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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BAO §212a Abs2 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde der P GesmbH in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 14. Oktober 1994, GA 9-755/2/94, betreffend Aussetzung der Einhebung in einer Rechtsgebührenangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin berief gegen zwei Rechtsgebührenbescheide, womit zwei im Wege eines gerichtlichen Vergleiches erfolgte Erwerbsvorgänge betreffend Geschäftsanteile an GesellschaftenmbH der Gebühr gemäß § 33 TP 21 Abs. 2 Z. 2 GebG unterworfen worden waren. Im Zusammenhang mit den erhobenen Berufungen begehrte die Beschwerdeführerin die Aussetzung gemäß § 212a BAO.
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist in diesem Zusammenhang allein die Frage strittig, ob mit Rücksicht auf die vorliegende Judikatur des Verwaltungsgerichtshof, und zwar die Entscheidung vom 18. November 1993, Zl. 93/16/0014, der Abweisungsgrund einer "nach Lage des Falles wenig erfolgversprechenden Berufung" vorliegt oder nicht.
Die belangte Behörde vertritt in ihrem, die gegen die Ablehnung der Aussetzungsanträge erhobenen Berufungen abweisenden Bescheid diese Auffassung.
Dagegen richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Aussetzung verletzt.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO ist die Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen, insoweit die Berufung nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint.
Kern des Standpunkts der Beschwerdeführerin ist die schon im Verwaltungsverfahren eingenommene Position, das zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, das nicht von einem verstärkten Senat stamme, sei das bislang einzige seiner Art und stelle daher keine ständige Judikatur dar; es stünde im Widerspruch zur bisherigen Judikatur des Gerichtshofes.
Damit geht die Argumentation der Beschwerde am Problem insoweit vorbei, als im Rahmen der Entscheidung über einen Aussetzungsantrag nicht eine Beurteilung der in einer bestimmten Angelegenheit vorliegenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorzunehmen ist, sondern vielmehr - aus der Warte des anhängigen Berufungsverfahrens - die Erfolgsaussichten der Berufung an Hand des Berufungsvorbringens zu prüfen sind (vgl. das sowohl bei Ritz BAO-Kommentar Rz 9 zu § 212a BAO als auch von Stoll, BAO Kommentar 2273 referierte hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1993, Zl. 89/13/0199).
Mit Rücksicht darauf, daß der belangten Behörde zu dem in der Sache strittigen Problem der Gebührenpflicht einer im Rahmen eines gerichtlichen Vergleiches vorgenommenen Geschäftsanteilsübertragung die dazu vorhandene aktuelle Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu auch die Veröffentlichung bei Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren5 E 35 zu § 33 TP 20 GebG) vorlag, konnte sie im Beschwerdefall frei von Rechtswidrigkeit die Berufungen als "wenig erfolgversprechend" einstufen. Für eine wie von der Beschwerdeführerin und der von ihr zitierten Literatur angestrebte, auslegungsweise Einschränkung des Tatbestands nach § 212a Abs. 2 lit. a BAO auf Fälle "offenkundiger Erfolgslosigkeit" bzw. auf Fälle, die einer "offenbaren Mutwilligkeit" der Berufung gleichzuhalten wären, bietet der klare Text der zitierten Bestimmung keinerlei Raum, weil der Gesetzgeber, dem die termini "offenkundig" bzw. "mutwillig" in anderen Zusammenhängen durchaus geläufig sind (vgl. z.B. die § 167 BAO und § 1 Abs. 2 APG ua), sich eben nicht solcher restriktiver Begriffe bedient hat, sondern des einer flexibleren Anwendung zugänglicheren Terminus einer "wenig erfolgversprechenden" Berufung.
Da eine Berufung durchaus auch dann dieses Attribut verträgt, wenn an sich Überlegungen darüber angestellt werden könnten, nach Erschöpfung des ordentlichen Rechtszuges in diesem Zusammenhang verfassungsrechtliche Fragen an den dafür zuständigen Verfassungsgerichtshof heranzutragen, erübrigt sich auch jedes weitere Eingehen auf die von der Beschwerdeführerin diesbezüglich in ihrer Verfassungsgerichtshofbeschwerde aufgeworfenen und jetzt aufrechterhaltenen Probleme (auf die im übrigen der Verfassungsgerichtshof selbst, der mit der Angelegenheit ja bereits befaßt war, nicht eingegangen ist).
Mit Rücksicht auf die durch die hg. Entscheidung Zl. 89/13/0199 klargestellte und im übrigen einfache Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995160018.X00Im RIS seit
07.06.2001