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31/04 BundesbeteiligungenNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerordnungLeitsatz
Verstoß einer Verordnung des Bundesministers für Finanzen gegen das Sachlichkeitsgebot auf Grund des kategorischen Ausschlusses des Rechtsanspruchs auf Gewährung von Verlustersatz durch die COFAGRechtssatz
Aufhebung der Wortfolge "Auf die Gewährung eines Verlustersatzes besteht kein Rechtsanspruch." in Punkt 7.6 des Anhanges zur VerlustersatzV des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 ABBAG-G idF BGBl II 75/2021.Aufhebung der Wortfolge "Auf die Gewährung eines Verlustersatzes besteht kein Rechtsanspruch." in Punkt 7.6 des Anhanges zur VerlustersatzV des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 ABBAG-G in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil 2, 75 aus 2021,.
Bei den einschlägigen Regelungen des ABBAG-Gesetzes und den auf dieser Grundlage erlassenen Verordnungen, so auch bei der in Rede stehenden VO über die Gewährung eines Verlustersatzes, handelt es sich nicht um sogenannte Selbstbindungs- bzw Statutarregelungen. Selbstbindungs- bzw Statutarbestimmungen werden dadurch charakterisiert, dass der Gesetzgeber oder Verordnungsgeber die obersten Organe (im internen Verhältnis) bindet, ohne dass Einzelpersonen berührt werden oder daraus einen Rechtsanspruch ableiten können. Da sich die Bestimmungen des ABBAG-Gesetzes in Verbindung mit den einschlägigen Regelungen der Verordnungen des Bundesministers für Finanzen (im Einvernehmen mit dem Vizekanzler) nicht (nur) an den bzw die Bundesminister, sondern vielmehr auch an die COFAG als einen vom Bund verschiedenen Rechtsträger richten, kommt von vornherein die Qualifikation der genannten Rechtsvorschriften als (bloße) Selbstbindungs- bzw Statutarregelungen nicht in Betracht. Schon aus diesem Grund müssen die einschlägigen Regelungen, auf Grund derer die COFAG die finanziellen Maßnahmen an die zu begünstigenden Unternehmen zu gewähren hat, den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechen.
Mit E v 05.10.2023, G265/2022 ua wurde die Bestimmung des §3b Abs2 ABBAG-Gesetz, wonach "[a]uf die Gewährung von finanziellen Maßnahmen [...] kein Rechtsanspruch" besteht, wegen Verstoßes gegen das Sachlichkeitsgebot als verfassungswidrig aufgehoben. Aus der Bestimmung des §3b Abs2 ABBAG-Gesetz folgte - neben der Klarstellung, dass die Angelegenheit nicht hoheitlich zu besorgen ist -, dass es grundsätzlich keinen unbedingten Anspruch der in den vom Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler erlassenen Verordnungen begünstigten Unternehmen auf Gewährung von finanziellen Mitteln durch die COFAG gebe. Dieser Ausschluss eines unbedingten Anspruches stehe zunächst im Gegensatz zur Tatsache, dass der Gesetzgeber in den auf Grund des ABBAG-Gesetzes erlassenen Verordnungen nähere finanzielle Maßnahmen festgelegt haben wollte, welche zum Teil ein funktionelles Äquivalent für (hoheitlich zu gewährende) Entschädigungen nach dem Epidemiegesetz darstellten. Bereits aus diesem Grund sei es sachlich nicht gerechtfertigt, den Rechtsanspruch der begünstigten Unternehmen auf finanzielle Maßnahmen auszuschließen. Dazu komme, dass in den Bestimmungen des ABBAG-Gesetzes klar zum Ausdruck gelange, dass die in den auf Grund des ABBAG-Gesetzes erlassenen Verordnungen vorgesehenen finanziellen Maßnahmen den begünstigten Unternehmen auch tatsächlich zukommen sollen. Der (kategorische) Ausschluss eines Anspruches auf Gewährung von finanziellen Maßnahmen verletzt daher das aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließende Sachlichkeitsgebot. Daran ändere auch die Fiskalgeltung der Grundrechte nichts, weil diese voraussetze, dass zunächst (irgend-)einem Unternehmen die entsprechende Leistung gewährt wurde, was dann zur Folge habe, dass andere vergleichbare Unternehmen in einem vergleichbaren Zusammenhang einen Anspruch auf Gleichbehandlung und damit ebenfalls einen (abgeleiteten) Anspruch auf Gewährung der Leistungen haben.
Nichts anderes kann für die angefochtene Regelung, nach der auf die Gewährung eines Verlustersatzes nach der VerlustersatzV kein Rechtsanspruch besteht, gelten.
Die Verordnungsbestimmung über die Gewährung eines Verlustersatzes findet ihre gesetzliche Grundlage nicht nur in §3b Abs2 ABBAG-Gesetz, sondern auch in §3b Abs3 ABBAG-Gesetz. Der Umstand, dass die angefochtene Verordnungsbestimmung ihre inhaltliche Deckung (auch) in einer unter Fristsetzung als verfassungswidrig aufgehobenen - somit bis zum 31.10.2024 weiterhin anzuwendenden - Gesetzesbestimmung findet, kann nach Auffassung des VfGH in der vorliegenden Konstellation nicht dazu führen, dass die Verordnungsbestimmung als (verfassungs-)gesetzmäßig zu qualifizieren ist.
Entscheidungstexte
Schlagworte
COVID (Corona), Förderungen, VfGH / Gerichtsantrag, Selbstbindungsgesetz, VfGH / Aufhebung Wirkung, VfGH / FristsetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2024:V3.2024Zuletzt aktualisiert am
10.06.2024