erneut zur Zwangsarbeit im Militärgebiet gezwungen zu werden. Bei einer Rückkehr nach Syrien läuft der Beschwerdeführer somit Gefahr, Gewalthandlungen, erheblichen Eingriffen in seine Unversehrtheit und/oder gravierenden Bedrohungen ausgesetzt zu sein.
Der Beschwerdeführer hat seinen Herkunftsort aufgrund der genannten Bedrohung durch die kurdischen Parteien verlassen.
Betreffend diese Bedrohung ist der syrische Staat nicht gewillt und nicht fähig den Beschwerdeführer davor zu schützen.
Dem Beschwerdeführer steht eine zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative nicht zur Verfügung.
Gründe, nach denen ein Ausschluss des Beschwerdeführers hinsichtlich der Asylgewährung zu erfolgen hat, liegen im Verfahren nicht vor.
1.2. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:
Im Verfahren wurden folgende Quellen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers herangezogen:
? Das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, aus dem Country of Origin - Content Management System (COI-CMS) - Syrien, Version 10 vom 14.03.2024
? Die EUAA Country Guidance (ehemals EASO Leitlinien) zu Syrien vom Februar 2023
? Die UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen 6. aktualisierte Fassung, März 2021
? Der Themenbericht der Staatendokumentation Syrien – Grenzübergänge, Version 1 vom 25.10.2023
? Die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation – Türkei; Ein- und Durchreisebestimmungen für Syrer, Passieren von Grenzübergängen zu Syrien, vom 24.10.2023
? Die ACCORD Anfragebeantwortung zu Syrien: Detailfragen zum Vorgehen der syrischen Grenzbehörden bei der Einreise eines registrierten Reservisten nach mehrjährigem Auslandsaufenthalt vom 14.06.2023
Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus dem vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Syrien, Version 10 vom 14.03.2024, wiedergegeben:
1.2.1. Politische Lage
„Letzte Änderung: 2024-03-08 10:59
(…) Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024). (…)“(…) Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024). (…)“
1.2.1.1. Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien
„Letzte Änderung 2024-03-08 11:12
2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) gekommen sein, deren Mitglieder die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) gründeten. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine 'zweite Front' in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba'ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrîn, 'Ain al-'Arab (Kobanê) und die Jazira/Cizîrê von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (Savelsberg 8.2017).
Im November 2013 - etwa zeitgleich mit der Bildung der syrischen Interimsregierung (SIG) durch die syrische Opposition - rief die PYD die sogenannte Demokratische Selbstverwaltung (DSA) in den Kantonen Afrîn, Kobanê und Cizîrê aus und fasste das so entstandene, territorial nicht zusammenhängende Gebiet unter dem kurdischen Wort für "Westen" (Rojava) zusammen. Im Dezember 2015 gründete die PYD mit ihren Verbündeten den Demokratischen Rat Syriens (SDC) als politischen Arm der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) (SWP 7.2018). Die von den USA unterstützten SDF (TWI 18.7.2022) sind eine Koalition aus syrischen Kurden, Arabern, Turkmenen und anderen Minderheitengruppen (USDOS 20.3.2023), in dem der militärische Arm der PYD, die YPG, die dominierende Kraft ist (KAS 4.12.2018). Im März 2016 riefen Vertreter der drei Kantone (Kobanê war inzwischen um Tall Abyad erweitert worden) den Konstituierenden Rat des "Demokratischen Föderalen Systems Rojava/Nord-Syrien" (Democratic Federation of Northern Syria, DFNS) ins Leben (SWP 7.2018). Im März 2018 (KAS 4.12.2018) übernahm die Türkei völkerrechtswidrig die Kontrolle über den kurdischen Selbstverwaltungskanton Afrîn mithilfe der Syrischen Nationalen Armee (SNA), einer von ihr gestützten Rebellengruppe (taz 15.10.2022). Im September 2018 beschloss der SDC die Gründung des Selbstverwaltungsgebiets Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria, AANES) auf dem Gebiet der drei Kantone (abzüglich des von der Türkei besetzten Afrîn). Darüber hinaus wurden auch Gebiete in Deir-ez Zor und Raqqa (K24 6.9.2018) sowie Manbij, Takba und Hassakah, welche die SDF vom Islamischen Staat (IS) befreit hatten, Teil der AANES (SO 27.6.2022).
Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Fluchtwelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Die erhoffte Kriegsdividende, für den Kampf gegen den IS mit einem autonomen Gebiet 'belohnt' zu werden, ist bisher ausgeblieben (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung erkennt weder die kurdische Enklave noch die Wahlen in diesem Gebiet an (USDOS 20.3.2023). Türkische Vorstöße auf syrisches Gebiet im Jahr 2019 führten dazu, dass die SDF zur Abschreckung der Türkei syrische Regierungstruppen einlud, in den AANES Stellung zu beziehen (ICG 18.11.2021). Die Gespräche zwischen der kurdischen Selbstverwaltung und der Regierung in Damaskus im Hinblick auf die Einräumung einer Autonomie und die Sicherung einer unabhängigen Stellung der SDF innerhalb der syrischen Streitkräfte sind festgefahren (ÖB Damaskus 1.10.2021). Mit Stand Mai 2023 besteht kein entsprechender Vertrag zwischen den AANES und der syrischen Regierung (Alaraby 31.5.2023). Unter anderem wird über die Verteilung von Öl und Weizen verhandelt, wobei ein großer Teil der syrischen Öl- und Weizenvorkommen auf dem Gebiet der AANES liegen (K24 22.1.2023). Normalisierungsversuche der diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und der syrischen Regierung wurden in den AANES im Juni 2023 mit Sorge betrachtet (AAA 24.6.2023). Anders als die EU und USA betrachtet die Türkei sowohl die Streitkräfte der YPG als auch die Partei PYD als identisch mit der von der EU als Terrororganisation gelisteten PKK und daher als Terroristen und Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei (AA 2.2.2024).
Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vgl. SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vergleiche SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).
Zwischen den rivalisierenden Gruppierungen unter den Kurden gibt es einerseits Annäherungsbemühungen, andererseits kommt es im Nordosten aus politischen Gründen und wegen der schlechten Versorgungslage zunehmend auch zu innerkurdischen Spannungen zwischen dem sogenannten Kurdish National Council, der Masoud Barzanis KDP [Anm.: Kurdistan Democratic Party - Irak] nahesteht und dem ein Naheverhältnis zur Türkei nachgesagt wird, und der PYD, welche die treibende Kraft hinter der kurdischen Selbstverwaltung ist, und die aus Sicht des Kurdish National Council der PKK zu nahe steht (ÖB 1.10.2021).
Seitdem der Islamische Staat (IS) 2019 die Kontrolle über sein letztes Bevölkerungszentrum verloren hat, greift er mit Guerilla- und Terrortaktiken Sicherheitskräfte und lokale zivile Führungskräfte an (FH 9.3.2023). Hauptziele sind Einrichtungen und Kader der SDF sowie der syrischen Armee (ÖB 1.10.2021). […]“
1.2.2. Sicherheitslage
„Letzte Änderung 2024-03-08 11:17
Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.3.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (UNHCHR 28.6.2022).
(…)“
1.2.2.1. Nordost-Syrien (Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria - AANES) und das Gebiet der SNA (Syrian National Army)
„Letzte Änderung 2024-03-08 15:02
Besonders volatil stellt sich laut Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amt die Lage im Nordosten Syriens (v. a. Gebiete unmittelbar um und östlich des Euphrats) dar. Als Reaktion auf einen, von der Türkei der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) zugeschriebenen, Terroranschlag mit mehreren Toten in Istanbul startete das türkische Militär am 19.11.2022 eine mit Artillerie unterstützte Luftoperation gegen kurdische Ziele u. a. in Nordsyrien. Bereits zuvor war es immer wieder zu vereinzelten, teils schweren Auseinandersetzungen zwischen türkischen und Türkei-nahen Einheiten und Einheiten der kurdisch dominierten SDF (Syrian Democratic Forces) sowie Truppen des Regimes gekommen, welche in Abstimmung mit den SDF nach Nordsyrien verlegt wurden. Als Folge dieser Auseinandersetzungen, insbesondere auch von seit Sommer 2022 zunehmenden türkischen Drohnenschlägen, wurden immer wieder auch zivile Todesopfer, darunter Kinder, vermeldet (AA 29.3.2023). Auch waren die SDF gezwungen, ihren Truppeneinsatz angesichts türkischer Luftschläge und einer potenziellen Bodenoffensive umzustrukturieren. Durch türkische Angriffe auf die zivile Infrastruktur sind auch Bemühungen um die humanitäre Lage gefährdet (Newlines 7.3.2023). Die Angriffe beschränkten sich bereits im 3. Quartal 2022 nicht mehr nur auf die Frontlinien, wo die überwiegende Mehrheit der Zusammenstöße und Beschussereignisse stattfanden; im Juli und August 2022 trafen türkische Drohnen Ziele in den wichtigsten von den SDF kontrollierten städtischen Zentren und töteten Gegner (und Zivilisten) in Manbij, Kobanê, Tell Abyad, Raqqa, Qamishli, Tell Tamer und Hassakah (CC 3.11.2022). Bereits im Mai 2022 hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdo?an eine vierte türkische Invasion seit 2016 angekündigt (HRW 12.1.2023). Anfang Oktober 2023 begannen die türkischen Streitkräfte wieder mit der Intensivierung ihrer Luftangriffe auf kurdische Ziele in Syrien, nachdem in Ankara ein Bombenanschlag durch zwei Angreifer aus Syrien verübt worden war (REU 4.10.2023). Die Luftangriffe, die in den Provinzen Hasakah, Raqqa und Aleppo durchgeführt wurden, trafen für die Versorgung von Millionen von Menschen wichtige Wasser- und Elektrizitätsinfrastruktur (HRW 26.10.2023; vgl. AA 2.2.2024).Besonders volatil stellt sich laut Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amt die Lage im Nordosten Syriens (v. a. Gebiete unmittelbar um und östlich des Euphrats) dar. Als Reaktion auf einen, von der Türkei der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) zugeschriebenen, Terroranschlag mit mehreren Toten in Istanbul startete das türkische Militär am 19.11.2022 eine mit Artillerie unterstützte Luftoperation gegen kurdische Ziele u. a. in Nordsyrien. Bereits zuvor war es immer wieder zu vereinzelten, teils schweren Auseinandersetzungen zwischen türkischen und Türkei-nahen Einheiten und Einheiten der kurdisch dominierten SDF (Syrian Democratic Forces) sowie Truppen des Regimes gekommen, welche in Abstimmung mit den SDF nach Nordsyrien verlegt wurden. Als Folge dieser Auseinandersetzungen, insbesondere auch von seit Sommer 2022 zunehmenden türkischen Drohnenschlägen, wurden immer wieder auch zivile Todesopfer, darunter Kinder, vermeldet (AA 29.3.2023). Auch waren die SDF gezwungen, ihren Truppeneinsatz angesichts türkischer Luftschläge und einer potenziellen Bodenoffensive umzustrukturieren. Durch türkische Angriffe auf die zivile Infrastruktur sind auch Bemühungen um die humanitäre Lage gefährdet (Newlines 7.3.2023). Die Angriffe beschränkten sich bereits im 3. Quartal 2022 nicht mehr nur auf die Frontlinien, wo die überwiegende Mehrheit der Zusammenstöße und Beschussereignisse stattfanden; im Juli und August 2022 trafen türkische Drohnen Ziele in den wichtigsten von den SDF kontrollierten städtischen Zentren und töteten Gegner (und Zivilisten) in Manbij, Kobanê, Tell Abyad, Raqqa, Qamishli, Tell Tamer und Hassakah (CC 3.11.2022). Bereits im Mai 2022 hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdo?an eine vierte türkische Invasion seit 2016 angekündigt (HRW 12.1.2023). Anfang Oktober 2023 begannen die türkischen Streitkräfte wieder mit der Intensivierung ihrer Luftangriffe auf kurdische Ziele in Syrien, nachdem in Ankara ein Bombenanschlag durch zwei Angreifer aus Syrien verübt worden war (REU 4.10.2023). Die Luftangriffe, die in den Provinzen Hasakah, Raqqa und Aleppo durchgeführt wurden, trafen für die Versorgung von Millionen von Menschen wichtige Wasser- und Elektrizitätsinfrastruktur (HRW 26.10.2023; vergleiche AA 2.2.2024).
Die Türkei unterstellt sowohl den Streitkräften der Volksverteidigungseinheiten (YPG) als auch der Democratic Union Party (PYD) Nähe zur von der EU als Terrororganisation gelisteten PKK und bezeichnet diese daher ebenfalls als Terroristen und Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei (AA 29.11.2021).
Der Think Tank Newslines Institute for Strategy and Policy sieht auf der folgenden Karte besonders die Gebiete von Tal Rifa'at, Manbij und Kobanê als potenzielle Ziele einer türkischen Offensive. Auf der Karte sind auch die Strecken und Gebiete mit einer Präsenz von Regime- und pro-Regime-Kräften im Selbstverwaltungsgebiet ersichtlich, die sich vor allem entlang der Frontlinien zu den pro-türkischen Rebellengebieten und entlang der türkisch-syrischen Grenze entlangziehen. In Tal Rifa'at und an manchen Grenzabschnitten sind sie nicht präsent.
(…)
Der Rückzug der USA aus den Gebieten östlich des Euphrat im Oktober 2019 ermöglichte es der Türkei, sich in das Gebiet auszudehnen und ihre Grenze tiefer in Syrien zu verlegen, um eine Pufferzone gegen die SDF zu schaffen (CMEC 2.10.2020) [Anm.: Siehe hierzu Unterkapitel türkische Militäroperationen in Nordsyrien im Kapitel Sicherheitslage]. Aufgrund der türkischen Vorstöße sahen sich die SDF dazu gezwungen, mehrere tausend syrische Regierungstruppen aufzufordern, in dem Gebiet Stellung zu beziehen, um die Türkei abzuschrecken, und den Kampf auf eine zwischenstaatliche Ebene zu verlagern (ICG 18.11.2021). Regimekräfte sind seither in allen größeren Städten in Nordostsyrien präsent (AA 29.11.2021). Die Türkei stützte sich bei ihrer Militäroffensive im Oktober 2019 auch auf Rebellengruppen, die in der 'Syrian National Army' (SNA) zusammengefasst sind; seitens dieser Gruppen kam es zu gewaltsamen Übergriffen, insbesondere auf die kurdische Zivilbevölkerung sowie Christen und Jesiden (Ermordungen, Plünderungen und Vertreibungen). Aufgrund des Einmarsches wuchs die Zahl der intern vertriebenen Menschen im Nordosten auf über eine halbe Million an (ÖB Damaskus 1.10.2021).
Auf der folgenden Karte sind die militärischen Akteure der Region wie auch militärische und infrastrukturelle Maßnahmen, welche zur Absicherung der kurdischen "Selbstverwaltung" (Autonomous Administration of North and East Syria - AANES) nötig wären, eingezeichnet. Auf dieser Karte ist entlang der gesamten Frontlinie zu pro-türkischen Gebieten bzw. der türkisch-syrischen Grenze die Präsenz einer Kooperation zwischen SDF, Regime und russischen Truppen mit Ausnahme entlang des Tigris im äußersten Nordosten verzeichnet.
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Entgegen früheren Ankündigungen bleiben die USA weiterhin militärisch präsent (ÖB Damaskus 1.10.2021; vgl. AA 29.11.2021; JsF 9.9.2022). Am 4.9.2022 errichteten die US-Truppen einen neuen Militärstützpunkt im Dorf Naqara im Nordosten Syriens, der zu den drei Standorten der US-geführten internationalen Koalition in der Region Qamishli gehört. Der neue Militärstützpunkt kann dazu beitragen, die verstärkten Aktivitäten Russlands und Irans in der Region zu überwachen; insbesondere überblickt er direkt den von den russischen Streitkräften betriebenen Luftwaffenstützpunkt am Flughafen Qamishli. Er ist nur wenige Kilometer von den iranischen Militärstandorten südlich der Stadt entfernt (JsF 9.9.2022). Hinzukamen wiederholte Luft- bzw. Drohnenangriffe zwischen den in Nordost-Syrien stationierten US-Truppen und Iran-nahen Milizen (AA 2.2.2024). Entgegen früheren Ankündigungen bleiben die USA weiterhin militärisch präsent (ÖB Damaskus 1.10.2021; vergleiche AA 29.11.2021; JsF 9.9.2022). Am 4.9.2022 errichteten die US-Truppen einen neuen Militärstützpunkt im Dorf Naqara im Nordosten Syriens, der zu den drei Standorten der US-geführten internationalen Koalition in der Region Qamishli gehört. Der neue Militärstützpunkt kann dazu beitragen, die verstärkten Aktivitäten Russlands und Irans in der Region zu überwachen; insbesondere überblickt er direkt den von den russischen Streitkräften betriebenen Luftwaffenstützpunkt am Flughafen Qamishli. Er ist nur wenige Kilometer von den iranischen Militärstandorten südlich der Stadt entfernt (JsF 9.9.2022). Hinzukamen wiederholte Luft- bzw. Drohnenangriffe zwischen den in Nordost-Syrien stationierten US-Truppen und Iran-nahen Milizen (AA 2.2.2024).
SDF, YPG und YPJ [Anm.: Frauenverteidigungseinheiten] sind nicht nur mit türkischen Streitkräften und verschiedenen islamistischen Extremistengruppen in der Region zusammengestoßen, sondern gelegentlich auch mit kurdischen bewaffneten Gruppen, den Streitkräften des Assad-Regimes, Rebellen der Freien Syrischen Armee und anderen Gruppierungen (AN 17.10.2021). Die kurdisch kontrollierten Gebiete im Nordosten Syriens umfassen auch den größten Teil des Gebiets, das zuvor unter der Kontrolle des IS in Syrien stand (ICG 11.10.2019; vgl. EUAA 9.2022). Raqqa war de facto die Hauptstadt des IS (PBS 22.2.2022), und die Region gilt als "Hauptschauplatz für den Aufstand des IS" (ICG 11.10.2019; vgl. EUAA 9.2022).SDF, YPG und YPJ [Anm.: Frauenverteidigungseinheiten] sind nicht nur mit türkischen Streitkräften und verschiedenen islamistischen Extremistengruppen in der Region zusammengestoßen, sondern gelegentlich auch mit kurdischen bewaffneten Gruppen, den Streitkräften des Assad-Regimes, Rebellen der Freien Syrischen Armee und anderen Gruppierungen (AN 17.10.2021). Die kurdisch kontrollierten Gebiete im Nordosten Syriens umfassen auch den größten Teil des Gebiets, das zuvor unter der Kontrolle des IS in Syrien stand (ICG 11.10.2019; vergleiche EUAA 9.2022). Raqqa war de facto die Hauptstadt des IS (PBS 22.2.2022), und die Region gilt als "Hauptschauplatz für den Aufstand des IS" (ICG 11.10.2019; vergleiche EUAA 9.2022).
Die kurdischen YPG stellen einen wesentlichen Teil der Kämpfer und v. a. der Führungsebene der SDF, welche in Kooperation mit der internationalen Anti-IS-Koalition militärisch gegen die Terrororganisation IS in Syrien vorgehen (AA 29.11.2021). In Reaktion auf die Reorganisation der Truppen zur Verstärkung der Front gegen die Türkei stellten die SDF vorübergehend ihre Operationen und andere Sicherheitsmaßnahmen gegen den Islamischen Staat ein. Dies weckte Befürchtungen bezüglich einer Stärkung des IS in Nordost-Syrien (Newlines 7.3.2023). Die SDF hatten mit Unterstützung US-amerikanischer Koalitionskräfte allein seit Ende 2021 mehrere Sicherheitsoperationen durchgeführt, in denen nach eigenen Angaben Hunderte mutmaßliche IS-Angehörige verhaftet und einzelne Führungskader getötet wurden (AA 2.2.2024).
Der IS führt weiterhin militärische Operationen in der AANES durch. Die SDF reagieren auf die Angriffe mit routinemäßigen Sicherheitskampagnen, unterstützt durch die Internationale Koalition. Bisher konnten diese die Aktivitäten des IS und seiner affiliierten Zellen nicht einschränken. SOHR dokumentierte von Anfang 2023 bis September 2023 121 Operationen durch den IS, wie bewaffnete Angriffe und Explosionen, in den Gebieten der AANES. Dabei kamen 78 Personen zu Tode, darunter 17 ZivilistInnen und 56 Mitglieder der SDF (SOHR 24.9.2023).
Mit dem Angriff auf die Sina’a-Haftanstalt in Hassakah in Nordostsyrien im Januar 2022 und den daran anschließenden mehrtägigen Kampfhandlungen mit insgesamt ca. 470 Todesopfern (IS-Angehörige, SDF-Kämpfer, Zivilisten) demonstrierte der IS propagandawirksam die Fähigkeit, mit entsprechendem Vorlauf praktisch überall im Land auch komplexe Operationen durchführen zu können (AA 29.3.2023). Bei den meisten Gefangenen handelte es sich um prominente IS-Anführer (AM 26.1.2022). Unter den insgesamt rund 5.000 Insassen des überfüllten Gefängnisses befanden sich nach Angaben von Angehörigen jedoch auch Personen, die aufgrund von fadenscheinigen Gründen festgenommen worden waren, nachdem sie sich der Zwangsrekrutierung durch die SDF widersetzt hatten, was die SDF jedoch bestritten (AJ 26.1.2022). Die Gefechte dauerten zehn Tage, und amerikanische wie britische Kräfte kämpften aufseiten der SDF (HRW 12.1.2023). US-Angaben zufolge war der Kampf die größte Konfrontation zwischen den US-amerikanischen S