Entscheidungsdatum
17.05.2024Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L502 2284904-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch die XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.11.2023, FZ. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.05.2024 zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch XXXX , geb. römisch XXXX , StA. Irak, vertreten durch die römisch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.11.2023, FZ. römisch XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.05.2024 zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 11.05.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Am gleichen Tag erfolgte die Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in deren Gefolge das Verfahren zugelassen wurde.
3. Am 08.10.2022 wurde der irakische Reisepass des BF behördlich sichergestellt (vgl. AS 41). 3. Am 08.10.2022 wurde der irakische Reisepass des BF behördlich sichergestellt vergleiche AS 41).
4. Am 27.10.2022 wurde er beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zu seinem Antrag auf internationalen Schutz niederschriftlich einvernommen. Er legte dabei seinen irakischen Personalausweis vor.
5. Mit Schreiben vom 24.01.2023 teilte das Landeskriminalamt dem BFA mit, dass es sich bei dem sichergestellten Reisepass um ein Originaldokument handelt (vgl. OZ 83).5. Mit Schreiben vom 24.01.2023 teilte das Landeskriminalamt dem BFA mit, dass es sich bei dem sichergestellten Reisepass um ein Originaldokument handelt vergleiche OZ 83).
6. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des BFA vom 16.11.2023 wurde sein Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I und II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt IV und V). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise im Ausmaß von 14 Tagen festgelegt (Spruchpunkt VI).6. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des BFA vom 16.11.2023 wurde sein Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins und römisch II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß Paragraph 57, AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III). Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde gegen ihn gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß Paragraph 46, FPG zulässig sei (Spruchpunkt römisch IV und römisch fünf). Gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise im Ausmaß von 14 Tagen festgelegt (Spruchpunkt römisch VI).
7. Mit Information des BFA vom 28.11.2023 wurde ihm von Amts wegen gemäß § 52 BFA-VG ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.7. Mit Information des BFA vom 28.11.2023 wurde ihm von Amts wegen gemäß Paragraph 52, BFA-VG ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.
8. Gegen den am 30.11.2023 zugestellten Bescheid wurde mit Schriftsatz seiner bevollmächtigten Vertretung vom 20.12.2023 innerhalb offener Frist Beschwerde in vollem Umfang erhoben.
9. Am 22.01.2024 langte die Beschwerdevorlage des BFA beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein und wurde das gg. Beschwerdeverfahren der nunmehr zuständigen Abteilung des Gerichts zur Entscheidung zugewiesen.
10. Mit Eingabe seiner Vertretung vom 02.05.2024 wurden mehrere Lohnabrechnungen des BF vorgelegt.
11. Das BVwG führte am 08.05.2024 eine mündliche Verhandlung in der Sache des BF in seiner Anwesenheit, der seiner rechtlichen Vertretung sowie der eines Dolmetschers für die arabische Sprache durch, in der das Gericht auch länderkundliche Informationen sowie aktuelle Auszüge aus den Datenbanken der Grundversorgungsinformation, des AJ-Web, des Melde-, Fremden- und Strafregisters als Beweismittel ins Verfahren einbezog. Vom BF wurde eine Teilnahmebestätigung für einen A1-Deutschkurs vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der oben wiedergegebene Verfahrensgang steht fest.
1.2. Die Identität des BF steht fest. Er ist irakischer Staatsangehöriger und gehört der turkmenischen Volksgruppe sowie der schiitischen Glaubensgemeinschaft an. Er ist ledig und kinderlos.
Er stammt aus XXXX und besuchte dort neun Jahre lang die Schule. Im Jahr 2014 zog er nach Bagdad und arbeitete dort als Bäcker. 2015 war er für sechs Monate in der Türkei aufhältig, danach zog er wieder nach Bagdad, wo er bis 2018 als Bäcker arbeitete. Im Anschluss betrieb er bis zu seiner Ausreise eine Bäckerei in XXXX . Es leben nach wie vor seine Eltern sowie seine fünf Brüder und vier Schwestern in XXXX . Der Vater bezieht eine Pension, ein Bruder arbeitet als Beamter, seine Schwestern sind allesamt verheiratet. Er steht mit seinen Familienangehörigen in regelmäßigem Kontakt. Er stammt aus römisch XXXX und besuchte dort neun Jahre lang die Schule. Im Jahr 2014 zog er nach Bagdad und arbeitete dort als Bäcker. 2015 war er für sechs Monate in der Türkei aufhältig, danach zog er wieder nach Bagdad, wo er bis 2018 als Bäcker arbeitete. Im Anschluss betrieb er bis zu seiner Ausreise eine Bäckerei in römisch XXXX . Es leben nach wie vor seine Eltern sowie seine fünf Brüder und vier Schwestern in römisch XXXX . Der Vater bezieht eine Pension, ein Bruder arbeitet als Beamter, seine Schwestern sind allesamt verheiratet. Er steht mit seinen Familienangehörigen in regelmäßigem Kontakt.
1.3. Seine Muttersprache ist Turkmenisch, außerdem spricht er Arabisch. Er verfügt über keine maßgeblichen Kenntnisse der deutschen Sprache. Er hat von 25.03.2024 bis 09.05.2024 an einem A1-Deutschkurs teilgenommen.
Er bezieht aktuell keine Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber und ist seit 20.01.2023 als Reinigungskraft bei der Firma XXXX beschäftigt. Er ist gesund und voll erwerbsfähig. Er bezieht aktuell keine Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber und ist seit 20.01.2023 als Reinigungskraft bei der Firma römisch XXXX beschäftigt. Er ist gesund und voll erwerbsfähig.
Er verfügt in Österreich über keine familiären oder maßgeblichen privaten Anknüpfungspunkte. Er ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.4. Der BF hat den Irak nicht aufgrund individueller Verfolgung durch Milizangehörige bzw. seine Onkel verlassen und ist im Falle einer Rückkehr in den Irak auch nicht der Gefahr einer Verfolgung durch solche ausgesetzt.
Er ist bei einer Rückkehr in den Irak auch nicht aus sonstigen individuellen Gründen oder aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort einer maßgeblichen Gefährdung ausgesetzt und findet dort eine hinreichende Existenzgrundlage vor.
1.5. Zur Lage im Irak:
Gouvernement Ninewa
Im Juli 2022 wurden in Ninewa 13 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet mit vier Toten und acht Verletzten. Bei zwei der Toten und drei der Verwundeten handelte es sich um Zivilpersonen. Elf Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, zwei Vorfälle, ein Angriff auf einen türkischen Militärstützpunkt in Ninewa, sowie einer auf das türkische Konsulat in Mossul wird pro-iranischen Gruppen zugeschrieben (Wing 4.8.2022). Im August 2022 wurden fünf Vorfälle verzeichnet mit je zwei Toten und zwei Verletzten. Alle Opfer waren Zivilisten. Drei der Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, zwei pro-iranischen Milizen. Bei Letzteren handelt es sich um zwei Raketenangriffe auf eine türkische Militärbasis in Nord-Ninewa, die jetzt jeden Monat angegriffen wird. Diese Gruppierungen rechtfertigen diese Angriffe damit, dass sie sich gegen ausländische Besatzer zur Wehr setzen (Wing 7.9.2022). Auch im September 2022 waren es fünf sicherheitsrelevante Vorfälle, mit zwei Toten und 14 Verletzten. Bei einem Toten und zwei Verwundeten handelte es sich um Zivilisten. Alle Vorfälle werden dem IS zugeschrieben (Wing 6.10.2022). Im Oktober 2022 waren es vier Vorfälle, mit einem toten und drei verletzten Zivilisten. Drei der Vorfälle werden dem IS und einer pro-iranischen Miliz zugeschrieben (Wing 7.11.2022). Im November 2022 wurden nur zwei Vorfälle verzeichnet mit drei verletzten Zivilisten. Der IS wird für beide Vorfälle verantwortlich gemacht (Wing 5.12.2022). Im Dezember 2022 stieg die Zahl der Angriffe auf zehn sicherheitsrelevante Vorfälle, wobei es fünf Tote und neun Verletzte gab. Unter den Opfern befanden sich drei getötete und sechs verletzte Zivilisten (Wing 4.1.2023).
Im Jänner 2023 wurden in Ninewa fünf sicherheitsrelevante Vorfälle mit vier verletzten Zivilisten verzeichnet (Wing 7.2.2023). Im Februar 2023 waren es vier Vorfälle, mit einem Toten und drei Verletzten. Bei Letzteren handelte sich um Zivilpersonen. Drei der Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, ein Zwischenfall einer pro-iranischen Gruppe (Wing 5.3.2023). Der türkische Militärstützpunkt Zilkan wurde mit Raketen beschossen. Ein irakischer Zivilist ist laut einer anonymen Quelle bei diesem Angriff verwundet worden (IRAQIN 1.2.2023). Im März 2023 wurde nur ein Vorfall verzeichnet, mit zwei zivilen Todesopfern, der dem IS zugeschrieben wird (Wing 3.4.2023). Es handelte sich dabei um zwei Kinder, die beim Weiden mit Schafen im Gebiet von Diwanah im Distrikt Makhmour bei der Detonation eines mutmaßlichen IS-Kriegsrelikts getötet wurden (NINA 28.3.2023). Im April 2023 waren es drei IS-Angriffe, mit drei Verletzten (Wing 2.5.2023). Bei einem dieser Vorfälle wehrten kurdische Peshmerga einen Angriff von IS-Kämpfern im Qara Chog-Gebirge, im Distrikt Makhmour ab (Shafaq 8.4.2023). Im Mai 2023 wurden fünf IS-Angriffe verzeichnet, mit zwei Toten und einem Verletzten (Wing 5.6.2023). Im Juni 2023 nur einer, mit einem Toten (Wing 3.7.2023) und im August 2023 zwei, mit einem Verletzten (Wing 4.9.2023). Im September 2023 wurde eine Zivilperson bei einem IS-Angriff getötet (Wing 9.10.2023). Im November 2023 wurde ein Vorfall ohne Opfer registriert, der pro-iranischen Gruppen zugeschrieben wird (Wing 6.12.2023). Im Dezember 2023 wurden vier sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Toten und neun Verletzten verzeichnet. Je zwei Vorfälle werden dem IS und pro-iranischen Gruppen zugeschrieben (Wing 3.1.2024). Der IS hat beim Dorf Goptapa in Makhmour eine Armeestellung angegriffen (Bas 2.12.2023; vgl. Rudaw 2.12.2023) . Dabei wurden ein irakischer Armeesoldat getötet und fünf weitere verletzt (Rudaw 2.12.2023). Die irakische Armee hat daraufhin Goptapa abgeriegelt und die Bewegungsfreiheit der Einwohner in dem mehrheitlich kurdisch bewohnten ländlichen Gebiet eingeschränkt (Bas 2.12.2023).Im Jänner 2023 wurden in Ninewa fünf sicherheitsrelevante Vorfälle mit vier verletzten Zivilisten verzeichnet (Wing 7.2.2023). Im Februar 2023 waren es vier Vorfälle, mit einem Toten und drei Verletzten. Bei Letzteren handelte sich um Zivilpersonen. Drei der Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, ein Zwischenfall einer pro-iranischen Gruppe (Wing 5.3.2023). Der türkische Militärstützpunkt Zilkan wurde mit Raketen beschossen. Ein irakischer Zivilist ist laut einer anonymen Quelle bei diesem Angriff verwundet worden (IRAQIN 1.2.2023). Im März 2023 wurde nur ein Vorfall verzeichnet, mit zwei zivilen Todesopfern, der dem IS zugeschrieben wird (Wing 3.4.2023). Es handelte sich dabei um zwei Kinder, die beim Weiden mit Schafen im Gebiet von Diwanah im Distrikt Makhmour bei der Detonation eines mutmaßlichen IS-Kriegsrelikts getötet wurden (NINA 28.3.2023). Im April 2023 waren es drei IS-Angriffe, mit drei Verletzten (Wing 2.5.2023). Bei einem dieser Vorfälle wehrten kurdische Peshmerga einen Angriff von IS-Kämpfern im Qara Chog-Gebirge, im Distrikt Makhmour ab (Shafaq 8.4.2023). Im Mai 2023 wurden fünf IS-Angriffe verzeichnet, mit zwei Toten und einem Verletzten (Wing 5.6.2023). Im Juni 2023 nur einer, mit einem Toten (Wing 3.7.2023) und im August 2023 zwei, mit einem Verletzten (Wing 4.9.2023). Im September 2023 wurde eine Zivilperson bei einem IS-Angriff getötet (Wing 9.10.2023). Im November 2023 wurde ein Vorfall ohne Opfer registriert, der pro-iranischen Gruppen zugeschrieben wird (Wing 6.12.2023). Im Dezember 2023 wurden vier sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Toten und neun Verletzten verzeichnet. Je zwei Vorfälle werden dem IS und pro-iranischen Gruppen zugeschrieben (Wing 3.1.2024). Der IS hat beim Dorf Goptapa in Makhmour eine Armeestellung angegriffen (Bas 2.12.2023; vergleiche Rudaw 2.12.2023) . Dabei wurden ein irakischer Armeesoldat getötet und fünf weitere verletzt (Rudaw 2.12.2023). Die irakische Armee hat daraufhin Goptapa abgeriegelt und die Bewegungsfreiheit der Einwohner in dem mehrheitlich kurdisch bewohnten ländlichen Gebiet eingeschränkt (Bas 2.12.2023).
Ninewa sah im Jänner 2024 zwei sicherheitsrelevante Vorfälle, mit zwei Verletzten. Je ein Vorfall geht auf den IS und pro-iranische Gruppen zurück (Wing 5.2.2024).
Die ACLED-Datenbank registrierte im Gouvernement Ninewa [Anm.: unterteilt in die Distrikte Akre, al-Ba'adj, al-Hamdaniyah, al-Hatra, Mossul, Shikhan, Sinjar, Tal 'Afar und Tilkaif] von Juli bis Dezember 2022 153 Vorfälle (monatlicher Durchschnitt von 25,5) [abgesehen von Vorfällen des "sub event types" "change to group/activity" (3) und "other" (5), da diese keine unmittelbar sicherheitsrelevanten Vorfälle beinhalten], darunter 20 Zwischenfälle, bei denen Zivilisten gezielt angegriffen wurden (Kategorie "violence against civilians") (monatlicher Durchschnitt von 3,33). Hierbei kam in 16 Fällen mindestens ein Zivilist zu Tode ("fatalities") (monatlicher Durchschnitt von 2,67). Bei elf weiteren Vorfällen handelte es sich um friedliche Demonstrationen. Für 19 Vorfälle wird der IS verantwortlich gemacht, 48 Angriffe gehen auf das Konto der türkischen Streitkräfte (ACLED 22.9.2023). Im Jahr 2023 wurden 263 Vorfälle verzeichnet (monatlicher Durchschnitt von 21,92) [abgesehen von Vorfällen der "sub event types" "change to group/activity" (4) und "other" (11), da diese keine unmittelbar sicherheitsrelevanten Vorfälle beinhalten]. Es wurden 31 Fälle von Gewalt gegen Zivilisten verzeichnet (monatlicher Durchschnitt von 2,58), wobei in 25 Fällen Zivilpersonen ums Leben kamen (monatlicher Durchschnitt von 2,08). Des Weiteren wurden 23 friedliche Demonstrationen und eine mit Intervention registriert. Dem IS werden 16 Angriffe zugeschrieben, den türkischen Streitkräften 60. Die übrigen Zwischenfälle verteilen sich auf diverse staatliche und nicht-staatliche, teils nicht identifizierte bewaffnete Gruppen und Stammesmilizen (ACLED 5.1.2024). In den ersten beiden Monaten des Jahres 2024 wurden in Ninewa 70 Vorfälle verzeichnet (monatlicher Durchschnitt von 35). Es gab einen Fall von Gewalt gegen Zivilisten (monatlicher Durchschnitt von 0,5), ohne Opfer. Vier Vorfälle, je zwei bewaffnete Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften und zwei IED-Angriffe, werden dem IS zugeschrieben, der wiederum in vier weiteren Fällen das Ziel von Aktionen der Sicherheitskräfte war. Mit 54 Angriffen geht der weitaus größte Anteil der registrierten Vorfälle auf Angriffe der türkischen Streitkräfte zurück. Diese Angriffe waren grundsätzlich gegen PKK-Ziele gerichtet. In einem Fall wurden jedoch KDP-Peshmerga und in zwei Fällen irakische Zivilisten getroffen, wobei es jeweils Todesopfer gab (ACLED 3.2024).
Türkische Luftangriffe und andere Militäroperationen gegen die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) im Nordirak stellen eine Herausforderung für die Sicherheit dar, da diese Angriffe die bereits gefährdeten Jesiden-Gebiete im Sinjar weiter destabilisieren. Berichten zufolge hat das türkische Militär nur minimale Vorkehrungen getroffen, um zivile Opfer in dem Gebiet zu vermeiden. So kamen beispielsweise im Juni und Juli beim türkischen Vorstoß in den Sinjar im Rahmen der "Operation Claw-Eagle" und der "Operation Claw-Tiger" fünf Zivilisten ums Leben und Dutzende weitere wurden verwundet (USCIRF 4.2021, S.1).
Im Distrikt Akre wurden im Zeitraum von Juli bis Dezember 2022 31 Vorfälle registriert (monatlicher Durchschnitt von 5,17). Bei allen diesen Zwischenfällen handelt es sich um Luft-/Drohnenangriffe der türkischen Streitkräfte gegen Ziele der PKK (ACLED 22.9.2023). Im Jahr 2023 wurden 92 Vorfälle verzeichnet (monatlicher Durchschnitt von 7,67), darunter ein Fall von Gewalt gegen Zivilisten (monatlicher Durchschnitt von 0,08) mit Todesopfer. Bei 89 der registrierten Vorfälle handelte es sich um türkische Luft-/Drohnenangriffe gegen PKK-Ziele (ACLED 5.1.2024). In den Monaten Jänner und Februar 2024 wurden 54 Vorfälle registriert (monatlicher Durchschnitt von 27), darunter eine friedliche Demonstration. Bei den übrigen 53 registrierten Vorfällen handelte es sich um türkische Angriffe gegen PKK-Ziele, wobei in zwei Fällen auch irakische Zivilisten getroffen und getötet wurden (ACLED 3.2024).
Im Distrikt al-Ba'adj wurden im Zeitraum von Juli bis Dezember 2022 acht Vorfälle registriert (monatlicher Durchschnitt von 1,33), darunter zwei Fälle von Gewalt gegen Zivilisten (monatlicher Durchschnitt von 0,33). Ein Angriff wird dem IS zugeschrieben, bei drei Vorfällen handelt es sich um Luft-/Drohnenangriffe der Türkei gegen PKK- und YB?-Ziele (ACLED 22.9.2023). Im Jahr 2023 wurden sieben Vorfälle verzeichnet (monatlicher Durchschnitt von 0,58). Bei drei dieser Zwischenfälle handelt es sich um Fälle von Gewalt gegen Zivilisten (monatlicher Durchschnitt von 0,25), wobei in allen drei Fällen zivile Todesopfer zu beklagen waren. Es wurde auch ein friedlicher Protest registriert. Die Vorfälle verteilen sich auf nicht identifizierte bewaffnete Gruppen und diverse Sicherheitskräfte (ACLED 5.1.2024). Bis Februar 2024 wurden fünf Vorfälle registriert (monatlicher Durchschnitt von 2,5). Es handelte sich dabei um drei Angriffe des IS. Bei einem weiteren Vorfall handelte es sich um einen türkischen Angriff gegen die Widerstandseinheiten Sinjar (YBS) (ACLED 3.2024).
Im Distrikt al-Hamdaniyah wurden im Zeitraum von Juli bis Dezember 2022 acht Vorfälle registriert (monatlicher Durchschnitt von 1,33), darunter eine friedliche Demonstration und eine mit Intervention. Einer der verzeichneten Vorfälle wird dem IS zugeschrieben, während zwei weitere gegen den IS gerichtete Aktionen waren. Die übrigen Vorfälle verteilen sich auf nicht identifizierte bewaffnete Gruppen und diverse Sicherheitskräfte (ACLED 22.9.2023). Im Jahr 2023 wurden zwei Vorfälle verzeichnet (monatlicher Durchschnitt von 0,17) (ACLED 5.1.2024).
Im Distrikt al-Hatra wurden im Zeitraum von Juli bis Dezember 2022 zehn Vorfälle registriert (monatlicher Durchschnitt von 1,67), zwei Fälle von Gewalt gegen Zivilisten (monatlicher Durchschnitt von 0,33), einer davon mit mindestens einem zivilen Todesopfer. Bei drei der Vorfälle handelt es sich um Angriffe des IS (ACLED 22.9.2023). Im Jahr 2023 wurden 26 Vorfälle verzeichnet (monatlicher Durchschnitt von 2,17), darunter ein Fall von Gewalt gegen Zivilisten (monatlicher Durchschnitt von 0,08), mit mindestens einem zivilen Todesopfer. Fünf IED-Angriffe werden dem IS zugeschrieben, während es sich bei 18 Zwischenfällen um gegen IS-Ziele gerichtete Aktionen handelte. Die übrigen Vorfälle verteilen sich auf nicht identifizierte bewaffnete Gruppen und Sicherheitskräfte (ACLED 5.1.2024). Bis Februar 2024 wurden drei Vorfälle registriert (monatlicher Durchschnitt von 1,5). Bei zwei dieser Vorfälle handelte es sich um gegen den IS gerichtete Aktionen der Sicherheitskräfte (ACLED 3.2024).
Im Distrikt Mossul wurden im Zeitraum von Juli bis Dezember 2022 46 Vorfälle registriert (monatlicher Durchschnitt von 7,67), darunter acht Fälle von Gewalt gegen Zivilisten (monatlicher Durchschnitt von 1,33). In sieben dieser Fälle gab es zivile Todesopfer. Sieben Angriffe, bewaffnete Auseinandersetzungen und IED-Angriffe werden dem IS zugeschrieben, während 14 weitere Vorfälle gegen den IS gerichtet waren. Des Weiteren wurde eine friedliche Demonstration registriert (ACLED 22.9.2023). Im Jahr 2023 wurden 62 Vorfälle verzeichnet (monatlicher Durchschnitt von 5,17), darunter 14 Fälle von Gewalt gegen Zivilisten (monatlicher Durchschnitt von 1,17), wobei es in acht Fällen zivile Tote gab. Vier Angriffe gehen auf das Konto des IS, während 21 weitere Vorfälle gegen den IS gerichtet waren. Die übrigen Vorfälle verteilen sich auf nicht identifizierte bewaffnete Gruppen, Milizen und Sicherheitskräfte (ACLED 5.1.2024). In den Monaten Jänner und Februar 2024 wurden in Mossul vier Vorfälle registriert (monatlicher Durchschnitt von 2), darunter ein Fall von Gewalt gegen Zivilisten (monatlicher Durchschnitt von 0,5), ohne Opfer. Ein IED-Angriff wird dem IS zugeschrieben, die übrigen beiden nicht identifizierten bewaffneten Gruppen (ACLED 3.2024).
Im Distrikt Shekhan wurde im Zeitraum von Juli bis Dezember 2022 ein Vorfall registriert (monatlicher Durchschnitt von 0,17) (ACLED 22.9.2023). Im Jahr 2023 wurden vier Vorfälle verzeichnet (monatlicher Durchschnitt von 0,33), wobei es sich um Luft-/Drohnenangriffe handelte (ACLED 5.1.2024).
Im Distrikt Sinjar wurden im Zeitraum von Juli bis Dezember 2022 28 Vorfälle registriert (monatlicher Durchschnitt von 4,67), darunter zwei Fälle von Gewalt gegen Zivilisten (monatlicher Durchschnitt von 0,33), darunter ein Fall mit mindestens einem zivilen Todesopfer, und neun friedliche Demonstrationen. Elf der Vorfälle werden den türkischen Streitkräften zugeschrieben. Es handelt sich dabei überwiegend um Luftangriffe gegen Ziele der PKK und der YB? (ACLED 22.9.2023). Im Jahr 2023 wurden 41 Vorfälle verzeichnet (monatlicher Durchschnitt von 3,42), darunter sieben Fälle von Gewalt gegen Zivilisten (monatlicher Durchschnitt von 0,58) mit zivilen Todesopfern bei allen Vorfällen. Darüber hinaus wurden 16 friedliche Demonstrationen registriert. Der IS führte zwei Angriffe aus, die türkischen Streitkräfte derer 14 und die PKK zeichnet für einen verantwortlich. Die übrigen Vorfälle verteilen sich auf nicht identifizierte bewaffnete Gruppen und Sicherheitskräfte (ACLED 5.1.2024). In den ersten beiden Monaten des Jahres 2024 wurden in Sinjar vier Vorfälle registriert (monatlicher Durchschnitt von 2), darunter drei friedliche Demonstrationen (ACLED 3.2024).
Im Distrikt Tal A’far wurden im Zeitraum von Juli bis Dezember 2022 elf Vorfälle registriert (monatlicher Durchschnitt von 1,83), darunter drei Fälle von Gewalt gegen Zivilisten (monatlicher Durchschnitt von 0,5), wobei es in allen Fällen zivile Todesopfer gab. Je drei Vorfälle werden dem IS zugeschrieben bzw. Angriffen gegen den IS (ACLED 22.9.2023). Im Jahr 2023 wurden 16 Vorfälle verzeichnet (monatlicher Durchschnitt von 1,33), darunter zwei Fälle von Gewalt gegen Zivilisten (monatlicher Durchschnitt von 0,17) mit Todesopfern, sowie eine friedliche Demonstration. Von den übrigen Vorfällen werden drei Angriffe dem IS zugeschrieben. Die übrigen Vorfälle verteilen sich auf nicht identifizierte bewaffnete Gruppen und Stammesmilizen (ACLED 5.1.2024). In Tal 'Afar wurde bis Februar 2024 ein Zwischenfall registriert (monatlicher Durchschnitt von 0,5) (ACLED 3.2024).
Im Distrikt Tilkaif wurden im Zeitraum von Juli bis Dezember 2022 zehn Vorfälle registriert (monatlicher Durchschnitt von 1,67), darunter zwei Fälle von Gewalt gegen Zivilisten (monatlicher Durchschnitt von 0,33), wobei bei beiden Vorfällen Zivilpersonen ums Leben kamen. Bei einem Zwischenfall handelt es sich um einen IS-Angriff, vier weitere Vorfälle waren gegen den IS gerichtete Operationen der Sicherheitskräfte (ACLED 22.9.2023). Im Jahr 2023 wurden sechs Vorfälle verzeichnet (monatlicher Durchschnitt von 0,5), darunter drei Fälle von Gewalt gegen Zivilisten (monatlicher Durchschnitt von 0,25), wobei es in allen drei Fällen zumindest einen zivilen Toten gab. Zwei IED-Angriffe werden dem IS zugeschrieben (ACLED 5.1.2024).
Turkmenen
Turkmenen stellen die drittgrößte Ethnie des Irak dar (MRG 11.2017b; vgl. DFAT 16.1.2023, S. 16). Angaben zur Bevölkerungszahl der Turkmenen unterscheiden sich massiv. Sie reichen von 400.000 (AA 28.10.2022, S. 17), über 600.000 bis zu 2 Millionen (MRG 11.2017b; vgl. DFAT 16.1.2023, S. 17). Die meisten irakischen Turkmenen leben im Norden des Landes, in einem Bogen, der sich von Tal 'Afar über Mossul, Erbil, Altun Kopru, Kirkuk, Tuz Khurmatu und Kifri nach Khanaqin erstreckt (MRG 11.2017b; vgl. DFAT 16.1.2023, S. 16, AA 28.10.2022, S. 17). Turkmenen nennen diese Gebiete Turkmen Eli (Land der Turkmenen). Kirkuk nimmt dabei eine besondere Stellung ein und wird von Turkmenen oft als ihre inoffizielle Hauptstadt betrachtet. Es finden sich auch turkmenische Gemeinden in größeren irakischen Städten, wie Bagdad und Basra (YRIS 6.2018). Etwa 60 % der Turkmenen sind Sunniten, der Rest Zwölfer-Schiiten bzw. Angehörige anderer schiitischer Konfessionen (MRG 11.2017b; vgl. DFAT 16.1.2023, S. 16). Turkmenen aus Ninewa sind traditionell Schiiten (MRG 21.1.2020, S. 7). Rund 30.000 Turkmenen sind Christen (OFPRA 14.11.2017, S. 8). Tal 'Afar wird von schiitischen und sunnitischen Turkmenen bewohnt (AA 28.10.2022, S. 17).Turkmenen stellen die drittgrößte Ethnie des Irak dar (MRG 11.2017b; vergleiche DFAT 16.1.2023, S. 16). Angaben zur Bevölkerungszahl der Turkmenen unterscheiden sich massiv. Sie reichen von 400.000 (AA 28.10.2022, S. 17), über 600.000 bis zu 2 Millionen (MRG 11.2017b; vergleiche DFAT 16.1.2023, S. 17). Die meisten irakischen Turkmenen leben im Norden des Landes, in einem Bogen, der sich von Tal 'Afar über Mossul, Erbil, Altun Kopru, Kirkuk, Tuz Khurmatu und Kifri nach Khanaqin erstreckt (MRG 11.2017b; vergleiche DFAT 16.1.2023, S. 16, AA 28.10.2022, S. 17). Turkmenen nennen diese Gebiete Turkmen Eli (Land der Turkmenen). Kirkuk nimmt dabei eine besondere Stellung ein und wird von Turkmenen oft als ihre inoffizielle Hauptstadt betrachtet. Es finden sich auch turkmenische Gemeinden in größeren irakischen Städten, wie Bagdad und Basra (YRIS 6.2018). Etwa 60 % der Turkmenen sind Sunniten, der Rest Zwölfer-Schiiten bzw. Angehörige anderer schiitischer Konfessionen (MRG 11.2017b; vergleiche DFAT 16.1.2023, S. 16). Turkmenen aus Ninewa sind traditionell Schiiten (MRG 21.1.2020, S. 7). Rund 30.000 Turkmenen sind Christen (OFPRA 14.11.2017, S. 8). Tal 'Afar wird von schiitischen und sunnitischen Turkmenen bewohnt (AA 28.10.2022, S. 17).
Turkmenen im Irak sprechen einen südlichen Dialekt